Regelsätze in Hamburg erhöhen sofort! Antrag der Fraktion DIE LINKE
Letzte Beratung: 19.09.2022 Ausschuss für Soziales, Integration, Gleichstellung, Senioren, Geflüchtete und Gesundheit Ö 4
Schon vor der Corona-Pandemie waren, laut Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes, mehr als 15 % aller Hamburger:innen von Armut bedroht. Es gilt als erwiesen, dass die sozialen Auswirkungen der Pandemie diejenigen am stärksten treffen, welche bereits vor der Pandemie über geringe finanzielle Ressourcen verfügten.
Die soziale Spaltung verschärft sich zudem weiter: Die Zahl der Bezieher:innen von Arbeitslosengeld II ist zwischen Juni 2020 und dem Vergleichsmonat des Vorjahres in Hamburg um 8,5 Prozent gestiegen. Wie das Statistikamt Nord in seiner Anfang November 2021 erschienen Veröffentlichung „Hamburger Stadtteil Profile – Berichtsjahr 2020“ berichtete, bezogen bereits 2020 im Bezirk Altona rund 25.000 Einwohner:innen SGB II ‑ Leistungen. Rund weitere 4.000 Einwohner:innen erhielten Leistungen nach dem SGB XII. Dies sind insgesamt mehr als 10 % aller Bürger:innen Altonas.
Eine wachsende Zahl von Menschen in Altona und in ganz Hamburg muss von nicht auskömmlichen Regelsätzen leben: Ein alleinstehender Erwachsener muss z.B. aktuell – seit dem 1. Januar 2022 – mit monatlich 449 Euro auskommen. Erwachsene in einer Bedarfsgemeinschaft können einen Regelsatz von je 404 Euro monatlich beanspruchen. Erwachsene im Alter ab 18 bis 25 Jahren erhalten monatlich 360 Euro. Jugendliche im Alter zwischen 15 Jahren bis zum Ende des 17. Lebensjahres steht ein monatlicher Regelsatz von 376 Euro zu. Gegenüber 2021 sind die Regelsätze nur um wenige Euro erhöht worden. So stieg der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene beispielsweise gegenüber dem Vorjahr von 446 Euro gerade mal um 3 Euro auf aktuell 449 Euro.
Angesichts der derzeit hohen Inflationsrate und der infolge des Ukraine-Krieges ansteigenden Preise für Lebensmittel – vor allem für Grundnahrungsmittel – reichen die Regelsätze nicht einmal mehr aus, um das absolute Existenzminimum abzusichern. Es kann inzwischen keine Rede mehr davon sein, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Sozialstaat seinen in Not geratenen Bürger:innen ein würdevolles Leben ermöglicht. Hier geht es nicht um Tankrabatte und Tempolimits, sondern um existenzielle Grundbedürfnisse. Eine Grundsicherung muss dieses gewährleisten. Es besteht dringender Handlungsbedarf! Einmalige, viel zu geringe Zuschüsse im Rahmen der Entlastungspakete helfen dabei wenig.
Der Paritätische Gesamtverband fordert deswegen in seiner aktuellen Pressemitteilung im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Mobilitätsgeld für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen vom 21.03.2022: „Ein Mobilitätsgeld als monatlicher unbürokratischer Zuschuss für nicht wohlhabende Menschen wäre eine echte Hilfe für die, die unter den aktuellen Preisen besonders leiden, und deutlich sachgerechter als Geldgeschenke mit der Gießkanne. Es kann aber nicht angehen, dass gleichzeitig die längst überfällige Erhöhung der Regelsätze auf die lange Bank geschoben wird. Sowohl Hilfen für die Bezieher:innen kleiner und mittlerer Einkommen, als auch Hilfen für die Ärmsten müssen parallel laufen […]. Wir brauchen dringend eine unterjährige Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 €.”
Hamburg zählt zu den teuersten Städten Deutschlands und die Inflationsrate liegt derzeit bei 7,3 %. – Es muss dringend gehandelt werden!
Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung:
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration wird gemäß § 27 Absatz 1 Satz 1 BezVG aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass durch Senatsbeschluss als Sofortmaßnahme eine Rechtsverordnung nach § 29 Abs. 3 SGB XII mit dem Ziel erlassen wird, für das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg Mindestregelregelsätze nach § 29 Absatz 1 und 2 SGB XII festzusetzen, die deutlich höher sind als die bundesweit geltenden Regelsätze. Die neu einzuführenden erhöhten Mindestregelsätze sollen die im bundesweiten Vergleich hohen Lebenshaltungskosten in Hamburg ausgleichen und mindestens den für die Stadt München geltenden Regelsätzen entsprechen. Die Mehrkosten für diese dringend erforderliche sozialpolitische Maßnahme sind im laufenden Haushaltsjahr ggf. durch einen aufzustellenden Nachtragshaushalt auszugleichen sowie bereits für den im Abstimmungsverfahren befindlichen Haushaltsentwurf 2023/2024 zu berücksichtigen.
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Die Bezirksversammlung wird um Zustimmung gebeten.
Regelsatzfestsetzungsverordnung der Stadt München vom 25.11.2021 (siehe auch https://stadt.muenchen.de/rathaus/stadtrecht/vorschrift/755.html)
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