Es sind keine Fragen eingereicht worden.
Frau Blume bedankt sich bei den anwesenden Verbandsvertreter:innen, dass sie der Einladung des Ausschusses gefolgt seien und betont, die Gäste ständen stellvertretend für viele weitere ehrenamtlich Tätige im Bereich Migration.
Herr Giffei (fluchtpunkt • Kirchliche Hilfsstelle für Flüchtlinge) führt aus, fluchtpunkt betreibe ein Büro in der Eifflerstraße, sei etwa zu 80% aus Kirchensteuer finanziert und berate vergleichbar einer Rechtsanwaltskanzlei. Das unentgeltliche Beratungsangebot sei gut mit den Erstaufnahmestellen von Fördern und Wohnen AöR vernetzt, unterliege einer sehr hohen Nachfrage und sei in dieser Form wohl bundesweit einzigartig. 600 Beratungsfälle würden pro Jahr betreut, mit 150 Fällen davon sei fluchtpunkt vor Gericht.
Die positiven Veränderungen im Aufenthaltsrecht seien ein Lernerfolg deutscher Politik, die sich hier an Realitäten, nicht an Prinzipien orientiere. Bisher hätten sich viele Migrant:innen in bis zu 20 Jahre andauernden Kettenduldungen befunden, obwohl der dauerhafte Verbleib in Hamburg bereits von vorneherein absehbar gewesen wäre. Nun aber erwirkten zahlreiche Regelungen wie abgeschlossene Schulabschlüsse bei Jugendlichen in der Regel Bleiberecht. Dies wirke angesichts der Fristen vor allen Dingen auch für viele Migrant:innen, die im Laufe des großen Zuzugs um 2015 Hamburg erreicht hätten, jedoch nicht für Straftäter:innen.
Zu bemängeln sei indes der Umgang mit Roma und Sinti aus dem sogenannten Westbalkan, die sowohl in ihrer Heimat als auch hier Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt seien. Ihre Heimatländer seien keine sicheren Herkunftsländer, weder in Hamburg noch in ihrer Heimat sei ein sicheres Leben möglich. Häufig befänden sich die Betroffenen trotz eigentlich wirksamer Wiedereinreisesperre von 36 Monaten in einer anhaltenden Zirkelmigration und unterlägen in Deutschland aufgrund des vermeintlich sicheren Herkunftslandes einem strikten Arbeitsverbot. Teilweise sei es geglückt, durch sexualisierte Gewalt schwer traumatisierte Frauen in psychologische Betreuung zu vermitteln, was aufschiebende Wirkung für Abschiebungen haben könne. So lange es nach gängiger Rechtsauffassung für die Migrant:innen sogenannter interner Schutz im Heimatland existiere und ein Leben am Existenzminimum wahrscheinlich sei, zeichne sich jedoch noch keine Lösung ab. Ausnahme seien im Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft erwirkte Einzelfallregelungen.
Frau Jarominska und Herr Weiß (Sinti-Verein zur Förderung von Kindern und Jugendlichen e.V.) erläutern, der Verein sei 2001 gegründet und die Beratungsstelle mit Schwerpunkt auf dem Thema Bildung 2015 in Hamburg-Osdorf eröffnet worden. Die teilweise von der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) und dem Bezirksamt finanzierten Projekte umfassten Themen wie Mutter-/ Kindgruppe, Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, Beratung von Migrant:innen in der Wohnunterkunft Osdorf, Hausaufgabenhilfe oder Sozialberatung.
Die Lage der aus der Ukraine geflüchteten Sinti und Roma verschärfe sich durch die häufig mit der Flucht einhergehende Trennung der Familienverbünde. Dies sei ein häufiger Grund, in die Ukraine zurückzukehren.
Die Sozialberatung habe 2022 bereits 700 Beratungen durchgeführt. Das Beratungsvolumen sei durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg noch einmal deutlich gestiegen, auch Migrant:innen, die außerhalb des Bezirkes Altona wohnten, griffen auf das Angebot zurück. Die Gespräche, die auch Schuldner:innen- und Schulberatungen umfassten, seien mit nur einer Stelle allein nicht zu bewältigen, deswegen stelle der Verein bei der Sozialbehörde einen Antrag auf eine weitere. Das Beratungsangebot erfolge in enger Abstimmung mit den Bildungsberater:innen, die als Mediator:innen zwischen Schule und Familien wirkten.
Die etwa 200 qm umfassenden Räumlichkeiten mit drei Büros und einem Seminarraum, angemietet bei der Maria-Magdalena-Kirchengemeinde, seien zu klein, insbesondere Einzelbüros für Beratungsgespräche fehlten. Die doppelte Fläche sei nötig, dafür müsste ein weiteres Bungalowhaus vor Ort angemietet werden. Es gebe Aussicht auf größere Räume, diese ständen aber erst nach Abschluss der geplanten Sanierung in vier bis fünf Jahren zur Verfügung. Übergangsweise könne ein Raum im Pfarrhaus für Alphabetisierungs- und Deutschkurse kostenlos genutzt werden.
Frau Akkoc und Herr Konca (Türkische Gemeinde Hamburg und Umgebung e.V., TG) berichten, der Verein sei 1986 zu den Themen Rassismus und Diskriminierung gegründet worden. Mittlerweile sei die TG eine Bildungsträgerin, die in Themen wie die Einbürgerungskampagne unterstütze und Sprach- und Integrationskurse, finanziert aus Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg und des Bundes, anbiete.
Die TG engagiere sich auch in der Arbeit mit Senior:innen, diese seien als Migrant:innen häufig frühzeitig aus dem Arbeitsverhältnissen ausgeschieden und verfügten nur über eine geringe Rente. Gleichzeitig scheuten sich viele Senior:innen, staatliche Unterstützungsleistungen anzunehmen. Die digitale Teilhabe sei für Senior:innen in Armut nur sehr schwer möglich. Es seien zielgruppenspezifische Pflegeangebote für die Migrant:innen nötig, da mit zunehmenden Alter auch die Bedeutung und Erinnerung von und an kultureller Herkunft, Heimat und Sprache beständig wuchsen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit sei die Unterstützung der Hamburger Einbürgerungskampagne "Ich bin Hamburger". Dabei unterstütze der Verein als unabhängige Organisation Menschen aus allen Nationen, nicht nur aus der Türkei. Als die Einbürgerung in Hamburg stagniert sei, habe der Senat mit konzeptioneller Hilfe der TG die Kampagne "Hamburg. Mein Hafen. Deutschland. Mein Zuhause." initiiert. Mittlerweile belege Hamburg stets einen Spitzenplatz bei den Einbürgerungsquoten. Die Einbürgerung sei für die Antragsteller:innen mit hohen Kosten verbunden, pro Einbürgerung müssten in der Regel 255 Euro zuzüglich Kosten für die Passausfertigung gezahlt werden.
Das Einbürgerungsprojekt der TG umfasse sieben Minijob-Mitarbeiter:innen und eine Leitungsstelle. Alle wesentlichen Sprachen würden so angeboten werden. Unterstützt werde die Arbeit von 40 aktiven, ehrenamtlichen Einbürgerungslots:innen. Pro Quartal führe die TG 150 Erstberatungsgespräche und 100 Folgeberatungen durch. Das Einbürgerungsverfahren sei bürokratisch und dauere in der Regel mehr als ein Jahr. Grundsätzlich erleichterten formal und inhaltlich richtig gestellte Anträge die Bearbeitung. Die TG arbeite hierfür mit der Einbürgerungsstelle des Bezirksamtes zusammen. Die gesetzliche Änderung, zukünftig Mehrstaatlichkeit zuzulassen, erleichtere die Einbürgerungsbemühungen, da Staaten wie Afghanistan oder Iran keine Ausbürgerung zuließen. Die Pandemie habe die Einbürgerung erschwert, während dieser seien nur Telefonate mit den Sachbearbeiter:innen möglich gewesen. Dies habe einen heute noch vorhandenen Gesprächsrückstau verursacht.
Die TG führe gemeinsam mit syrischen Organisationen Veranstaltungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Einbürgerung durch. Es sei erfolgreicher, Menschen in ihrer Herkunftssprache niedrigschwellig anzusprechen. Die Anzahl der von syrischen Migrant:innen gestellten Einbürgerungsanträge habe sich verdreifacht.
Frau Partoshoar und Herr Abu Toboul (Landesintegrationsbeirat) schildern die Arbeitsinhalte des Beirates. Dieser habe 2021 seine Arbeit aufgenommen und beabsichtige, den vielfältigen Anliegen der Migrant:innen zu mehr Gehör zu verhelfen. Die Vernetzung und der Wissenstransfer innerhalb der Communities und untereinander solle gefördert werden, von Bezirks- bis Bundesebene. Überall benötigte Konzepte wie zum Beispiel für die Einbürgerung könnten so deutlich rascher verbreitet und umgesetzt werden. Das Budget des Beirates beschränke sich auf 5.000 Euro pro Jahr.
Die Einbindung der Migrant:innen in die parlamentarischen Strukturen des Bezirkes Harburg sei schon ein gutes Stück vorangekommen, dies könne als Vorbild für Altona dienen. Diskriminierte Menschen würden in Altona keine Anlaufstelle in der Bezirksverwaltung vorfinden. Ein bezirklicher Integrationsbeirat könne als erster Schritt und als Bindeglied zwischen Verwaltung und Gesellschaft dienen. Auch im behördlichen Umfeld wie im Bezirksamt oder der Ausländerbehörde sei Diskriminierung vorhanden. Diese zur Anzeige zu bringen, sei insbesondere in den Erstunterkünften mit viel Rechercheaufwand verbunden, weil den Betroffenen die Namen der Täter:innen häufig nicht bekannt seien. Die Bezirkspolitik könne beim Aufbau eines bezirklichen Integrationsbeirats helfen, indem Räume und Strukturen bereitgestellt würden.
Bei der Integration der Sinti und Roma aus der Ukraine sei in der Regel aufgrund der niedrigen Alphabetisierungsquote ein:e Übersetzer:in vonnöten. Diese Gruppe sei auch innerhalb der Migrant:innen diskriminiert.
Frau Akkoc (Türkische Gemeinde Hamburg und Umgebung e.V.) ergänzt, solange sich die gesellschaftliche Vielfalt noch nicht in den parlamentarischen Strukturen abbilde, sei ein bezirklicher Integrationsbeirat mit festen Vertretungen in den Ausschüssen wünschenswert.
Frau Merz weist auf die Diskriminierung von Migrant:innen ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse im Bezirksamt Altona hin.
Frau Blume regt an, in jeder Ausschusssitzung einen festen und regelmäßigen TOP "Bericht aus dem Integrationsbeirat" aufzurufen.
Der Ausschuss folgt dem Vorschlag von Frau Blume einvernehmlich.
Der TOP wurde vor Eintritt in die Tagesordnung von dieser herunter genommen. Die Referierenden haben abgesagt.
Der TOP wurde vor Eintritt in die Tagesordnung von dieser herunter genommen.
Überwiesen aus der Sitzung der Bezirksversammlung vom 28.04.2022 zur Erarbeitung einer Beschlussempfehlung. Vertagt aus der Sitzung vom 16.05.2022.
Frau Blume berichtet, die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration habe für die Sitzung am 19.09.2022 ihre Teilnahme zugesagt. Um eine fundierte Beratung des Antrags zu ermöglichen, schlage sie dessen Vertagung vor.
Der Ausschuss folgt dem Vorschlag von Frau Blume und vertagt den Antrag einvernehmlich in die Sitzung am 19.09.2022.
Der Ausschuss nimmt die Drucksache zur Kenntnis.
Der TOP mit der Drucksache 21-3196 (Anlage) wird vor Eintritt in die Tagesordnung neu aufgenommen.
Der Ausschuss für Soziales, Integration, Gleichstellung, Senioren, Geflüchtete und Gesundheit empfiehlt dem Haushalts- und Vergabeausschuss einstimmig bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE, folgenden Beschluss zu fassen:
Frau Schulz-Müller und Frau Schulte berichten, die interfraktionelle Arbeitsgruppe habe die Kriterien für die Vergabe des Solidaritätspreises aufgestellt. Bis Ende Juli könnten die Projekte eingereicht werden. In der Sitzung am 19.09.2022 werde der Ausschuss einbezogen. Im Oktober 2022 finde die Preisverleihung im Rahmen der Sitzung der Bezirksversammlung statt.
Frau Blume bittet die anwesenden Gäste, in ihren jeweiligen Netzwerken für den Altonaer Solidaritätspreis zu werben.
Der Ausschuss nimmt die Drucksache zur Kenntnis.
Der Ausschuss nimmt die Drucksache zur Kenntnis.
Der Ausschuss nimmt die Drucksache zur Kenntnis.
Der Ausschuss nimmt die Drucksache zur Kenntnis.
Herr Schirrmacher regt an, eine der nächsten Sitzungen des Ausschusses bei fördern & wohnen AöR stattfinden zu lassen.