Selten hat der Bezirk Altona eine Straßenumgestaltung so ausführlich vorbereitet, wie die nun anstehende im Zentrum von Ottensen: Mit dem Verkehrsversuch „Ottensen macht Platz“ wurde in den Jahren 2019 und 2020 erprobt, wie hier ein autoarmes Gebiet umgesetzt werden kann. Damit wurde bundesweit ein erster derartiger Versuch in einem verdichteten innerstädtischen Mischquartier mit hohem Nutzungsdruck von Einkaufen, Gastronomie und Wohnen durchgeführt. Die Erfahrungen wurden durch die Technische Universität Hamburg evaluiert und auf Grundlage politischer Beschlüsse der Bezirksversammlung Altona in das Projekt „freiRaum Ottensen – Das autoarme Quartier“ mit dem Ziel überführt, den Status als autoarmes Gebiet dauerhaft zu verstetigen. Nach intensiver Beteiligung im Stadtteil und ersten Erfahrungen mit der Umwidmung des Straßenraums in der Großen Brunnenstraße liegt nun im Rahmen der Erstverschickung eine Planung für die zentralen Achsen Bahrenfelder Straße und Ottenser Hauptstraße sowie für Teile der Großen Rainstraße vor. Die Bezirksversammlung begrüßt die Grundlagen dieser Planung als wesentlichen Schritt auf dem Weg für ein autoarmes Ottensen. Den Erfahrungen aus dem Verkehrsversuch und vielen Eingaben und Vorschlägen wurde Rechnung getragen. Der Lieferverkehr erfordert für den Begegnungsfall von beispielsweise einem Lastenrad und einem Transporter eine bestimmte Straßenbreite. Die Bahrenfelder Straße und die Große Rainstraße sind als Fahrradstraßen vorgesehen, der östliche Abschnitt der Ottenser Hauptstraße als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich.
Von den geplanten Veränderungen, wie der Umnutzung des Straßenraums durch den Wegfall von Autoparkplätzen, den neuen Fahrrad- und Lastenradbügeln, der Sanierung der Oberflächen und der Verbreiterung der Gehwege, werden der Fußverkehr und der Radverkehr besonders profitieren. Bei der öffentlichen Vorstellung der Planung im Rahmen einer Dialogveranstaltung und auch bei der darauffolgenden Stellungnahme des Beteiligungsbeirates ist jedoch deutlich geworden, dass im Stadtteil noch Bedarf an Veränderungen besteht. Insbesondere der Fußverkehr soll durch mehr Platz und Barrierefreiheit mehr gefördert werden. Auch werden mehr Stadtnatur und vielfältige Aufenthaltsmöglichkeiten bei den Planungen gewünscht. Der besondere Gebietscharakter Ottensens als historisch gewachsenes Mischgebiet soll erhalten bleiben. Gewerbetreibende – dazu zählen Gastronomiebetriebe, der Einzelhandel sowie (Kunst-) Handwerksbetriebe – prägen die Stadtteilkultur seit Jahrzenten wesentlich mit. Ihre Interessen finden weiterhin Berücksichtigung. Im Hauptausschuss hat die Bezirksversammlung bereits mit einem Beschluss auf die eingebrachten Änderungswünsche aus dem Stadtteil reagiert, in dem die Behörde für Kultur und Medien aufgefordert wird, auch im denkmalgeschützten Bereich der Ottenser Hauptstraße einer Verschmälerung der Fahrbahn und Verbreiterung der Gehwege zuzustimmen (Drs. 21-4260). Auch in Vorbereitung der Zweitverschickung werden die Interessengruppen fortlaufend in die Planungen eingebunden, denn die umfangreichen Beteiligungsmöglichkeiten und transparente Kommunikation sind seit Beginn des Projekts entscheidend für die breite Akzeptanz der geplanten Maßnahmen.
Die Bezirksversammlung beschließt daher:
Das Bezirksamt wird gemäß § 19 BezVG aufgefordert, folgende Punkte zu berücksichtigen:
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Die auf Grundlage des Workshops gewählte Vorzugsvariante zum „Ottenser Kreuz“ soll sich noch deutlicher am Bestand orientieren, als bislang vorgesehen. Dazu ist auf die geplante Sprunginsel zu verzichten. Dem von der Fahrradstraße kommenden Radverkehr ist mit geeigneten Mitteln wie Akustikmusterflächen oder einem Belagswechsel sowie deutlicher Ausschilderung zu signalisieren, dass bei der Querung langsam gefahren werden soll. Insgesamt soll der vorgesehene Gewinn an Fußverkehrsflächen umgesetzt und wo möglich mit geschnittenem Pflaster und mehr Bepflanzung attraktiv gestaltet werden. Zugleich bleibt das Separationsprinzip von Rad- und Fußverkehr zur Wahrung der Verkehrssicherheit erhalten.
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Die Bezirksversammlung begrüßt ausdrücklich die Verwendung von versenkbaren Pollern im Planungsraum. Es ist sicher zu stellen, dass mit diesen Pollern unerlaubte Verkehre zuverlässig aus dem autoarmen Bereich herausgehalten werden können. Den Ansatz, Einbau und Wartung der Poller möglichst schon beim Umbau einheitlich über die städtische Gesellschaft Hamburg Verkehrsanlagen umzusetzen, wird als äußerst sinnvoll erachtet.
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Um dem Fußverkehr nachhaltig breitere frei begehbare Wege anbieten zu können, ist die sogenannte Mindest-Restgehwegbreite der Bahrenfelder Straße auf 2 m zu erhöhen. Bereits 2019, vor der COVID 19-Pandemie genehmigte Flächen für Außengastronomie werden dabei im Bestand gesichert. Jedem Gewerbebetrieb soll dabei die Summe an Flächen zugestanden werden, die er auch vor der Pandemie zur Verfügung hatte. Dafür ist die Erstverschickung ggf. in Teilen anzupassen. Nach 2019 zugezogene Betriebe sollen die Möglichkeit haben, Flächen für Sondernutzungen in einem sowohl für die Betriebe als auch die Anwohnenden vertretbaren Maß nutzen zu können. Die Praxis jährlicher Genehmigung bleibt erhalten.
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Die Herstellung der Bahrenfelder Straße mit geschnittenem Kopfsteinpflaster ist zu prüfen um einerseits eine milieugerechte Oberfläche, andererseits eine bessere Befahr- und Begehbarkeit herzustellen. Die mäandrierende Straßenführung wird begrüßt. Es soll geprüft werden, ob die Fahrbahnbreite nach Möglichkeit auf 4 m reduziert werden kann.
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Die Reduzierung des Straßenquerschnitts sowie das geschnittene Natursteinpflaster in der Ottenser Hauptstraße ist gemäß Beschluss Drs. 21-4260 umzusetzen.
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Bordsteinhöhen sollen im Planungsgebiet möglichst dem Leitbild einer weichen Separation folgen. Zu prüfen ist, ob die Absenkung der Borde auf 3 cm oder weniger bei weiteren Flächen in der Ottenser Hauptstraße, Bahrenfelder Straße und Große Rainstraße umsetzbar ist. Im Bereich des Ottenser Kreuzes soll sich die Gestaltung der Fahrbahnen an der Ottenser Hauptstraße zwischen den Straßen Am Feld und Stangestraße mit geschnittenem Kopfsteinpflaster und abgesenkten Borden orientieren.
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Fahrradbügel sollen auf Fahrbahnniveau angebracht und mit einem mindestens 3 cm hohen Bordstein vom Gehweg abgesetzt werden, um das Ein- und Ausparken von Radfahrenden konfliktfreier mit dem Fußverkehr zu gestalten und das Befahren der Gehwege zu verhindern.
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Der neu gestaltete Straßenraum soll deutlich mehr Grünflächen erhalten. Zu prüfen ist, ob insbesondere zur Klimaanpassung und Abkühlung mehr Bäume gepflanzt werden und mobile Pflanzkübel zum Einsatz kommen können, wie z.B. auf den neu gewonnenen Nebenflächen am Ottenser Kreuz und gegenüber der Einmündung Spitzenplatz. Zu prüfen ist der Einbau von Rigolen, um das Baumwachstum zu fördern. Im Schatten der Bäume sind Sitzbänke vorzusehen. Die Freiraumplanung soll durch weiteres Stadtmobiliar zum konsumfreien Aufenthalt ergänzt werden.
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Es ist zu prüfen, ob auf Straßenlaternen auf Gehwegen zugunsten frei hängender Beleuchtung verzichtet werden kann. An einigen Gebäuden befinden sich noch die Haken für die Aufhängung des Fahrdrahtes der früheren Straßenbahn. Sollte bei Hamburg Verkehrsanlagen keine derartige Lösung befürwortet werden, ist zu prüfen, ob individuelle Beleuchtungslösungen gemäß Klimaschutzkonzept eingesetzt werden können.
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Die Lieferzeiten werden festgelegt auf zwei Zeitfenster: eins von 6:00 bis 11:00 Uhr und ein weiteres in den späten Nachmittagsstunden, beispielsweise von 18:00 bis 22:00 Uhr. Hierzu wird das Projektteam angehalten, sich mit den ansässigen Gewerbetreibenden abzustimmen und einen Vorschlag zu unterbreiten. Einfahren darf in das Gebiet außerhalb dieser Zeiten nur, wer eine Ausnahmegenehmigung beantragt hat, und selbstverständlich jederzeit alle diejenigen, die einen privaten Stellplatz haben, Taxi, Moia und alle Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr sowie Müll- und Straßenreinigungsfahrzeuge. Dem Beschluss „Strategie Letzte Meile“ vom November 2021 (Drs. 21-2581) folgend sind Konzepte für nachhaltige Lieferungen im Projektraum zu entwickeln. Dazu sollen die Erfahrungen mit dem EU Interreg Projekt Hupmobile (Holistic urban and peri-urban Mobility) genutzt und dem Klimaschutzteilkonzept Mobilität folgend geprüft werden, wo Urban bzw. Mini-Hubs eingerichtet werden können. Die lokale Wirtschaft ist dabei einzubeziehen und bei der Entwicklung individueller Konzepte zu beraten.