Das muss schneller gehen! Sportvereine in Altona durch Zahlungsrückstände in finanzieller Not Mitteilungsdrucksache zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 27.04.2023
Die Bezirksversammlung Altona hat in ihrer Sitzung vom 27.04.2023 anliegende Drucksache 21-4011B beschlossen.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) hat mit Schreiben vom 15.06.2023 wie folgt Stellung genommen:
Zu 1 und 2:
Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) stellt seit der Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets in 2011 Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien ein niedrigschwelliges Angebot zur Inanspruchnahme von Bildungs- und Teilhabeleistungen zur Verfügung. Ein Baustein hierbei war bis Ende 2021 das zentrale Abrechnungsverfahren von Sportvereinsmitgliedschaften als soziokulturelle Teilhableistungen im Rahmen des Programms Kids in die Clubs über die Hamburger Sportjugend.
Aufgrund von bundesgesetzlichen Änderungen durch das Starke-Familien-Gesetz war Hamburg, wie alle anderen Länder und Kommunen auch, verpflichtet, seine Bewilligungs- und Abrechnungsverfahren zu überprüfen und an die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Mit dem Starke-Familien-Gesetz ist bei der soziokulturellen Teilhabeleistung an die Stelle der bisherigen Sachleistung eine monatlich pauschalierte Geldleistung in Höhe von 15 Euro getreten. Diese wird bewilligt, wenn den Leistungsberechtigten Aufwendungen in Bereichen der soziokulturellen Teilhabe entstehen. Bezugspunkt für die Abrechnung ist nicht mehr das jeweilige Teilhabeangebot (Sachleistung), sondern ein individueller Leistungsanspruch der Kinder und Jugendlichen auf eine Geldleistung.
In der Folge dürfen für soziokulturelle Teilhabeleistungen nur noch die tatsächlichen Kosten eines Teilhabeangebots abgerechnet werden. Etwaige Differenzbeträge zu dem gesetzlich normierten Teilhabeanspruch in Höhe von 15 Euro monatlich müssen an die Leistungsberechtigten ausgezahlt werden. Diese Differenzbeträge können von den Leistungsberechtigten für weitere soziokulturelle Teilhabeangebote wie beispielsweise eine weitere Vereinsmitgliedschaft oder benötigte Ausrüstungsgegenstände verwendet werden.
Das Abrechnungs- und Bewilligungsverfahren von soziokulturellen Teilhableistungen der FHH muss auf die individuellen Leistungsansprüche der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet sein.
Bereits 2019 wurde seitens der Hamburger Sportjugend und der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) begonnen, das Programm Kids in die Clubs mit seinem zentralen Abrechnungssystem unter Sicherstellung der individuellen Leistungsansprüche der Sozialleistungsberechtigten an die geänderten rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen anzupassen. Dies ist den Beteiligten, trotz intensiver Bemühungen, nicht gelungen. Insbesondere hat sich gezeigt, dass die wegen der gesetzlichen Rahmenbedingungen erforderlichen Sonderlösungen für eine zentrale Abrechnung nicht nur einen hohen Aufwand bedeuten, sondern auch zu einer erheblichen Fehlerquote führen. Es war nach Einschätzung der Sozialbehörde nicht möglich, das Abrechnungsverfahren so zu modifizieren, dass es den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen genügt. Die Sozialbehörde war daher zu dem Entschluss gekommen, das Abrechnungsverfahren umzustellen und die zentrale Abrechnung über die Hamburger Sportjugend durch eine direkte Abrechnung zwischen dem jeweiligen Verein und dem Bezirksamt Eimsbüttel zu ersetzen, das auch bis dahin schon die Abrechnung der Bildungs- und Teilhabeleistungen für alle Bezirksämter zentral wahrgenommen hat.
Alle Leistungsanbieter haben seit dem 01.01.2022 die Möglichkeit, die Mitgliedbeiträge von bildungs- und teilhabeberechtigten Mitgliedern direkt mit dem Bezirksamt Eimsbüttel abzurechnen. Bei dieser Form der Direktabrechnung werden den Leistungsanbietern die Mitgliedsbeiträge für den Anspruchszeitraum des jeweiligen Anspruchsberechtigten monatlich direkt auf das beim Bezirksamt Eimsbüttel hinterlegte Vereinskonto überwiesen. Etwaige Differenzbeträge zu dem gesetzlich normierten Anspruch von 15 Euro werden vom Bezirksamt Eimsbüttel an den jeweiligen Leistungsberechtigten ausgezahlt. Insofern wurde die zentrale Abrechnung über die Hamburger Sportjugend durch eine direkte Abrechnung zwischen dem jeweiligen Verein und dem Bezirksamt ersetzt.
Neben dieser Abrechnungsvariante besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen die soziokulturelle Teilhabeleistung beim Bezirksamt Eimsbüttel beantragen und ihnen die Leistung von dort ausgezahlt wird. Der soziokulturelle Teilhabebeitrag ist dann von den Leistungsberechtigten selbst an den jeweiligen Leistungsanbieter zu entrichten. Insoweit hat das Verfahren keine Änderungen erfahren.
Mit dem jetzigen Abrechnungsverfahren wird sichergestellt, dass die bundesgesetzlichen Vorgaben bei der Gewährung von soziokulturellen Teilhabeleistungen umfassend umgesetzt und den leistungsberechtigten Kindern und Jugendlichen ihre Leistungsansprüche vollumfänglich ausgezahlt werden.
Die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen führen unter anderem dazu, dass bei der Direktabrechnung der soziokulturellen Teilhabeansprüche mit den Leistungsanbietern vom Bezirksamt Eimsbüttel in der Regel zwei statt bisher eine Auszahlung zu tätigen sind. Der Vereinsbeitrag wird direkt an den Verein überwiesen und bei Beiträgen unter 15 Euro wird der Differenzbetrag an die Leistungsberechtigten ausgezahlt. Dies führt zu einem Mehraufwand beim Bezirksamt Eimsbüttel. Für die Sorgeberechtigten hat dies finanzielle Vorteile, ohne dass damit für sie Mehraufwand verbunden ist. Die Auszahlung der Differenzbeträge erfordert keinen weiteren Antrag der Leistungsberechtigten, sondern erfolgt automatisch vom Bezirksamt Eimsbüttel.
Grundlegende Änderungen an dem bestehenden Verfahren sind derzeit nicht geplant. Ob sich aus der Einführung einer Kindergrundsicherung die Möglichkeit ergeben wird, in diese auch die soziokulturelle Teilhabeleistungen einzubeziehen, ist zurzeit noch offen. Die Sozialbehörde mit der Fachlichen Leitstelle OPEN/PROSOZ und das Bezirksamt Eimsbüttel sind aber laufend damit befasst, Verbesserungen im Rahmen des bestehenden Verfahrens sowohl für die Leistungsanbieter als auch die Leistungsberechtigten zu bewirken. So wurde vom Bezirksamt Eimsbüttel beginnend im Oktober 2022 für alle Vereine die Vereinssachbearbeitung eingeführt, die nach Rückmeldung zahlreicher Vereine spürbar zu Verbesserungen bei der Abrechnung von Mitgliedsbeiträgen für die Vereine geführt hat.
Die Sozialbehörde und das Bezirksamt Eimsbüttel stehen in einem regelmäßigen fachlichen Austausch hinsichtlich der Bearbeitung von Bildungs- und Teilhabeleistungen. In diesem Rahmen wurden in den vergangenen Wochen auch regelmäßig Themen wie die Bearbeitungsdauer und Bearbeitungsrückstände bei der Abrechnung von soziokulturellen Teilhabeleistungen besprochen. In dem jüngsten Termin am 24.05.2023 wurde vom Bezirksamt Eimsbüttel hierzu mitgeteilt, dass für das Jahr 2022 keine Bearbeitungsrückstände mehr bestehen und alle dem Bezirksamt Eimsbüttel vorliegenden Abrechnungen für 2022 erfolgt und zur Zahlung angewiesen sind. Einzig für einen Verein, dessen Abrechnung für das gesamte Jahr 2022 erst im November 2022 im Bezirksamt Eimsbüttel eingegangen ist, konnte die Abrechnung noch nicht abschließend erfolgen.
Darüber hinaus stehen die Sozialbehörde und das Bezirksamt Eimsbüttel mit den Hamburger Sportvereinen in einem Austausch zur Evaluierung der Erfahrungen mit dem neuen Abrechnungsverfahren. So haben digitale Veranstaltungen am 03.05.2022, 27.10.2022 und 23.03.2023 stattgefunden.
Trotz ausdrücklicher Ansprache der Sozialbehörde in der letzten Videokonferenz vom 23.03.2023 hat sich bis heute kein Sportverein gemeldet, der wegen offener Abrechnungen von soziokulturellen Teilhabeleistungen und gegebenenfalls ausstehender Zahlungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei.
Zu 3:
Eine erste Evaluation der Inanspruchnahmen soziokultureller Teilhabeleistungen für das erste Halbjahr 2022 der Sozialbehörde und der Behörde für Inneres und Sport (BIS) hat ergeben, dass sich kein nennenswerter Rückgang bei den Inanspruchnahmen soziokultureller Teilhabeleistungen im Bereich Sport und somit auch keine erkennbare Auswirkung der Verfahrensumstellung bei der Abrechnung von soziokulturellen Teilhabeleistungen auf die Inanspruchnahmen soziokultureller Teilhabeleistungen feststellen lässt. Die Sozialbehörde und die BIS haben die Evaluation für den Zeitraum bis 31.10.2022 fortgesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Inanspruchnahmen soziokultureller Teilhabeleistungen im Bereich Sport in diesem Zeitraum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht gestiegen sind. Im Kinder- und Jugendbereich in Hamburger Sportvereinen sind die Mitgliedszahlen insbesondere im Vergleich zu den Gesamtmitgliederzahlen sogar stark gestiegen. Eine negative Auswirkung der Verfahrensumstellung lässt sich damit weder bei den Inanspruchnahmen soziokultureller Teilhabeleistungen im Bereich Sport noch bei der Entwicklung der Mitgliederzahlen in Hamburger Sportvereinen feststellen.
Die Ergebnisse der jüngsten Evaluation im Einzelnen:
2. Mitgliederzahlen Hamburger Sportbund e.V.
Jahr |
Mitglieder Gesamt |
Jugendliche bis 17 Jahre |
||||||||
männlich |
weiblich |
Gesamt |
Differenz zum Vorjahr |
männlich |
weiblich |
gesamt |
Differenz zum Vorjahr |
|||
31.10.2019 (2020) |
348.994 |
193.412 |
542.406 |
5.478 |
1,02% |
83.981 |
55.074 |
139.055 |
3.925 |
2,90% |
31.10.2020 (2021) |
338.189 |
181.687 |
519.876 |
-22.530 |
-4,15% |
80.468 |
52.762 |
133.230 |
-5.825 |
-4,19% |
31.10.2021 (2022) |
327.821 |
170.079 |
497.900 |
-21.976 |
-4,23% |
77.830 |
49.899 |
127.729 |
-5.501 |
-4,13% |
31.10.2022 (2023) |
346.802
|
180.493 |
527.295 |
29.395 |
5,90% |
87.748 |
57.016 |
144.764 |
17.035 |
13,34% |
*Der Hamburger Sportbund (HSB) nutzt für die Auswertung des laufenden Jahres jeweils die Zahlen des Vorjahres.
Dabei handelt es sich um eine Stichtagsauswertung, jeweils zum 31.10. eines Jahres.
Beispiel: Für das Jahr 2023 wurden die Mitgliederzahlen aller Sportvereine am Stichtag 31.10.2022 erhoben.
Die Sozialbehörde informiert und wirbt regelmäßig für die Inanspruchnahme der Bildungs- und Teilhabeansprüche nach dem SGB II, dem SGB XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und dem Bundeskindergeldgesetz (§ 6b BKGG) über unterschiedliche Wege, wie etwa über jugend- und familienpolitischen Multiplikatoren wie Kitas, Schulen, familienpolitische Einrichtungen wie Eltern-Kind-Zentren, Elternschulen, Erziehungsberatungsstellen usw. sowie angrenzende Bereiche wie z.B. die Öffentlichen Bücherhallen und verschiedene Medien.
:
Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.