21-4068

Pflege, Kurzzeitpflege Eingabe

Eingabe

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14.02.2022
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13.12.2021
22.11.2021
25.10.2021
Sachverhalt

 

Folgende Eingabe ging bei der Geschäftsstelle der Bezirksversammlung per Mail ein:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Ich musste kurzfristig ins Krankenhaus. Mein Krankenhausaufenthalt zwang mich schnellstens eine Kurzzeitpflege für meine pflegebedürftige, leicht demente Frau zu organisieren. Mir schien das kein großes Problem zu sein. Ein paar Stunden konzentriertes Telefonieren und das Problem sollte gelöst sein. Pustekuchen! Anderthalb Wochen habe ich mir die Finger wund telefoniert bis ich durch Glück eine Unterkunft fand. Ich musste deshalb sogar meine dringend notwendige Operation um eine Woche verschieben. Ich schreibe das nicht um zu jammern, sondern weil ich denke, dass viele in diese Situation kommen. Viele der Probleme, mit denen ich konfrontiert wurde, sind relativ einfach zu lösende organisatorische Probleme. Eine Chance für gestandene Politiker sich zu profilieren. Nachstehend meine noch taufrischen Erfahrungen. Meine Vorschläge am Ende des Briefes.

 

Kurzzeitpflege

 

Wer schnell eine Kurzzeitpflege für einen Angehörigen benötigt ist in Hamburg aufgeschmissen. Es beginnt damit, dass nirgends ein Verzeichnis zu finden ist, in dem diese Leistungen bei welchen Heimen angeboten werden. Auf eine Nachfrage beim Pflegestützpunkt Wandsbek erhielt ich immerhin den Hinweis auf eine von der AOK erstellte Liste der Pflegeheime im Internet mit Telefonnummern, Adressen und Preisen für einen Heimplatz. Ob Kurzzeitpflegeplätze in den Heimen angeboten werden, ist darin aber nicht vermerkt. Mehr Hilfe konnte ich vom Pflegestützpunkt nicht erhalten. Der Rat des Beraters: Sie müssen halt die Heime nach und nach abtelefonieren.

 

Das tat ich dann auch, mit folgendem Ergebnis:

 

  1. Die Telefonnummern in der AOk-Liste waren zum Teil falsch und mussten mühsam in Telefonverzeichnissen recherchiert werden. Dabei zeigte sich wieder mal, das übliche Telefonverzeichnis fand die Einträge nicht, selbst wenn Name und Adresse eingegeben wurden. Am besten funktionierte, typisch, Google-maps. Gibt man das Stichwort Pflegeheim und einen Stadtteil ein, erhält man nicht nur die Karte der Heime, sondern die komplette Adresse, Telefonnummer, Sprechzeiten und ob die Einrichtung gerade geöffnet hat und wann sie schließt. Vorbildlich.
     
  2. Ich musste meine Suche am Freitagnachmittag beginnen, was zur Folge hatte, dass viele Heimverwaltungen bereits im Wochenende und nicht mehr besetzt waren und ich auf Montag vertröstet wurde. Für jemand, der wegen eines Notfalles schnell eine Kurzzeitpflege braucht eine Katastrophe.
     
  3. Bei meiner Heimabfrage stellte sich heraus, dass die meisten Heime keine Kurzzeitpflegeplätze anbieten und kurzfristig auch - ob es stimmt, weiß ich nicht - keine regulären Heimplätze frei haben. Jedenfalls war ich nicht erfolgreich. Bei der Abfrage der Heime stellte ich fest, dass ich des öfteren mit der gleichen Verwaltung verbunden wurde, obwohl ich unterschiedliche Heime anwählte. Die Heime haben mit ihren Verwaltungen intern einen Verbund gebildet, oder gehören sogar einem Konzern an. Ein Angestellter in einem der Heime sagte mir, dass in einem Falle 8 Heime, oder waren es sogar 18 ?, miteinander verbunden sind. Auf den Internetseiten der Heime aber wird mit keinem Wort darauf hingewiesen.
     
  4. Bei meiner Suche im Internet stieß ich dann auf ein Heim, das auf seiner Seite in vorbildlicher Weise seine freien Plätze auf seiner Internetseite anzeigt

    Ich rief sofort dort an, war es doch genau das, was ich suchte. Am Freitagnachmittag erreichte ich aber nur einen Mitarbeiter auf der Station. Er bestätigte mir, dass er wisse, dass Zimmer frei sind, verwies mich aber an die Verwaltung, die am Montag wieder erreichbar sei. Das Heim hat laut seiner Internetseite zwei Leiter, einen für die Pflegeleitung und einen für die Leitung des Hauses. Wie ich am Montag bei meinem Anruf erfuhr, war der Leiter des Heimes in Urlaub und wurde durch den Leiter der Pflege vertreten. Der war aber auch nicht zu erreichen. Er hatte sich krank gemeldet. Als ich am Mittwoch wieder anrief, konnte ich mit ihm sprechen und er bot mir einen Termin am Freitag um 13 Uhr an, in dem wir die Einzelheiten besprechen könnten, dann sei es auch ruhiger im Heim. Mein Hinweis, dass ich nicht solange Zeit habe und ob er mir nicht wenigstens eine feste Zusage geben könnte, ging er nicht ein. Zuletzt erklärte er mir noch, dass sie eine Kurzzeitpflege nicht unter vier Wochen vereinbaren, weil sich sonst der Aufwand nicht lohne. Als ich dann am Donnerstagabend den Termin per e-mail absagte, weil ich glücklicherweise in einem anderen Heim doch noch erfolgreich war, erreichte mich wenig später die Urlaubsabwesenheitsnotiz des Heimleiters. Ich prüfte sofort nach, ob ich die richtige e-mail-Adresse des Pflegeleiters eingegeben hatte, hatte ich. Der Pflegeleiter hatte einfach seine e-mail-Adresse auf die Adresse des abwesenden Heimleiters geschaltet. Fazit: Denkt man, man hat endlich eine Lösung seines Problems, dann stößt man auf geballte Unfähigkeit und ist so hilflos wie zuvor.
     
  5. Bürokratie, Verwaltungsaufwand

    Nachdem ich bei einem erneuten Anruf im Hospital zum Heiligen Geist in Poppenbüttel glücklicherweise doch noch einen Platz für meine Frau gefunden hatte, ging der bürokratische Aufwand los. Der Verwalter schickte mir umgehend per e-mail einen "Aufnahmebogen/digital" um dessen schnelle Rücksendung er per e-mail bat. Der Bogen hat nur zwei Seiten, die Fragen aber haben es in sich. Obwohl ich solche bürokratischen Vorgänge gewohnt bin, benötigte ich annähernd 2 Stunden, bis ich die diversen Angaben aus den Unterlagen meiner Frau zusammengesucht hatte. Ich schicke euch den Bogen als Anlage mit, damit ihr seht, mit was für Fragen Leute die gerade andere Sorgen haben, belästigt werden.

    Der Verwalter machte mich noch darauf aufmerksam, dass auch ein Antrag bei der Pflegekasse meiner Frau gestellt werden muss, dass dieser Antrag aber nicht abgelehnt werden kann (warum muss man ihn dann noch stellen?). In der Antwort der Krankenkasse fand ich das Angebot, meiner Frau bei der Suche nach einem Kurzzeitpflegeplatz behilflich zu sein. Ich habe noch nicht nachgefragt, worin diese Hilfe der Pflegekasse besteht und wie weit sie geht.

    Damit war aber der Verwaltungsvorgang noch nicht abgeschlossen. Am Tag vor meinem Abgang ins Krankenhaus ging per Post noch ein rund 30-seitiger Vertrag des Hospitals zum Heiligen Geist in doppelter Ausfertigung ein, in dem an geschätzten 15 Stellen eine Unterschrift unter irgendwelche Vereinbarungen zu leisten war. Ich habe den Vertrag nicht gelesen sondern nur unterschrieben. Das ganze ist eine Farce. Wer hat schon in einer solchen Situation die Zeit einen derart umfangreichen Vertrag zu lesen. Und was wäre, wenn ich, bzw. meine demente Frau, die die Vertragsschließende Partei ist, mit einigen der Vertragsinhalte nicht einverstanden wäre? Hätten wir die Chance gehabt irgendetwas daran zu ändern? Klar, das Heim will sich juristisch absichern. Aber muss das in dieser Weise geschehen?
     
  6. Ambulante Pflegedienste

    In meiner Verzweiflung habe ich auch geprüft, ob eine Kombination von Tagespflege und ambulanter Pflege eine Möglichkeit sei. Auch hier ergab sich bei den diversen Übersichten dass die Telefonnummern der Pflegedienste nicht korrekt waren. Hilfreich auch in diesem Falle wieder Google-maps. Hier stimmten die Telefonnummern, die Angabe von Geschäftszeiten, die Karte zeigte den Sitz des Dienstes. Dennoch waren diverse Dienste telefonisch nicht erreichbar. Kam eine Verbindung zustande, wurde entweder sofort wegen fehlender Pflegekapazitäten abgewehrt, oder nach der genauen Adresse gefragt. Anschließend wurde im Stadtplan die Adresse gesucht und sehr häufig kam die Antwort: in diesen Bereich fahren wir leider nicht. Ich lernte: Ambulante Pflegedienst haben ihr exakt begrenztes Einsatzgebiet. Wüsste man vorher, welcher Pflegedienst in welchem Gebiet arbeitet, könnte man sich viel Arbeit ersparen.

    Geht das Gespräch mit den Pflegediensten ins Detail, wird genau abgefragt, welche Dienste mit welchem Zeitumfang und wie oft benötigt werden. Die Dienste sind offenbar sehr ausgelastet. Ob eine Pflege von einem Dienst angenommen wird, hängt oft davon ab, ob die zuständigen Pflegekräfte das noch in ihren Zeitplan integrieren können.
     

Dazu einige Vorschläge von mir:

 

Pflegestützpunkte

 

Die Pflegestützpunkte sind sicherlich nützlich, aber effektiv? Von einem Stützpunktmitarbeiter den Tipp zu bekommen, wo ich im Internet eine Liste der Pflegeheime finde ist hilfreich, aber für Menschen in Nöten dürftig. Man bedenke: Viele die Hilfe suchen kommen völlig unvorhergesehen in diese Situation, haben keine Ahnung was zu tun ist. Viele sind alt und nicht mehr sehr agil. Da wäre mehr konkrete Hilfe angebracht. In meinem Falle wäre die Vermittlung einer Kurzzeitpflege hilfreich gewesen. Mit entsprechenden Informationen über die Pflegeheime, ihre Leistungen und freien Plätze sicher kein großes Problem.

 

Außerdem, warum müssen Pflegestützpunkte in einer Stadt wie in Hamburg mit kurzen Entfernungen, guten Verkehrsverbindungen dezentral sein? Wäre es nicht besser das Personal der Pflegestützpunkte an einer Stelle zentral zusammenfassen und die gesamte Arbeitskraft auf die anfallenden Aufgaben zu konzentrieren und die Zentrale für Notfälle, evtl. sogar 24 Std., zu besetzen? Wenn denn unbedingt ein stadtteilbezogenes Angebot sein soll, wo wäre der Vorteil?, dann kann das auch in einer zentralen Stelle organisiert werden. Nichts einfacher als das. Ich hätte eine zentrale Pflegestützstelle in wenigen Monaten organisiert.

 

Pflegeplätze, Kurzzeitpflegeplätze

 

Auch das eine einfache organisatorische Aufgabe. So wie es das Ruckteschellheim für sein Haus im Internet macht (siehe oben), werden die Plätze der Heime erfasst und ihre Verfügbarkeit ausgewiesen. Was braucht man dazu? Ein oder zwei Leute die die überschaubare Zahl der Heime in Hamburg telefonisch abfragt, die Liste ständig aktuell hält und ein etwas versierter IT-Mitarbeiter, der die Seite aufarbeitet und ins Netz stellt. Warum soll eine Behörde das nicht können?

 

Ambulante Pflegedienste

 

Und noch eine simple Organisationsaufgabe. Da die Dienste genau begrenzte Einsatzgebiete haben, wären diese zu erfragen, die Dienste haben ihre Karten und Straßenlisten, und diese Gebiete in eine Karte einzutragen, wie bei Google maps. Hinzuzufügen wären, wie bei Google-maps, die Telefonnummern, die Geschäftszeiten und ob derzeit erreichbar und ab wann geschlossen. Eventuell wäre noch anzugeben, welche Dienstleistungen der Pflegedienst erbringt.

Verwaltungsaufwand

Der Aufwand der notwendig war um meine Frau ganze 8 Tage in eine Kurzzeitpflege zu bringen, war gigantisch. Klar, die Heime wollen juristische Sicherheit. Das ist legitim. Aber dieser Aufwand muss ganz gewiss nicht sein und belastet die Menschen unnötig. Ich bin mir sicher, gäbe es einen zentralen Pflegestützpunkt ließe sich die Sache mit öffentlich-rechtlicher Hilfe einfacher regeln. Das ist Sache von kompetenten Juristen und Verwaltungsfachleuten.

Ich würde mir wünschen, dass der Sozialausschuss der Bezirksversammlung sich mit der

Thematik befasst und Vorschläge für die Bezirksverwaltung bzw. die Sozialbehörde entwickelt.

 

Mit freundlichen Grüßen“
 

 

 

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