Mehr Verletzte durch e-Scooter Unfälle Auskunftsersuchen vom 16.02.2022
Die Mobilitätswende nimmt Fahrt auf. So werden Konzepte für neue Mobilitätsangebote, wie z.B. e-Scooter (e-Roller), bereits in vielen Regionen in Hamburg genutzt. Laut einem Bericht des NDR Niedersachen vom 15.02.2022 hat sich die Zahl der Verletzten nach einer Studie des Statistischen Bundesamtes im Vergleich zu 2020 in Niedersachsen verdoppelt. Bis Oktober 2021 gab es demnach fast 400 e-Scooter Unfälle.
Vor diesem Hintergrund fragen wir:
Die Behörde für Inneres und Sport (BIS) antwortet wie folgt: 15.03.2022
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) antwortet wie folgt: 28.02.2022
Die Senatskanzlei (SK) antwortet wie folgt: 17.02.2022
Das Bezirksamt antwortet wie folgt: 23.02.2022
BIS:
Die Unfallzahlen wurden durch eine Auswertung der Datenbank „Elektronische Unfalltypen-steckkarte“ (Euska) vom 02. März 2022 ermittelt. Die Zahlen für 2021 sind vorläufig.
In Euska werden u. a. Kraftfahrzeuge nach der Verordnung über die Teilnahme von Elektro-kleinstfahrzeugen (eKF) am Straßenverkehr erfasst. Eine Unterscheidung in die verschiedenen marktgängigen Fahrzeugarten, wie z. B. sog. E-Scooter oder Segways, erfolgt nicht. Unter-
scheidungen wären lediglich nach eKF mit und ohne Haltestange möglich. Da dies für diese An-frage nicht zielführend wäre und nach hiesiger Erfahrung der weit überwiegende Anteil der in Euska erfassten eKF-Verkehrsunfälle (VU) sog. E-Scooter betrifft, wurde davon abgesehen.
Die Einführung der eKF als Verkehrsmittel erfolgte im Juni 2019. Die statistische Erfassung der VU mit Beteiligung von eKF begann zum 01.01.2020. Daten über VU mit Beteiligung von eKF liegen ab diesem Datum vor.
Ausgewertet wurde der Zeitraum vom 01. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2021.
Dies vorausgeschickt, beantwortet die Verkehrsdirektion (VD) die Fragen 1 und 2 wie folgt:
BIS:
Die Entwicklung der VU, bei denen die Verkehrsbeteiligungsart eKF als Hauptverursacher
polizeilich registriert wurde, ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
Jahr |
2020 |
2021 |
Entwicklung in % |
Anzahl |
14 |
59 |
+ 321,4% |
Die Zunahme der Verkehrsunfälle ist der Tatsache geschuldet, dass seitens der Anbieter von Leihfahrzeugen die Anzahl der zur Leihe angebotenen eKF für ganz Hamburg von 6.000 Fahrzeugen im Jahr 2020 auf 17.000 Fahrzeuge im Jahr 2021 deutlich gesteigert wurde. Zudem ist der Angebotsbereich sukzessive vom Zentrum in die Außenbezirke erweitert worden.
BIS:
Sofern Verkehrsteilnehmende im Sinne der Fragestellung geschädigt werden oder die
Verursachung von Schäden im Zusammenhang mit dem Führen der eKF steht, handelt es sich um Verkehrsunfälle.
Die Anzahl der Verunglückten, gegliedert nach Jahr sowie Verkehrsbeteiligungsart, ist der
folgenden Tabelle zu entnehmen.
|
2020 |
2021 |
eKF |
9 |
32 |
Fahrrad/Pedelec |
1 |
8 |
Fußgänger |
- |
6 |
Krad |
- |
2 |
Die Anzahl der jeweiligen Verkehrsbeteiligungsarten bei Sachschadensunfällen ist der folgenden Tabelle zu entnehmen.
|
2020 |
2021 |
eKF |
6 |
29 |
Fußgänger |
- |
1 |
Pkw |
5 |
21 |
Statistiken zu anderen Schadensfällen werden polizeilich nicht geführt.
BVM:
Grundsätzlich gelten gemäß §11 Abs. 5 der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)) für das Abstellen von E-Scootern die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften. Demnach dürfen E-Scooter legal auf dem Gehweg, am Straßenrand und – wenn Fußgängerzonen für E-Scooter freigegeben wurden – in Fußgängerzonen abgestellt werden. Durch das Abstellen der Fahrzeuge dürfen jedoch keine weiteren Verkehrsteilnehmer:innen behindert oder gefährdet werden. Eine Behinderung oder Gefährdung liegt bspw. dann vor, wenn eine Gehwegbreite von weniger als 1,6 m vorhanden ist.
Die BVM schätzt die Belastung für mobilitätseingeschränkte Personen durch auf dem Gehweg abgestellte E-Scooter – unabhängig davon, ob die freibleibende Gehwegbreite eingehalten wird – als hoch ein. Dies gilt insbesondere für hoch verdichtete Stadträume, in denen die Gehwege zumeist ohnehin sehr schmal sind. Die BVM geht davon aus, dass No-Parking-Zones in Kombination mit extra für E-Scooter eingerichteten Abstellflächen die Belastung für mobilitätseingeschränkte Menschen senken können. Die Fahrzeuge werden hierbei auf Abstellflächen gebündelt, während ein Abstellen in bestimmten Straßen oder Gebieten technisch verhindert wird (siehe dazu auch 4.).
BVM:
Hamburg hat im Rahmen einer Vereinbarung auf freiwilliger Basis mit allen momentan in der Stadt aktiven E-Scooter-Sharing-Betreibern Verabredungen getroffen. In diesem Zusammenhang wurden auch Regelungen zum Abstellen und Parken definiert. So hat die BVM bspw. in Absprache mit den Bezirken und der Polizei No-Parking-Zones eingerichtet. In diesen Zonen ist ein Abstellen der Fahrzeuge nicht möglich. In den Bezirken Altona und Hamburg-Mitte wurden diese Zonen mit extra eingerichteten Abstellflächen für E-Scooter kombiniert. Der Bezirk Wandsbek hat für die Einrichtung von No-Parking-Zones bisher keinen Bedarf gesehen.
Zusätzlich zu den im Rahmen der Vereinbarung auf freiwilliger Basis verabredeten Regelungen haben Stadt und Anbieter:innen im September 2021 auf die zunehmende Beschwerdelage reagiert und weiterführende Maßnahmen ergriffen. Unter anderem unterstützen die Beschäftigten des Landesbetriebs Verkehr (LBV) in ihren Kontrollgebieten die Polizei verstärkt, indem sie verkehrswidrig abgestellte E-Scooter melden, wenn nötig und möglicht umstellen und Bußgeldverfahren gegen Anbieter:innen und/oder Nutzer:innen einleiten.
SK:
Eine Auswertung der Melde-Michel-Meldungen nach e-Scootern ist nicht möglich, da es keine entsprechende Kategorie im Melde-Michel gibt. Meldungen zu e-Scootern erfolgen über andere Kategorien (z.B. Radverkehr), eine Spezifizierung erfolgt durch die meldenden Personen im Beschreibungsfeld. Dieses ist weder im Melde-Michel selbst noch im Langzeit-Reporting („Rohdatenbericht“) auswertbar.
BVM:
Nach Angaben der Betreiber wurden im Jahr 2021 ca. 7.500.000 Fahrten in Hamburg durchgeführt. Dies entspricht einem Anstieg von etwa 20 Prozent gegenüber 2020. Die durchschnittlich zurückgelegte Distanz pro Fahrt beträgt rund zwei Kilometer. Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse finden die meisten Fahrten im Innenstadtbereich statt. Angesichts der mit der Einführung des neuen Verkehrsmittels einhergehenden Erwartungen vor knapp zwei Jahren müssen E-Scooter nach Auffassung der BVM ihren Platz in einer nachhaltigen Mobilitätskette erst noch finden. Bisher haben sie als nachhaltiger Beitrag zur Mobilitätswende noch nicht vollends überzeugen können. Nach Einschätzung der BVM können E-Scooter insbesondere für die sogenannte „erste und letzte Meile“ einen sinnvollen Beitrag leisten. Dies gilt vor allem für Gebiete außerhalb der Innenstadt, in denen die Wege vom eigenen Wohnort zu den Bahnstationen häufig etwas länger und der Verkehr weniger verdichtet sind. Hier können E-Scooter ein geeignetes Instrument dafür sein, die Anbindung an die Bahn zu verbessern und Anreize zu schaffen, das eigene Auto stehen zu lassen.
Bürger:innen können sich mit ihren Beschwerden direkt an die jeweiligen Betreiber wenden. Die Kontaktadressen sind in der Regel auf den E-Scootern abgebildet. Alternativ sind die Daten unter https://www.hamburg.de/bvm/elektro-tretroller/ abrufbar. Des Weiteren haben die Betreiber im September 2021 ein zentrales Beschwerdepostfach eingerichtet. Das von allen Betreibern verwaltete E-Mail-Postfach ist unter hamburg.escooter@gmail.com erreichbar. Im Jahr 2021 sind dort nach Angaben der Betreiber insgesamt 1.393 Beschwerden eingegangen.
Die BVM verzeichnete seit Einführung dieses Verkehrsmittels ebenfalls Beschwerden. Eine Statistik im Sinne der Fragestellung wird nicht geführt.
BVM:
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende steht in regelmäßigem Austausch mit den E-Scooter-Sharing-Betreibern. Erfahrungsgemäß werden die bei den Betreibern eingehenden Beschwerden zügig geprüft. Sofern im Rahmen der Beschwerde ein unsachgemäßes Abstellen erkennbar ist, werden die E-Scooter in der Regel innerhalb weniger Stunden neu positioniert oder ganz aus dem Straßenraum entfernt.
Bezirksamt Wandsbek:
Nein.
BIS:
Verkehrsordnungswidrigkeiten werden ausschließlich durch die Behörde für Inneres und Sport, Amt für Migration, Abteilung für Bußgeldangelegenheiten im Straßenverkehr, geahndet. Die Einnahmen fließen je nach Anzeigendem, der Behörde für Inneres und Sport oder der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, zu.
Die Statistik der zuständigen Behörde lässt die im Sinne der Fragestellung erforderliche Differenzierung zur Auswertung nach einzelnen Bezirken und nach Elektrokleinstfahrzeugen nicht zu.
Für die Beantwortung der Fragestellungen nach Anzeigenaufkommen und Einnahmen müssten über 4000 Verfahren, in denen Elektrokleinstfahrzeuge in den Jahren 2019 – 2021 involviert waren, händisch ausgewertet werden. Darüber hinaus kann aufgrund kurzer Speicherfristen und der sich anschließenden gesetzlich vorgeschriebenen Datenlöschung nur ein Teil der Verfahren nachvollzogen werden.
keine Anlage/n