Antwort zur Anfrage CDU betr. Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen und Dienstanweisungen bei Überlastungsanzeigen
Die Bezirksverwaltung hat in ihrer Antwort zum Thema „Überlastungsanzeigen“ (Drucksache 21-0798.01) eingeräumt, dass es in den letzten Jahren eine Anzahl von begründeten Überlastungsanzeigen von Mitarbeitern gegeben hat. Diese seien im Einzelfall auch auf Personalmangel zurückzuführen.
Die ausweichenden und zum Teil nichtssagenden Antworten der Verwaltung („so detailliert wird dies nicht erfasst“) werden noch Anlass zu weiterer Nachfrage geben.
Unabhängig davon, wird aus der Antwort der Verwaltung bisher in keiner Weise erkennbar, ob und in welchem Umfang die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und Dienstanweisungen im Hinblick auf Überlastungsanzeigen eingehalten worden sind.
Wir fragen die Bezirksverwaltung:
1. In welcher Weise wird durch das Bezirksamt im Rahmen von Überlastungsanzeigen das Arbeitsschutzgesetz berücksichtigt?
2. Hat das Bezirksamt im Rahmen der Reaktion auf die Überlastungsanzeigen tätigkeitsbezogen nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz eine allgemeine Gefährdungsbeurteilung sowie eine spezielle Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen bei der Arbeit erstellt, bzw. aktualisiert und dokumentiert?
Falls ja, welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt durch die entsprechende gesetzliche Beurteilung gewonnen?
Falls nein, warum ist das Bezirksamt der gesetzlichen Pflicht nach Arbeitsschutzgesetz nicht nachgekommen?
3. Wer hat ggf. im Auftrag der Bezirksamtsleiterin die Gefährdungsbeurteilung erstellt bzw. aktualisiert und dokumentiert?
4. Sind diese Personen arbeitsschutzfachkundig nach § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz?
5. Wurden die Personalvertretung und die Beschäftigten in den betroffenen Bereichen dabei beteiligt und haben die Personen Zugang zu erstellten Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung?
6. Wurden Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte gem. Arbeitssicherheitsgesetz aufgrund ihrer Fachkunde beteiligt, wenn ja, welche Vorschläge haben sie gemacht und wurden diese übernommen?
7. Wurden die Aufsichtsbehörden (Amt für Arbeitsschutz und Unfallkasse Nord) zur Beratung herangezogen?
8. Wie wurden die psychischen Belastungen und Beanspruchungen ermittelt und bewertet und wie kann die entsprechende Methode beschrieben werden?
9. Welche Arbeitsschutzmaßnahmen wurden in der Gefährdungsbeurteilung festgelegt und wie wurde die Wirksamkeit geprüft und welches Ergebnis ergab die Wirksamkeitskontrolle?
10. Sind die umgesetzten Arbeitsschutzmaßnahmen aus Sicht der beiden Aufsichtsbehörden angemessen und geeignet?
11. Wie lautet der aktuelle genaue Text der Dienstanweisungen im Bezirksamt für die Behandlung von Überlastungsanzeigen?
12. Hat das Bezirksamt bei den einzelnen Überlastungsanzeigen die Dienstanweisung befolgt?
13. In welcher Weise ist dieses geschehen und welche Maßnahmen sind daraufhin auf den verschiedenen Ebenen und in den verschiedenen Abteilungen getroffen worden.
Hamburg, am 03.09.2020
Ralf-Dieter Fischer Rainer Bliefernicht
Fraktionsvorsitzender Michael Schaefer
Brit-Meike Fischer-Pinz
Freie und Hansestadt Hamburg
Bezirksamt Harburg
23.09.2020
Das Bezirksamt Harburg nimmt zu der Anfrage der CDU-Fraktion (Drs. 21-0841) wie folgt Stellung:
Die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes nach dem Arbeitsschutzgesetz werden im Bezirksamt unabhängig vom Vorliegen von Überlastungsanzeigen berücksichtigt. Überlastungsanzeigen sind im Arbeitsschutzgesetz nicht explizit aufgeführt. Es gibt keinen Automatismus im Arbeitsschutzrecht zwischen erkannten Überlastungssituationen und durchzuführenden Gefährdungsbeurteilungen.
Falls ja, welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt durch die entsprechende gesetzliche Beurteilung gewonnen?
Falls nein, warum ist das Bezirksamt der gesetzlichen Pflicht nach Arbeitsschutzgesetz nicht nachgekommen?
Nein. Das Bezirksamt reagiert auf im Einzelfall erkannte Überlastungssituationen grundsätzlich mit Maßnahmen der internen Steuerung, die potenzielle Überlastungen vermeiden oder minimieren sollen. Flächendeckende analytische Personalbemessung findet in der Bezirksverwaltung wegen der Aufgabenvielfalt der verschiedenen Fachbereiche und ständiger Veränderungen in der Aufgabenwahrnehmung und den Aufgabenzuschnitten nicht statt, um regelhaft Belastungssituationen und ggf. Überlastungssituationen im Vorfeld bewerten zu können.
Die Gefährdungsbeurteilung enthält als nur einen Baustein von mehreren auch die Beurteilung von Gefährdungen durch psychische Belastungen. Dem liegt keine detaillierte Untersuchung zugrunde.
Die spezielle und deutlich intensivere „Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen“ kann eine abzuleitende Folgemaßnahme einer bei der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung oder sonst erkannten psychischen Belastungssituation sein. Eine derart punktgenaue und umfangreiche Analyse wurde 2019 im Bereich der Kundenzentren und der Ausländerabteilung des Bezirksamtes durchgeführt. Solche Analysen werden aber stets bereichsbezogen durchgeführt, nicht bezogen auf individuelle Arbeitsplatzsituationen.
Allgemein sind die Führungskräfte des Bezirksamtes gemäß Dienstanweisung „1,0 Arbeitsschutz und Unfallverhütung“ zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen verpflichtet. Sie werden dabei durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und ggf. Amtsärzte (Betriebsärztliche Betreuung durch den Arbeitsmedizinischen Dienst der FHH) unterstützt.
Die spezielle Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen in den Kundenzentren und der Ausländerabteilung wurde durch die verantwortlichen Führungskräfte durchgeführt und durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit, den Arbeitsmedizinischen Dienst der FHH sowie den bezirklichen Arbeitskreis Gesundheit als Steuerungsgremium unterstützt.
Die beauftragten Personen sind fachkundig i. S. des § 13 Abs. 2 ArbSchG.
Bei allgemeinen Gefährdungsbeurteilungen ist dies nicht durchgängig gewährleistet. Es gibt aber auch keine standardisierte Form der Beteiligung (z. T. nur Information) oder der Dokumentation.
Bei der Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen findet dagegen ein intensiver Mitarbeiterbeteiligungsprozess statt und der Personalrat wird hinzugezogen. Die Prozesse und Ergebnisse werden ausführlich dokumentiert.
s. Antwort zu 3. Der Prozess in den Kundenzentren und der Ausländerabteilung ist i. Ü. noch nicht abgeschlossen.
Die Aufsichtsbehörden werden im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen nur partiell hinzugezogen, insbesondere bei besonders gefahrgeneigten Tätigkeiten wie z. B. auf dem Bauhof, im Forstbetrieb, bei den Baumkontrolleuren oder den Wegewarten.
Für die spezielle Analyse psychischer Belastungen wird der als Screening-Instrument etablierte sog. KFZA-Fragebogen verwendet.
Ergebnisse bzw. Anforderungen aus Erkenntnissen der Gefährdungsbeurteilungen werden im Regelfall abgearbeitet. Die zuständigen Leitungskräfte sind für die Erledigung und die Überprüfung der Wirksamkeit verantwortlich. Die Maßnahmen sind vielfältig und reichen in ihrer Bandbreite von der Verminderung von Staubemissionen in Werkstätten bis zur Anpassung von Software aufgrund von Ergonomieanforderungen.
Der Prozess der Analyse psychischer Belastungen in den Kundenzentren und der Ausländerabteilung (Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen) ist noch nicht abgeschlossen.
s. Antwort zu 9.
Das Bezirksamt hat eine Dienstvereinbarung mit dem Personalrat zum Umgang mit Rückstandsanzeigen abgeschlossen, die aber faktisch zwischen Rückstandsanzeigen und Überlastungsanzeigen nicht differenziert. LINK EINRICHTEN
Ja.
Durch verschiedene Maßnahmen der internen Steuerung wie Prioritätensetzung, Auslagerung von Aufgaben, Veränderung von Aufgabenzuschnitten, beschleunigte und/oder überlappende Stellenbesetzung, personelle Unterstützung, externes Unterstützungspersonal, Arbeitsorganisationsprozesse, gezielte Fortbildung etc.
Die vielfältigen in Betracht gezogenen Maßnahmen sind nicht durchgängig und strukturiert (mit Bezug auf ggf. zugrunde liegende Überlastungssituationen) dokumentiert.
Gez. Fredenhagen