Unklare Genehmigungspraxis bei Nachnutzung ehemaliger Gartenbaubetriebe durch Vereinigungen
Letzte Beratung: 18.12.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 3.3
Große Anfrage
der BAbg. Brodbeck und GRÜNE Fraktion Bergedorf
In Bezug auf die Ausführungen des Bezirksamts Bergedorf in der Drucksache 22-0537.01 sowie die Auskünfte des Bezirksamts Altona in der Drucksache 22-0522.01 ergeben sich bei einer Gegenüberstellung dieser beiden Verwaltungsvorgänge mehrere erhebliche Unklarheiten. Diese betreffen nicht nur die rechtliche Einordnung einzelner Genehmigungsschritte, sondern berühren wesentliche und gesamtgesellschaftlich relevante Fragen – insbesondere die Grundzüge des Erhalts unserer Kulturlandschaft und die Frage, wie landwirtschaftsnahe oder gemeinwohlorientierte Nutzungen ehemaliger Gartenbaubetriebe künftig ermöglicht oder erschwert werden. Da beide Drucksachen in wesentlichen Punkten unterschiedliche Aussagen zu Genehmigungsbedürftigkeit, Verfahrenstiefe und behördlicher Kommunikationspflicht enthalten, ergeben sich für uns wichtige Nachfragen zur baurechtlichen Bewertung, zur Verwaltungspraxis sowie zum verwaltungsrechtlichen Vertrauensschutz.
Vor diesem Hintergrund fragen wir das Bezirksamt:
Das Bezirksamt Bergedorf nimmt wie folgt Stellung:
Ein Vorhaben im Außenbereich muss einem landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb dienen (§35 (1) Nr. 1 und 2 BauGB). Wenn in einem ehemaligen Gartenbaubetrieb, in dem die gartenbauliche Nutzung noch nicht allzu lange zurück liegt, weiterhin durch einen neuen Betreiber Gartenbau betrieben werden soll, wird die Frage der baurechtlichen Nutzung nicht neu aufgeworfen und die Nutzung des Gebäudes zur Ausübung des Gartenbaus ist baurechtlich weiterhin zulässig. Wenn die gartenbauliche Nutzung bereits längere Zeit (max. 7Jahre, vgl. § 35 Abs. 4 BauGB für landwirtschaftliche Betriebe) aufgegeben wurde, stellt sich die Genehmigungsfrage neu, so dass eine neue baurechtliche Prüfung in einem bauaufsichtsrechtlichen Verfahren erfolgen muss.
Auf die Frage, ob es sich bei dem Antragsteller um einen gemeinnützigen Verein oder eine Vereinigung (Art. 9 Abs. 1 GG) handelt, kommt es hierbei nicht an. Diese Frage ist bauordnungs- und bauplanungsrechtlich irrelevant. Die Vorhaben von Anbauvereinigungen gem. KCanG sind bauordnungsrechtlich als Gewerbebetriebe aller Art einzuordnen. Sie stellen keinen Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dar. Daher liegt eine Nutzungsänderung von baulichen Anlagen vor, die genehmigungsbedürftig (§59 HBauO) ist.
• gemeinschaftliche Gemüseproduktion,
• Erhalt alter Sorten,
• ähnliche landwirtschaftsnahe Vereine?
Bitte um klare Differenzierung.
Es ist stets eine Einzelfallprüfung erforderlich (siehe zudem Antwort zu 1).
• ein vollständiges baurechtliches Nutzungsänderungsverfahren durchlaufen zu müssen und
• umfassende immissionsschutzrechtliche Gutachten (z. B. zu Geruch und Lärm) vorzulegen?
Siehe Antwort zu 2. Im Einzelfall kann mit dem Erfordernis eines immissionsschutzrechtlichen Gutachtens gerechnet werden.
Für eine Nutzung im Außenbereich nach § 35 BauGB ist regelhaft die Privilegierung des beantragten Vorhabens nachzuweisen. Dabei wird nicht zwischen verschiedenen Betreiber- oder Gesellschafterformen unterschieden. Ob in der Vergangenheit eine Nachnutzung durch Vereine oder Vereinigungen begleitet wurde, ist über das Fachverfahrennicht auswertbar. Dies wird statistisch nicht erfasst und ist dem Bezirksamt Bergedorf auch nicht bekannt.
Für einen landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb ist die Privilegierung gem. §35 BauGB nachzuweisen. Der landwirtschaftliche Betrieb muss ein auf Dauer ausgerichtetes, lebensfähiges Unternehmen zur planmäßigen und eigenverantwortlichen Bodennutzung sein. Zur Beurteilung des Betriebs wird regelhaft die Stellungnahme der Fachbehörde eingeholt.
Der Bescheid nach KCanG liegt dem Bezirksamt Bergedorf, u.a. aus Datenschutzgründen nicht vor. Die Genehmigungsbehörde gem. KCanG des Bezirksamtes Altona prüft jedoch ausschließlich nach dem KCanG. Bei dem Bescheid handelt es sich also um eine Erlaubnis für den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis in einer Anbauvereinigung nach §11 KcanG des Bezirksamtes Altona. Der Bescheid ersetzt nicht dieEinholung anderer öffentlich-rechtlicher Zulassungsentscheidungen, insbesondere nicht einen erforderlichen Baugenehmigungsbescheid nach HBauO der zuständigen Bauprüfabteilung des Bezirksamtes Bergedorf.
Siehe Antwort zu 6.
• verständlich,
• vollständig und
• belastbar
sein müssen und dass Antragsteller auf den Inhaltsgehalt eines Verwaltungsaktes vertrauen dürfen, sofern dieser nicht offensichtlich unvollständig oder falsch ist.
Wie bewertet das Bezirksamt Bergedorf diesen verwaltungsrechtlichen Vertrauensschutz im vorliegenden Fall?
Siehe Antwort zu 6.
Mögliche Ausgänge von etwaigen Widerspruchsverfahrens kann das Bezirksamt Bergedorf nicht antizipieren.
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