Eine Brücke ist kein Zuhause - Winternotprogramm in Bergedorf
Letzte Beratung: 30.01.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 10.1
Antrag
der BAbg. Graßhoff, Feiler-Siegert, Cantay, Jobs - Fraktion DIE LINKE
der BAbg. Brodbeck, Potthast und Fraktion der GRÜNEN
Die steigende Zahl wohnungs- und obdachloser Menschen sowie die damit einhergehende Verelendung in Hamburg und auch Bergedorf stellen eine drängende soziale Herausforderung dar. Die Erfahrungen mit dem Winternotprogramm 2023/2024 zeigen, dass trotz der Bereitstellung von 800 Schlafplätzen, darunter 700 an zentralen Standorten in Hammerbrook und Billbrook, gravierende Probleme bestehen.
So sind 24 wohnungs- und obdachlose Menschen im Zeitraum des Programms verstorben.
Wie viele obdachlose Menschen in Bergedorf leben ist nicht genau bekannt, Schätzungen gehen von mehr als 70 Personen aus. Tagsüber sind sie eher weniger zu sehen, wer aber abends oder am Morgen aufmerksam durch die Innenstadt geht, kann sie sehr wohl wahrnehmen.
In Bergedorf engagiert sich derzeit eine Kirchengemeinde im Rahmen des Winternotprogramms. Auf dem Gelände der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde (EFG) Bergedorf stehen acht Plätze zur Verfügung. Die Leistungen und Angebote der Übernachtungsplätze auf dem Gelände der Kirchengemeinden und Hochschulen unterscheiden sich von den großen Standorten, dass sie weitgehend über ehrenamtliche Mitarbeitende organisiert werden. Dieses Engagement ist ein wichtiger Erfolgsfaktor dieses Konzepts.
Des Weiteren gibt es die von den Bergedorfer Engel spendenbasierte Hotelunterbringung in Kooperation mit Straßensozialarbeiter*innen. Die Bergedorfer Engel haben mit der Unterbringung hier im Bezirk in den letzten Jahren viele gute Erfahrungen gemacht. Die obdachlosen Menschen hatten ein Hotelzimmer für sich zur Verfügung. Dieses ist so wichtig, weil viele von ihnen krank und erschöpft sind. In einem Raum zu zweit zu leben ist für viele obdachlose Menschen eine Überforderung. In Zusammenarbeit mit Straßensozialarbeitern konnten die gesundheitlich sehr angeschlagenen Menschen sich mit neuen und anderen Wegen für ihr Leben auseinandersetzen und Hilfen annehmen, die sie vorher nicht annehmen konnten.
Deshalb beantragen wir, die Bezirksversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt Bergedorf nimmt wie folgt Stellung:
Die Kirchengemeinden wurden bereits im Januar 2023 durch die bezirkliche Fachstelle für Wohnungsnotfälle angeschrieben. Lediglich zwei Gemeinden stellten eine Prüfung in Aussicht. Alle anderen Gemeinden sagten aufgrund fehlender personeller Ressourcen und / oder Flächen ab.
Die Pröbstin des Kirchenkreises Harburg-Bergedorf, der Erzbischof des Erzbistums Hamburgund der Pfarrerder Pfarrei Heilige Elisabeth St. Marien wurden Anfang 2025 von der Bezirksamtsleiterin angeschrieben und um Unterstützung gebeten. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.
Der Bezirk hat keine Möglichkeit der Einflussnahme außer den Bedarf in Gesprächen mit der Sozialbehörde zu formulieren. Laut deren Stellungnahme sind derzeit keine weiteren Standorte in Bergedorf in Planung.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:
Das Winternotprogramm (WNP) ist eine zur Gefahrenabwehr gebotene Maßnahme des Kälte- und Erfrierungsschutzes in den Wintermonaten. Es ist mit Blick auf die teilnehmenden Kirchengemeinden und weiteren Einrichtungen auch eine gute Hamburger Tradition, die seit vielen Jahren auf die Solidarität aller Hamburgerinnen und Hamburger mit obdachlosen Menschen zurückgeht. Seit über 30 Jahren richten die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde), die Kirchengemeinden und ihre Partner gemeinsam jeden Winter zusätzliche Schlafplätze für obdachlose Menschen ein, um sie vor Kälte und Erfrierung zu schützen. Das Winternotprogramm ist dabei ein wichtiger Teil des sozialen Hilfesystems.
Hamburg verfügt während des aktuell laufenden Winternotprogramms 2024/2025 erneut über 700 Schlafplätze in zwei Unterkünften von Fördern & Wohnen AöR (F&W) Umfangreiche Angebote, z.B. Sozial- und Rückkehrberatung, Verpflegung, Bekleidung, medizinische und pflegerische Angebote sind Bestandteile des städtischen Winternotprogramms bei F&W. Parallel stehen obdachlosen Menschen die Angebote des sozialen Hilfesystems in Hamburg zur Verfügung.
Ergänzend beteiligen sich im Rahmen des WNP 2024/2025 aktuell 21 Kirchengemeinden und Hochschulen mit der Bereitstellung von 105 Schlafplätzen in Wohncontainern, die auf den Geländen der Kirchen- und Hochschulen zur Durchführung aufgestellt werden. Die teilnehmenden Kirchengemeinden erklären sich bereit, das Gelände, auf dem die Wohn- und Sanitärcontainer aufgestellt werden, während der Laufzeit des WNP kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Von der Sozialbehörde werden die Kosten der Wohncontainer sowie bei Vorlage von entsprechenden Nachweisen die Herrichtungs- und Betriebskosten und nach Personen und Betreuungsstunden gestaffelten Aufwandsentschädigungen für die freiwillig Engagierten übernommen. Die teilnehmenden Kirchengemeinden der Vorjahre, werden rechtzeitig vor Beginn des nächsten WNP-Durchlaufs angeschrieben mit der Bitte, sich erneut zu beteiligen. Ein Einstieg in einen laufenden WNP-Durchlauf ist aufgrund der umfangreichen Kosten für die Herrichtung eines Geländes und Aufstellung der Wohncontainer sowie des verkürzten Zeitraums aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit in der Regel nicht möglich. Ausnahmen sind u.a. denkbar, wenn die Unterbringungsplätze bereits baulich vorhanden sind.
Für weitere Übernachtungsplätze in den kommenden WNP-Durchläufen ab 2025/2026 wird ein Engagement weiterer Kirchengemeinden von der Sozialbehörde begrüßt. Die Akquisition weiterer Kirchengemeinden wäre aufgrund der sozialräumlichen Verortung Aufgabe des jeweiligen Bezirksamtes. Von Seiten der Sozialbehörde ist keine Unterbringung obdachloser Menschen in Hotels im Rahmen des WNP geplant. Die Unterbringung obdachloser Menschen in Hotels erfolgt ggf. über die bezirklich zuständige Fachstelle für Wohnungsnotfälle, sofern die Dringlichkeit bestätigt ist und weitere Unterbringungsangebote nicht verfügbar sind.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.
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