Prekäre Situation rund um den Holstenbahnhof in Altona-Nord Kleine Anfrage von Gregor Werner und Patrick Müller-Constantin (beide SPD-Fraktion)
Letzte Beratung: 15.04.2024 Ausschuss für Soziales, Integration, Gleichstellung, Senioren, Geflüchtete und Gesundheit Ö 8.4
Die Situation um den Bahnhof Holstenstraße hat sich nach einer Phase der Verbesserung in den letzten beiden Jahren wieder deutlich verschlechtert. Der positive Effekt des Runden Tisches zur Verbesserung der Situation scheint nicht mehr gegeben zu sein. Die Anwohnerinnen und Anwohner rund um den Bahnhof sind in großer Sorge. Die negativen Effekte der Drogenszene, insbesondere die Vermüllung und -verschmutzung, kriminelle Handlungen sowie die mangelhafte Versorgung und Unterstützung der Drogenerkrankten vor Ort, sind deutlich wahrnehmbar, wie zuletzt im Hamburg Journal vom 16.2.2024 berichtet wurde.
Das Bezirksamt Altona beantwortet die Fragen wie folgt:
Die Straßensozialarbeit von Palette e.V. und die Tages- und Beratungsstätte in der Stresemannstraße 150 sind auch in 2024 tätig und versuchen mit entsprechenden Betreuungs- und Beratungsangeboten die angespannte Lage zu entschärfen. Die Crack-Szene hatte sich in der letzten Zeit in die Tages- und Beratungsstätte orientiert. Dies führte zunächst zu einer Verdrängung der eigentlichen Zielgruppe von „Menschen in prekären Lebenssituationen, wie beispielsweise Alkoholabhängigkeit und Obdachlosigkeit“ und überstieg die personellen sowie die räumlichen Kapazitäten der Einrichtung. Mit der vor kurzem erfolgten Schließung des Gartens der Tages- und Beratungsstätte und mit einem erhöhten Einsatz der Polizeikräfte konnte die angespannte Lage insgesamt entschärft werden. Es wird mit vereinten Kräften der vor Ort tätigen Akteur:innen, den zuständigen Behörden und der Polizei versucht, die Crackszene in die Räume des Stay Alive umzulenken.
Das Bezirksamt konnte zudem über eine Ausschreibung im April 2023 für die Jahre 2023 bis 2025 mit ProQuartier Hamburg Gesellschaft für Sozialmanagement und Projekte mbH (ProQuartier) eine externe Unterstützung, durch RISE finanziert, gewinnen. Das Projekt „Erste unterstützende Schritte für den Aufbau eines nachbarschaftlichen Netzwerkes“ hat zum Ziel, das Quartier dabei zu unterstützen, zukünftig bezüglich etwaiger Konfliktsituationen auch eigenständig Verbesserungen vor Ort mit allen Beteiligten herbeiführen, um die Lebens- und Wohnqualität im öffentlichen Raum für alle erhöhen zu können.
Zur Um- und Neugestaltung des Düppelplatzes hat 2023 ein niedrigschwelliges, umfassendes Beteiligungsverfahren mit Anwohner:innen, Passant:innen und Menschen, die sich rund um den Holstenbahnhof aufhalten, stattgefunden (siehe: https://dueppelplatz.beteiligung.hamburg/). Im Rahmen eines zweistufigen Mitmachprozesses hatten alle Interessierten die Möglichkeit, sich in die Entwurfsphase einzubringen. Auf der Grundlage des erarbeiteten freiraumplanerischen Vorentwurfs bereitet das Fachamt Management des öffentlichen Raums derzeit eine Ausschreibung für die detaillierte Planung und Umsetzung vor. Voraussichtlicher Baubeginn ist Anfang 2025.
Für die Neugestaltung und Aufwertung des Holstenplatzes soll im Jahr 2024 zunächst ein Beteiligungsverfahren und im Jahr darauf die Neugestaltung und Aufwertung des Holstenplatzes stattfinden. Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die in den letzten Jahren vor Ort gesammelt wurden, sollen in die Umgestaltung einfließen.
Fördern & Wohnen hat Ende 2023 mit Unterstützung des Bezirksamtes mit dem Bau einer Tagesaufenthaltsstätte (TAS) mit 20 Wohnungen für wohnungslose Menschen in der Stresemannstraße 138 begonnen. Die TAS soll Anfang 2026 eröffnet werden und Platz für 100 Klient:innen bieten.
Zu 2:
Es nutzen etwa 65-80 Personen mit Alkoholproblemen pro Tag das Angebot in der Tages- und Beratungsstätte in der Stresemannstraße 150. Um die Jahreswende, vor der Schließung des Gartens (s.o.), waren es bis zu 150 Personen am Tag, vornehmlich Crack-User:innen.
Zur Frage der zahlenmäßigen Entwicklung der Nutzer:innenzahlen kann keine Antwort gegeben werden, hierzu wird keine Statistik geführt.
Zu 3:
Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung – Abteilung Integrierte Stadtteilentwicklung (A/SL 4) hat die Aufgabe „Fachliche Begleitung des Umfeldes rund um die S- Bahn Holstenstraße“ im Rahmen des RISE-Gebietes Altona-Altstadt übernommen. Für das gesamte, verhältnismäßig große RISE-Gebiet Altona-Altstadt, steht bei SL 4 eine Stelle zur Verfügung. Das Jugendamt unterstützt mit Angeboten der Straßensozialarbeit die aufsuchende Arbeit von jungen Menschen bis 27 Jahre. Für die Stadtteile Altona-Altstadt, St. Pauli-Süd und Altona-Nord sind 2,0 VZÄ Sozialarbeitende für das Jugendamt tätig. Eine Person ist wöchentlich mittwochs, in der Zeit von 11:30 Uhr - 13:30 Uhr in der Stresemannstraße und unterstützt bei der Essensausgabe, so dass parallel Beratung stattfinden kann. Je nach Bedarf der Einrichtung (Urlaub, Krankheit) wurden (und werden) die Zeiten mittwochs ausgeweitet. Eine personelle Veränderung ist nicht geplant.
Darüber haben die Bezirksversammlung Altona und Fördern und Wohnen personelle Mittel für andere Träger zur Verfügung gestellt, die Stellen sind dort angebunden. Die aufsuchende Straßensozialarbeit durch Palette und der Betrieb der Tages- und Beratungsstätte in der Stresemannstraße 150 (Kooperation von Palette und Fördern & Wohnen) an 4 Tagen/Woche erfolgt durch 1 Stelle mit 30 Stunden/ Woche + 1 Stelle mit 19,5 Stunden/ Woche durch Palette sowie 1 Stelle mit 28 Stunden/ Woche durch Fördern & Wohnen. Die halbe Stelle von Palette ist derzeit neu ausgeschrieben und wird hoffentlich bald neu besetzt werden können.
Die personellen Ressourcen entsprechen bereits im „Normalbetrieb“, ohne die Beratung und Begleitung der Crack-User:innen, nicht mehr den Anforderungen, die sich aus dem immer höher werdenden Bedarf und Zulauf nach Beratung, Begleitung und Alltagshilfen ergibt.
Zu 4:
Für die Erhebung und die Auswertung von quantitativen Daten fehlen die personellen Ressourcen. Das Bezirksamt Altona ist seit Jahren – in Vernetzung mit unterschiedlichen Fachdienststellen und Anwohner:innen – darum bemüht, die Situation um den Bertha-von-Suttner-Park und den Holstenplatz sowie dem Düppelplatz zu verbessern. Der Bereich rund um den S-Bahnhof Holstenstraße ist ein sehr urbaner Ort, der auch in Zukunft durch die hohe Nutzer:innenfrequenz des öffentlichen Raums fortlaufend Konfliktpotential bieten wird. Was alle Beteiligten vor Ort, gemeinsam mit den unterschiedlichen Fachdienststellen und dem Bezirksamt Altona tun können, ist kontinuierlich im Gespräch und in Abstimmung über erforderliche Maßnahmen zu bleiben. Hierzu braucht es die Unterstützung von vielen Seiten. Durch die Projekte und Maßnahmen der letzten Jahre konnte bereits viel erreicht werden. Zugleich ist offensichtlich, dass es weiterer Unterstützung und weiteren Engagements bedarf.
Die bislang erzielten Erfolge bzw. umgesetzten Angebote können dauerhaft nur dann wirksam sein, wenn die entsprechenden personellen Ressourcen in der Tages- und Beratungsstätte und in der Straßensozialarbeit an den tatsächlichen personellen Bedarf angepasst werden. Mit jeder Verdrängung der Szene aus dem Bereich des Hauptbahnhofes scheint der Holsten-Bahnhof, u.a. aufgrund seiner guten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, einer der alternativ gewählten Aufenthaltsorte zu werden. Um der anwachsenden Crack-Szene, die eine gesamtstädtische Herausforderung darstellt, adäquat begegnen zu können, wäre die Errichtung eines Konsumraums mit Angeboten, die dem Bedarf entsprechen, im Umfeld der S-Bahn Holstenstraße eine Angebotsoption, die zur Entspannung vor Ort beitragen könnte.
Zu 5:
Um die Personalkosten für die Sozialarbeiter:innenstellen (Palette) zu decken werden jährlich ca. 90.000 Euro (25.000 Euro aus den konsumtiven Mittel der Bezirksversammlung und 65.000 Euro aus dem Quartierfonds) regelmäßig zur Verfügung gestellt, der Rest wird je nach Bedarf aus den SiKo-Mitteln flankiert.
Zu 6:
Das Bezirksamt steht in einem engen Austausch mit der Gesundheits- und Sozialbehörde. Das Ziel dabei ist, bedarfsgerechte Hilfsangebote im Umfeld der S-Bahn Holstenstraße zu entwickeln sowie die Schaffung von zusätzlichen Stellen für die Straßensozialarbeit zu erreichen.
Zu 7:
Die Abstimmungen in Hinblick auf die Sicherheit, die Reinigung und die Belebung der öffentlichen Orte erfolgen regelhaft und anlassbezogen in dafür eingesetzten Fachrunden mit allen Fachdienststellen sowie mit einigen Akteur:innen vor Ort (wie u.a. der Polizei, Stadtreinigung, Sozialbehörde, Deutsche Bahn, Straßensozialarbeiter:innen, Christuskirche Altona).
Konkrete Abstimmungen waren in der Vergangenheit u.a. die Erhöhung des Sicherheitspersonals, die Erhöhung der Reinigungsfrequenz durch die Stadtreinigung, die Beseitigung von Angsträumen, die Umsetzungen von Nachbarschaftsaktivitäten, die Schaffung der öffentlichen Toilettenanlage am Holstenplatz.
Zu 8:
Ja, siehe Antwort zu 7. Darüber hinaus hat das bereits genannte Projekt „Erste unterstützende Schritte für den Aufbau eines nachbarschaftlichen Netzwerkes“ zum Ziel, beim Aufbau eines Nachbarschaftsnetzwerkes zu unterstützen und Synergien vor Ort zu schaffen.
Zu 9:
Die Großstadtmission hat mit Unterstützung des Bezirksamtes Altona eine Interessenbekundung für Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds für das EHAP Plus-Programm „Eingliederung hilft gegen Ausgrenzung der am stärksten benachteiligten Personen“ gestellt. Die Einreichungsfrist endete am 8. März 2024, ein Ergebnis steht noch nicht fest.
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Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.
ohne
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