22-1159

Öffentliche Freibäder im Klimawandel – Infrastruktur, Investitionen und politische Zielbilder Auskunftsersuchen von Katarina Blume, Constantin Jebe, Rose Pauly und Kristina von Ehren (alle FDP-Fraktion)

Auskunftsersuchen

Letzte Beratung: 08.09.2025 Ausschuss für Wirtschaft, Klima und Verbraucherschutz Ö 12.3

Sachverhalt

Die Sommer in Hamburg werden nachweislich heißer und trockener, die Zahl der Hitzetage nimmt zu. Freibäder sind in diesem Kontext nicht nur Erholungsräume, sondern erfüllen zunehmend auch eine gesundheits- und klimapolitische Funktion insbesondere in hochverdichteten Stadtteilen mit wenig Grün- und Wasserflächen. In Hamburg-Altona stehen mit dem Sommerfreibad Marienhöhe und dem Sommerfreibad Osdorfer Born zwei klassische Freibäder zur Verfügung, deren Betriebsfähigkeit und Ausstattung zunehmend kritisch hinterfragt werden. Gleichzeitig gibt es in Hamburg massive Probleme beim Erwerb der Schwimmfähigkeit von Kindern mit langen Wartelisten für Kurse, unzureichenden Kapazitäten und pandemiebedingten Rückständen.

Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, wie sich das Freibadangebot in Hamburg insbesondere in Altona strukturell und strategisch weiterentwickeln soll. Dies betrifft auch die Active City Strategie des Senats, die Sport, Bewegung und Gesundheitsvorsorge als gesamtstädtisches Leitbild formuliert. Freibäder gewinnen angesichts veränderter klimatischer Rahmenbedingungen und wachsender Bewegungsdefizite insbesondere bei Kindern deutlich an gesellschaftlicher Relevanz. Eine ressortübergreifende Strategie zur Sicherung, Modernisierung und zukunftsfähigen Entwicklung dieser öffentlichen Infrastruktur erscheint daher unerlässlich.

Wir bitten um Auskunft zu folgenden Punkten:

  1. Bestandsaufnahme und Entwicklung
    1. Welche kurz-, mittel- und langfristigen Planungen hat der Senat mit Blick auf die Freibäder Marienhöhe und Osdorfer Born hinsichtlich:

a) baulicher Sanierungen,
b) Modernisierung der Sanitär-, Technik- und Wasseranlagen,
c) Erweiterungen (z.B. zusätzliche Becken, wettergeschützte Bereiche, Barrierefreiheit)?

1.2 Welche Bewertungen liegen dem Senat zur Nutzungsfrequenz, Besucherstruktur und

Auslastung der beiden genannten Freibäder in den letzten fünf Jahren (20192024) vor?

1.3 Inwieweit teilt der Senat die Einschätzung, dass Freibäder im Zuge zunehmender Hitzeperioden eine stärkere sozialräumliche und gesundheitsrelevante Bedeutung für Kinder, ältere Menschen und vulnerable Gruppen erlangen?

1.4 Gibt es eine strategische Einbindung der Freibäder in übergeordnete Klimaanpassungsstrategien der Stadt, z.B. im Sinne „blauer Infrastruktur“oder als Hitzeschutzräume?

  1. Öffnungszeiten, Personal und Schwimmfähigkeit

2.1. Welche konkreten Maßnahmen hat Bäderland seit 2021 ergriffen, um dem saisonalen und

strukturellen Personalmangel insbesondere in Freibädern zu begegnen?

Wie viele geplante Badetage sind in den Jahren 2021 bis 2024 in den Freibädern

Marienhöhe und Osdorfer Born jeweils ausgefallen oder reduziert worden (bitte einzeln

nach Jahr und Bad aufschlüsseln) aufgrund von:

a) Personalmangel,
b) technischer Defekte oder Sanierungsbedarf,
c) sonstiger Gründe?

2.2 Wie viele Schwimmkurse wurden in den Freibädern Marienhöhe und Osdorfer Born in den Jahren 2021 bis 2024 jeweils angeboten?
a) Wie viele Teilnehmer konnten jeweils teilnehmen?
b) Wie viele Anmeldungen bzw. Nachrückerplätze wurden abgelehnt?
c) Welche Kooperationen mit Schulen, Vereinen oder Trägern bestehen in diesem Kontext?

2.3 Wie bewertet der Senat die derzeitigen Kapazitäten der Hamburger Freider (einschließlich Marienhöhe und Osdorfer Born) zur Schwimmausbildung im Verhältnis zur Nachfrage insbesondere in sozial benachteiligten Stadtteilen?

  1. Active City Strategie und interbehördliche Zusammenarbeit

3.1 In welcher Form sind Freibäder in die Active City Strategie der Stadt eingebunden?

a) Gibt es Maßnahmen oder Leitlinien, die Freibäder ausdrücklich als Orte der Bewegung, Sportförderung oder Prävention positionieren?
b) Wie werden Freibäder im Rahmen der Active City Projekte öffentlich gefördert oder entwickelt?

3.2Welche Zusammenarbeit besteht zwischen der Luke, der Innen- und Sportbehörde sowie

der Schulbehörde in Bezug auf:

a) die strukturelle Förderung der Schwimmfähigkeit,
b) die Entwicklung der Bäderinfrastruktur,
c)die ressortübergreifende strategische Planung (z. B. Kombibäder, Freibäder,

Schwimmkursoffensiven)?

4. Investitionen, Finanzierungsmodelle und Zukunftsperspektiven

4.1 Welche Investitionen (Höhe, Maßnahmen, Jahr) wurden in den letzten fünf Jahren (20202024) in die Freibäder Marienhöhe und Osdorfer Born getätigt? Bitte getrennt aufführen nach:
a) Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg,
b) Mitteln von Bäderland,
c) Drittmitteln/Förderprogrammen (z. B. Bundesmittel).

4.2 Welche strategischen Investitionen in die Freibad- oder Kombibadlandschaft sind in Hamburg in den kommenden zehn Jahren (bis 2035) vorgesehen insbesondere mit Blick auf die klimatische Entwicklung?

4.3 Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Ressourcenschonung bei Neu- oder Umbauten von Freibädern?

5. Beteiligung von Bezirk und Öffentlichkeit

5.1. Inwieweit wird der Bezirk Altona in die Bewertung und Weiterentwicklung der örtlichen

Freibäder einbezogen?

5.2Gibt es Formate oder Beteiligungsverfahren, in denen Nutzerinnen und Nutzer (z. B.

Familien, Sportvereine, Schulen) in die Ausgestaltung oder Prioritätensetzung von Freibad-

Investitionen eingebunden werden?

Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) beantwortet unter Beteiligung der Bäderland Hamburg GmbH (BLH) die Fragen wie folgt:

Zu 1.1:

BLH hält langfristig an den genannten Standorten Marienhöhe und Osdorfer Born fest. Das Freibad Marienhöhe steht zudem unter Ensembleschutz und darf damit nicht wesentlich verändert werden. Die Standorte werden nach Bedarf saniert. Es erfolgen regelmäßig und anlassbezogen Modernisierungen der Sanitär-, Technik- und Wasseranlagen. Erweiterungen sind aufgrund des Ensembleschutzes in Marienhöhe und der generell saisonbedingt nur geringen zeitlichen Nutzungsdauer von Sommerfreibädern nicht vorgesehen. Grundsätzlich sollen bei geplanten Erweiterungen ganzjährig nutzbare Wasserflächen (überdacht oder ganzjährig beheizt, wie zuletzt in Rahlstedt) bevorzugt werden.

Zu 1.2:

Die Bäder werden im langjährigen Schnitt genutzt. Im Schnitt der Jahre 2018 bis 2024 (das Jahr 2018 wurde aufgrund des Hitzesommers ergänzt, sonst wäre der Durchschnitt jeweils 15 % niedriger) hatte Marienhöhe jährlich rd. 40.000 Gäste, Osdorfer Bornhrlich rd. 16.000. Angesichts der verfügbaren Flächen haben die Bäder tägliche Kapazitäten von rund 6.000 -10.000 Gästen (diese wurden in den 70er/80er Jahren auch erreicht). Jährliche Besucherzahlenschwankungen sind wetterbedingt üblich. Die beiden Freibäder sind auch mit Blick auf die zuletzt in Hamburg erlebten Hitzetage weit von ihrem Besuchermaximum entfernt. Die bis vor kurzem aus Personalgründen eingehaltenen Ruhetage haben jedoch zu keinem Rückgang der Gästezahlen geführt.

Zu 1.3 und 1.4:

Schwimmbäder im Allgemeinen, dazu zählen insbesondere die Sommerfreibäder, übernehmen als „hle Orte“ Aufgaben in der Hitzeschutzstrategie des Senats.

Zu 2.1:

BLH rekrutiert laufend Personal unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Dazu wird auf allen verfügbaren digitalen und analogen Kanälen um Fachkräfte geworben, Messen besucht, mobile und stationäre Werbeflächen genutzt und weitere Aktionen unternommen. BLH bildet selbst auch Fachkräfte (Erstausbildung und auf dem zweitenBildungsweg) sowie Rettungsschwimmer aus. Zur Abmilderung (saisonaler) Spitzenbedarfe werden zudem, sofern zur Deckung der Bedarfe erforderlich, Personaldienstleister eingesetzt.

In den Saisons 2022, 2023, 2024 sowie den ersten beiden Wochen der Saison 2025 wurden wegen Personalmangel jeweils 2 Ruhetage pro Woche geplant. Diese wurden zum Beginn Saison in 2025 aufgehoben. Ruhetage wegen anderer Gründe gab es im erfragten Zeitraum in den beiden genannten Freibädern nicht.

Zu 2.2:

In stark wetterabhängigen Sommerfreibädern finden keine regulären Schwimmschul- oder Vereinsaktivitäten statt. Die Organisation der Schwimmausbildung erfolgt in kontrollierten Bedingungen, die nur Schwimmhallen bieten können. Es besteht daher grundsätzlich kein regelhaftes Interesse anderer Anbieter an einer Nutzung der Freibad-Infrastruktur für die Schwimmausbildung. Sofern vereinzelte Trainingstage von Vereinen oder Schulausflüge in Sommerfreibäder geplant sind, finden diese laut BLH bei geeigneter Wetterlage kurzfristig jedoch ohne Probleme statt.

Zu 2.3:

Siehe Antwort zu 2.2. Das obligatorische Schulschwimmen und die gemeldeten Vereinsnachfragen können von BLH unabhängig von der Nutzung der Freibäder vollständig bedient werden.

Zu 3.1:

Die gesamte Sportinfrastruktur von BLH und damit auch die Freibäder sind Bestandteil der Active City Strategie der Stadt und stehen den Hamburgerinnen und Hamburgern als Orte für die körperliche Betätigung im Wasser zur Verfügung. Konkrete Maßnahmen sieht die Active City Strategie nicht explizitr die Freibäder vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.2.

Zu 3.2:

Eine Zusammenarbeit zwischen der BUKEA, der Behörde für Inneres und Sport (BIS) und der Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung (BSFB) erfolgt in Bezug auf die o.g. Themen in den Gremien des Unternehmens, interbehördlichen Lenkungs- und Arbeitsgruppen und weiteren Formaten sowie im regelhaften Austausch der Fachbehörden mit BLH. BUKEA und BIS sind insbesondere über ihre Staatsräte im BLH-Aufsichtsrat vertreten. Der Aufsichtsrat ist in alle Entscheidungen von grundlegender Bedeutung vom Unternehmen einzubeziehen. BIS, Vereine und Verbände besetzen außerdem den sog. „Runden Tisch Vereinsschwimmen“. Die BSFB ist vertraglicher Auftraggeber von Bäderland im Rahmen des obligatorischen Schulschwimmens. Bei strategischen Standortentscheidungen und Planungen werden auch die jeweiligen Bezirksämter beteiligt.

Zu 4.1:

Jahr

SFB Marienhöhe

SFB Osdorfer Born

2020

Beschaffung Beckenbodenreinigungsgerät

Erneuerung Wasserrutsche 2. BA

Fliesenarbeiten im Freibecken

Neue Gehwegplatten Beckenumgang 1. BA

Austausch Platten auf Gehwegen und Parkplatz

Allgemeine Malerarbeiten

Instandhaltung Reinwasserleitungen

2021

Erneuerung Plattenwege 1.+2. BA

Neue Trennwände WC-Anlagen

Instandhaltung Notbrunnen

Erneuerung Unterverteilungen

Fassadensanierung

Neue Beckenumgänge 2.+3. BA

Fliesenarbeiten

2022

Erneuerung Gehwegplatten 3. BA

Erneuerung Gehwegplatten 4. BA

Erneuerung diverser Fenster

Erneuerung Dachabdichtungen

Malerarbeiten

2023

Betonsanierung Technik

Sanierung Dach Technikgebäude

Erneuerung Gehwegplatten 4. BA

Optimierung Kassentresen

Erneuerung diverser Fliesen im Becken

Malerarbeiten WCs

Diverse Malerarbeiten

Instandsetzung/Neuausrichtung Gehwegplatten

Austausch Trennwände im Sanitärbereich

2024

Erneuerung Niederspannungshauptverteilung

Sanierung Treppe und Podest Technikgebäude

Erneuerung Gehwegplatten 5. BA

Erneuerung Zaun und Toranlage

Erneuerung Dach Gastro und Umkleiden

Neubeschichtung Kinderbecken

Malerarbeiten sanitär und Eingang inkl. Austausch Trennwände

Sanierung Gehwegplatten

Diverse Fliesenarbeiten

Ertüchtigung Sprungbrettanlage

Erneuerung der Zaunanlage

Erneuerungen Technikkeller

Schachtabdeckung

Instandsetzung diverser Wege

In die Sommerfreibäder Marienhöhe und Osdorfer Born wurden im abgefragten Zeitraum kumuliert jeweils rd. 300 Tsd. Euro ausschließlich aus BLH-Mitteln investiert. Auf die Angabe von Einzelkostenpositionen wurde im vorliegenden Fall verzichtet. Die Offenlegung einzelner Kostenpositionen könnten Rückschlüsse auf interne Kalkulationen und Vertragsinhalte ermöglichen. Aus diesem Grund wird lediglich der Gesamtbetrag ausgewiesen.

Zu 4.2:

Derzeit sind im Rahmen der strategischen Investitionsplanung insbesondere Schwimmbad-Neubauprojekte in Oberbillwerder, im südlichen Bereich des Stadtteils Hamm („Quartierssportzentrum am Aschberg“) und im Süderelberaum in Abstimmung. Reine Sommerfreibadangebote werden zu Gunsten von ganzjährig nutzbaren Schwimmbädern nicht vorgesehen.

Zu 4.3:

BLH soll seine Aufgabenerbringung gemäß dem Zielbild der Freien und Hansestadt Hamburg für das Unternehmen u.a. umwelt- und ressourcenschonend erfüllen und bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität erreichen. BLH erarbeitet hierfür bis Ende des Jahres 2025 eine Klimastrategie. Nach Möglichkeit werden energetische Sanierungen im Rahmen von geplanten Modernisierungsvorhaben wo möglich vorgezogen (etwa Modernisierung des Schwimmbads MidSommerland in Harburg).

Zu 5.1:

Sofern strategische Standortplanungen aufgenommen werden, werden die politischen und behördlichen Vertreter:innen regelhaft involviert.

Zu 5.2:

Die Nutzer:innen werden regelmäßig mindestens einmal jährlich durch Befragungen beteiligt. Sportvereine/Verbände sind im Rahmen des „Runden Tischs Vereinsschwimmen“ oder durch Vor-Ort-Formate involviert, in denen Standortthemen ebenfalls diskutiert werden. Sofern das Schulschwimmen betroffen ist, erfolgt ebenfalls eine gezielte Abstimmung. Im Rahmen von größeren Stadtentwicklungs- oder Quartiersentwicklungsprojekten werden zusätzliche Formate berücksichtigt.

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.

Bera­tungs­reihen­folge
Anhänge

ohne

Lokalisation Beta
Altona Hamburg Rahlstedt Billwerder

Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.