Infotexte für Straßenschilder im Kolbenhofgelände Mitteilungsdrucksache zum Beschluss des Hauptausschusses vom 14.12.2023
Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Altona hat in seiner Sitzung vom 14.12.2023 stellvertretend für die Bezirksversammlung anliegende Drucksache 21-4590B beschlossen.
Die Behörde für Kultur und Medien (BKM) hat mit Schreiben vom 22.01.2024 wie folgt Stellung genommen:
Es wird nach Abstimmung mit der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte (SHGL) vorgeschlagen, die Infotexte zu den Straßenschildern in Zusammenarbeit mit den Geschichtswerkstätten Ottensen zu überprüfen, insbesondere jene zu Ziff. 3.
1. Vorlage: Kolbenhof
An diesem Ort wurden Aluminiumkolben für Motoren im Hamburger Werk „Noleiko“ hergestellt, im Volksmund „Kolbenschmidt“ genannt. Karl Schmidt (1876-1954) war seit 1921 ein Pionier für Kolben aus leichtem Aluminium. In den Kriegsjahren ab 1941 wurden Zwangsarbeiter hier zur Produktion eingesetzt.
Erst 1950 hat die schwäbische Karl Schmidt GmbH die Noleiko übernommen. Schmidt mit der Zwangsarbeit an diesem Ort in Zusammenhang zu bringen, wäre also problematisch. Das müsste aber überprüft werden. Vgl.: https://www.kolbenhoefe.de/historie/ .
„Kolbenschmidt“ war außerdem nur in den 1920er-Jahren eine Bezeichnung im Volksmund, in der Nachkriegszeit wurde das Unternehmen zunächst ganz offiziell zur Kolbenschmidt GmbH und dann zur Kolbenschmidt AG (1984). Die Verantwortung für NS-Zwangsarbeit wurde vom Rechtsnachfolger Kolbenschmidt Pierburg AG (Neckarsulm) im Jahr 2000 dadurch anerkannt, dass er sich der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft angeschlossen hat.
Auf einen Begriff wie „Pionier“ sollte nach Auffassung der SHGL verzichtet werden. Die Technikgeschichte operiert schon seit Jahrzehnten nicht mehr derartigen heroischen Begriffen, weil sie die Komplexität von Innovationsprozessen nicht abbilden
2. Vorlage: Lilly Giordano Stieg
Lilly Sophie Giordano (1897-1980), geb. Lehmkuhl, Klavierlehrerin, als Jüdin Verfolgte des NS-Regimes. Nach ihrer Ausbildung unterrichtete sie als Instrumentaldozentin am Hamburger Konservatorium in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Es sollte besser „in den 1920er Jahren“ und nicht „in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts“ heißen.
3. Vorlage: Antonia-Kozlova-Straße
Antonia Kozlova (1921-1942), Opfer des NS-Regimes, war Zwangsarbeiterin bei den Norddeutschen Leichtmetall- und Kolbenwerken in der Friedensallee 128 bei der Firma Noleiko in Altona. Am 11. November 1943 kam es zu einem Streik und Arbeitsniederlegung von Zwangsarbeiterinnen. Am 15.11.1943 wurde sie wegen "Rädelsführerschaft" am Winsberg bei Eidelstedt hingerichtet.
Die Lebensdaten in der Klammer sind nicht korrekt. Der Text selbst gibt das Hinrichtungsdatum richtig mit November 1943 an, aber in der Klammer ist als Todesjahr 1942 genannt.
Der erste Satz sollte vereinfacht werden „… bei den Norddeutschen Leichtmetall- und Kolbenwerken (Noleiko) in der Friedensallee 128 in Altona.“
Das Wort „Streik“ im zweiten Satz erscheint problematisch, da es auf Arbeitskonflikte/-kämpfe bei Lohnarbeit abzielt. Bei Zwangsarbeit sollte nur der Begriff „Arbeitsniederlegung“ verwendet werden. Im Übrigen wird angeregt, den zweiten und dritten Satz umzuformulieren, vgl. hierzu den Ausstellungstext der SHGL
(https://www.lernwerkstatt-neuengamme.de/medien/pdf/zwangsarbeitnoleiko.pdf):
„Sowjetische Zwangsarbeiterinnen protestierten im November 1943 gegen die schlechte Ernährung und verweigerten die Arbeit. Fünf Frauen wurden daraufhin von der Gestapo als „Rädelsführerinnen“ verhaftet und am 15. November 1943 in den Winsbergen von Gestapo-Angehörigen exekutiert.“
Ob diese Hinrichtung in den Windsbergen in Eidelstedt stattfand ist nach Friederike Littmann (Ausländische Zwangsarbeiter in der Hamburger Kriegswirtschaft, München 2006, S. 554, Fn. 370) nicht eindeutig geklärt: Bei einem Nachkriegsprozess sagte ein Zeuge dies so aus. Es gibt aber auch eine andere Angabe, die Frauen seien auf einem Friedhof erschossen worden.
Im Übrigen wird angeregt, die Geburts- und Sterbedaten in den Texten zu präzisieren und auch die Orte mit aufzuführen.
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Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.