21-1442

Für das Recht auf Wohnen: Housing First im Bezirk Altona umsetzen – Versprochen ist versprochen – gerade jetzt! Antrag der Fraktion DIE LINKE

Antrag öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
15.02.2021
17.12.2020
26.11.2020
Sachverhalt

In Hamburg leben mehr als 1.900 obdachlose Menschen auf der Straße und rund 5.300 Wohnungslose in den öffentlich-rechtlichen Unterkünften (Stand September 2020). Zum Vergleich: Im Jahr 2009 lebten in Hamburg noch 1.029 obdachlose Menschen. Das ist eine Steigerung um 86 Prozent seit 2009. Aufgrund der anzunehmenden hohen Dunkelziffer dürfte die tatsächliche Anzahl deutlich darüber liegen. Einer der wichtigsten Gründe für diese starke Zunahme ist wohl der Mangel an erschwinglichen und für obdach- und wohnungslose Menschen zugängliche Wohnraum.

 

Mit dem Antrag „Wohnraumversorgung von Wohnungslosen und vordringlich Wohnungssuchenden weiter fördern“ (Drs. 21/19723) der Regierungsfraktionen hat die Bürgerschaft im Januar dieses Jahres die Einrichtung eines Housing-First-Modellprojekts als ergänzenden Ansatz für Wohnraumversorgung von Personen mit mehreren Vermittlungshemmnissen beschlossen.

 

Housing First wird seit den 90er Jahren in unterschiedlichen Ländern und vor allem großen Städten, wie Wien, erfolgreich zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit eingesetzt. Kerngedanke ist das „Recht auf Wohnen“ ohne Vorbedingungen. Im Gegensatz zu anderen betreuten Wohnformen entkoppelt Housing First das Mietverhältnis vom Unterstützungsangebot und setzt für den Bezug der eigenen Wohnung keine Bewährung in stufenweisen vorangehenden Hilfemaßnahmen oder die Bereitschaft zu Abstinenz, Therapie, beruflicher Eingliederung oder anderen vereinbarten Hilfezielen voraus. Die Menschen erhalten unmittelbar eine Wohnung mit einem eigenen Mietvertrag. Gleichzeitig macht ein multiprofessionelles Team ein ständiges offensives individuelles Unterstützungsangebot. Die positive Wirkung dieses Ansatzes ist in zahlreichen europaweiten Studien belegt worden.

 

In Zeiten der Corona-Pandemie verfolgt die Unterbringung in Hotels; Jugendherbergen und Hostels etc. genau diesen Ansatz in der Krise. Derzeit gibt es wieder zivilgesellschaftliche Bündnisse, die mit privaten Spenden die Unterbringung von obdachlosen Menschen in Hotels, etc. ermöglichen. Die Politik muss dem folgen, diesen Einsatz unterstützen und zumindest prüfen, inwiefern die Unterbringung in Hotels etc. derzeit möglich ist. Die Bezirksversammlung Wandsbek hat einen entsprechenden Antrag verabschiedet – Altona sollte ebenfalls eine entsprechende Prüfung von der zuständigen Fachbehörde einfordern – insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Infektionsgeschehens und der bevorstehenden Wintermonate. Massenunterkünfte sind keine Alternative – generell und gerade jetzt. Acht tote Obdachlose seit Mai sind viel zu viel in einer reichen Stadt wie Hamburg. Sozialarbeiter sprechen von einer Verwahrlosung von Wohnungslosen wie nie zuvor. Dies weil durch Corona die so wichtige Infrastruktur der Menschen in Obdachlosigkeit so massiv eingeschränkt hat. Alle Experten, die im Bereich der Wohnungslosenhilfe tätig sind, schlagen Alarm. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. fordert in einem Zehn-Punkt-Programm u.a. die hier beantragen Soforthilfemaßnahmen. Vertrauen wir den Experten – Helfen wir! Sieben Hotels bzw. Hostels wären nach unseren Recherchen ohne Weiteres dabei, darunter auch Hotels, die an dem Reemtsa-Programm teilgenommen haben.

 

Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung:

 

  1. Die zuständige Fachbehörde wird nach § 27 Abs. 2 BezVG aufgefordert

 

  1. sich dafür einzusetzen, dass auch im Bezirk Altona das Housing First Prinzip umgesetzt wird;

 

  1. hierfür Gespräche mit vor Ort aktiven Trägern der Obdach- und Wohnungslosenhilfe aufzunehmen;

 

  1. hierfür Gespräche zur Akquise von Wohnungen mit den Wohnungsgenossenschaften und der SAGA aufzunehmen;

 

  1. der Bezirksversammlung über den Stand der Umsetzung bis zum 31.12.2020 zu berichten.

 

  1. Die zuständige Fachbehörde wird weiterhin nach § 27 BezVG gebeten zu prüfen, ob

 

  1. die Unterbringung von obdachlosen Menschen in Beherbergungsbetrieben wie Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Hotels und Pensionen durchgeführt werden kann;

 

  1. die Unterbringung anonym und ungeachtet der Herkunft der Betroffenen erfolgen kann und auf Mitwirkungs- und Meldepflichten sowie auf eine Übermittlung der Daten der Schutzsuchenden an andere Behörden verzichtet werden kann.

 

  1. Die zuständige Fachbehörde wird zudem nach § 27 BezVG gebeten,

 

  1. wenn die Prüfungen zu 2. positiv sind, bis Ende März 2021 hierfür in ausreichender Menge Zimmer anzumieten. Die Anzahl der Zimmer und die Dauer der Anmietung sind der aktuellen Lage laufend anzupassen und entsprechend aufzustocken beziehungsweise zu verlängern;

 

  1. Menschen in der Obdachlosigkeit Mundnasenschutzmasken in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen und an öffentlich zugänglichen Stellen Einwegmundnasenschutzmasken auszulegen;

 

  1. darzulegen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um Menschen in Obdachlosigkeit vor einer Ansteckung mit Sars-CoV2 zu schützen, insbesondere in den Unterkünften des Winternotprogramms.

 

Anhänge

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