21-3577

Erweiterung der Tempo 30-Zone in Nienstedten und Osdorf Antrag der Fraktion GRÜNE

Antrag öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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16.01.2023
24.11.2022
Sachverhalt

Im Jahr 2021 ereigneten sich im Bezirk Altona 86 Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten (Vorjahr: 81) und zwei Verkehrsunfälle mit Getöteten (Vorjahr: drei). Auf Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h oder mehr ereigneten sich 50 Prozent dieser schweren Verkehrsunfälle, 32 Prozent auf Straßen mit 30 km/h (18 Prozent ohne Angabe). Zwei Verkehrsunfälle mit Getöteten ereigneten sich bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h beziehungsweise 60 km/h. Seit 2011 gab es im Bezirk Altona durchschnittlich 3,5 tödliche Verkehrsunfälle pro Jahr (vgl. Drucksache 21-3145).

 

Abgesehen von einigen Verkehrsunfällen ohne Fremdeinwirkung oder in Zusammenhang mit Drogenmissbrauch lassen sich viele der schweren Crashs mit geringeren Geschwindigkeiten verhindern oder abmildern. Während der Anhalteweg bei 30 km/h etwa 13 Meter beträgt, fängt der Bremsvorgang bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h aufgrund der Reaktionszeit von einer Sekunde erst bei 13 Metern an, bis ein Auto nach insgesamt 27 Metern zum Stehen kommt. Ein geringer Geschwindigkeitsunterschied beim Fahren führt daher zu einem enormen Unterschied bei der Aufprallgeschwindigkeit. Der Vision Zero-Strategie folgend, sollten wir im Bezirk Altona das Menschenmögliche tun, um schwere Verletzungen zu verhindern und Leben zu retten. In 2021 hat sich die Unfallkommission mit keiner Unfallhäufungsstelle im Bezirk Altona befasst.

 

Im Jahr 2007 hat sich Hamburg als Mitglied des Deutschen Verkehrssicherheitsrats zur Vision Zero als Grundlage der Verkehrssicherheitsarbeit verpflichtet. Keine Toten und keine Schwerverletzten sind das Ziel der Vision Zero. Diese ethische Sichtweise steht im Einklang mit den Wertevorstellungen unserer Gesellschaft. Für die Verkehrssicherheitsarbeit ist die Erkenntnis entscheidend, dass sich Menschen oft nicht fehlerfrei verhalten. Daher muss ihr Umfeld – Fahrzeuge und Infrastruktur – so gestaltet werden, dass schwere Crashs verhindert werden. Die 1997 in Schweden beschlossene „Nullvision“ berücksichtigt die begrenzte „biologische Toleranz des Menschen gegenüber äußerer Gewalt. [...] Die meisten Menschen, die von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h angefahren werden, überleben. Die meisten Menschen, die von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h angefahren werden, sterben.“ (Vgl. Vagverket/Schwedisches Zentralamt für Straßenwesen: Die Nullvision in Schweden)

 

Im Juni 2021 hat der Bundesrat folgende Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VWV-StVO) zu § 1 StVO, Grundregeln beschlossen: „Oberstes Ziel ist dabei die Verkehrssicherheit. Hierbei ist die „Vision Zero“ (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen.“

 

Im Gegensatz zur Anordnung von 30 km/h-Strecken, ist die Anordnung von 30 km/h-Zonen von den besonderen Beschränkungen des § 45 Absatz 9 Satz 3 StVO ausgenommen. Demnach dürfen „insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs [...] nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der [in § 45 StVO] genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.“ Gleichwohl ist die Anordnung der 30-Zonen-Zeichen nur dort erlaubt, „wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.“ (§ 45 Absatz 9 S. 1 StVO) In Hamburg ist die Zustimmung der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende erforderlich, wenn am Zuschnitt von 30-Zonen Änderungen erfolgen. Im Rahmen der Prüfung werden die Verkehrsbedeutung und Auswirkungen auf den Verkehr, insbesondere auf den ÖPNV, überprüft.

 

Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, ist die Ausweitung der Tempo 30-Zonen sinnvoll. In Nienstedten und Osdorf gibt es Straßen, die seit der Einführung der Tempo-30-Zonen 1984 nicht Teil der umliegenden Tempo 30-Zonen wurden. Hierbei handelt es sich um diese Straßen:

 

  1. Langenhegen (Nienstedtener Straße bis Up de Schanz), Up de Schanz (Langenhegen bis Winckelmannstraße), Winckelmannstraße (Up de Schanz bis S-Hochkamp), Reichskanzlerstraße (S-Hochkamp bis Friedensweg), Friedensweg (Reichskanzlerstraße bis Langelohstraße) – Der Straßenverlauf ist unübersichtlich und als Vorfahrtstraße ausgeschildert, in der Straße Up de Schanz und Reichskanzlerstraße parken regelmäßig Pkw auf der Fahrbahn. Die Straße Langenhegen ist Teil der Veloroute 1. Durch den Straßenverlauf führt eine Buslinie. Es gibt zwei abknickende Vorfahrten. Die Kreuzungsbereiche sind eng und schlecht einsehbar. Es sind keine Radwege vorhanden.
  2. Langelohstraße (Osdorfer Landstraße bis Friedensweg) – Der Straßenverlauf ist verschwenkt und als Vorfahrtsstraße ausgeschildert. In der Straße Langelohstraße parken streckenweise regelmäßig Pkw auf der Fahrbahn. Die Straße führt in unmittelbarer Nähe der Grundschule Goosacker vorbei und an der St. Simeon Kirche. Hier befindet sich auch die Kindertagesstätte Ev. KiTa St. Simeon, Alt-Osdorf. Die Gehwege sind schmal, was vor allem für Schulkinder gefährlich ist, wenn es beim Überqueren der Fahrbahn zu Gedränge kommt. Durch den Straßenverlauf führt eine Buslinie (392). Es sind keine Radwege vorhanden.
  3. Langelohstraße (Friedensweg bis Droste-Hülshoff-Straße), Nienstedtener Straße (Droste-Hülshoff-Straße bis Langenhegen) – Der Straßenverlauf ist verschwenkt und als Vorfahrtstraße ausgeschildert. In der Straße Langelohstraße parken regelmäßig Pkw auf der Fahrbahn. Am S-Bahn-Brückenbauwerk ist die Fahrbahn stark verengt. Das Queren der Fahrbahn ist für alle Verkehrsteilnehmer:innen aufgrund der Unübersichtlichkeit schwierig. Es sind keine Radwege vorhanden.
  4. Nienstedtener Straße (Langenhegen bis Sophie-Rahel-Jansen-Straße), Nienstedtener Marktplatz (Sophie-Rahel-Jansen-Straße bis Schulkamp), Sieberlingstraße – Der Straßenverlauf führt durch den Ortskern von Nienstedten und ist als Vorfahrtstraße ausgeschildert. In der Nienstedtener Straße zwischen Langenhegen und Thunstraße parken regelmäßig Pkw auf der Fahrbahn. Auf Höhe der Rupertistraße befindet sich ein Fußgängerüberweg. Im Bereich des Nienstedtener Marktplatzes gibt es einen hohen Querungsbedarf des Fußverkehrs. Die Sieberlingstraße ist stark verschwenkt. Durch den Straßenverlauf führen zwei Buslinien (392, 112 südlich Rupertistraße). Es sind keine Radwege vorhanden. In der Sieberlingstraße befindet sich die vollstationäre Pflegeeinrichtung Haus Sieberling. Der Bereich um den Nienstedtener Marktplatz ist als Nahversorgungslage (NVL) eingestuft.
  5. Rupertistraße (Nienstedtener Straße bis Eichendorffstraße), Eichendorffstraße (Rupertistraße bis Manteuffelstraße) – Der Straßenverlauf ist als Vorfahrtstraße ausgeschildert. Im östlichen Teil der Straße gilt im Bereich einer sozialen Einrichtung (Kita) eine 30 km/h-Strecke. In der Straße parken regelmäßig Pkw auf der Fahrbahn. Es gibt zwei abknickende Vorfahrten. Durch die Straßen führt eine Buslinie (112). Etwa 300 m entfernt verläuft die Elbchaussee parallel zur Rupertistraße. Es sind keine Radwege vorhanden. In der Rupertistraße befindet sich die Kindertagesstätte Ev. KiTa Nienstedten.
  6. Manteuffelstraße – Der Straßenverlauf ist als Vorfahrtstraße ausgeschildert. Die Manteuffelstraße wird im Rahmen der Velorouten-Planung zur Fahrradstraße. Mit der geplanten Umwidmung zur Fahrradstraße gilt 30 km/h künftig durchgehend. Im westlichen Teil der Straße liegt im Bereich einer sozialen Einrichtung bereits eine 30 km/h-Strecke. In der Straße parken Pkw regelmäßig auf der Fahrbahn. Es sind keine Radwege vorhanden. In der Manteuffelstraße befindet sich die vollstationäre Pflegeeinrichtung Katharinenhof am Hirschpark und die Kindertagesstätte Ev. KiGa im Bereich der Führungsakademie der Bundeswehr. Die Manteuffelstraße findet sich im nachfolgenden Beschlusstext nicht wieder, da 30 km/h bereits geplant ist.

 

Die Bezirksversammlung Altona empfiehlt der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) gemäß § 27 BezVG unter Beteiligung der Behörde für Inneres und Sport (BIS) die Ausweitung der vorhandenen Tempo 30-Zonen auf die nachfolgenden Straßenzüge zu prüfen und ihr Einverständnis zur Ausweitung der 30-Zonen zu erteilen.

 

  1. Langenhegen (Nienstedtener Straße bis Up de Schanz), Up de Schanz (Langenhegen bis Winckelmannstraße), Winckelmannstraße (Up de Schanz bis S-Hochkamp), Reichskanzlerstraße (S-Hochkamp bis Friedensweg), Friedensweg (Reichskanzlerstraße bis Langelohstraße)

 

  1. Langelohstraße (Osdorfer Landstraße bis Friedensweg)

 

  1. Langelohstraße (Friedensweg bis Droste-Hülshoff-Straße), Nienstedtener Straße (Droste-Hülshoff-Straße bis Langenhegen)

 

  1. Nienstedtener Straße (Langenhegen bis Sophie-Rahel-Jansen-Straße), Nienstedtener Marktplatz (Sophie-Rahel-Jansen-Straße bis Schulkamp), Sieberlingstraße

 

  1. Rupertistraße (Nienstedtener Straße bis Eichendorffstraße), Eichendorffstraße (Rupertistraße bis Manteuffelstraße)

 

 

Petitum/Beschluss

:

Die Bezirksversammlung wird um Zustimmung gebeten.

 

Anhänge

Übersichtskarte-Erweiterung-30-Zone-Nienstedten