Zweckentfremdung von Wohnraum durch Leerstand und Ferienwohnungen im Bezirk Wandsbek Große Anfrage vom 16.01.2025
Letzte Beratung: 20.02.2025 Bezirksversammlung Wandsbek Ö 15.3
Bezahlbarer Wohnraum ist im Bezirk Wandsbek - wie in der ganzen Stadt - knapp unddie Mieten steigen immer weiter. Daran haben weder das Wohnungsbauprogramm vonSPD und Grünen noch die Mietpreisbremse etwas geändert. Im Neubau entstehengrößtenteils teure Wohnungen, die sich die Mehrheit der Hamburger*innen nicht leistenkönnen und die Neubauzahlen sind zuletzt aufgrund gestiegener Baukosten und Zinsenmassiv zurückgegangen. Die Mietpreisbremse bremst nicht ausreichend und wird oftumgangen.
Deshalb ist es wichtig, den Bestand an preisgünstigen Wohnraum zu schützen. Denn esist besonders dieser, an dem es mangelt und der gefährdet ist. Denn er bietet guteMöglichkeiten zur Profitmaximierung von Spekulanten. Wohnungen werden entmietetund nicht neu vermietet, um sie teurer verkaufen zu können oder sie werden alsFerienwohnungen vermietet, um die laufenden Einnahmen aus der Vermietung zuerhöhen. Gegen diese dem Gemeinwohl schadende Praxis kann mit demHamburgischen Wohnraumschutzgesetz (HmbWoSchG) entgegengetreten werden.
Seit der Änderung des HmbWoSchG durch die Hamburgische Bürgerschaft im Oktober2018 gibt es eine Registrierungspflicht für Vermieter*innen von Ferienwohnungen inunserer Stadt. Es war zwar schon vorher in Hamburg verboten, Wohnraum länger alszwei Monate als Ferienunterkunft zu vermieten, aber schwer zu kontrollieren. Mit derRegistrierungspflicht sollen die Bezirksämter besser kontrollieren können, obWohnungen so zweckentfremdet werden.
Bereits seit 1982 ist es in unserer Stadt laut § 9 HmbWoSchG verboten, Wohnraumlänger als vier Monate leer stehen zu lassen. Wohnungsleerstand muss von denVerfügungsberechtigten beim Bezirksamt gemeldet werden und bedarf einerGenehmigung. Weil das Bezirksamt Wandsbek die Zweckentfremdung von Wohnraumbisher aber wenig bis gar nicht verfolgt oder bestraft und Eigentümer damit nichts zubefürchten haben, zeigen sie ihren Leerstand oft nicht an und spekulieren darauf, dasser unentdeckt bleibt.
Statt die Möglichkeiten des Wohnraumschutzgesetzes zu nutzen und nicht genehmigtenWohnungsleerstand gemäß § 15 HmbWoSchG mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euroauch zur Abschreckung anderer zu bestrafen oder mehr Personal für die Verfolgung vonLeerstand und andere Zweckentfremdungen im Bezirksamt einzustellen, setzen SPDund Grüne lieber auf die Hilfe von Bürger*innen. Im Sommer 2023 hat der Senat einenOnline-Dienst eingerichtet, über den sie Wohnraumleerstand melden können.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
Das Bezirksamt Wandsbek antwortet wie folgt: 17.02.2025
Vorbemerkung des Bezirksamts Wandsbek:
Die Behauptung, dass das Bezirksamt Wandsbek die Zweckentfremdung von Wohnraum wenig bis gar nicht verfolgt oder bestraft und Eigentümer nichts zu befürchten haben, so dass die Anzeige von Leerstand unterbleibt, ist falsch und entbehrt jeder Grundlage. Jeder Hinweis auf Zweckentfremdung von Wohnraum führt im Bezirksamt Wandsbek zur Einleitung eines Verwaltungsverfahrens. Diese Verfahren werden innerhalb des verwaltungsrechtlichen Rahmens des Hamburger Wohnraumschutzgesetzes geführt. Die Verhängung von Bußgeldern führt nicht zur Beendigung der Zweckentfremdung. Dies kann allein ein Verwaltungsverfahren bewirken. Vor diesem Hintergrund werden die knappen personellen Ressourcen vorrangig für die Bearbeitung von Verwaltungsverfahren eingesetzt, damit die Zweckentfremdung beendet wird und Wohnraum wieder zur Verfügung steht.
1. Wie viele Wohneinheiten stehen aktuell im Bezirk Wandsbek leer?
Bezirksamt Wandsbek:
Es stehen aktuell 501 Wohneinheiten im Bezirk Wandsbek leer.
BitteGesamtzahl für Bezirk nennen und aufschlüsseln nach
a) Stadtteilen und Straßen
Bezirksamt Wandsbek:
Siehe Anlage 1.
b) Wohnraumart (Wohnung im Mehrfamilienhaus oder Wohnhaus)
Bezirksamt Wandsbek:
Von den 501 Wohneinheiten befinden sich 389 Wohneinheiten in einem Mehrfamilienhaus (davon 242 Wohneinheiten durch ein Wohnungsbauunternehmen gemeldet).
Bei 112 Wohneinheiten handelt es sich um Einfamilienhäuser (inklusive Doppel- und Reihenhäuser).
c) Dauer des Leerstands
Bezirksamt Wandsbek:
Die Dauer des Leerstands lässt sich statistisch nicht abbilden. In den meisten Fällen ist der genaue Beginn des Leerstands unbekannt.
d) Gründe für den Leerstand (Baumaßnahmen wie Sanierungen, geplanteBeseitigung durch Abriss, weil sie gemäß § 3 Abs. 2 HmbWoSchG nichtbewohnbar sind, andere Ausnahmetatbestände oder ohne Angabe vonGründen seitens der Verfügungsberechtigten)
Bezirksamt Wandsbek:
Sanierung: 137 Wohneinheiten
geplanter Abriss: 247 Wohneinheiten
geplanter Verkauf: 34 Wohneinheiten
Gründe unbekannt: 70 Wohneinheiten
sonstige Gründe (z.B. Erbauseinandersetzung): 13 Wohneinheiten
e) Genehmigung des Bezirksamts für die Zweckentfremdung mit Fristen bzw.welche Leerstände noch geprüft werden oder abgelehnt wurden
Bezirksamt Wandsbek:
Bei 317 Wohneinheiten hat das Bezirksamt die Zweckentfremdung unter Fristsetzung und Auflagen (z.B. Neubau nach Abriss) genehmigt bzw. duldet den Leerstand unter Auflagen (z.B. Beantragung Neubauvorhaben). In den übrigen Verfahren wurden entweder Wohnnutzungsgebote erlassen oder vorbereitende Schritte eingeleitet (z.B. Anschreiben zur Sachverhaltsklärung, Anhörungsschreiben).
2. Mit welchen Maßnahmen versucht das Bezirksamt die Bewohnbarkeit vonWohnraum wieder herstellen zu lassen und ihm wieder seinen Zweckzuzuführen? Bitte nach Stadtteilen und Straßen unter Nennung der konkretenMaßnahmen aufschlüsseln!
Bezirksamt Wandsbek:
Bei Zweckentfremdung von Wohnraum gemäß § 9 HmbWoSchG können durch das Bezirksamt ausschließlich die in § 12 HmbWoSchG genannten Maßnahmen ergriffen werden. Dabei handelt es sich um das Wohnnutzungsgebot, das Räumungsgebot und das Wiederherstellungsgebot.
Zur Anzahl der bis zum Stichtag 11.06.2024 erlassenen Wohnnutzungsgebote und Räumungsgebote wird auf die Beantwortung der bürgerschaftlichen Anfragen 22/15493 (dort Frage 10), 22/11809, 22/8810, 22/5568 und 22/2341 (jeweils Frage 7) verwiesen. Wiederherstellungsgebote wurden nicht erlassen.
Eine Zuordnung der in den Bürgerschaftsdrucksachen aufgezählten Anordnungen auf konkrete Vorgänge, d.h. die Bezugnahme auf konkrete Straßen und Stadtteile, ist nicht mehr möglich.
Für den Zeitraum zwischen dem 12.06.2024 und 31.01.2025 wurden insgesamt neun Wohnnutzungsgebote erlassen. Die betreffenden Straßen finden sich in der Anlage 1 als unterstrichen.
Räumungs- und Wiederherstellungsgebote wurden in diesem Zeitraum nicht erlassen.
3. Bei welchen dieser Fälle versucht das Bezirksamt gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 und 3Zwischennutzungen gegenüber den Verfügungsberechtigten durchzusetzen?Bitte nach Stadtteilen und Straßen aufschlüsseln!
Bezirksamt Wandsbek:
Die Genehmigung der Zweckentfremdung setzt voraus, dass § 10 HmbWoSchG erfüllt wird. Bei geplanten Um- oder Neubaumaßnahmen ist somit Voraussetzung, dass die Zwischennutzung bis zum Baubeginn unzumutbar ist. Somit stellt sich die Frage 3 in der Praxis nicht. Entweder wurde nachgewiesen, dass die Zwischennutzung unzumutbar ist und der Antragsteller erhält eine Genehmigung für den Leerstand gemäß § 10 HmbWoSchG, oder der Nachweis konnte nicht erbracht werden, so dass ein ungenehmigter Leerstand vorliegt und ein Wohnnutzungsgebot gemäß § 12 HmbWoSchG erlassen werden kann. Zur Anzahl und Zuordnung der Wohnnutzungsgebote siehe Antwort zu Frage 2.
4. Wie viele Leerstandsmeldungen sind beim Bezirksamt seit Einführung desOnline-Tools im August 2023 eingegangen?
Bezirksamt Wandsbek:
Für den Zeitraum August 2023 bis zum 11.06.2024 wird auf die Beantwortung der Fragen 5 und 6 in der Bürgerschaftsdrucksache 22/15493 verwiesen.
Für den Zeitraum zwischen dem 12.06.2024 und 31.01.2025 sind mindestens 57 Meldungen auf möglichen Leerstand eingegangen. Eine genaue Angabe ist nicht möglich, da Meldungen, die sich auf einen bereits bekannten Leerstand beziehen, nicht (erneut) statistisch erfasst werden. Statistisch ebenfalls nicht erfasst werden Meldungen, bei denen anhand des Melderegisters ein Leerstand im Sinne des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes ausgeschlossen werden kann und die daher zu keiner Verfahrenseinleitung führen.
Bitte aufschlüsseln nach
a) Monaten
Bezirksamt Wandsbek:
Juni 2024 (ab 12.06.): 20 Meldungen
Juli 2024: 6 Meldungen
August 2024: 6 Meldungen
September 2024: 7 Meldungen
Oktober 2024: 2 Meldungen
November 2024: 3 Meldungen
Dezember 2024: 2 Meldungen
Januar 2025: 11 Meldungen
b) Meldungen, die über den neuen Online-Dienst angezeigt wurden
Bezirksamt Wandsbek:
21 Meldungen
c) Meldungen, die von Dritten auf anderen Wegen eingingen (E-Mail, Telefonetc.)
Bezirksamt Wandsbek:
9 Meldungen
d) Meldungen, die von von Verfügungsberechtigten selbst kamen.
Bezirksamt Wandsbek:
27 Meldungen
5. Wie ist das Vorgehen, wenn leerstehender Wohnraum gemeldet wurde? Wird derLeerstand und möglicher weiterer leerstehender Wohnraum vor Ort überprüft undwie ist dann das weitere Verfahren?
Bezirksamt Wandsbek:
Es wird auf die Beantwortung der Frage 7 in der Bürgerschaftsdrucksache 22/15493 verwiesen. Ergänzend wird mitgeteilt, dass eine Überprüfung vor Ort im Bezirk Wandsbek nur dann erfolgt, wenn Zweifel an dem Leerstand bestehen oder dieser vom Verfügungsberechtigten aktiv bestritten wird.
6. Wie viele Ferienwohnungen wurden seit 2019 in Wandsbek registriert? Bitteaufschlüsseln nach Kalenderjahren und Stadtteilen! Ab 2020 bitte die Gesamtzahlnennen, also die Summe der noch aktiven und neu vergebenenWohnraumschutznummern.
Bezirksamt Wandsbek:
Fehlanzeige. Eine solche Auswertung kann nur die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen vornehmen.
7. Gibt es darunter Anbieter*innen, die mehr als eine Ferienwohnung registrierthaben? Wenn ja: bitte nach Kalenderjahren aufschlüsseln und wie vieleFerienunterkünfte Einzelne in welchen Stadtteilen anbieten.
Bezirksamt Wandsbek:
Fehlanzeige. Eine solche Auswertung kann nur die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen vornehmen.
8. Wie viele Beschwerden aufgrund illegaler Nutzung von Wohnraum alsFerienwohnungen hat das Bezirksamt seit 2019 erhalten. Bitte nachKalenderjahren und Stadtteilen aufschlüsseln!
Bezirksamt Wandsbek:
9. Wie kontrolliert das Bezirksamt, ob Vermieter*innen von Ferienwohnungen sichan die Regeln halten?
Bezirksamt Wandsbek:
Meldungen zu Ferienwohnungen werden im Bezirksamt Wandsbek wie jeder andere Hinweis auf Zweckentfremdung von Wohnraum bearbeitet. Das bedeutet, dass zunächst der Sachverhalt ermittelt wird, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um eine nicht erlaubte Überlassung von Wohnraum im Sinne des Wohnraumschutzgesetzes handelt. Sofern dies der Fall ist, werden die im Gesetz bestehenden Möglichkeiten ergriffen, um die zweckfremde Nutzung zu beenden.
Eine proaktive „Kontrolle“ von allen Inhaber*innen von Wohnraumschutznummern erfolgt nicht.
10. Wie viele Verfahren hat das Bezirksamt seit 2019 eingeleitet, weilFerienwohnungen nicht registriert waren, ohne Wohnraumschutznummerangeboten, länger als zwei Monate im Jahr vermietet wurden oder aus anderenGründen? Bitte nach Kalenderjahren, Stadtteilen und Vergehen aufschlüsseln!
Bezirksamt Wandsbek:
Es wird auf die Beantwortung der bürgerschaftlichen Anfragen 22/15493 (dort Frage 16), 22/11809 (dort Frage 15), 22/8810 und 22/5568 (jeweils Frage 16) verwiesen.
Für den Zeitraum zwischen dem 12.06.2024 und 31.01.2025 wurden keine neuen Verfahren wegen des Verdachts einer rechtswidrigen Wohnraumüberlassung im Sinne der Fragestellung eingeleitet.
11. Wie viele Ordnungswidrigkeiten wurden seit 2019 im Zusammenhang mitFerienwohnungen gemäß §15 HmbWoSchG festgestellt und wie wurden diese imEinzelnen bestraft? Bitte aufschlüsseln nach Kalenderjahren, Stadtteilen und inwelcher Höhe im Einzelnen Verwarn- und Bußgelder erhoben wurden!
Bezirksamt Wandsbek:
Es wird auf die Beantwortung der bürgerschaftlichen Anfragen 22/15493 (dort Frage 16), 22/11809 (dort Frage 15), 22/8810 und 22/5568 (jeweils Frage 16) verwiesen.
Für den Zeitraum zwischen dem 12.06.2024 und 31.01.2025 wurden keine Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachts einer rechtswidrige Wohnraumüberlassung eingeleitet.
Anlage 1
SKA 22_5568
SKA 22_8810
SKA 22_11809
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