Schaffung umfassender Möglichkeiten zur optimalen Nutzung solarer Strahlungsenergie mittels Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Neubauten und Bestandsgebäuden. Auskunftsersuchen vom 21.03.2022
Für mehr erneuerbare Energie setzt die Stadt auf eine umfassende Nutzung der Dachflächen. Ab dem Jahr 2023 müssen bei Neubauten PV-Anlagen errichtet werden. Ab dem Jahr 2025 soll dann die PV-Pflicht auch bei einer Dacherneuerung von bestehenden Gebäuden gelten.
Zu dieser neuen Regelung werden alle Eigentümerinnen und Eigentümer neuer Gebäude mit Baubeginn nach dem 1. Januar 2023 und alle Eigentümerinnen und Eigentümer von Bestandsgebäuden, bei denen mit der vollständigen Erneuerung der Dachhaut nach dem 1. Januar 2025 begonnen wird, entsprechend verpflichtet. Dazu zählen Wohn- sowie Nichtwohngebäude.
Gemäß dem Hamburgischen Klimaschutzgesetz - HmbKliSchG § 16 (4) entfällt die Verpflichtung zum Vorhalten einer Anlage zur Stromerzeugung durch Nutzung solarer Strahlungsenergie nach den Absätzen 2 und 3 u.a. soweit die Erfüllung dieser Pflicht anderen öffentlich-rechtlichen Plichten widerspricht. Dies könnten nach Auffassung der FDP-Fraktion Wandsbek z.B. keine entsprechenden oder unzureichenden Festsetzungen im bestehenden Baurecht sein.
Bekanntermaßen gehört zur richtigen Aufstellung von Kollektoren, neben dem Strahlungsangebot und der Globalstrahlung, auch die Kollektororientierung eine wesentliche Rolle in der optimalen Nutzung von PV-Anlagen: Ausrichtung und Neigung haben wesentlichen Einfluss auf den Ertrag und damit auf die Wirtschaftlichkeit einer Gesamtanlage.
Während die FHH im Hamburgischen Klimaschutzgesetz - HmbKliSchG zum Ausdruck bringt, dass die „Verpflichteten“ langfristig alle geeigneten Dachflächen ihrer Gebäude „möglichst in Kombination mit Gründächern und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Schutzes von Bäumen im Stadtgebiet“, §16 (1) mit PV-Anlagen auszustatten haben, ist bezüglich des bestehenden und künftigen öffentlichen Baurechts weder im Hamburgischen Klimaschutzgesetz- HmbKliSchG noch in der Hamburgischen Klimaschutz-Umsetzungspflichtverordnung – HmbKliSchUmsVO entsprechende Regelungen zur optimalen Ausrichtung von Neubauten zu finden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir:
Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) antwortet wie folgt: 02.05.2022
Das Bezirksamt Wandsbek (BA Wandsbek) antwortet wie folgt: 11.05.2022
BUKEA:
Bei der PV-Pflicht gemäß § 16 Hamburgisches Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) handelt es sich um eine Pflicht zur Stromerzeugung durch die Nutzung solarer Strahlungsenergie und nicht um eine Pflicht zur Wärmegewinnung durch die Nutzung solarer Strahlungsenergie (Solarthermie). Es gibt demnach keine Pflicht zur Solarthermie im HmbKliSchG. Zudem gilt die PV-Pflicht für Bestandsgebäude erst ab dem 01.01.2025.
Die Planungs- und Ausführungsaufwendungen einer PV-Anlage hängen von einer Vielzahl von Parametern ab, weshalb es eine breite Streuung gibt. Neben der Anlagengröße selbst beeinflussen Faktoren wie der Zelltyp der Module (mono- oder polykristallin) und die Marke und Qualität der Module und Wechselrichter den Gesamtpreis. Spürbare Auswirkungen haben auch die Kosten für den Netzanschluss und für das zur Installation notwendige Gerüst. Auch die spezifischen Gegebenheiten des Hauses beeinflussen den Gesamtpreis signifikant. So spielen z.B. Leitungswege im Haus, die Notwendigkeit eines neuen Zählerschranks und das Montagesystem – das wiederum von der Dachform, der Dacheindeckung und dem Zugang zum Dach abhängt – eine Rolle bei der Preisbildung. Es ist somit nicht möglich eine pauschale Schätzung abzugeben.
Um dennoch eine ungefähre Vorstellung zu bekommen, werden im Nachfolgenden Durchschnittspreise vom März 2019 aus dem Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)[1] für weitere Größenklassen angegeben:
30 kWp-Anlage: ca. 1.040 € netto pro kWp
60 kWp-Anlage: ca. 970 € netto pro kWp
500 kWp-Anlage: ca. 820 € netto pro kWp
2.1: Wenn Ja, mit welchem Ergebnis?
2.2: Wenn nein, warum nicht?
BUKEA:
Die Pflicht zum Errichten und Betreiben einer PV-Anlage (zur PV-Pflicht siehe Antwort zu 1.) ist in Hamburg so ausgestaltet, dass die wirtschaftliche Vertretbarkeit gegeben sein muss. D. h. die Anlage muss sich spätestens innerhalb von 20 Jahren amortisieren, vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung zur Umsetzung der Pflichten zur Nutzung von Photovoltaik und erneuerbarer Energien bei der Wärmeversorgung nach dem HmbKliSchG. Aus diesem Grund ist keine Modellrechnung zur Abschätzung des Mehraufwandes von der Verwaltung notwendig.
Zur Information ist in der Anlage ein Gutachten zur wirtschaftlichen Vertretbarkeit PV-Pflicht beigefügt.
BUKEA:
Der Bundesgesetzgeber hat festgelegt, dass die Errichtung und Nutzung einer PV-Anlage eine Modernisierungsmaßnahme i. S. v. § 555b Nr. 2 BGB darstellt, wenn der produzierte Strom in das öffentliche Elektrizitätsversorgungsnetz eingespeist wird (siehe BT-Drs. 17/10485, S. 20). Dies gilt auch bei Mieterstrommodellen, da sich diese allein aus dem Mieterstromzuschuss nach dem EEG sowie den Erlösen durch den Verkauf des erzeugten Stroms an die Mieterinnen und Mieter (i. d. R. separater Belieferungsvertrag) und der Überschusseinspeisung ins allgemeine Elektrizitätsversorgungsnetz finanzieren. In diesen Fällen berechtigt die Modernisierungsmaßnahme nicht zur Mieterhöhung nach § 559 Absatz 1 Satz 1 BGB.
Im Übrigen siehe Antwort zu 2.
Die Umlage einer Modernisierungsmaßnahme i. S. v. § 555b Nr. 1 BGB (energetische Moder-nisierung) setzt voraus, dass in Bezug auf die Mietsache Endenergie i. S. v. § 555b Nr. 1 ein-gespart wird (siehe BT-Drs. 17/10485, S. 19). Das bedeutet, dass es zu einer Verringerung der an der Gebäudeschnittstelle zu übergebenden bzw. zu bezahlenden Endenergie durch die Modernisierungsmaßnahme kommen muss (vgl. BT-Drs. 17/10485, S. 19).
Ob dies auch für den Fall der Errichtung und Nutzung einer Photovoltaikanlage zu Zwecken der hauseigenen Versorgung zutrifft, wäre im konkreten Einzelfall zu prüfen. Im Streitfall obliegt es den Gerichten zu überprüfen, ob einen Mieterhöhung aufgrund der Installation einer PV-Anlage rechtmäßig ist.
BUKEA:
Nein.
5.1: Wenn ja, in welcher Weise?
5.2: Wenn Nein, warum nicht?
BA Wandsbek:
Die Prüfung des Ermessens nach § 31 BauGB ist immer eine Einzelfallentscheidung. Wenn entsprechende Befreiungen begehrt werden, können diese auch zugunsten einer optimalen Ausrichtung für PV-Anlagen entschieden werden. Jedoch kann es darauf keinen Anspruch geben, da auch andere Faktoren wie Baumschutz, Grundzüge der Planung, Vorbildwirkungen oder Ähnliches zu berücksichtigen sind und dem ggf. entgegenstehen können.
6.1: Wenn ja welche sind es und wo sind diese einsehbar?
6.2: Wenn Nein, warum nicht?
BA Wandsbek:
Es ist nicht klar, welche Sachgebiete hier im Sinne der Fragestellung gemeint sind. Festzuhalten ist, dass eine ideale Ausrichtung eines Gebäudes im Wege einer Befreiung nach § 31 BauGB eine Einzelfallentscheidung ist, die von mehreren Faktoren, die ebenfalls durch den Einzelfall ausgelöst werden, abhängig ist. Eine einheitliche Entscheidungsgrundlage in Form einer Verfügung würde diesem Grundsatz entgegenstehen.
7.1: Wenn ja, bei welchen konkret in der Aufstellungsphase befindlichen B-Plänen werden sie berücksichtigt?
7.2: Wenn nein, warum nicht?
BA Wandsbek:
Die Aufstellung von Bebauungsplänen erfolgt nach Maßgabe des Baugesetzbuches. Die Belange des Klimaschutzes, auch in Bezug auf PV-Anlagen, sind bei aktuellen Bebauungsplanverfahren regelhaft Verfahrensgegenstand und finden auch Niederschlag in begleitenden öffentlich-rechtlichen Verträgen. Die Ausrichtung der Gebäude ist Ergebnis der planungsrechtlichen Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange, bei der auch die optimale Nutzung der PV-Anlagen einfließt.