Förderbedarfe für Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenschwäche und Linkshändigkeit endlich frühzeitig erkennen Debattenantrag der Fraktion Die Linke
Letzte Beratung: 03.07.2023 Ausschuss für Soziales Ö 6.1
- Der ursprüngliche Antrag (Drs. 21-6322) wurde in der Bezirksversammlung am 15.12.20222 geändert in den Ausschuss für Soziales überwiesen
Im Debattenantrag der Linksfraktion vom September 2022 ging es um Grundbildung, also Schwerpunkt Erwachsene ab 18 nach einer allgemeinbildenden Schule.
Ein weiteres Modul ist die sog. erweiterte Grundbildung, Schwerpunkt frühkindliche Bildung vor dem Schuleintritt. Wie ist der status quo bei uns und wie können wir Wandsbeks (Schul-) Kindern wirksam helfen?
Grundbildung bedeutet fast immer einen jahrzehntelangen Förderbedarf bis hin zum Renteneintritt. Es gilt Basics nachzuholen, die in der Schulzeit nicht ausreichend vermittelt werden konnten. Die wichtigste Kulturtechnik bei uns, Lesen können, das fällt Millionen Menschen in unserem Land sehr schwer, Hunderttausende sind davon auch in Hamburg betroffen. Fast jeder 4. Erwachsene kann nur auf Grundschulniveau schreiben und das nicht ausreichend gut. Was können wir dagegen tun?
Mit der sog. erweiterten Grundbildung gibt es eine überaus kostbare Zeit, die Zeit VOR der Einschulung, bevor die Schulpflicht mit dem 6. Lebensjahr beginnt. In Wandsbek werden jährlich ca. 4800 Kinder eingeschult, nach Schätzungen sind ca. 10,6% linkshändige Kinder darunter. In Hamburg wurden 2022 18.900 Kinder eingeschult (3,9% mehr als im Vorjahr). (Stichtag 1. Februar: 16.918 Kinder). Wandsbek hat nach Mitte und Altona den drittstärksten Zuwachs (+118), in Vorschulklassen stieg die Zahl auf 10.638 (+77), insgesamt hat Hamburg 78.758 Grundschüler:innen. Das ist eine heterogene Zielgruppe, deren besondere Bedarfe nicht immer erkannt werden.
Darunter sind auch Kinder, die nie zuvor eine Kita von innen gesehen haben, die Deutsch als Zweitsprache haben, die nicht bei der 4,5jährigen Untersuchung erfasst wurden, die auch keine Schuleingangsuntersuchung hatten. Ein schwacher Ersatz wäre die U9 in einer pädiatrischen Praxis, aber auch da gibt es keine umfassende Testungen für Teilleistungsstörungen oder mögliche Linkshändigkeit. Aber auch wenn die Kinder bei den entsprechenden bezirklichen Stellen vorgestellt wurden, sind Teilleistungsstörungen oder Linkshändigkeit nicht Teil der Untersuchungen.
Bei keiner bezirklichen Untersuchung oder Anlaufstelle kann man heute bei Verdacht auf Linkshändigkeit oder Teilleistungstörung (Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenschwäche) die entsprechenden aufwendigen mehrstündigen Testungen durchführen lassen. Die Kosten für Diagnostik und Gutachten belaufen sich auf mehrere Hundert Euro pro Fall pro Fachgebiet.
Fachgutachten sind aber notwendig, um einen sog. NTA, Nachteilsausgleich, bei der Schulbehörde zu beantragen. Krankenkassen zahlen diese Untersuchungen nicht, Pflegekassen ebenfalls nicht.
Jugendämter verlangen die Gutachten für ihre fachlichen Stellungnahmen für eine eventuell zu bewilligende Lerntherapie, wenn die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gem. § 35a SGB VIII erfüllt sind, beteiligen sich aber nicht an den Kosten für Diagnostiken. Keine Regel ohne Ausnahme: Die Diagnostik für LRS/Rechenschwäche kann bei einer anerkannten Facharztpraxis/Fachtherapeutenpraxis durchgeführt werden, meist mit mehrmonatiger Wartezeit und auch die Diagnostik zieht sich über Monate, da kann schon mal ein Schuljahr vorbeirauschen. Die Wartelisten haben sich während der Pandemie deutlich verlängert.
Ausreichend und zeitnahe Therapieplätze gab es schon vor der Pandemie nicht.
Anders als Teilleistungstörungen hat Linkshändigkeit keine eigenständige ICD Nr. Die Teilleistungsstörungen (die 4 wichtigsten) sind unter F 81.0 bis F 81.3 als umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fähigkeiten klassifiziert.
Mangels bezirklicher Möglichkeiten bleibt den Familien nur die Wahl zwischen verschiedenen gewerblichen Anbieter:innen, Kostenpunkt: mehrere Hundert Euro für Selbstzahler:innen pro Fachgebiets.
Man kann auf viele Arten durchs Raster fallen. Wenn schulische Förderbedarfe nicht rechtzeitig erkannt werden, kann das dramatische Folgen haben, ein Leben lang, nicht nur für die persönlich Betroffenen.
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