21-7805

Digitale Sitzungen durch geeignete Software unterstützen Interfraktioneller Antrag der Fraktionen SPD, CDU, Die Grünen und FDP

Antrag

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
12.10.2023
Ö 7.4
Sachverhalt

 

Im August 2021 hatte der Hamburgische Beauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) eine „Warnung“ gegenüber der Senatskanzlei ausgesprochen, weil diese beabsichtigte, Zoom in der Hamburger Verwaltung in einer Art und Weise einzusetzen, die wegen der Übermittlung personenbezogener Daten in die USA nach Auffassung des HmbBfDI nicht mit dem geltenden Datenschutzrecht im Einklang stünde. Hiergegen erhob die Senatskanzlei im September 2021 Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg.

Die Senatskanzlei, Fachbehörden und die Hamburgische Bürgerschaft setzen Zoom in der Folge weiterhin ein, während die Bezirksaufsichtsbehörde gegen das ausdrückliche Votum der Bezirksversammlung Wandsbek (vgl. hierzu u.a. auch Drs. 21-2804.1, 21-3887, 21-4475, 21-4531, 21-5252.1), die sie sich für die Nutzung von bewährter Standardsoftware ausgesprochen hatte, Dataport beauftragte, eine eigene Software für die Bezirksversammlungen zu entwickeln, welche auf der WebRTC-basierenden Software “Jitsi” aufsetzt. Dieses Open-Source-Projekt war schon seinerzeit für seine Kompatibilitätsprobleme bekannt[1], browserbasierte Lösungen (WebRTC) wiesen zudem schon immer eine schwächere Performance gegenüber App-Lösungen auf.

HmbBfDI und Senatskanzlei haben sich im Anschluss an den Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.07.2023[2] („Adequacy decision for the EU-US Data Privacy Framework“, Art. 45 I DSGVO) darauf verständigt, dass eine Fortführung des Rechtsstreits nicht mehr zielführend sei. Der HmbBDI gab in der Folge seine Irritationen auslösende “Warnung” ausdrücklich auf[3], so dass nunmehr die Grundlage für das Agieren der Bezirksaufsichtsbehörde auch aus deren Sicht entfallen sein dürfte.

Das Dataport-Werk “dOZ” konnte die Nutzer in der Bezirksversammlung bisher nicht überzeugen. Der zugesagte Mehrwert zu anderen vergleichbaren Produkten (Abstimmungstools) wurde nicht fehlerfrei implementiert, die Benutzerführung stellt sich aus unserer Sicht als katastrophal dar und eine annähernd fehlerfreie Aushrung auf unterschiedlichen Browser- und Betriebssystemen wurde nicht erreicht. Selbst das nicht mehr weiterentwickelte “Skype for Business” stellte sich als überlegenes Produkt dar und wird durch die FHH insbesondere in der Verwaltung weiterhin genutzt. Für kleinere (Arbeits-)Gruppen ist die Software auch hinreichend stabil und noch nutzbar. Eine Nutzung für die Ausschüsse der Bezirksversammlung erscheint jedoch nicht möglich. Insbesondere gilt dies, wenn die Öffentlichkeit einbezogen werden soll, was in der Zuständigkeit der Bezirksversammlung Wandsbek auch zur Zeit der Corona-Bekämpfungsmaßnahmen stets grundsätzlich sichergestellt wurde (vgl. u.a. Drs. 21-1273).

Bereits längere Zeit stand demgegenüber fest, dass Zoom rechtskonform im Sinne des Datenschutzes verwendet werden kann[4]. Diese Software wurde und wird auch vielfältig eingesetzt, u.a. von den Fraktionen in der Bezirksversammlung und den sie tragenden Parteien. Vor diesem Hintergrund löste das Vorgehen der Bezirksaufsichtsbehörde gegenüber den Bezirken Verwunderung aus.

In der digital durchgeführten Sitzung des Unterausschusses für Bauangelegenheiten des Regionalausschusses Alstertal am 21.09.2023 kam es zu erheblichen Unregelmäßigkeiten bei der Nutzung von dOZ, die das bisherige Maß an Dysfunktionalität erheblich überschritt und nach übereinstimmender Einschätzung der Vorsitzenden sowie aller Fraktionen eine rechtskonforme Nutzung von dOZ für die Zukunft nur schwer möglich macht. Die Nutzung des Chatrooms war einzelnen Ausschussmitgliedern über die gesamte Laufzeit der Sitzung nicht möglich oder diese konnten sich nicht zu Wort melden bzw. an Abstimmungen teilnehmen. Im Vorfeld hatte Dataport mindestens ein Ausschussmitglied zu Hause aufgesucht, um Fehlern auf den Grund zu gehen, ohne Erfolg.

Alle geäerten Bedenken der Bezirksversammlung gegen die Implementierung einer Sonderlösung für die Bezirksversammlungen haben sich damit leider bestigt.

In der Sitzung des Hauptausschusses am 25.09.2023 informierte die Vertretung des CDO zudem darüber, es sei auch die Aufgabe der „Chief Digital Officer-Organisation” der Bezirksämter, die bei der Behördenleitung in der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) angesiedelt ist, die Interessen der Bezirksversammlungen bei der Digitalisierung ihrer Arbeit zu vertreten. Auch nur ein Austausch zwischen den Bezirksversammlungen und der CDO-Organisation bzw. der Fachbehörde zu den konkreten bezirklichen Bedarfen wurde jedoch bisher nicht implementiert.

Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:

 

 

Petitum/Beschluss

Beschluss:

 

Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, mitzuteilen,

  1. wie sie die Bedarfe und Interessen der sieben Bezirksversammlungen konkret ermittelt, um deren Interessen bei der Digitalisierung ihrer Arbeit hinreichend zu berücksichtigen;
  2. ob nunmehr weiterhin konkrete rechtliche Bedenken bestehen, wenn Bezirksämter und Bezirksversammlungen andere Softwareprodukte als dOZ insbesondere Zoom einsetzen, wie dies in Verfassungsorganen und anderen Dienststellen der FHH auch aktuell laufend erfolgt (Bürgerschaft, Senat, Senatskanzlei, Fachbehörden)? Soweit solche bestehen wird darum ersucht,
    1. diese präzise darzulegen und vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung und dem Stand der Technik zu erläutern und
    2. darzulegen, warum eine andere Behandlung von Bezirken und Bezirksversammlungen gegenüber den o.g. anderen Stellen aus Sicht der Fachbehörde geboten und verhältnismäßig sein könnte;

 

  1. wie sie den Entwicklungsstand von dOZ konkret fachlich bewertet, welche Fehler sie selbst bisher identifiziert hat, ob diese Software zur Einsatzreife weiterentwickelt werden soll und mit welchen einmaligen und dauerhaften Kosten hierbei zu rechnen ist und welcher Zeitplan hierfür jeweils vorgesehen ist.