Aktueller Stand der Barrierefreiheit der Bushaltestellen in Bergedorf
Letzte Beratung: 28.01.2021 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 6.1
Auskunftsersuchen der BAbg. Wohnrath, Tilsner und SPD-Fraktion,
Fleige und Grünen-Fraktion,
Kubat und FDP-Fraktion
Der Ausbau der Barrierefreiheit muss laut Personenbeförderungsgesetz (PBefG) bis 2022 vollständig abgeschlossen sein. Der Aus- bzw. Umbau der U-Bahn- und S-Bahnhaltestellen in Hamburg kommt erfreulich voran, nach derzeitigem Stand sind 80 Prozent dieser Haltestellen barrierefrei. Bei den Regionalbahnhöfen sind es sogar 90 Prozent. Dies sind wichtige Schritte, um mobilitätseingeschränkten Personen gleichberechtigt die problemfreie Nutzung des ÖPNV in Hamburg zu ermöglichen.
Neben den S- und U-Bahnhaltestellen sind die Bushaltestellen ein weiterer essenzieller Baustein der Barrierefreiheit. In diesem Zusammenhang ist durch die Arbeitsgemeinschaft „Barrierefreier ÖPNV in Hamburg" ein Leitfaden erstellt worden, nach dessen Kriterien die Bushaltestellen gestaltet werden müssen (zu finden hier: https://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/5/52/BarrierefreieBushaltestellenLeitfadenKurz.pdf). Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage der Hamburgischen Bürgerschaftsabgeordneten der SPD Regina Jäck zu Beginn des Jahres zur Barrierefreiheit im ÖPNV wurden alle Bushaltestellen 2017/2018 „im Rahmen einer Erhebung vollständig erfasst und im Haltestellenkataster des HVV dokumentiert“ (21/20008).
Insbesondere in den Vier- und Marschlanden gibt es zusätzliche Herausforderungen durch die teilweise engen Straßen oder noch nicht vorhandenen Gehwege. Aber auch im Landgebiet nimmt die ÖPNV-Nutzung durch die Verbesserungen im Rahmen der Angebotsoffensiven I und II des rot-grünen Senats zu. Umso wichtiger ist es, dass Familien mit Kinderwagen, Seniorinnen und Senioren mit Gehhilfe oder Menschen im Rollstuhl oder mit Sinnes- und anderen Behinderungen von diesem Angebot auch dahingehend profitieren können, dass ein barrierefreier Einstieg an den Bushaltestellen möglich ist. Leider ist dies noch nicht überall der Fall.
Im Jahre 2017 wurde in Bezug auf die Drucksache 20-0988 entlang von 4 Achsen eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Bushaltestellen gemacht, allerdings nur am Rande in Bezug auf Barrierefreiheit. Dabei fallen niedrige Bordsteinhöhen auf (laut Präsentation aus 2017 durchschnittlich unter 10 cm, für barrierefrei ist mindestens 16 cm erforderlich), kaum eine Haltestelle erreicht gerade mal 14 cm, viele haben hingegen eine Bordsteinhöhe von 0 – 4 cm vorzuweisen, was es Menschen mit Beeinträchtigungen nahezu unmöglich macht, die Fahrzeuge zu betreten oder zu verlassen. Die in den Bussen vorhandene Rampe hat eine Länge von 80 cm, jeder cm Höhenunterschied entscheidet darüber, ob ein Bus mit dem Rollstuhl nutzbar ist oder nicht.
Allein von den angefahrenen 118 Haltestellen haben 39 keine Zuwegung, das ist nahezu ein Drittel.
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende nimmt auf Grundlage von Auskünften der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) zum Auskunftsersuchen vom 26.10.2020 wie folgt Stellung zu den Fragen 1-3, Frage 4 beantwortet das Bezirksamt:
Vor diesem Hintergrund bitten wir den Bezirksamtsleiter um die Beantwortung der folgenden Fragen bzw. Weiterleitung der folgenden Fragen an die zuständigen Stellen:
Die zuständigen Behörden arbeiten zusammen mit dem HVV, den Verkehrsunternehmen sowie den Verbänden der mobilitätseingeschränkten Menschen in verschiedenen Gremien konsequent daran, einen möglichst barrierefreien öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) herzustellen.
Im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) besteht die Verpflichtung bis 2022 verbindlich aufzuzeigen, wie eine vollständige Barrierefreiheit im straßengebundenen ÖPNV erreicht werden soll.
Vor diesem Hintergrund hat der HVV im Auftrag der BVM (damals Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation – BWVI) frühzeitig Standards für barrierefreie Haltestellen mit den Verbänden der mobilitätseingeschränkten Menschen, Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen abgestimmt und in einem Leitfaden dokumentiert. Die festgelegten Standards spiegeln den anerkannten Stand der Technik wider und präzisieren bzw. vereinheitlichen Ausführungsvorgaben. Auf Basis dieser Standards fand in 2017 eine Erhebung u.a. in Hamburg statt, deren Ergebnisse in einer Haltestellendatenbank beim HVV vorgehalten werden. Zugang zu dieser Datenbank haben alle fachlich zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVM, der Bezirksämter, und des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG).
Derzeit ist der HVV dabei, die in den Jahren 2018 bis laufend umgebauten/neugebauten Bushaltestellen(-teilbereiche) nachzuerheben. Dieser Vorgang dauert an. Die nächste Vollerhebung durch den HVV ist für das Jahr 2022 geplant. Ein Konzept zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Datenpflege nach der nächsten Vollerhebung im Jahr 2022 befindet sich in der Erarbeitung.
Bushaltestellen werden im Zuge diverser Maßnahmen und Projekte von verschiedenen Akteuren kontinuierlich barrierefrei ausgebaut. Hierzu zählen z.B. Instandsetzungs- oder Umbaumaßnahmen von Straßen sowie Maßnahmen im Zusammenhang mit der Busbeschleunigung. Die Straßenbaulastträger (Bezirke und LSBG) sind gehalten, hierbei den HVV-Leitfaden zu beachten und einen den Standards entsprechenden barrierefreien Ausbau sicherzustellen. Bei der baulichen Herrichtung neuer Haltestellen werden die Anforderungen an die Barrierefreiheit grundsätzlich von vornherein beachtet; ggf. werden neue Haltestellen zur kurzfristigen Ermöglichung des Busbetriebs (z.B. für eine neue Buslinie) zeitweilig zunächst provisorisch eingerichtet, bevor sie vollständig barrierefrei ausgebaut werden.
Die Haltestellen im Bereich der Vier- und Marschlande sind durch einen weitgehend ländlichen Charakter sowie unter anderem Deichlagen geprägt; entsprechend gibt es z.T. besondere Herausforderungen im Haltestellenbereich bzw. dem -umfeld (z.B. keine Gehwege im Haltestellenumfeld). Die täglichen Ein- und Aussteigerzahlen liegen zumeist eher im niedrigen, teils einstelligen, Bereich. Im Bezirk Bergedorf weisen Haltestellen zum Teil niedrige (unter 14 cm), in manchen Fällen auch sehr niedrige (unter 2 cm), Bordsteinhöhen auf.
Durch Rampen und ggf. zusätzliches Absenken der Busse, dem sog. „Kneeling“, können auch Bordsteinhöhen von weniger als 16 cm überbrückt werden, insbesondere bei Hilfsmitteln, die eine etwas höhere Bodenfreiheit haben wie z.B. Rollatoren. Im Rahmen des barrierefreien Ausbaus ist, sofern möglich, eine Mindestbordsteinhöhe von 16 cm sicherzustellen, um den Einstieg für mobilitätseingeschränkte Menschen zu erleichtern und den Anforderungen des HVV-Leitfadens zu entsprechen.
1) Wo ist das Haltestellenkataster einsehbar, in dem dokumentiert ist, welche Haltestellen aus welchen Gründen inwiefern barrierefrei/nicht barrierefrei sind?
Zu 1.:Siehe Vorbemerkung.
2) Fragen zum Stand und zur Planung:
Zu 2a.:
In Bergedorf war zum Zeitpunkt der Erhebung durch den HVV ca. 1 % aller Bushaltestellen barrierefrei gem. HVV-Leitfaden ausgebaut. In den Vier- und Marschlanden entsprach zu diesem Zeitpunkt keine der 439 Bushaltestellen(-teilbereiche) dem Zielstandard vollständig. Aktuellere Zahlen liegen derzeit nicht vor. Hierbei ist zu beachten, dass zur Erfüllung des HVV-Standards diverse Anforderungen gemeinsam vorliegen müssen. Haltestellen, die nicht den vollständigen Standards entsprechen, erfüllen die Voraussetzungen ggf. zumindest teilweise. Ziel ist zwar, dass möglichst alle Hamburger Bushaltestellen den HVV-Standard erfüllen, gleichwohl wird dieses Ziel nur sukzessive zu erreichen sein. Hierfür sind sowohl die räumlichen Gegebenheiten im Haltestellenbereich und -umfeld als auch die finanziellen und personellen Ressourcen sowie die verkehrlichen Auswirkungen von Baustellen zu beachten. Im Unterschied zu Schnellbahnen kann bei Bussen in den weit überwiegenden Fällen eine Mitfahrt jedoch auch dann sichergestellt werden, wenn die Haltestelle noch nicht vollständig barrierefrei (im Sinne des Leitfadens) ist.
Zu 2b.:
Die nachfolgenden Haltestellen erfüllten die Kriterien des Leitfadens zum Zeitpunkt der Erhebung komplett:
Haltestelle (Stadtteil) |
Richtung bzw. Teilbereich |
Boberg (Lohbrügge) |
U Billstedt |
Goerdelerstraße (Lohbrügge) |
U Billstedt |
Lehfeld (Bergedorf) |
Lauenburg, ZOB |
Reimboldweg (Bergedorf) |
Bf. Bergedorf |
An den nachfolgend genannten Haltestellen können die Standards mit sehr geringem Aufwand erfüllt werden (Stand 2017, die beiden Haltestellenteilbereiche der Haltestelle „Oortkatenweg“ wurden im Jahr 2020 nacherhoben):
Haltestelle (Stadtteil) |
Richtung bzw. Teilbereich |
Am Bergedorfer Hafen (Bergedorf) |
Bf. Bergedorf |
Oortkatenweg (Ochsenwerder) |
Bf. Bergedorf |
Oortkatenweg (Ochsenwerder) |
S Rothenburgsort |
Wiesnerring (Bergedorf) |
Bf. Bergedorf |
Davon in den Vier- und Marschlanden:
- Oortkatenweg, Bf. Bergedorf
- Oortkatenweg, S Rothenburgsort
Zu 2c.:
Siehe Anlage 1.
Zu 2d.:
Der Leitfaden ist gemeinsam mit den die mobilitätseingeschränkten Menschen vertretenden Verbänden, Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern abgestimmt worden. Die Baulastträger sind aufgefordert, die Standards bei allen Um- oder Neubau von Haltestellen zu berücksichtigen.
3) Anhand welcher Kriterien wird über die Priorisierung bei der Umgestaltung der Haltestellen entschieden?
Zu 2e. und 3.:
Das Gesetz verlangt, dass bis 2022 der Stand der Umsetzung von Barrierefreiheit festgestellt ist und ein Plan für die weitere Umsetzung der Barrierefreiheit vorliegt. Dies wird bis 2022 erfolgen. Die Kriterien werden gemeinsam mit der Stadt Hamburg festgelegt. Angesichts der großen Anzahl an bestehenden Bushaltestellen(-teilbereichen) sowie der im Rahmen des Hamburg-Takts zu erwartenden zusätzlichen Haltestellen in Hamburg ist von einem konsequenten und forcierten, aber gleichwohl sukzessivem Ausbau auszugehen.
4) Die Präsentation aus dem Jahre 2017 hat ganz konkret vier Schwachstellen im Landgebiet offengelegt:
- In der Heinrich-Osterath-Straße wurden 8 Haltestellen aufwendig saniert, von denen keine den Vorgaben für Barrierefreiheit komplett entspricht. Es fehlt überall das Blindenleitsystem, bei mehreren Haltestellen sind keine barrierefreien Zuwegungen vorhanden. Wann und wie soll so etwas geändert werden?
- An der Schule Ochsenwerder ist nahezu alles bedacht worden, was es im Sinne der Barrierefreiheit zu beachten gibt. Allein es fehlt eine barrierefreie Zuwegung, das heißt, mit einem Rollstuhl kann die Insel mit der Haltestelle weder befahren, noch verlassen werden.
- An der Kreuzung Ochsenwerder Landscheideweg/Oortkatenweg wurde umfangreich umgebaut, auch hier sind (Stand August 2020) nicht alle Anforderungen korrekt umgesetzt worden, unter anderem fehlt auf der elbabgewandten Seite eine Möglichkeit, den Bordstein an der Kreuzung zu betreten, auch das Blindenleitsystem ist nicht vollständig.
- Am Hauptdeich sind sämtliche Haltestellen in Richtung Hamburg nur durch Straßenüberquerung zugänglich, sie sind viel zu schmal, Absturzsicherung fehlt komplett.
Ist geplant, die Missstände an diesen Haltestellen zu beseitigen? Wenn ja, wann und von wem wird das erledigt? Wenn nein, warum nicht?
Zu 4.:
Die Bushaltestellen in der Heinrich-Osterath-Straße sind in Abstimmung mit der VHH geplant und umgesetzt worden. Einen Umbau sieht das Bezirksamt hier somit nicht vor.
Die Haltestelle an der Schule Ochsenwerder in der Straße Elversweg wird im Zuge des Ausbaus der Buskehre entsprechend angepasst.
Die neu hergestellten Haltestellen einschließlich der Kehre am Knotenpunkt Ochsenwerder Landstraße/Oortkatenweg sind aus Sicht des Bezirksamts barrierefrei umgesetzt. Mängel sind nicht bekannt.
Am Hauptdeich sind derzeit keine wesentlichen Umbaumaßnahmen an den Haltestellen durch das Bezirksamt vorgesehen. Ein grundsätzlicher Umbau gestaltet sich aufgrund der Deichsituation und den damit verbundenen größeren baulichen Eingriffen als schwer umsetzbar.
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