Verpflichtung von Herrn Michael Dose und Dr. Rainer Laugwitz (SPD) Dr. Hanno Hintze (CDU) sowie Steffen Langenberg und Dr. Kurt Duwe (FDP)
Die Vorsitzende macht auf die Geschäftsordnung der Bezirksversammlung Harburg vom 28.02.2017, auf die §§ 5 -7 des Bezirksverwaltungsgesetzes mit Stand vom 04.04.2017 sowie auf die §§ 203 – 205, 331 – 334 und 353 b des Strafgesetzbuches aufmerksam und bittet die neuen Ausschussmitglieder, sich mit dem Inhalt der genannten Paragraphen vertraut zu machen und danach zu handeln.
Abschließend werden sie zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet.
Einleitend trägt Herr Andres vor, gemäß Waldgesetz habe der Wald in Hamburg in erster Linie eine Erholungs- und Klimaschutzfunktion inne. Der Klimaschutz spiele dabei eine große Rolle und glücklicherweise habe das Thema Klimawandel mittlerweile auch einen Platz in den Medien erhalten. Die Weltbevölkerung sei sich bewusst, dass etwas unternommen werden müsse.
Anschließend berichtet Herr Hollmichel anhand einer Präsentation (s. Anlage zur Niederschrift) über den Zustand der Wälder und geht dabei auch auf den nachgereichten Antrag der CDU Drs. 21-0213 ein, der das Thema um den Aspekt der Moore erweitert.
Er informiert im Wesentlichen über
- Waldflächen, die Harburg gehören: Die Revierförstereien Hausbruch und Eißendorf betreuten die staatlichen Waldflächen, die sich im Verwaltungsvermögen des Bezirkes befinden. Alle Waldflächen in Hamburg seien kraft Gesetzes Landschaftsschutzgebiete.
- Moore: Maßnahmen zum Schutz und Erhalt von Mooren und Gewässern unterstünden dem Naturschutzrecht. Unabhängig davon, ob sie in Naturschutzgebieten liegen oder außerhalb, seien sie immer geschützte Biotope. Alle Maßnahmen seien grundsätzlich untersagt, es sei denn, es handelt sich um Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen des Naturschutzes. Die meisten Moore befänden sich im Bereich Moorgürtel aber auch in der Fischbeker Heide. In beiden Gebieten sei die Behörde für Umwelt und Energie, Abteilung Naturschutz, zuständig.
- bundesweite Situation: In Deutschland gebe es 11,4 Mio. ha Wald, somit sei ungefähr ein Drittel Deutschlands bewaldet, Tendenz zunehmend. Mehrere Stürme in den letzten Jahren, beginnend in 2017 sowie Dürre und Hitzewellen in 2018 und 2019 hätten dem Wald Probleme bereitet, weil seit 2017 zunehmend Brutmaterial für den Borkenkäfer im Wald gelegen habe durch abgebrochene Kronen und dergleichen. Insbesondere sei die Fichte davon betroffen. Dies habe dazu geführt, dass gerade in 2019 die größten Borkenkäferschänden bundesweit zu verzeichnen seien. Bis heute wurde etwa 180.000 ha Schadflächen gemeldet, die wieder aufgeforstet werden müssen, das bedeute ungefähr 1,5 % der Waldfläche. Hinzu kommen Millionen stark geschädigter Bäume (Fichte und Buche sind insbesondere betroffen, aber auch andere). Zudem wurden vermehrt Wald- und Moorbrände festgestellt.
- Folgen für die Forstwirtschaft: Alleine in den Jahren 2018 und 2019 gebe es bundesweit über 100 Millionen Festmeter Kalamitätsholz. Das entspreche einer größeren Menge als der regulären jährlichen Einschlagsmenge in Deutschland. Überfüllte Holzlager und Sägewerke führten letztendlich zu Absatzproblemen und Preisverfall. Waldbesitzer seien an der Grenze der Belastbarkeit angekommen in personeller, logistischer als auch finanzieller Hinsicht. Es müsse davon ausgegangen werden, dass wichtige Waldfunktionen verloren gehen, insbesondere die Klimaschutzfunktion und die CO2-Speicherung.
- Waldsterben: 1980 sei die Luftschadstoffbelastung extrem hoch gewesen, aber es habe auch hausgemachte Probleme gegeben, wie hohe Schalenwildbestände und Trophäenkult. Politisch sei daraufhin eine Luftreinhaltepolitik durchgesetzt worden. Außerdem wurde der Wald in mehreren Aktionen gekalkt (in Hamburg 1980 und 1990) und man habe sich um einen Waldumbau bemüht. Kahlschläge wurden gesetzlich verboten und es wurden Programme entwickelt, um den Wald ökologisch umzubauen. Zudem habe Hamburg seit 1990 die waldbaulichen Rahmenrichtlinien in Richtung Vermehrung von Mischwäldern, Stabilisierung der Bestände und Strukturreichtum ausgerichtet. Seit 1984 gebe es Waldschadensberichte. Demnach waren Anfang der 80ger Jahre etwa 50 % der Bäume als gesund anzusehen. Davon sei man mittlerweile weit entfernt, in 2018 liege man ungefähr bei 28 %. D.h., nicht mal mehr ein Drittel der Bäume im Wald seien als gesund einzustufen. Gut ein Drittel der Bäume sei stark geschädigt.
- Waldsterben 2.0 (heute): Im Wald gebe es bestimmte Waldgesellschaften, die klimatisch an den Standort und die Witterungsbedingungen, die über Jahrzehnte oder Jahrtausende dort vorherrschen, angepasst seien. Im Zuge der globalen Erwärmung verschieben sich die Ökosystemgrenzen, aber die Bäume können nicht so schnell mitwandeln und bekommen Probleme. Der Wald könne nicht so schnell verändert werden, dass er diesem Wandel angepasst sei. Die Wissenschaft sei derzeit am forschen, welche Baumarten zukünftig noch gesetzt werden könnten und welche wohl ihre Probleme haben werden. Weiter sei die Zunahme von Schäden durch Insekten und Pilzbefall zu beobachten, aber auch Dürre und Hitze könnten einen Baum umbringen. Unbekannt seien Gefahren durch invasive Arten, es finde bei einigen Arten ein Monitoring statt. Das Problem seit 1980 sei, dass es keine technische Möglichkeit gebe, eine Abhilfe zu schaffen. Einzig könne Klimaschutz betrieben werden und ein an den Klimawandel angepasster Waldumbau.
- Entwicklung der weltweiten CO2-Konzentration seit 1958: Die CO2-Konzentration sei in den letzten 50 Jahren kontinuierlich angestiegen. Der aktuelle Wert liege bei 408 ppm. Diese drastische Entwicklung gebe es, seitdem der Mensch in großen Mengen fossile Energieträger verbrenne (Kohle, Gas, Öl usw.) Untersuchungen hätten gezeigt, dass die CO2-Konzentration maßgeblich die globale Erdtemperatur beeinflusse.
Fazit:
Die wichtigste Maßnahme, die auch relativ zeitnah geleistet werden könne, sei die Aufforstung brachliegender Flächen. Leider fehlten hier die erforderlichen Mittel.
Situation in Hamburg
Situation in Harburg
Situation in Harburg (2)
Erforderliche Maßnahmen
Statement vom Bundesministerium, das in einem Positionspapier abgegeben wurde:
„Den Wald mit seinen vielfältigen Funktionen, insbesondere der Klimaschutzfunktion, zu erhalten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die angesichts der Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder Deutschlands, von Bund und Ländern gemeinsam sowie der Forstwirtschaft insgesamt bewältigt werden muss.“
Abschließend merkt Herr Hollmichel an, ihm sei nicht bekannt, dass Hamburg Mittel für die Aufforstung der Kalamitätsflächen zur Verfügung stellt. Möglicherweise könnten sich die Fraktionen aber dafür einsetzen. Der Ausschuss sichert Unterstützung zu.
Fragen der Ausschussmitglieder beantwortet Herr Hollmichel wie folgt:
- Der Privatwald sei in Hamburg nicht einheitlich geregelt. Es bestehe aber die Möglichkeit, sich von der Landwirtschaftskammer (Revierförsterei Jesteburg) betreuen zu lassen. Hamburg habe für den Privatwald im Gegensatz zu Niedersachsen aber kein Förderprogramm, weshalb die Finanzierung schwierig sei.
- In Hausbruch gebe es kaum noch Monokulturen. Der Wald setze sich heute zu jeweils 50% aus Nadel- und Laubwald zusammen. In Hausbruch gebe auch keine Kalamitätsfläche, wo flächenhaft der Wald ausgefallen sei. Durch den Ankauf von Flächen sei die Situation in Eißendorf noch nicht ganz so gut, aber es gebe dort viel mehr Laubholzbestände, die nicht als gefährdet anzusehen seien.
- Ranger seien für die Betreuung von Schutzgebieten zuständig, die in der Obhut der Behörde für Umwelt und Energie stünden.
- Der Forstbetrieb benötige aus Sicht von Herrn Hollmichel insbesondere höhere Rahmenzuweisungen und für die Kalamitäten und die Waldumwandlung Sondermittel.
- Es seien zwei neue Stellen für die Revierförsterei Eißendorf erfolgreich eingeworben worden. Diese Stellen werden voraussichtlich mit jungen Leuten besetzt, die aus der eigenen Ausbildung kommen.
- Grundsätzlich werde von standortgerechten Waldbau ausgegangen, d.h. die Beschaffenheit des Bodens werde angekuckt und danach der standortgerechte Baum ausgesucht. Die Struktur des Bodens werde nicht verändert, d.h. er werde nicht durch künstliche Düngemittel oder ähnliches aufgewertet.
Der Ausschuss bedankt sich bei Herrn Hollmichel für den interessanten Vortrag.
Siehe unter TOP 2, Drucksache 21-0246.
Auf Nachfrage von Herrn Dr. Hintze erklärt Herr Hollmichel, Hamburg habe keine frei verfügbaren Flächen für Aufforstung. Deshalb sei es umso wichtiger, dass ein „Topf“ für Waldaufwertungs- und Umwandlungsmaßnahmen geschaffen werde.
Der Ausschuss verständigt sich darauf, das Ergebnis der von der BWVI und BUE in Auftrag gegebenen ökologischen Bewertung der Waldflächen abwarten zu wollen.
Herr Andres informiert auf Nachfrage, es gebe gegenüber den Vorjahren keine nennenswerten Veränderungen.
Allerdings seien die forstlichen Rahmenzuweisungen nicht ausreichend. Die Stellungnahme des Bezirkes werde zurzeit mit den anderen Forstbezirken abgestimmt, weil man gemeinsam für diesen Bereich Mittel nachfordern wolle. Sie werde dem Ausschuss zur nächsten Sitzung vorgelegt.
Herr Dr. Hintze halte es für bestürzend, dass vor dem Hintergrund des Klimawandels und dem damit verbunden dringenden Handlungsbedarf keine Erhöhung der Rahmenzuweisung für diesen Bereich vorgesehen sei.
Wechsel der Räumlichkeiten
Wegen der Bürgerschaftswahl wird der Ausschuss von Januar bis voraussichtlich März 2020 auf einen anderen Sitzungsraum (Raum 118 oder großer Sitzungssaal) ausweichen müssen.
Es liegt nichts vor.