22-0416.01

Stellungnahme zum gemeinsamen Antrag SPD - GRÜNE - DIE LINKE betr. Auflösung des Mietvertrages für die Friedrich-Ebert-Halle seitens GMH mit der AfD, für eine Veranstaltung mit Beatrix von Storch

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

Letzte Beratung: 11.03.2025 Hauptausschuss Ö 2.5

Sachverhalt


Am 26. Januar 2025 fand eine Wahlkampfveranstaltung der AfD in der Friedrich-Ebert-Halle statt. Hauptredner war deren Co-Vorsitzender Tino Chrupalla, der wiederholt durch verfassungswidrige Aussagen und Kontakte in die Reichsbürger-Szene aufgefallen ist, worauf der Bundesverfassungsschutz u.a. seine Entscheidung gestützt hat, die AfD auf Bundesebene als Verdachtsfall einzustufen.

In mittlerweile 6 Bundesländern wird die AfD als Verdachtsfall eingestuft. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft, was im Fall Sachsen erst vor einigen Tagen vom OVG Bautzen als rechtmäßig entschieden wurde.

Durch diesen Umstand war zu erwarten, dass im Umfeld dieser Veranstaltung Demonstrationen gegen Rassismus und für die Demokratie stattfinden werden. Die AfD wäre als Veranstalter gefordert gewesen, die ihr wegen der notwendigen Anmeldung namentlich bekannten Besucher ihrer Veranstaltung bereits mit der Einladung aufzufordern, Provokationen in Richtung der Demonstranten zu unterlassen. Dieses ist nicht geschehen.

So wurden auch die friedlichen Demonstranten der Kundgebung auf dem Heimfelder Platz durch einige Besucher mit Gesten (Hitlergruß) und Beschimpfungen (linke Schweine) provoziert. Das bedeutet eine gewollte Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

In der Veranstaltung selbst hat die AfD wiederum gezeigt, dass sie verfassungsmäßig garantierte Rechte anderer nicht achtet, sondern friedlich demonstrierende Menschen wie ihr Hamburger Landesvorsitzende Nockemann als “SA” und Wiederkehr der Faschisten und - in üblich irrwitziger Verdrehung der Tatsachen – als Feinde der Demokratie bezeichnet.

In Kürze soll noch eine Veranstaltung der AfD in der Friedrich-Ebert-Halle stattfinden, auf der mit Beatrix von Storch wieder eine Person sprechen soll, die mit ihren Aussagen verschwörungstheoretische Erzählungen verbreitet und ebenso wie die Vorsitzenden der Partei öffentliche Äußerungen macht, die die Menschenwürde und das Demokratieprinzip missachten.

Aufgrund all dieser Umstände ist wieder mit Demonstrationen zu rechnen, bei denen es wieder zu Provokationen kommen kann und aufgrund der beteiligten RednerInnen auch wieder Äußerungen zu erwarten sind, die die Menschenwürde und die Demokratie und ihre Institutionen verächtlich machen.

Dem Vermieter der Friedrich-Ebert-Halle ist es gemäß § 16 der „Allgemeinen Mietbedingungen“, die Bestandteil des Mietvertrages sind, möglich, einseitig vom Mietvertrag zurückzutreten. Voraussetzung ist laut Punkt 2 wenn durch die Veranstaltung eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder eine Schädigung des Ansehens der Freien und Hansestadt erfolgt“.

Petitum/Beschluss


1. Gebäudemanagement Hamburg (GMH) wird aufgefordert, gemäß den „Allgemeinen Mietbedingungen“ für die Friedrich-Ebert-Halle von dem mit der AfD geschlossenen Mietvertrag für eine Veranstaltung mit Beatrix von Storch umgehend zurückzutreten, da durch diese die „Öffentliche Ordnung und Sicherheit“ mutmaßlich gestört und das Ansehen der Freien und Hansestadt geschädigt werden wird.

2. GMH wird aufgefordert, möglichst umgehend eine Ergänzung der Geschäftsordnung des Beirats der Friedrich-Ebert-Halle vorzulegen, die rechtssicher die zukünftige Vermietung an Parteien und Organisationen untersagt, die von einer Verfassungsschutzbehörde im Bund oder in einem Bundesland wegen Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Verdachtsfall eingestuft worden sind.

BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG

Der Vorsitzende

10.02.2025

Die Finanzbehörde nimmt unter Einbeziehung der Behörde für Inneres und Sport wie folgt Stellung:

Parteien (wie auch politische oder religiöse Vereine und Organisationen) haben aufgrund ihrer grundgesetzlichen Rechte wie des Parteienprivilegs, der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie des Gleichheitsgrundsatzes grundsätzlich das Recht auf Nutzung öffentlicher Einrichtungen, solange sie nicht behördlich verboten sind.

Die Befürchtung, dass es anlässlich der geplanten Veranstaltung zu Gegendemonstrationen kommen wird, rechtfertigt grundsätzlich keine Versagung der Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung. Es ist Aufgabe der Polizei- und Ordnungsbehörden, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren und eingetretene Störungen zu beseitigen. Die mit der Veranstaltung einer nicht verbotenen Partei verbundenen Risiken liegen im Bereich dessen, was in einer auf Demokratie und Meinungsfreiheit beruhenden Rechtsordnung als Begleiterscheinung öffentlicher politischer Auseinandersetzungen prinzipiell in Kauf genommen werden muss.

Soweit die Mietbedingungen nach ihrem Wortlaut eine Rücktrittsmöglichkeit im Hinblick auf drohende Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder Schädigungen des Ansehens der FHH vorsehen, sind sie im vorstehenden Sinne verfassungskonform auszulegen und bieten folglich keine (zusätzliche) Handhabe, um gegenüber politischen Parteien den Zugang zu verwehren oder von bestehenden Mietverträgen zurückzutreten.

Aus dem Parteienprivileg des Art. 21 Grundgesetz (GG) folgt auch, dass es bis zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht zwar erlaubt ist, diese politisch zu bekämpfen, sie bei der Nutzung öffentlicher Einrichtungen wie der Friedrich-Ebert-Halle aber rechtlich nicht benachteiligt werden darf. Daraus folgt auch, dass eine Einstufung durch den Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder gesichert rechtsextrem dem Zugangsanspruch einer politischen Partei nicht entgegengehalten werden kann. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Beseitigung des Parteienprivilegs nach der Systematik von Art. 21 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist. Die Verfassungsschutzgesetze knüpfen die genannten Einstufungen bestimmte Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden, die erst der Vorbereitung einer Entscheidung über ein Parteiverbotsverfahren dienen, dieses aber nicht vorwegnehmen dürfen.

Die AfD führte in der Vergangenheit bereits mehrfach Veranstaltungen in der Friedrich-Ebert-Halle durch. Diese wurden regelmäßig durch linksorientierte Proteste begleitet, die aus polizeilicher Sicht moderat verliefen.

Die Proteste gegen den Auftritt von Frau Dr. Alice Weidel im Hamburger Rathaus am 16. Januar 2025 mit ca. 16.000 Personen und die Proteste gegen die Wahlkampfveranstaltung der AfD in der Friedrich-Ebert-Halle am 26. Januar 2025 mit insgesamt ca. 4.000 Personen zeigen, dass im Zuge des aktuellen Bundestags- und Bürgerschaftswahlkampfes mit mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den Protesten gegen die AfD zu rechnen ist, als es in der Vergangenheit der Fall war. Mithin muss auch bei künftigen Veranstaltungen der AfD mit Protestaktionengerechnet werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt liegen der Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalamts (LKA 7) keine Hinweise vor, die für eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die AfD-Veranstaltung sprechen.

Ferner wird konstatiert, dass die Kenntnislage über Straftaten, die laut der Vorbemerkung der BV-Anfrage durch die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung der AfD begangen worden sein sollen, nicht mit der Kenntnislage des LKA 7 korrespondiert. Dem LKA 7 sind bisher keine Straftaten zur Kenntnis gelangt, die durch Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung der AfD begangen wurden.

Die AfD wird durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet. Mehrere Landesämter für Verfassungsschutz bearbeiten die AfD aufgrund regionaler Besonderheiten als gesichert extremistische Bestrebung. In der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) ist die AfD-Fraktion kein Beobachtungsobjekt des Landeamtes für Verfassungsschutz Hamburg.

Die Friedrich-Ebert-Halle befindet sich im Eigentum der FHH - Sondervermögen Schulimmobilien - und wird bewirtschaftet durch das öffentliche Unternehmen GMH | Gebäudemanagement Hamburg GmbH (GMH).

Die Hallenbewirtschaftung wird zu Fragen der Nutzung begleitet durch einen Beirat, der sich wie folgt zusammensetzt:

- Schulleitung Friedrich-Ebert-Gymnasium

- eine Vertretung der GMH

- eine Vertretung des Bezirksamts

- eine Vertretung pro politische Fraktion der BV Harburg

- eine Vertretung der Musikgemeinde Harburg e.V.

Der Beirat hat in Bezug auf die Vermietung der Halle für parteipolitische Veranstaltungen am 25. April 2017 folgende Regelung in seine Geschäftsordnung aufgenommen:

Aufgrund der Lage der Friedrich-Ebert-Halle auf einem Schulgrundstück sind parteipolitische Veranstaltungen grundsätzlich nur an Wochenenden oder in den Hamburger Schulferien zulässig. Auf dem Schulgelände außerhalb der Friedrich-Ebert-Halle ist parteipolitische Werbung (z. B. Fahnen, Banner, Plakate, Werbegeschenke) auch im Rahmen einer genehmigten Veranstaltung untersagt.“

Vor diesem Hintergrund hat die AfD Hamburg im April 2024 bei GMH die Friedrich-Ebert-Halle für zwei „öffentliche Veranstaltungen mit Dialog“ am 26. Januar 2025 und 22. Februar 2025 angemietet.

Der Beirat der Friedrich-Ebert-Halle wird sich in seiner nächsten Sitzung unter anderem auch mit der Vermietungspraxis befassen. GMH wird den Beirat wie bisher begleiten und die Mitglieder auch in rechtlichen Fragestellungen beraten und unterstützen.

gez. hm

f.d.R.

Riechers

Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
11.03.2025
Ö 2.5
Lokalisation Beta
Heimfelder Str. Hamburg

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