21-3486.01

Stellungnahme zum gemeinsamen Antrag SPD - GRÜNE - CDU - LINKE - FDP zu Dringlichkeitsantrag 21-3480 betr. Erhalt der Sozialkaufhäuser in Harburg - Zusagen einhalten

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

Letzte Beratung: 13.02.2024 Hauptausschuss Ö 4.5

Sachverhalt


 

Bereits auf seiner Sitzung am 26.09.2023 hat die Bezirksversammlung in der Drucksache 21-3298 den Senat aufgefordert, sich für eine Rücknahme der Kürzungen im Haushaltstitel 11 des Bundes zum SGB II einzusetzen und eine Weiterfinanzierung der Arbeitsgelegenheiten in Hamburg, durch die auch die beiden Harburger Sozialkaufhäuser betroffen sind, zu sichern.

Nun verdichten sich zwar die Hinweise, dass dierzungen im endgültigen Haushalt zurückgenommen werden könnten, aber angesichts des noch nicht erfolgten Haushaltsbeschlusses ist dies noch nicht abschließend sicher.

Das Jobcenter Hamburg hatte im Rahmen der vorgesehenen Kürzungen zugesagt, eine Bewertung der einzelnen geförderten Maßnahmen vorzunehmen und anhand dieser Bewertung, also anhand messbarer qualitativer Kriterien Vorschläge zu Kürzungen machen zu wollen.

In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion am 20.11.2023 erläuterte der Vertreter des Jobcenters jedoch überraschend, dass die Kürzungen in Höhe von 50% durchgehend über alle Bezirke vorgenommen werden würden. Von einer Bewertung der einzelnen Projekte war dabei keine Rede mehr.

 

Petitum/Beschluss

1.       Sollten die Kürzungen des Haushaltstitels 11 für Arbeitsgelegenheiten im Bundeshaushalt nicht beschlossen werden, erwartet die Bezirksversammlung Harburg, dass alle Projekte und hierbei insbesondere die beiden Sozialkaufhäuser in Harburg und angeschlossene Projekte im gleichen Umfang weiter gefördert werden.

2.       Sollten die angekündigten Kürzungen im Haushaltstitel 11 hingegen beschlossen werden, werden Bezirksamtsleitung und Senat gebeten, das Jobcenter Hamburg an die Einhaltung der Zusagen zur Entscheidung nach individuellen qualitativen Bewertungskriterien anzuhalten und sich insbesondere für den Erhalt der wichtigen und erfolgreichen beiden Sozialkaufhäuser in Harburg einzusetzen.

 

BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG  

DER VORSITZENDE  

        5. Februar 2024

 

Die Behörde die Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem gemeinsamen Antrag SPD GRÜNE CDU DIE LINKE FDP (Drs. 21-3486) wie folgt Stellung:

 

Die zunächst vorgesehene drastische Kürzung der Budgets der Jobcenter um 700 Millionen Euro im Bundeshaushalt 2024 konnte nach Intervention der Länder und des Deutschen Bundestages auf 50 Millionen Euro bundesweit reduziert werden (zu den finanziellen Auswirkungen auf Hamburg siehe unter 2.).

Die Verhandlungen auf Bundesebene zum Haushalt 2024 haben den Betroffenen viel Geduld und Zuversicht abverlangt. Es gab eine lange Phase der Unsicherheit. Den Trägern für Arbeitsgelegenheiten hat das Jobcenter team.arbeit.hamburg bereits frühzeitig Planungssicherheit über 800 AGH-Plätze ab dem 01.02.2024 gegeben. Darüber hinaus bestand der Wunsch möglichst viele Stadtteilkaufhäuser weiter zu betreiben. 

Sozialpolitisch relevant sind die Kaufhäuser insbesondere in Stadtteilen mit einem höheren Anteil Menschen mit geringem Einkommen. Hierzu gehören auch Gebiete im Bezirk Harburg.

 

In Harburg existieren mehrere von Privaten, gemeinnützigen Vereinen und Organisationen, Kirchen sowie von der Stadt bzw. den öffentlichen Unternehmen getragene und finanzierte Einrichtungen im gesamten Stadtgebiet, in denen Möbel, Bekleidung, Schuhe und sonstige Gegenstände des täglichen Bedarfs für geringere Summen als im regulären Einzelhandel erworben werden können. Hierzu zählen im Raum Süderelbe beispielsweise Geschäfte wie der Hanseatic Help Store im Phoenix-Center, der HUMANA Shop in der Bremer Straße sowie der Umsonstladen in Heimfeld.

 

Folgende mit AGH betriebene Einkaufsmöglichkeiten sind Teil der frühzeitig durch Jobcenter weiterbewilligten 800 AGH im Bezirk Harburg oder südlich der Elbe gelegen aus diesem Bezirk heraus gut erreichbar und werden fortgeführt: WarenGut Sozialkaufhaus Hamburg-Mitte (Grone Netzwerk gGmbH), Kleiderkammer Harburg (passage gGmbH), Rollende Kleiderkammer Wil-helmsburg (passage gGmbH), Kleidermarkt Wilhelmsburg (passage gGmbH).

 

Über die vorgenannten Einrichtungen und Projekte hinaus haben Jobcenter und die zuständige Behörde in Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern der Bezirke sowie der betroffenen Träger trotz der nach wie vor bestehenden Unsicherheiten zur künftigen Mittelausstattung des Eingliederungsbudgets für weitere, für die jeweiligen Stadtteile besonders wichtige Einrichtungen Perspektiven für eine Weiterführung geschaffen. Durch die Verlängerung von weiteren 70 AGH-Plätzen zunächst bis 30. April 2024 kann so im Bezirk Harburg das Sozialkaufhaus Neugraben (KoALA e.V.) weitergeführt werden. Eine Weiterbewilligung dieser AGH über den 30. April 2024 hinaus ist beabsichtigt, sofern die hierfür erforderlichen Mittel im Eingliederungstitel (EGT) zur Verfügung stehen.

 

Schließlich wird das Sozialkaufhaus „fairKauf hamburg“ in Harburg (IN VIA e.V.) auf die öffent-lich geförderte Beschäftigung nach § 16 i SGB II umgestellt und im Rahmen des ESF-Programms „Den sozialen Arbeitsmarkt stärken“ weitergeführt, um im Hamburger Süden aus-reichend soziale Infrastruktur zu erhalten. Aus den bisherigen Plätzen r Arbeitsgelegenheiten werden rund 20 Plätze für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen nach § 16 i SGB II entstehen. Für diese Umstrukturierung wird das Sozialkaufhaus im Februar vorübergehend ge-schlossen und im März wiedereröffnet.

 

Die zuständige Behörde und Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) haben wiederholt ausführlich zu den Planungen von Jobcenter für das Jahr 2024 zu den Instrumenten des sozialen Arbeitsmarktes und hier insbesondere der Arbeitsgelegenheiten (AGH) gem. § 16 d Zweites Sozialgesetzbuch (SGB) in der Bürgerschaft und auch in der Harburger Bezirksversammlung berichtet. Dies schließt die von Jobcenter zugrunde gelegten Entscheidungskriterien für die frühzeitige Weiterbewilligung von zunächst 800 der derzeit bestehenden 1.600 AGH-Plätze ab Februar 2024 ein. Die Weiterbewilligung erfolgte dabei mit dem Ziel, den beteiligten Akteuren im Bereich der AGH trotz der bestehenden Unsicherheiten mit Blick auf den nach wie vor nicht verabschiedeten Bundeshaushalt im größtmöglichen Rahmen Planungssicherheit zu geben. Zugleich wurden damit frühzeitig die Voraussetzungen geschaffen, um die rechtzeitige Besetzung der 800 Plätze durch die Zuweisung der individuell zu beratenden Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger abzusichern; siehe hierzu ergänzend zu den Berichten an die Harburger Bezirksversammlung Drs. 22/12549, 22/12605, 22/12750, 22/13089, 22/13151, 22/13351, 22/13749 der Hamburgischen Bürgerschaft.

 

Als AGH nach § 16 d SGB II werden ausschließlich Maßnahmen gefördert, in denen die Teilnehmenden zusätzliche, im öffentlichen Interesse liegende und wettbewerbsneutrale Arbeiten verrichten. Zudem sind die Zuweisungen in AGH und damit auch die mit den AGH erbrachten Dienstleistungen stets zeitlich befristet. AGH sollen soziale Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen und als mittelfristige Brücke das Ziel einer Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützen. Qualitativ und quantitativ sind die unter Einsatz von AGH erbrachten sozialen Dienstleistungen als Ergänzung der sehr umfassenden sozialen Infrastruktur zu betrachten. Dies ist ein positiver Nebeneffekt.

 

Mit einem großen Anteil der bis zum 31.1.2024 geförderten 1.600 AGH-Plätze wurden Vorhaben betrieben, die auch Einkaufsmöglichkeiten für Menschen mit geringen Einkommen bieten, zu deren Sortiment Möbel, Bekleidung, Schuhe und sonstige Gegenstände des täglichen Bedarfs gehören. Bei der Projektauswahl der AGH achtet Jobcenter auf eine ausgewogene Verteilung im Stadtgebiet, insbesondere in Stadtteilen mit einem hohem Anteil SGB II Leistungsberechtigter sollen ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten auch nach § 16 d SGB II (AGH) bestehen. Dies impliziert im Nebeneffekt mehr als AGH-Projekt geförderte soziale Anlaufstellen in Gegenden mit höherem Bedarf, in denen auch Sozialkaufhäuser sozialpolitisch besonders relevant sind.

 

Die Instrumente des sozialen Arbeitsmarktes stellen nur einen Teil des sehr umfassenden Maßnahmeportfolios von Jobcenter für die sehr unterschiedlichen Bedarfe von Menschen dar, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. Um diesen unterschiedlichen Bedarfen gerecht werden zu, hält Jobcenter eine Vielzahl an Instrumenten erfolgreicher Integration in den Arbeitsmarkt bereit. Dazu gehören beispielsweise Anpassungsqualifizierungen, Coachings und Eingliederungszuschüsse, die gegenüber den Maßnahmen des sozialen Arbeitsmarktes ausdrücklich vorrangig einzusetzen sind. Im Sinne eines bedarfsorientierten und ausgewogenen Instrumentenmixes ist daher der Anteil des sozialen Arbeitsmarktes am Eingliederungsbudget von Jobcenter auf 25 Prozent begrenzt.

 

Die Bewilligung weiterer AGH sowie eine weitere Umsteuerung bisheriger AGH-Maßnahmen in gemeinwohlorientierte Projekte, in denen Menschen auf Basis von § 16 i SGB II sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden, würde mit Blick auf das sich abzeichnende Budget von Jobcenter dazu führen, dass der Anteil des Sozialen Arbeitsmarktes zulasten aller anderen, gleichermaßen berechtigten arbeitsmarktpolitischen Förderbedarfe einschließlich des angekündigten „Jobturbo“r geflüchtete Menschen, deutlich über den Anteil von 25 Prozent ansteigt. Für die folgenden, derzeit mit AGH betriebenen Einkaufsmöglichkeiten, die aus dem Bezirk Harburg heraus gut erreichbar sind, ist daher mit Blick auf das sich abzeichnende Budget für Jobcenter keine Weiterführung vorgesehen: Spenda Bel Wilhelmsburg (einfal gGmbH), Kleiderkammer Wilhelmsburg (passage gGmbH).

 

 

gez. Heimath      f.d.R. Hille

 

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