21-0972.01

Stellungnahme zum Antrag SPD betr. Keine weiteren Mikrowohnungen in der Harburger Innenstadt

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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09.03.2021
12.01.2021
Sachverhalt


 

In den vergangenen Jahren ist ein Trend in Innenstadtbereichen zum Bau von Mikrowohnungen zu beobachten. Mikrowohnungen sind nach der Definition der Stadtentwicklungsbehörde flächenoptimierte Wohnungen mit einer Größe von 20 – 30 qm, die über einen Wohn- Schlafbereich, ein Duschbad und eine Kochgelegenheit verfügen. In der Regel werden diese Wohnungen möbliert vermietet. 

 

Häufig werden die Mikrowohnungen auch als Studierendenappartements geplant und – überwiegend – auch genutzt. Auch in Harburg sind in den vergangenen Jahren Mikroappartements – häufig mit der vermeintlichen Zielgruppe Studierende – entstanden. Beispielhaft hierfür stehen die ehemaligen Verwaltungsgebäude in Knoopstraße und das ehemalige Phoenix-Verwaltungsgebäude.  

 

Beide Vorhaben wurden dem Bezirk und der Bezirksverwaltung – bei den ehemaligen Phoenix-Verwaltungsgebäuden jedenfalls teilweise - als Studierendenappartements angepriesen. Leider werden sowohl die Appartements an der Knoopstraße als auch die als Studierendenappartements vorgesehenen Mikrowohnungen an der Hannoverschen Straße nicht zielgruppenspezifisch sondern – mit einem erheblichen Preisniveau – allgemein als möblierter Wohnraum angeboten.  

 

Weitere Projekte dieser Art waren oder sind in der Lüneburger Straße und auf dem Gelände des ehemaligen Harburg Center am Harburger Ring vorgesehen, wobei dort eine Mischnutzung mit „normalen“ Wohnungen erfolgen wird. Auch im Phoenix-Viertel werden derzeit Mikrowohnungen er geplant und errichtet.  

 

Mikrowohnungen haben dabei das Problem, dass sie auf eine sehr enge Zielgruppe ausgerichtet sind. In aller Regel werden Mikrowohnungen als Übergangswohnungen genutzt und weisen daher eine hohe Fluktuation auf. Im Verhältnis zu normalem Wohnraum liegen die Quadratmeter-Mietpreise für diesen möblierten Wohnraum in der Regel auch oberhalb der ortsüblichen Mieten. Mikrowohnungen führen zum einen in den Gebäuden selbst zu einer Monostruktur, haben allerdings auch eine monostrukturelle Wirkung auf die Umgebung und das Quartier, wenn Mikrowohnungen in großer Anzahl vorhanden sind.  

 

Langfristig bergen Mikrowohnungen das strukturelle Problem, dass bei einer Änderung des Bedarfs Leerstände entstehen, da sie auf einen sehr spezifischen Bedarf zugeschnitten sind und eine anderweitige Nutzung nur eingeschränkt möglich ist. Auch die im Jahr 2019 veröffentlichte Studie „Wohntrends 2035“, die im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Wohnung-und Immobilienunternehmen erstellt wurde, zeigt, dass es auch andere Trends gibt, die schnell dazu führen können, das Mikrowohnungen nicht oder nur noch eingeschränkt nachgefragt werden.  

 

Um gemischte Quartiere zu erhalten, ist es daher erforderlich, dass einer Monostruktur Entwicklung entgegengewirkt wird. 

Petitum/Beschluss


 

1. Die Bezirksverwaltung wird aufgefordert, zukünftig Wohnungsbau-Projekte im Bereich der Harburger Innenstadt, die ausschließlich den Bau von Mikrowohnungen zum Inhalt haben, nicht zu genehmigen, soweit die Bezirksverwaltung baurechtlich Einfluss nehmen kann, z.B. weil die Aufstellung geänderter Bebauungspläne oder Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans erforderlich sind. 

 

2. Der Vorsitzende Bezirksversammlung und die Bezirksverwaltung werden im Übrigen auch gegenüber dem Landesbetrieb für Immobilien und Grundstücke (LIG) darauf hinwirken, dass bei der Vergabe städtischer Grundstücke und Gebäude zukünftig eine Vergabe zum Bau von Mikrowohnungen nicht mehr erfolgt.

 

BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG 

DER VORSITZENDE

         14. Dezember 2020

           

 

Die Finanzbehörde nimmt zu dem Antrag SPD (Drs. 21-0972) wie folgt Stellung:

 

Die Vergabe von städtischen Grundstücken erfolgt in der Regel im Rahmen von Konzeptausschreibungen oder Gebotsverfahren. Dem voraus geht eine Abstimmung innerhalb der Dispositionsrunde, an der alle Fachbehörden der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), der jeweilige Bezirk und Vertreterinnen und Vertreter der Wohnungswirtschaft teilnehmen, um die Einzelheiten und Vorgaben in wohnungspolitischer, städtebaulicher und energetischer Hinsicht abzustimmen und festzulegen. In diesem Rahmen werden auch die vorgesehenen Belegungen und Bindungen unter Berücksichtigung von Bedarfen bestimmter Trägerinnen und Träger sowie Zielgruppen vereinbart.

Maßgebend in wohnungspolitischer Hinsicht ist bei den Diskussionen das Ziel, Quartiere und Projekte zu schaffen, die Interessen und Bedarfe unterschiedlicher Nutzergruppen berücksichtigen, indem eine gesunde Durchmischung und damit Raum für Wohn-, Arbeits- und Begegnungsstätten geschaffen werden, um so eine individuelle Vielfalt, die natürlich auch Wohnungen für 1-2-Personen umfasst, zu gewährleisten. Eine Vergabe mit 100 % Mikrowohnungen ist dabei in der Vergangenheit nicht Gegenstand von Ausschreibungen oder Grundstücksvergaben gewesen.

Anders kann es sich verhalten, wenn Grundstücke z.B. für Studenten- oder Azubiwohnungen vorgesehen werden, um auch in diesem Bereich der wohnungs- und arbeitsmarktpolitischen Nachfrage gerecht zu werden. Hier können Investoren über vertragliche Regelungen mit dem Bau, der Fertigstellung, der Belegung und den Bindungszeiträumen verpflichtet werden, die eine andere, als die vertraglich vereinbarte Nutzung (z.B. Studentenwohnungen) nicht vorsehen bzw. nicht ohne Zustimmung der FHH ermöglichen.

Das Gelände und ehemalige Phönix-Verwaltungsgebäude ist vertraglich teilweise für studentische Wohnen vorgesehen gewesen. Entsprechende Umplanungen des Verwaltungsgebäudes zu Studentenwohnungen waren Bestandteil des 2013 geschlossenen Grundstückskaufvertrages mit der FHH.

Üblicherweise werden bei solchen Projekten Belegungs- und Nutzungsbindungen vertraglich vereinbart und mit Vertragsstrafen belegt. Miethöhen werden grundsätzlich nicht vereinbart. Es ist hier jedoch zu unterscheiden, ob die Projekte zur Unterbringung von Studierenden in Wohnheimen über das Studierendenwerk, über private Trägerinnen und Träger oder Trägerinnen und Träger im öffentlich geförderten Bereich erfolgt, zumal davon auch die Entscheidung abhängt, ob entsprechende Wohnungen freifinanziert oder im öffentlich geförderten Segment nur nach Maßgabe der Förderzusage der IFB Hamburg belegt werden. Bei Letzterem sind natürlich auch Mietpreisbindungen Vertragsbestandteil.

Die Bezirksverwaltung würde mit dem Beschluss, den Bau von Mikrowohnungen nicht mehr zu genehmigen, eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern - u. a. nämlich Studierende und Auszubildende - massiv benachteiligen und vom Wohnungsmarkt ausschließen. Die Zahl der Studierenden und Auszubildenden nahm in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu, die Unterbringungsquote stieg aber nicht in entsprechendem Maße (vgl. Drs. 22/2272). Der vorliegende Beschlussantrag würde zudem die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag nicht unterstützen, wonach mindestens 2.500 neue Wohnheimplätze für Auszubildende in den nächsten 10 Jahren in Hamburg entstehen sollen, und den bereits beschlossenen Ausbau von Wohnheimkapazitäten des Studierendenwerkes Hamburg für Studierende und Auszubildende um 2.000 Plätze bis zum Jahr 2035.
 

 

gez. Heimath

 

 

 

f.d.R.

Hille