20-4391.01

Stellungnahme zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion betr. In 20 Minuten von Harburg zu den Landungsbrücken per Schiff?

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

Letzte Beratung: 06.01.2020 Stadtentwicklungsausschuss Ö 6.26

Sachverhalt

Das Unternehmen HC Hagemann hat eine schnelle Fährverbindung vom Harburger Anleger am Dampfschiffsweg zu den St.Pauli Landungsbrücken konzipiert, die eine attraktive Alternative zu überfüllten Bahnen und Bussen zwischen dem Süderelbe Raum und den westlichen Hamburger Stadtteilen nördlich der Elbe sein könnte.

Ferner bestünde die Möglichkeit, die Fähre durch die Harburger Hafenschleuse bis zum Kanalplatz zu verlängern und damit den Binnenhafen zu beleben und die touristische Entwicklung Harburgs zu fördern – dies auch angesichts der im Binnenhafen geplanten Hotels. Ab Kanalplatz wäre die Fähre vorwiegend für den Freizeitverkehr interessant, die Strecke ab Dampfschiffsweg könnte aber auch als Pendlerstrecke Bedeutung erlangen.

Sofern es gelänge, eine entsprechende Geschwindigkeit auf der Süderelbe und dem Köhlbrand zu erreichen, ließe sich die Strecke zwischen dem Anleger Dampfschiffsweg schneller als mit der Bahn bewältigen und könnte damit auch überfüllte Züge entlasten und Autoverkehr vermeiden. Dazu wäre ein regelmäßiger Taktverkehr nötig, zum Beispiel ein Halbstundentakt. Damit würde der Harburger Binnenhafen auch besser an die Hamburger Innenstadt angebunden.

Während das technische Konzept Sache des Unternehmens ist, wird ein erfolgreicher Linienbetrieb aber nur mit Unterstützung der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) durch Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Integration in den verkehrlichen Umweltverbund möglich sein.

Petitum/Beschluss

 

1.    Vertreter*innen von HC Hagemann werden gebeten, das Konzept im Stadtplanungsausschuss vorzustellen.

 

2.  Die Verwaltung und die BWVI werden gebeten, auf Basis des Konzepts eine Machbarkeitsstudie für die Fährverbindung zu erarbeiten. Dabei soll geprüft werden,

 

 

-       ob eine Ausnahmegenehmigung vom Tempolimit im Hamburger Hafen für die Fähre auf der Süderelbe und dem Köhlbrand unter Berücksichtigung der ökologischen Auswirkungen (Wellenschlag etc.) erteilt werden könnte

 

-       ob eine Schnellfähre mit umweltverträglicherem Antrieb als übliche Fähren wirtschaftlich betrieben oder bezuschusst werden kann

 

-       ob die HADAG eine entsprechende Fähre betreiben könnte

 

-       wie die Fähre in den HVV eingebunden werden kann

-       ob die Buslinie 142 zum Dampfschiffsweg verlängert und die Linie 157 zwischen Harburg-Rathaus und Dampfschiffsweg im Takt so verdichtet werden kann, dass beim Umstieg auf die Fähre geringe Wartezeiten entstehen

 

-       wie die Radverkehrsverbindung zwischen der Harburger Innenstadt und dem Anleger Dampfschiffsweg verbessert werden kann

 

-       wie bei einer gut angenommenen Schnellfähre, unverträglicher zusätzlicher Autoverkehr durch den Binnenhafen vermieden werden kann. 

 

Bezirksversammlung Harburg19.03.2019

Vorsitzende

 

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nimmt zu dem Antrag der Grünen-Fraktion  (Drs. 20-4391) wie folgt Stellung:

 

Eine Fährverbindung zwischen den St. Pauli Landungsbrücken und dem Harburger Binnenhafen hat in der Vergangenheit existiert. Zum Winterfahrplan 1970/71 wurde der Betrieb eingestellt bzw. bis Kattwyk wegen des geringen Fahrgastaufkommens zurückgenommen.

 

Die Verkehrsachse zwischen Harburg und der Hamburger Innenstadt gehört auch im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu den besonders stark genutzten Routen. Täglich verkehren dort rd. 130.000 Fahrgäste alleine in der S-Bahn. Derartige Verkehrsströme lassen sich nur mit besonders leistungsfähigen Verkehrsmitteln bewältigen. Aus diesem Grunde hat der Senat das Leistungsangebot auf der Linie S 3 im Dezember des Jahres 2018 mit dem Einsatz zusätzlicher Langzüge in der Hauptverkehrszeit (HVZ) deutlich erweitert. Zusammen mit der Linie S 31 können auf dieser Verbindung in der Stunde in der HVZ über 12.000 Fahrgäste befördert werden. Verstärkt wird dieses Angebot mit den aus Niedersachsen kommenden Regionalverkehrszügen. Mittelfristig ist eine Erweiterung des Angebotes mit Einrichtung der Linie S 32 angedacht (siehe auch Bürgerschaftsdrs. 21/15168).

 

Eine Fährverbindung zwischen Harburg und den St. Pauli Landungsbrücken wäre dann sinnvoll, wenn durch diese eine notwendige Entlastung der S-Bahn herbeigeführt werden könnte. Angesichts der begrenzten Beförderungskapazitäten einer Personenfähre im Hafenverkehr würde diese auch in dichterer Taktfolge keine spürbare Entlastung der S-Bahn bewirken können.

 

Ein zusätzliches öffentliches Angebot könnte nur dann sinnvoll sein, wenn dadurch das Verkehrsangebot insgesamt spürbar verbessert werden würde. Bei der in der Anfrage angenommenen Reisezeit von ca. 20 Minuten wäre dies für Fahrgäste interessant, die unmittelbar am Fähranleger ihre Reise antreten und Ziele unmittelbar an den St. Pauli Landungsbrücken haben oder umgekehrt. Sofern Zubringerverkehre bzw. Umstiege auf andere Verkehrsmittel notwendig sind, verlängert sich

die Reisezeit gegenüber den bereits bestehenden Verbindungen und wird damit unattraktiv.

 

Der Anleger am Dampfschiffsweg liegt abseits der Bebauung, die Entfernung zum Quartier am Harburger Binnenhafen beträgt rd. 800 m und ist beispielsweise vom Kanalplatz weiter entfernt als die S-Bahn Harburg-Rathaus (600 m). Von der Harburger Innenstadt beträgt die Entfernung zum Anleger rd. 1,5 km. Das Ansteuern eines Anlegers im zentraler gelegenen Harburger Binnenhafens mit der Fähre erfordert eine Schleusung, die zu Zeitverlusten von bis zu 20 Minuten führt. Insgesamt sind die Standorte möglicher Anlegestellen verkehrlich erheblich ungünstiger als die bestehenden Abfahrtsmöglichkeiten. Ihnen kommt auch keine zusätzliche Erschließungsfunktion zu.

 

Darüber hinaus gilt es, einige Rahmenbedingungen zu beachten:

 

Anleger Landungsbrücken:

Der Anleger an den Landungsbrücken ist sowohl durch den bestehenden Linienverkehr der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG (HADAG) als auch durch den Gelegenheitsverkehr privater Reedereien stark beansprucht und bietet kaum Kapazitäten zur Aufnahme zusätzlicher Verkehre.

 

 

 

Zubringerverkehr zum Dampfschiffweg:

Der Dampfschiffweg ist aufgrund des im nördlichen Abschnitt sehr schmalen Querschnitts für einen Busverkehr problematisch. Die Einrichtung einer Verknüpfungsanlage ist bei den beengten Platzverhältnissen durch die dortigen Flutschutzanlagen mit hohem baulichem Aufwand verbunden.

 

Geschwindigkeitsbegrenzung:

Gemäß § 23 Absatz 1 der Hafenverkehrsordnung beträgt im Hamburger Hafen die zulässige Höchstgeschwindigkeit für die gewerbliche Schifffahrt 10 Knoten durchs Wasser. In begründeten Fällen kann die zuständige Behörde Ausnahmen von der Höchstgeschwindigkeit zulassen.

Eine Beurteilung ob Abweichungen von der Höchstgeschwindigkeit zugelassen werden können, die keine negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs haben, kann nur auf Grundlage eines konkreten Bemessungsschiffes und Testfahrten im betroffenen Bereich erfolgen.

 

Sachstand Reiherstiegschleuse:

Die Sicherheit im Hamburger Hafen wird u.a. dadurch gewährleistet, indem die Großschifffahrt von der Kleinschifffahrt weitestgehend getrennt wird. Daher stellt die Nord-Süd-Verbindung durch den Reiherstieg eine wichtige Verbindung im Hamburger Hafen dar, die es zu erhalten gilt.

 

Um dieses weiterhin gewährleisten zu können, ist die Reiherstiegschleuse (Alter 115 Jahre) durch einen Neubau zu ersetzen. Untersuchungen und Nachrechnungen des Altbauwerks haben ergeben, dass die Standsicherheit der Schleuse und der vier Straßenbrücken erheblich geschwächt sind. Daher plant die Hamburg Port Authority AöR (HPA) den Neubau einer Schleusenkammer (in der jetzigen Ostkammer) und die Verfüllung der Westkammer. Zusätzlich werden die vorhandenen vier Straßenbrücken zurückgebaut und durch einen Neubau und einen Straßendamm ersetzt. Der Straßenverkehr wird während der Bauzeit nicht erheblich beeinträchtigt, der Schiffsverkehr jedoch stark. Nach jetzigem Kenntnisstand soll der Baubeginn im II. Quartal des Jahres 2021 starten. Über die geplanten Sperrzeiten wird sich die HPA demnächst mit den betroffenen Anliegerinnen und Anliegern in Verbindung setzen.

 

 

 

Im Ergebnis wird dem vorgeschlagenen Verkehrsangebot auch beim Einsatz schnellerer Fahrzeuge im ÖPNV nur eine untergeordnete verkehrliche Bedeutung beigemessen. Angesichts der zu erwartenden Investitionskosten zur Lösung der infrastrukturellen Hindernisse, der unsicheren betrieblichen Rahmenbedingungen (z. B. fahrbare Geschwindigkeit, Verfügbarkeit Reiherstieg) und vor dem Hintergrund der vorhandenen Verkehrsanbindung auf dem Schienenweg, die ebenfalls Entwicklungsmöglichkeiten bietet, wird eine vertiefende Machbarkeitsuntersuchung für einen Fährverkehr im ÖPNV derzeit nicht vorbereitet.

 

Grundsätzlich steht die HADAG dem Betrieb neuer Fährlinien positiv gegenüber. Das Betriebskonzept sowie die Schiffsflotte der HADAG bieten aufgrund der prognostizierten Nachfrage und dem anderweitig bestehenden ÖPNV-Angebot derzeit allerdings keine Kapazitäten, den vorgeschlagenen Fährverkehr unter den o.g. Bedingungen zu erfüllen.

 

Aus diesen Gründen wird von der Entsendung einer Referentin bzw. eines Referenten abgesehen.

 

Dessen ungeachtet steht die zuständige Behörde entsprechenden eigenwirtschaftlichen Vorhaben privater Anbieter aufgeschlossen gegenüber.

 

 

Gez. Rajski

 

F.d.R.

Martens

 

 

 

 

 

 

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