22-0681.2

Quartiersgaragen für den Bezirk Hamburg-Nord auf den Weg bringen Stellungnahme des Bezirksamtes

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Sachverhalt

Da der motorisierte Individualverkehr (MIV) in der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) sowie im Bezirk Hamburg-Nord ein zentraler Bestandteil des Modal Split ist und absehbar auch bleiben wird (vgl. hierzu die Drucksachen 22/16522 und 22/13825), ist der ohnehin knappe und - unter anderem baustellenbedingt - verknappte öffentliche Parkraum einem permanenten Nachfrageüberhang ausgesetzt.

Bezüglich dieser Nachfrage ist zunächst der subjektive Wunsch nach MIV anzuerkennen, aber auch festzustellen, dass es für bestimmte Bevölkerungsgruppen objektiv nicht möglich ist, auf den MIV zu verzichten. Kurzum: Jener spielt auch im Bezirk Hamburg-Nord für viele Menschen weiterhin eine zentrale Rolle.

Ebenfalls zu konstatieren ist, dass der Nachfrageüberhang in dicht besiedelten Quartieren zu Parksuchverkehr führt, der teilweise erheblichen Parkdruck und damit Frustration auf Seiten der Anwohnerinnen und Anwohner erzeugt sowie teilweise auch Konfliktpotenzial birgt (beispielsweise, wenn parkende Autos Rad- und Fußwege blockieren). Somit liegt die Notwendigkeit neuer Lösungsansätze auf der Hand.

Diesbezügliche Abhilfe können so genannte Quartiersgaragen schaffen, die es Anwohnerinnen und Anwohnern langfristig, als auch Besuchern eines Quartiers temporär ermöglichen, ihre Fahrzeuge gegen eine ortsübliche Gebühr vor Ort abzustellen. Darüber hinaus bieten Quartiersgaragen - insbesondere in (teil-)unterirdischer Bauweise - das Potenzial, den gemeinsam genutzten öffentlichen Straßenraum zu entlasten und effizienter zu nutzen sowie die Wohnqualität im Quartier zu erhöhen (beispielsweise durch Schallschutzlamellen).

Darüber hinaus ließe sich derart auf konstruktive Weise dem für urbane Quartiere typischen Problem begegnen, dass es an Installationsmöglichkeiten für sog. Wallboxen, aber auch an Ladesäulen in ausreichender Anzahl fehlt. Zudem könnte eine unterflurige Bauweise einen niedrigschwelligen Beitrag zu einem zu modernisierenden Schutzraumkonzept leisten, zumal es der FHH derzeit an einer funktionierenden Zivilschutzinfrastruktur mangelt (vgl. hierzu die Drucksachen 22/7590 und 22/16497).

Schließlich zeigt die ergänzende Betrachtung aus Sicht der Stadtentwicklung, dass Quartiersgaragen attraktive Flächen für Fassadenbegrünungen und Photovoltaikanlagen bieten. Insofern würde das bezirkliche Integrierte Klimaschutzkonzept (vgl. hierzu Drucksache 21-4112.1) eine weitere konkrete Ausgestaltung erfahren - und im Sinne eines Mobilitätshubs auch sonstige Flächennutzung (beispielsweise im Hinblick auf die so genannten Last-Mile-Logistik der Kurier-, Express- und Postdienste) ermöglichen könnten.

Beispiele aus anderen Hamburger Bezirken zeigen, dass Planung und Umsetzung gelingen können. So ist beispielsweise im Bezirk Wandsbek eine Quartiersgarage bereits im Betrieb (u.a. am Standort Biehlweg 7). Am Standort Finnmarkring im Stadtteil Meiendorf wird derzeit eine weitere Quartiersgarage durch die die SAGA-Unternehmensgruppe gebaut. Hieran kann der Bezirk Hamburg-Nord aus Sicht der Antragsteller anknüpfen.

Vor diesem Hintergrund möge der Ausschuss beschließen:

1) Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität spricht sich grundlegend dafür aus, Quartiersgaragen von Anfang an in die künftige Quartiersplanungen einfließen zu lassen.

2) In Bezug auf Bestandsquartiere spricht sich der Ausschuss dafür aus, den Themenkomplex Quartiersgarage nicht isoliert und allein für den Bezirk Hamburg-Nord zu betrachten, sondern Best-Practice-orientierte Lösungen zu finden sowie Lösungen aus anderen Hamburger Bezirken zu berücksichtigen.

3) Konkret spricht sich der Ausschuss für eine strukturierte Bestands-/Bedarfsanalyse und Konzeptionierung aus, die auf der bezirklichen Ebene sowohl initiiert als auch finalisiert wird:

a) Das Bezirksamt Hamburg-Nord wird beauftragt, mit der SAGA-Unternehmensgruppe, der zuständigen Fachbehörde sowie den anderen Bezirksämtern in den fachlichen Austausch zu treten, um in diesem Rahmen womöglich bereits evaluierte Voraussetzungen für das planerische, rechtliche und bauliche Gelingen von Quartiersgaragen zu ermitteln. Dabei soll ebenfalls geprüft werden, ob und - bejahendenfalls - inwieweit zentrale (FHH) oder dezentrale (Bezirk) strategische Kooperationen mit privaten Parkhausbetreibern in Betracht kommen und Synergien geschaffen werden können.

b) Das Bezirksamt Hamburg-Nord wird entsprechend beauftragt, dem Ausschuss im Rahmen eines bis Mitte Juli 2025 zu erstellenden Sachstandsberichts zum Themenkomplex Quartiersgarage (I.) über die Ergebnisse des fachlichen Austausches zu berichten (II.). In diesem sollen auf die folgenden Aspekte ein besonderes Augenmerk gelegt werden:

- (1.) in Betracht kommende, wirtschaftliche und rechtliche Betriebsformen inklusive hybrider Nutzungsmöglichkeiten (beispielsweise Mikrodepots für Kurier-, Express- und Postdienste und/oder zentrale Deponierung von Sendungen in Paketautomaten),

- (2.) die erforderliche (Mindest-)Größe der Quartiersgaragen nebst der Anzahl der Stellplätze für PKW, Elektrofahrzeuge, Carsharing und Fahrräder sowie

- (3.) mögliche Fördermöglichkeiten

Überdies soll (III.) identifiziert werden, ob und - bejahendenfalls - in welchem Umfang im Hinblick auf

- (1.) die erforderliche qualitative und quantitative Analyse der derzeitigen und künftigen Parkraumbedarfssituation sowie

- (2.) mögliche Standorte die Notwendigkeit besteht, die Expertise eines spezialisierten (öffentlichen) Dienstleisters in Anspruch zu nehmen.

Sollten dem Bezirksamt Hamburg-Nord bereits dem Grunde nach geeignete (städtische) Grundstücke (beispielsweise ehemalige P+R-Parkplätze) bekannt sein, sind diese im Bericht aufzuführen.

c) Dem Ergebnis des Sachstandberichts entsprechend behält sich der Ausschuss den weiteren Beschluss vor, einen externen (öffentlichen) Dienstleister, der auf derartige verkehrliche Erhebungen und Analysen spezialisiert ist, aus bezirklichen Mitteln zu beauftragen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

d) Das Bezirksamt Hamburg-Nord wird ferner beauftragt, unter Berücksichtigung des eigenen Sachstandberichts und der Ergebnisse der optionalen Beauftragung ein Machbarkeits- und Umsetzungskonzept für Quartiersgaragen im Bezirk Hamburg-Nord zu erstellen und hierbei mögliche Betriebskonzepte zukonkretisieren.

e) Das Bezirksamt Hamburg-Nord berichtet nach Abschluss der Konzeptionierung im Ausschuss bis spätestens Ende 2025. An der Sitzung sollen der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Digitalisierung sowie die drei Regionalausschüsse partizipieren.

r die SPD-Fraktion: Tina Winter, Angelina Timm

r die CDU-Fraktion: Ralf Martin Diedrich, Fabian Wilke

r die FDP-Fraktion: Lars Jessen, Monika Grodt-Kuhn

Die Bezirksversammlung beschließt den Antrag.

Das Bezirksamt nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Das Bezirksamt unterstützt die Integration und den Ausbau von Quartiersgaragen in Neubau- und Bestandsquartieren. Unter Quartiersgaragen werden Hoch- oder Tiefgaragen verstanden, die den Parkraumbedarf der Bewohnenden abdecken, aber situationsabhängig auch von anderen Gruppen, z.B. Besuchenden, genutzt werden können. Sie versorgen mehr als ein Bauobjekt mit Parkraum innerhalb eines definierten Einzugsbereichs. Sie sind idealerweise in ein Mobilitätskonzept eingebunden. Quartiersgaragen zielen darauf ab, den öffentlichen Raum zu entlasten, die Lebensqualität zu steigern und nachhaltige Mobilitätskonzepte zu fördern.

r die effektive Planung und Umsetzung von Quartiersgaragen ist aus Sicht der Verwaltung eine flächendeckende Parkraumbestands- und Bedarfsermittlung als Grundlage für vorgesehene Konzepte entscheidend. Das Bezirksamt verfügt nicht über ausreichende Kapazitäten, eine Bestandsanalyse und Konzeptionierung für das Parken im gesamten Bezirksgebiet durchzuhren. Hiermit müsste ein externer Dienstleister beauftragt werden, aus dem bezirklichen Einzelplan kann diese Vergabe nicht finanziert werden.

Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen durch den im Koalitionsvertrag auf Landesebene vereinbarten Masterplan Parken geändert. Um Doppelarbeit zu vermeiden, sollten die Ergebnisse der geplanten umfassenden Bestandsaufnahme für die vorliegende Fragestellung herangezogen werden. Die Konzeptionierung und Diskussion möglicher Betreibermodelle von Quartiersgaragennnten daran anknüpfend für einzelne Quartiere beispielhaft geprüft werden, etwa am Gewerbestandort Alsterdorfer Straße oder im Bereich Langenhorn-Markt. In beiden Quartieren sind aus Sicht des Bezirksamtes geeignete Flächenverfügbarkeiten im Bestand grundsätzlich vorhanden, um die Umsetzung einer Quartiersgarage mit Blick auf eine Projektentwicklung zu diskutieren.

Das Bezirksamt unterstützt die frühzeitige Einbindung von Quartiersgaragen in die Entwicklung von Neubauquartieren. Die Erstellung eines Mobilitätskonzeptes, das auch die Prüfung von Quartiersgaragen und deren Betrieb umfasst, wird insbesondere bei größeren Neubauvorhaben regelhaft angewandt.

Insbesondere unterstützt es das Bezirksamt, wenn Parkräume mehrfach genutzt werden. Die Umsetzung von nutzungsgemischten Parkhäusern wird derzeit im Bezirk Bergedorf im Neubauquartier Oberbillwerder vorbereitet. Hier sollen die geplanten Quartiersgaragen zu sog. Mobility Hubs ausgebaut werden, die für die Stadtentwicklung, die Lebensqualität der Bewohnenden und der nachhaltigen Mobilität einen erheblichen Mehrwert bieten. Wesentliche Ziele, die mit den Mobility Hubs erreicht werden, sind u.a.:

Entlastung des öffentlichen Raums: Weniger Parksuchverkehr führt zu einer höheren Aufenthaltsqualität, da freiwerdende Flächen für andere Nutzungen zur Verfügung stehen und die Sicherheit verbessert wird.

rderung nachhaltiger Mobilität: Durch die Bündelung verschiedener Mobilitätsangebote, Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr wird der Individualverkehr reduziert.

Effizienz und Flexibilität: Quartiersgaragen bieten Flächeneffizienz, Wirtschaftlichkeit, zusätzliche Funktionen (wie Mikrodepots) und sind anpassungsfähig an sich ändernde Bedürfnisse.

Beitrag zur Stadtentwicklung und Klimaresilienz: Sie fördern quartiersübergreifende Konzepte, ermöglichen grüne Fassaden und Dächer und tragen zu gerechten Mietkosten bei. Durch den Verzicht von den Wohneinheiten zugeordneten Stellplätzen in einer Tiefgarage können Baukosten deutlich reduziert werden.

Erkenntnisse zu Betreibermodellen wird das Bezirksamt der Konzeptstudie „Mobility Hubs“ Oberbillwerder entnehmen.

Die Einführung von Quartiersgaragen in bereits bestehenden Stadtteilen ist komplexer, da die Verfügbarkeit von städtischen Flächen begrenzt ist und ohne entsprechende Investoren regelhaft keine Mittel für Bau und Betrieb zur Verfügung stehen.

Trotzdem konnten im Bezirk Hamburg-Nord einige Quartiersgaragen durch das Bezirksamt befördert werden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Quartiersgarage im Städtebauförderungsgebiet „Barmbek-Nord Fuhlsbüttler Straße“. Hier wurde auf einer ehemaligen P+R-Parkanlage mit dem Neubau des VBG-Gebäudes an der Massaquoipassage eine Garage eingerichtet, in welcher ein erweitertes Parkraumangebot (über die Nutzendengruppen des Gebäudes hinaus) für die Nachbarschaft und Kunden bereitgestellt wurde. Dieses „PH Fuhle“ wird von der Firma Goldbeck betrieben. Auch die Firmen Apcoa und Conti haben in Hamburg ihr Parkraumangebot erweitert und bieten an einigen Standorten im Bezirk Hamburg-Nord Parkflächen quartiersbezogen an.

rderprogramme für Quartiersgaragen gibt es weder auf Landesebene noch bundesweit. Das Bezirksamt ist im intensiven Austausch mit der Berde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM), um Quartiersgaragen in der Entwicklung und im Betrieb in den unterschiedlichen Quartieren des Bezirks zu unterstützen. In den Bezirken Altona, Bergedorf und Eimsbüttel wurden in den vorhergehenden Jahren ebenfalls Möglichkeiten geprüft und vorkonzeptioniert, um Quartiersgaragen in Bestandsquartieren zu realisieren. Hierzu gehört die Öffnung bestehender Parkhäuser für Anwohnende, beispielsweise am Bahnhof Altona oder im Zeisehof im Rahmen des Projekts „Freiraum Ottensen“. Das Bezirksamt Hamburg-Nord nimmt an der Evaluation der dort gewonnenen Erkenntnisse teil.

r eine erfolgreiche Implementierung wären Kooperationen mit privaten Parkhausbetreibenden und Wohnungsunternehmen erforderlich. Das Bezirksamt steht in diesem Zusammenhang bereits mit der SAGA im Austausch.

Weitere Schritte sind:

Auswertung Ergebnisse Masterplan Parken

und im Anschluss

Bezirkliche Flächenanalyse und Standortsuche

Ansprache von Akteuren / Stakeholdern

Machbarkeitsprüfung Quartiersansatz Alsterdorf / Langenhorner Markt

Petitum/Beschluss

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

Dr. Bettina Schomburg