Kritische Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe in Ohlsdorf! Umsetzung der Straßenumbenennungsvorhaben mit Bürgerbeteiligung und Sondersitzung des Regionalausschusses Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel Stellungnahme der Kulturbehörde
Der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel hat sich in seiner Sitzung am 27.02.2022 mit der o.g. Thematik auf der Grundlage eines gemeinsamen
Antrages der Fraktionen DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE und FDB befasst und mehrheitlich mit Gegenstimmen der CDU Fraktion und einer Enthaltung der FDP Fraktion folgende, geänderte Beschlussempfehlung verabschiedet:
Die Verwaltung wird gebeten,
1. dafür zu sorgen, dass zügig im Vorweg der Sondersitzung die oben genannte Beteiligung zur Namensfindung der umzubenennenden Straßen stattfinden kann und die Einladung zur Sondersitzung in geeigneter Weise umgesetzt wird;
2. dafür zu sorgen, dass die Sondersitzung Montag, den 17. April 2023 in der St. Marien Kirche zu Ohlsdorf in geeigneter Weise stattfinden kann und zu erwirken, dass aus bezirklichen Mitteln 1.000 € für Saalmiete, Technik und Transportkosten bereitgestellt werden;
3. dafür zu sorgen, dass alle Anwohner*innen der betroffenen Straßen durch das Bezirksamt in geeigneter Weise zu der Veranstaltung eingeladen werden;
4. zur fachlichen Unterstützung eine auskunftsfähige Person der Kulturbehörde bzw. des Staatsarchivs zu dieser Sondersitzung einzuladen;
5. dafür zu sorgen, dass die Initiativen und Communitys, die im Kontext Dekolonisierung Hamburgs aktiv sind zu dieser Sondersitzung eingeladen werden;
6. zu prüfen, ob Privatpersonen von Gebühren im Zusammenhang mit der Straßenumbenennung zu befreien sind, wie dies bspw. bereits in Berlin umgesetzt wird;
7. zu prüfen, dass im Zuge des Austauschs der Straßennamen in unmittelbarer Nähe der umzubenennenden Straßen geeignete Beschilderungen, ggfs. zusätzliche Informationstafeln in Abstimmung mit der Kulturbehörde/dem Staatsarchiv aufgestellt werden, die die Geschichte der Benennungen und Umbenennungen nachvollziehbar erläutern.
Sachverhalt:
Der Regionalausschuss Fuhlsbüttel, Ohlsdorf, Langenhorn, Alsterdorf, Groß Borstel (im weiteren FOLAG genannt) hat sich immer wieder kritisch mit kolonialbelasteten Straßennamen in seinem Zuständigkeitsbereich beschäftigt. So u. a. in einem bereits 2019 einstimmig beschlossenen Antrag (Drs. 20-6898 [1]).
Aus der Antwort der Behörde für Kultur und Medien auf einen weiteren interfraktionellen Antrag aus dem FOLAG im Dezember 2019 bezüglich der Umbenennung der Straßen Woermannsweg, Woermannstieg und Justus-Strandes-Weg geht eindeutig hervor, dass diese die Planungen zur Umbenennung dieser Straßen begrüßt (Drs 21-0750 [2]). Weiter heißt es in der Antwort, dass eine endgültige Prüfung erst erfolgen könne, wenn dem Staatsarchiv Anträge zur Umbenennung der Straßennamen vorliegen würden. Üblicherweise müssten zunächst Namensalternativen im Bezirk beschlossen werden. Diese Voten würden an das im Bezirksamt zuständige Fachamt zur Erarbeitung der Umbenennungsanträge gegeben werden. Dabei muss u. a. die Zahl der betroffenen Privat- und Geschäftsanlieger ermittelt und entsprechende Lagepläne angefertigt werden. Von dort würde der Antrag zur Prüfung an das Staatsarchiv weitergeleitet.
Zur Umsetzung der Bürger*innenbeteiligung soll am Montag, 17. April 2023 in der St. Marien Kirche die geplante Sondersitzung zur Umbenennung der kolonialbelasteten Straßennamen Woermannsweg, Woermannstieg und Justus-Strandes-Weg stattfinden.
Im Vorweg der Veranstaltung sind die Anwohner*innen und Bürger*innen im weiteren Umfeld der betreffenden Straßen, in angemessener Weise, bspw. über Postwurfsendungen, Plakatierungen, Pressemitteilung und über Social-Media-Kanäle, zu informieren und aufzufordern, Namensvorschläge für die umzubenennenden Straßen im Bezirksamt Hamburg-Nord einzureichen und zu der Sondersitzung einzuladen.
Die Vorschläge sollen den Prinzipien des Beirates der Behörde für Kultur und Medien zur Dekolonisierung folgen (siehe auch Eckpunktepapier „Gesamtstädtisches dekolonisierendes Erinnerungskonzept [3]). Auch sollen die Straßen nach Möglichkeit nach weiblichen Personen benannt werden und Personen ehren, die sich in der (post-)kolonialen Befreiungs- und Emanzipationsbewegung aus Ländern Afrikas und insbesondere innerhalb des Kontextes von Woermann und/oder Strandes verdient gemacht haben.
Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.
Die Kulturbehörde nimmt zu Punkt 6. wie folgt Stellung::
Es werden folgende Maßnahmen umgesetzt, damit den Anwohnerinnen und Anwohnern in Bezug auf amtliche Gebühren keine Kosten entstehen:
Bei der Umbenennung einer Verkehrsfläche wegen der Belastung des Namensgebers wird bereits seit einigen Jahren im Senatsbeschluss regelhaft ein Passus zur vollständigen Kostenfreiheit bei Verwaltungsgebühren für die notwendigen Ummeldungen der Anwohner aufgenommen. Senatsbeschlüsse werden im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht; dort findet sich bei Straßenumbenennungen dann der Hinweis, »dass auf die Erhebung von Verwaltungsgebühren, die den Anliegern … im Zusammenhang mit der Umbenennung entstehen, verzichtet wird«.
Die Kundenzentren aktualisieren in diesen Fällen auf der Grundlage des Passus kostenfrei die Personalausweise der Anwohnerinnen und Anwohnern und stellen eine kostenlose aktuelle Meldebestätigung aus.
Gewerbebetriebe müssen für die Aktualisierung ihrer Adresse im Gewerberegister keine Gebühr zahlen.
Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern entstehen für die Änderung im Grundbuch keine Kosten, da die Änderung automatisch vom Katasteramt an das zuständige Grundbuchamt übermittelt wird.
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Isabel Permien
Keine