22-0413

Eingabe: Mitbenennung der Lachnerstraße, Rümkerstraße, Marschnerstraße/Marschnerstieg und Forsmannstraße nach bedeutenden weiblichen Verwandten

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Letzte Beratung: 09.12.2024 Regionalausschuss Eppendorf-Winterhude Ö 4.2.2

Sachverhalt

 

Das Bezirksamt Hamburg-Nord informiert über folgende Bürger:innen-Eingabe:

 

Hiermit stelle ich die Eingabe auf Mitbenennung der oben aufgeführten Straßennamen nach den ebenso bedeutenden weiblichen Angehörigen der Straßennamensgeber. Eine Umbenennung ist nicht erforderlich, da die Mitzubenennenden denselben Nachnamen trugen.

  1. Lachnerstraße, Barmbek-Süd (1906): Franz Lachner (2.4.1803 Rain 20.1.1890 München), Komponist, Kapellmeister, und nach seinen Brüdern Ignaz (17.9.1807 Rain 25.2.1895 Hannover) und Vinzenz Lachner (19.7.1811 Rain 22.1.1893 Karlsruhe), Musiker, Ergänzung um die beiden Schwestern dieser drei Brüder. Thekla Lachner (22.9.1801 Rain 24.5.1869 Augsburg), verwitwete Ritter, verheiratete Wurst, Organistin und Klavierlehrerin und Maria Anna Christina Lachner (28.71805 Rain - 29.5.1858 Vohburg (Donau)), verheiratete Mühlbauer, Organistin.

Auch die beiden Schwestern der drei Lachnerbrüder wurden Musikerinnen, und zwar Organistinnen. Das Sophie Dinker Institut berichtet über sie in ihrem Instrumentalistinnenlexikon:

Vater und Mutter der Lachnerkinder waren Anna Lachner, geborene Kunz und der Organist und Uhrmacher Anton Lachner. Seine beiden Töchter unterrichtete Anton Lachner selbst im Klavier-, Orgel- und Violinspiel sowie im Gesang. Und auch seine drei Söhne erhielten ihre erste musikalische Ausbildung durch den Vater, konnten sich später aber musikalisch fortbilden. 

Schon als Kinder traten sie gemeinsam in Konzerten, die der Vater organisierte und damit zum Lebensunterhalt der Familie Geld hinzuverdiente, öffentlich auf. 

Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1820 mussten die damals 19 und 15 Jahre alten Töchter eine Anstellung als Organistinnen annehmen.

Nachdem Thekla Lachner (22.9.1801 Rain 24.5.1869 Augsburg) „sich bei einem Probespiel (das gleichzeitig ihr Orgelexamen war) in der St. Georgskirche in Augsburg gegen mehrere Mitbewerber durchgesetzt hatte, bekam sie dort eine feste Anstellung als Organistin, die sie mindestens bis zum Jahre 1845 innehatte.“1)

1822 heiratete sie den Chorregenten der St. Georgskirche, der allerdings drei Jahre später verstarb. Drei Jahre nach seinem Tod heiratete Thekla Lachner, nun verwitwete Ritter, erneut; dieses Mal den Chorregenten und Lehrer Karl Wurst. Sie bekam 11 Kinder, sechs von ihnen starben bereits im Kindesalter. In all dieser Zeit war sie als Organistin sowie Orgel- und Klavierlehrerin tätig.

Nicht alle Kollegen konnten sich damit abfinden, dass Thekla Wurst die Organistenstelle der St. Georgskirche besetzte. Der Chorregent Johann Martin Jegg (Nachfolger ihres ersten Mannes) zahlte ihr statt der vereinbarten 50 Gulden nur 30 Gulden Gehalt. Nach einem Beschwerdeschreiben an die Kirchenverwaltung (vom 1. Juli 1836), antwortete ‚egg auf entsprechende Rückfragen: ‚Organist der Kirche bin ich selbst, in der Regel, und bei Hochämtern, Vespern und Litaneien bedarf ich der Aushilfe, und dazu habe ich die Madame Wurst gewählt, und da ich mit dieser Frau vollkommen zufrieden bin, so erhielt dieselbe bisher 30 Gulden von mir (Mann 1989, S. 44). Thekla Wurst ließ sich nicht zur Aushilfe degradieren und konnte ihre Stellung letztendlich verteidigen,“ 2) schreiben Chantal Möller, Hanna Bergmann und Christiane Barlag in ihrem Beitrag über Thekla Lachner.

Die beim Tod des Vaters 15-jährige Maria Anna Christina Lachner (28.7.1805 Rain - 29.5.1858 Vohburg (Donau)) wurde nach ihrer bestandenen Orgelprüfung, die sie im Jahr des Todes ihres Vaters absolvierte: „einstimmig von Stadtrat und Gemeindebevollmächtigten zur Nachfolgerin ihres Vaters gewählt. Als solcher kam ihr von diesem Zeitpunkt an auch die Rolle als Ernährerin der Familie Lachner zu. Das Organistenamt an der Stadtpfarrkirche in Rain übte sie ungefähr sechs Jahre lang aus. Am 3. Apr. 1827 heiratete sie den Schullehrer und Kirchenmusiker Georg Joseph Mühlbauer und trat daraufhin ihr Organistenamt an ihn ab. Das Paar hatte insgesamt neun Kinder, von denen vier früh starben.“ 3) Quellen: 1) Chatal Möller, Hanna Bergmann, Christiane Barlag: Lachner Tekla, in Instrumentalistinnen Lexikon des Sophie Drinker Instituts, unter: www.sophie-drinker-institut.de/lachner-thekla; 2) Ebenda.; 3) Chantal Möller, Hanna Bergmann, Christiane Barlag: Christina Lachner, unter: https://www.sophie-drinker-institut.de/lachner-christina

  1. Forsmannstraße, Winterhude (1907): Franz Gustav-Joachim Forsmann (19.4.1795 Hamburg 17.3.1878 Hamburg), Architekt, Stadtbaumeister. Ergänzt um seine Mutter Margaretha Forsmann, geb. Meyer (1753 Rendsburg 28.2.1836 Hamburg), Bildnismalerin und Elfenbeinschnitzerin, leistete feinmechanische Arbeiten an Mikroskopen und Elektrisiermaschinen. Forsmann war der Sohn der Bildnismalerin und Elfenbeinschnitzerin Margaretha Forsmann, geb. Meyer (1753 Rendsburg 28.2.1836 Hamburg) und des Kupferstechers Gustav Andreas Forsmann (17731830). Forsmanns Mutter hatte im 18. Jahrhundert, als eine Berufsausbildung für Frauen noch lange nicht gang und gebe war, ihre Ausbildung bei ihrem Onkel, dem Medailleur Simon Peter Meyer, absolviert. Später wurde sie seine Mitarbeiterin. Nach seinem Tod führte sie seine Arbeiten an mechanischen Instrumenten fort, so im Planetarium. Sie leistete feinmechanische Arbeiten an Mikroskopen und Elektrisiermaschinen und schnitzte Becher, Blumensträe und Bildnisse in halberhabener Arbeit aus Elfenbein. Im Alter von 30 Jahren heiratete sie 1783 den Kupferstecher Gustav Andreas Forsmann. 1) Quelle: 1) Vgl: Eintrag Margaretha Forsmann, in: Der neue Rump. Lexikon der bildenden Künstler Hamburgs. Überarb. Neuaufl. 2.Aufl. 2013. S. 129.
  1. Marschnerstieg und Marschnerstraße, Barmbek-Süd :Heinrich August Marschner (16.8.1795 Zittau 14.12.1861 Hannover), Komponist, Kapellmeister. Ergänzt um seine dritte Ehefrau, die Sängerin Marianne Wohlbrück (1806-7.2.1854) und seine vierte Ehefrau, die Sängerin Therese Janda (29.9.1827 Wien 2.10.1884 Wien). Marschner ging seine dritte Ehe 1826 ein : Dieses Mal die Sängerin Marianne Wohlbrück (1806-7.2.1854). Mit ihr bekam Marschner sieben Söhne und vier Töchter. Über Marianne Wohlbrück heißt in Operissimo: Sie war eine Tochter des vor allem in Leipzig tätigen Schauspielers und Regisseurs Johann Gottfried Wohlbrück (1770-1822), (…). Marianne Wohlbck begann ihre Karriere im jugendlichen Alter und wurde zuerst an das Deutsche Theater Prag engagiert, sang dann 1822-24 am Hoftheater von Darmstadt, anschließend am Stadttheater von Danzig und 1827-28 am Opernhaus von Leipzig. Sie gastierte u.a. 1822 am Hoftheater von Hannover, 1829 am Hoftheater von Weimar (…)  und unternahm nach der Heirat mit [Marschner] zusammen eine große Konzertreise, (…). 1827 folgte die Sängerin einem Ruf des Intendanten Küstner an das Opernhaus von Leipzig. (…). 1830 ging das Künstlerehepaar nach Hannover, wo Marschner zum Hofkapellmeister ernannt wurde. Seine Gattin beschränkte ihre Tätigkeit mehr und mehr auf den Konzertgesang und widmete sich dafür dem Schaffen ihres Ehemannes. 1836 trat sie zusammen mit diesem in Kopenhagen auf. (…).“1) Als Marianne Marschner zwischen 1827 und 1828 als Sängerin (Sopran) am Leipziger Stadttheater auftrat, sicherte sie mit ihrer Gage zunächst den Lebensunterhalt der Familie. Sie verstarb im Alter von 48 Jahren an Brustkrebs. Ein Jahr nach dem Tod seiner dritten Ehefrau heiratete der damals 60jähriger Marschner 1855 die damals 28jährige Therese Janda (29.9.1827 Wien 2.10.1884 Wien), Sängerin (Altistin) von 1848-1849 an der Hofoper Wien und dann am Hoftheater in Hannover. 1857 konzertierte sie mit ihrem Mann auch in London. Nach dem Tod Marschners ging Therese Janda eine zweite Ehe ein, und zwar mit dem Dirigenten Otto Bach und „gastierte an mehreren Bühnen in Deutschland, Österreich und Böhmen. Nach ihrem Bühnenabschied verstärkte sie ihre Auftritte als Konzert- und Liedersängerin. 1861 kehrte sie nach Wien zurück und war dort ab 1863 als Pädagogin an der Gesangsschule der Wiener Hofoper tätig.“ 2) Quellen: 1)  https://web.operissimo.com/triboni/exec?method=com.operissimo.artist.webDisplay&xsl=webDisplay&searchString=2023&id=ffcyoieagxaaaaabcmsk;  2) Uwe Harten, Art. „Janda (eig. Jander), Therese, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 25.4.2003, abgerufen am 19.3.2024), https://dx.doi.org/10.1553/0x000268a7

·     mkerstraße, Barmbek-Nord (1930): Charles Rümker (18.5.1788 Stargard/Mecklen­burg 21.12.1862 Lissabon) und Georg Rümker (31.12.1832 Hamburg 3.3.1900 Hamburg), Astronomen, Nautiker, Direktoren der Hamburger Sternwarte und der Navigationsschule. Ergänzt um die Ehefrau von Karl Ludwig Christian Rümker: Mary Hannah Rümker, geborene Crockford (1809 Clerkenwill/England - 24.3.1889 Hamburg). Sie war die zweite Ehefrau von Karl Ludwig Christian (Charles) Rümker und entdeckte in Berlin am 11. Oktober 1847 einen Kometen. 1) Dieser war in der Nacht zum 1. Oktober 1847 auch von der amerikanischen Astronomin Maria Mitchell und in Rom am 3. Oktober von dem Jesuiten und Astronomen Pietro Angelo Secchi (1818-1878) beobachtet worden (Bezeichnung des Kometen: C/1847 T1). Als es darum ging, wer dafür anerkannt und die vom dänischen König verliehene goldene Kometennadel für die Entdeckung von Kometen mit einem Teleskop erhalten sollte, entschied sich der König für Maria Mitchell, die den Kometen zuerst entdeckt hatte. Nichts desto trotz hatte auch Mary Hannah Rümker unabhängig von Maria Mtchell den Kometen entdeckt.  Quelle: 1)   Vgl.: Gudrun Wolfschmidt: Einleitung Uhren und Zeitmessungen in der Hamburger Sternwarte, in: Pignitz, Chr., hg. Von G. Wolfschmidt: Zeit für Hamburg. Hamburg 2021, S. 15.

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

Michael Werner-Boelz

 

Bera­tungs­reihen­folge
Anhänge

                     

Lokalisation Beta
Lachnerstraße Forsmannstraße Winterhude Marschnerstraße

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