Beschluss zur Umbenennung des Emily-Ruete-Platzes aufheben Antrag der FDP-Fraktion
Mit Beschluss vom 25. Februar 2019 hat der Regionalausschuss Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg beschlossen, dass der Platz zwischen Leo-Leistokow-Allee und der Uferstraße nach Emily Ruete (geboren 1844 als Salama bint Said in Beit il Mtoni, verstorben 1924 in Jena) benannt wird. In der Begründung führte Carmen Möller für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter anderem aus: "Mit Emily Ruete haben wir eine starke und spannende Persönlichkeit als Namensgeberin des neuen Quartiersplatzes ausgewählt. (...) Mit ihrem Buch, das ihr Leben auf Sansibar mit dem Leben in Deutschland verglich und dabei ihr kulturelles Erbe anschaulich illustrierte, brachte sie ihre Kultur anderen näher." (Quelle: https://gruene-nord.de/service/archiv-der-fraktion/expand/703581/nc/1/dn/1/)
Nur eineinhalb Jahre später - die Benennung war inzwischen erfolgt - beschloss der Regionalausschuss, den Senat aufzufordern, die Benennung rückgängig zu machen, da "erst jetzt zutage getretene kritikwürdige Ansichten Emily Ruetes" dazu führten, dass der Platz nicht länger nach ihr benannt sein solle. Die FDP-Fraktion hat bereits damals darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Äußerungen zum Zeitpunkt des Beschlusses bereits bekannt gewesen und auch in der Wissenschaft rezipiert worden seien.
Zwischenzeitlich liegt ein Gutachten von Dr. Tania Mancheno von der Forschungsstelle "Hamburgs (post-)koloniales Erbe" vor, das sich eingehend mit Emily Ruete befasst (siehe: https://daten.transparenz.hamburg.de/Dataport.HmbTG.ZS.Webservice.GetRessource100/GetRessource100.svc/587402c6-95dd-41de-a8be-adb824a73974/Upload__Tania_Mancheno_Gutachten_SalmeRuete.pdf).
In ihrer Handlungsempfehlung schreibt Frau Dr. Mancheno unter anderem: "Kritische Stimmen gegenüber Ruete vergessen, dass Race eine Gewaltkategorie ist, die migriert, d.h., dass sich ihre Bedeutung je nach Kontext und Erinnerungslandschaft ändert und anders gelesen wird. Meines Erachtens vergessen die Kritiker*innen außerdem, dass eine Umbenennung Ruete aus dem öffentlichen Raum und somit aus den Erinnerungslandschaften im lebendigen Stadtraum, verbannen würde. Doch die Erinnerung an Salme/Ruete ist nicht nur im Ohlsdorfer Friedhof, sondern auch weltweit allgegenwärtig (...). Ist in diesem Kontext eine Umbenennung zielführend? Sollte nicht vielmehr ihre komplexe Biografie dafür verwendet werden, einen Beitrag zu leisten zu einer tieferen Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte und der Rolle einer nicht-weißen Prinzessin, die in Hamburg lebte und hier beerdigt ist?“
Frau Dr. Mancheno kommt sodann zu dem Schluss: "Aufgrund der globalen und lebendigen Erinnerungskultur, die das Erbe und die Biographie Salmes/Ruetes als bereichernd und diskussionsbedürftig für die Literatur-,
Geschichts- und Kulturwissenschaften behandelt, finde ich es besonders wichtig, sich bei der Umbenennung darüber bewusst zu sein, welche Signale damit aus Hamburg gesendet werden. Eine "Erinnerungspolizei" aus dem Globalen Norden, die entscheidet, wie richtig oder falsch an Personen wie Salme/Ruete erinnert werden soll, riskiert es, sich eurozentrischer Sichtweisen zu bedienen. Eine Umbenennungsentscheidung ist keine Einladung zu Dialog und Austausch, sondern die Durchsetzung eines endgültigen Urteils, welches die Migration von der Gewaltkategorie Race nicht zulässt und Salmes/Ruetes Identität auf ihre rassistischen Äußerungen reduziert."
Aufgrund dieser Einschätzung der Gutachterin ist ein Festhalten am Umbenennungsbeschluss nicht sinnvoll.
Vor diesem Hintergrund möge der Regionalausschuss beschließen:
Der Regionalausschuss Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg hebt seinen Beschluss vom 29. September 2020 auf und hält an der Benennung des Platzes zwischen Leo-Leistikow-Allee und Uferstraße in Emily-Ruete-Platz fest. Er spricht sich dafür aus, die bei der Geschichtswerkstatt Barmbek in Auftrag gegebene Geschichtstafel an geeigneter Stelle des Platzes anzubringen.
Claus-Joachim Dickow
Lars Jessen
(FDP-Fraktion)