Sicherung der umfassenden Auskömmlichkeit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA), der Jugendsozialarbeit (JSA), der Familienförderung (FamFö) und der sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe (SAJF)! Dringend den Haushalt 2025 nachsteuern und die finanzielle Ausstattung deutlich verbessern! (Antrag freie Träger)
Die Jugendhilfeausschüsse und Bezirksversammlungen in Hamburg haben schon in den vergangenen Jahren auf die strukturelle Unterfinanzierung der oben benannten Zuwendungen hingewiesen. Nun erreicht diese mit dem laufenden Haushalt einen neuen Tiefpunkt:
In Hamburg-Mitte wurden im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit (KJ) für die Jahre 2025/2026 knapp 1,6 Mio. Euro mehr beantragt als zur Verfügung stehen und dabei sind die OKJA-Einrichtungen, die über die Sozialräumlichen Hilfen und Angebote (SHA) finanziert werden noch nicht berücksichtigt. Dasselbe Bild zeigt sich bei der Familienförderung, ebenso bei den sozialräumlichen Angeboten der Jugend- und Familienhilfe.
Auch wenn in den letzten Jahren die Zuweisungen erhöht wurden, ist deren Finanzierung nicht auskömmlich, da sowohl Personalkosten (Tarifsteigerungen), Betriebskosten (Energiekosten, Mieten) als auch die Kosten für Materialien und Lebensmittel (Inflation, Preissteigerungen) in den letzten Jahren enorm gestiegen sind, und zwar deutlich mehr als der Zuwachs der Mittel. Dies führt im Bereich der OKJA beispielsweise dazu, dass nach Abzug der „unausweichlichen Kosten“ immer weniger für Honorar- und Sachmittel übrigbleibt. Die Mittel in diesem Bereich sind trotz erhöhter Zuwendungen (bezogen auf den Anfangswert 2024, die nachgesteuerten Tarifsteigerungen sind dabei noch nicht berücksichtigt) gekürzt worden. Bereits jetzt steht fest, dass die bezirkliche Zuweisung 2025/2026 nicht ausreicht, um den Bestand und die pädagogische Arbeit in gleichbleibender Qualität zu sichern.
Der Leiter des Amtes für Familie der Sozialbehörde hat im Landesjugendhilfeausschuss mehrfach erklärt, dass es die ausdrückliche politische Absicht sei und den Regierungswillen gäbe, alle bestehenden Einrichtungen der OKJA in ihrem pädagogischen Angebot und ihrer fachlichen Qualität zu sichern. Tarifsteigerungen seien in den Rahmenzuweisungen berücksichtigt und die Erhöhung der Rahmenzuweisungen solle diesen Anspruch ermöglichen. Die Sozialbehörde wolle ausdrücklich den Bestand sichern. Dies ist mit den aktuellen Geldern nicht der Fall.
Eine bedarfsdeckende, auskömmliche Finanzierung sieht anders aus. Seit Jahren weisen Jugendhilfeausschüsse und Bezirksversammlungen der Hamburger Bezirke auf die strukturelle Unterfinanzierung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der Familienförderung hin und bekunden ihre Sorge ob der genannten Entwicklungen.
Nach Auffassung des Jugendhilfeausschusses Hamburg-Mitte wird nicht auskömmlich auf die in den letzten Jahren erheblich gestiegenen Bedarfe der Jugendhilfe reagiert. Die mangelhafte materielle und personelle Ausstattung führt dazu, dass die hohen auch gesetzlich geforderten Ansprüche an eine gelingende inklusive Kinder-, Jugend- und Familienarbeit durch den Bezirk nicht mehr ausreichend gewährleistet werden können. Dabei ist zu betonen, dass die Unterdeckung nicht durch eine Ausweitung der Angebote entsteht, obwohl diese in einer wachsenden Stadt notwendig wären, sondern sich bereits deutlich in dem Erhalt des jetzigen Status Quo zeigt. Diese Situation ist für die Einrichtungen und Projekte der OKJA/ JSA/ FamFö/ SAJF untragbar.
Die Kinder- und Jugendarbeit leistet in Hamburg-Mitte und der gesamten Stadt einen bedeutenden und unverzichtbaren Beitrag in der Entwicklung und Sozialisation junger Menschen. Für viele junge Menschen sind die Einrichtungen ein Ort, an dem verlässliche Beziehungen erlebt und identitätsbildende Erfahrungen gesammelt werden, sie bildungspolitische Prozesse kennenlernen und ihre Freizeit gestalten. Ihre Einrichtungen bieten jungen Menschen einen offenen, niedrigschwelligen Zugang mit vielen attraktiven, beitragsfreien Angeboten. Vor allem in Stadtteilen wie Hamburg-Mitte, in denen viele von Armut, Ausgrenzung, Marginalisierung und Diskriminierung betroffene junge Menschen und Familien leben, muss es eine verlässliche und gut aufgestellte soziale Infrastruktur dieser Einrichtungen und Angebote geben.
Die betreffenden Einrichtungen übernehmen mit ihrer offenen und niedrigschwelligen Zugangsstruktur gerade in diesen herausfordernden Zeiten eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie tragen jeden Tag zur Persönlichkeitsentwicklung, Selbstorganisation, Demokratie- und politischen Bildung junger Menschen bei. Die Einrichtungen und Angebote bieten insbesondere im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen mit der Zunahme von klassistischen, rassistischen, sexistischen und queerfeindlichen Übergriffen Bildungsräume, eine Möglichkeit, die Bereicherung von Vielfalt zu erleben und einen diskriminierungsarmen, geschützten Raum zu erfahren.
In den letzten Jahren stiegen Arbeitsbelastungen und Arbeitsanforderungen in der pädagogischen Arbeit durch neu hinzugekommene Aufgaben und Erwartungen, durch die Erhöhung der Arbeitskomplexität und der Arbeitsverdichtung. Dadurch ist deutlich zu erkennen, dass eine Erhöhung der benannten Zuweisungen zwingend notwendig ist, um die bisherigen Einrichtungen und Angebote weiterhin zu gewährleisten sowie bedarfsgerecht auf die Entwicklungen einer wachsenden Stadt eingehen zu können. Deshalb muss eine Überprüfung der Mittelvergabe und eine nachhaltige Finanzierung vorgenommen werden, um die wertvolle Arbeit für junge Menschen und Familien zu sichern.
Exemplarisch sind hier einige der (finanziellen) Herausforderungen benannt:
• Deutliche Zunahme von Fällen teils starker psychischer Belastungen bei Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen und Erziehenden
• Erhöhter Bedarf an psychosozialer Beratung
• Menschen- und kinderrechteorientierte Arbeit mit geflüchteten jungen Menschen und Familien, auch in den Unterkünften
• Inklusion und Barrierefreiheit, gesetzliche Aufgaben, insbesondere das Kinder- Jugendstärkungsgesetz
• Ausbau und Umsetzung von Beteiligung und Stärkung von Selbstvertretungen
• Verschärfung der Problematiken in Familien durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel von Armut: Hunger der Nutzenden bedeutet Zunahme der Lebensmittelkosten für Einrichtungen
• Zusätzliche Angebote im digitalen Bereich, Digitalisierung
• Erhöhter Bedarf an Supervision und Fortbildung
• Erhöhter Anteil der Netzwerkarbeit
• Zunahme des Aufwands für die finanzielle Sicherung der Einrichtungen durch verschiedene Anträge (Sondertöpfe, Stiftungen)
• Erhöhter Verwaltungsaufwand durch Raumkoordination
• Starke Steigerung der Betriebs- und Honorarkosten
Der Aufgabenzuwachs, sowohl in Menge als auch Intensität, ist mit der bisherigen Personalkapazität nicht mehr zu leisten. Das Arbeitsfeld wird so zunehmend unattraktiv und der Fachkräftemangel wirkt sich aus.
Obendrein bleiben bei der Bemessung der Mittelzuweisung, insbesondere der deutliche Bevölkerungsanstieg in der Zielgruppe der Maßnahmen nach dem SGB VIII, eine starke Nachverdichtung in ohnehin bereits belasteten Quartieren und die Schaffung zahlreicher Neubaugebiete unberücksichtigt. Hamburg-Mitte ist in den letzten 20 Jahren gewachsen; neue Wohnquartiere sind entstanden und Sozialräume verändern sich! Hier muss zwingend die Schaffung einer die neuen und zusätzlichen Bedarfe deckenden sozialen Infrastruktur folgen, was ohne eine erhebliche Ansatzverstärkung der Zuwendungen nicht möglich sein kann. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass für mit Nachverdichtung bereits belastete Stadtteile steigende Herausforderungen an die Angebote der Jugendarbeit verbunden sind. Hier müssen dringend weitere Freiräume für junge Menschen geschaffen werden.
Da bereits der Status quo der jetzigen Einrichtungen und Angebote mit den derzeitigen Mitteln nicht gewährleistet werden kann, ist eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der OKJA ebenso wenig möglich, wie eine echte Jugendhilfeplanung. Das hat mit Gestaltung nichts zu tun! Hier bedarf es einer sehr deutlichen Ansatzverstärkung, die sich bei einer Gesamtbetrachtung rechnen wird: Eine nicht gelingende und auskömmlich finanzierte offene und niedrigschwellige Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen und Familien wird nämlich mittel- und langfristig zu einem Anstieg bei den teuren Einzelmaßnahmen der Hilfen zur Erziehung führen.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Jugendhilfeausschuss der Bezirksversammlung zu beschließen:
1. Die Sozialbehörde wird nach § 27 BezVG gebeten, die durch die bisherigen Zuweisungen nicht gedeckten Fehlbedarfe in Höhe von XXX1 für 2025 in die Rahmenzuweisungen nachzusteuern.
Ausdrücklich möchten die Bezirksversammlung und der Jugendhilfeausschuss darauf hinweisen, dass diese Summe ausschließlich dazu dient, den Bestand der Einrichtungen und Angebote auf dem Stand von 2024 zu sichern.
2. Die Bezirksversammlung weist auf die hierzu auch in den anderen Bezirken erfolgten Beschlusslagen hin und appelliert erneut an die politisch Verantwortlichen in der Hamburgischen Bürgerschaft sowie gemäß § 27 BezVG an den Senat und die weiter zuständigen Fachbehörden, insbesondere die Finanzbehörde, die Zuweisungen im Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA), der Jugendsozialarbeit (JSA), der Familienförderung (FamFö) und der sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe (SAJF) auskömmlich zu gestalten und insoweit deutlich zu erhöhen, damit auch ein Mindestpersonalstandard von zwei Vollzeitstellen pro Einrichtung und der Ausbau der Einrichtungsinfrastruktur insbesondere in neu errichteten und unterversorgten Wohnungsgebieten erfolgen kann. Hier könnte als 3. nochmal der Beschluss über die für die soziale Infrastruktur in der HafenCity beantragten Mittel eingefügt werden!
1 Hier möge die Verwaltung bitte berechnen, was in den Zuwendungen 2025 fehlt, um 1. die Tariferhöhungen für alle Personalstellen voll auszugleichen, 2. den Bestand der Honorare auf dem Niveau von 2024 in allen Einrichtungen und Angeboten zu sichern unter Berücksichtigung von Honorarsteigerungen sowie 3. die notwendigen Sachkosten auf Grundlage der Zuwendungen 2024 unter Berücksichtigung der allgemeinen und der jeweils konkret angegebenen (bspw. Energie, Miete o.ä.) Preissteigerungen und Inflation (durchschnittlich mind. 6 – 7% Zuwachs) zu kalkulieren, wobei die unausweichlichen betrieblichen Sachkosten nicht die pädagogischen Sachkosten reduzieren dürfen und deshalb gesondert zu berechnen sind.
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