Sicherung der umfassenden Auskömmlichkeit der Offenen Kinder- und Jugend-arbeit (OKJA), der Jugendsozialarbeit (JSA), der Familienförderung (FamFö) und der sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe (SAJF)! Dringend den Haushalt 2025 nachsteuern und die finanzielle Ausstattung deutlich verbessern!
Letzte Beratung: 18.09.2025 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 3.6
Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner Sitzung am 23.06.2025 dem Antrag der freien Träger – Drs. Nr. 23-0666 in der nachfolgend aufgeführten Fassung mehrheitlich - gegen die Stimme der CDU-Fraktion - zugestimmt.
Der Hauptausschuss hat diesen Beschluss in seiner Sitzung am 08.07.2025 anstelle der Bezirksversammlung bestätigt.
Die Jugendhilfeausschüsse und Bezirksversammlungen in Hamburg haben schon in den vergangenen Jahren auf die strukturelle Unterfinanzierung der oben benannten Zuwendungen hingewiesen. Nun erreicht diese mit dem laufenden Haushalt einen neuen Tiefpunkt:
In Hamburg-Mitte wurden im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit (KJ) für die Jahre 2025/2026 knapp 1,6 Mio. Euro mehr beantragt als zur Verfügung stehen und dabei sind die OKJA-Einrichtungen, die über die Sozialräumlichen Hilfen und Angebote (SHA) finanziert werden noch nicht berücksichtigt. Dasselbe Bild zeigt sich bei der Familienförderung, ebenso beiden sozialräumlichen Angeboten der Jugend- und Familienhilfe.
Auch wenn in den letzten Jahren die Zuweisungen erhöht wurden, ist deren Finanzierung nicht auskömmlich, da sowohl Personalkosten (Tarifsteigerungen), Betriebskosten (Energiekosten, Mieten) als auch die Kosten für Materialien und Lebensmittel (Inflation, Preissteigerungen) in den letzten Jahren enorm gestiegen sind, und zwar deutlich mehr als der Zuwachs der Mittel. Dies führt im Bereich der OKJA beispielsweise dazu, dass nach Abzug der „unausweichlichen Kosten“ immer weniger für Honorar- und Sachmittel übrigbleibt. Die Mittel in diesem Bereich sind trotz erhöhter Zuwendungen (bezogen auf den Anfangswert 2024, die nachgesteuerten Tarifsteigerungen sind dabei noch nicht berücksichtigt) gekürzt worden. Bereits jetzt steht fest, dass die bezirkliche Zuweisung 2025/2026 nicht ausreicht, um den Bestand und die pädagogische Arbeit in gleichbleibender Qualität zu sichern.
Der Leiter des Amtes für Familie der Sozialbehörde hat im Landesjugendhilfeausschuss mehrfach erklärt, dass es die ausdrückliche politische Absicht sei und den Regierungswillen gäbe, alle bestehenden Einrichtungen der OKJA in ihrem pädagogischen Angebot und ihrer fachlichen Qualität zu sichern. Tarifsteigerungen seien in den Rahmenzuweisungen berücksichtigt und die Erhöhung der Rahmenzuweisungen solle diesen Anspruch ermöglichen. Die Sozialbehörde wolle ausdrücklich den Bestand sichern. Dies ist mit den aktuellen Geldern nicht der Fall.
Eine bedarfsdeckende, auskömmliche Finanzierung sieht anders aus. Seit Jahren weisen Jugendhilfeausschüsse und Bezirksversammlungen der Hamburger Bezirke auf die strukturelle Unterfinanzierung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der Familienförderung hin und bekunden ihre Sorge ob der genannten Entwicklungen.
Nach Auffassung des Jugendhilfeausschusses Hamburg-Mitte wird nicht auskömmlich auf die in den letzten Jahren erheblich gestiegenen Bedarfe der Jugendhilfe reagiert. Die mangelhafte materielle und personelle Ausstattung führt dazu, dass die hohen auch gesetzlich geforderten Ansprüche an eine gelingende inklusive Kinder-, Jugend- und Familienarbeit durch den Bezirk nicht mehr ausreichend gewährleistet werden können. Dabei ist zu betonen, dass die Unterdeckung nicht durch eine Ausweitung der Angebote entsteht, obwohl diese in einer wachsenden Stadt notwendig wären, sondern sich bereits deutlich in dem Erhalt des jetzigen Status Quo zeigt. Diese Situation ist für die Einrichtungen und Projekte der OKJA/ JSA/ FamFö/ SAJF untragbar.
Die Kinder- und Jugendarbeit leistet in Hamburg-Mitte und der gesamten Stadt einen bedeutenden und unverzichtbaren Beitrag in der Entwicklung und Sozialisation junger Menschen. Für viele junge Menschen sind die Einrichtungen ein Ort, an dem verlässliche Beziehungen erlebt und identitätsbildende Erfahrungen gesammelt werden, sie bildungspolitische Prozesse kennenlernen und ihre Freizeit gestalten. Ihre Einrichtungen bieten jungen Menschen einen offenen, niedrigschwelligen Zugang mit vielen attraktiven, beitragsfreien Angeboten. Vor allem in Stadtteilen wie Hamburg-Mitte, in denen viele von Armut, Ausgrenzung, Marginalisierung und Diskriminierung betroffene junge Menschen und Familien leben, muss es eine verlässliche und gut aufgestellte soziale Infrastruktur dieser Einrichtungen und Angebote geben.
Die betreffenden Einrichtungen übernehmen mit ihrer offenen und niedrigschwelligen Zugangsstruktur gerade in diesen herausfordernden Zeiten eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie tragen jeden Tag zur Persönlichkeitsentwicklung, Selbstorganisation, Demokratie- und politischen Bildung junger Menschen bei. Die Einrichtungen und Angebote bieten insbesondere im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen mit der Zunahme von klassistischen, rassistischen, sexistischen und queerfeindlichen Übergriffen Bildungsräume, eine Möglichkeit, die Bereicherung von Vielfalt zu erleben und einen diskriminierungsarmen, geschützten Raum zu erfahren.
In den letzten Jahren stiegen Arbeitsbelastungen und Arbeitsanforderungen in der pädagogischen Arbeit durch neu hinzugekommene Aufgaben und Erwartungen, durch die Erhöhung der Arbeitskomplexität und der Arbeitsverdichtung. Dadurch ist deutlich zu erkennen, dass eine Erhöhung der benannten Zuweisungen zwingend notwendig ist, um die bisherigen Einrichtungen und Angebote weiterhin zu gewährleisten sowie bedarfsgerecht auf die Entwicklungen einer wachsenden Stadt eingehen zu können. Deshalb muss eine Überprüfung der Mittelvergabe und eine nachhaltige Finanzierung vorgenommen werden, um die wertvolle Arbeit für junge Menschen und Familien zu sichern.
Exemplarisch sind hier einige der (finanziellen) Herausforderungen benannt:
• Deutliche Zunahme von Fällen teils starker psychischer Belastungen bei Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen und Erziehenden
• Erhöhter Bedarf an psychosozialer Beratung
• Menschen- und kinderrechteorientierte Arbeit mit geflüchteten jungen Menschen und Familien, auch in den Unterkünften
• Inklusion und Barrierefreiheit, gesetzliche Aufgaben, insbesondere das Kinder- Jugendstärkungsgesetz
• Ausbau und Umsetzung von Beteiligung und Stärkung von Selbstvertretungen
• Verschärfung der Problematiken in Familien durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel von Armut: Hunger der Nutzenden bedeutet Zunahme der Lebensmittelkosten für Einrichtungen
• Zusätzliche Angebote im digitalen Bereich, Digitalisierung
• Erhöhter Bedarf an Supervision und Fortbildung
• Erhöhter Anteil der Netzwerkarbeit
• Zunahme des Aufwands für die finanzielle Sicherung der Einrichtungen durch verschiedene Anträge (Sondertöpfe, Stiftungen)
• Erhöhter Verwaltungsaufwand durch Raumkoordination
• Starke Steigerung der Betriebs- und Honorarkosten
Der Aufgabenzuwachs, sowohl in Menge als auch Intensität, ist mit der bisherigen Personalkapazität nicht mehr zu leisten. Das Arbeitsfeld wird so zunehmend unattraktiv und der Fachkräftemangel wirkt sich aus.
Obendrein bleiben bei der Bemessung der Mittelzuweisung, insbesondere der deutliche Bevölkerungsanstieg in der Zielgruppe der Maßnahmen nach dem SGB VIII, eine starke Nachverdichtung in ohnehin bereits belasteten Quartieren und die Schaffung zahlreicher Neubaugebiete unberücksichtigt. Hamburg-Mitte ist in den letzten 20 Jahren gewachsen; neue Wohnquartiere sind entstanden und Sozialräume verändern sich! Hier muss zwingend die Schaffung einer die neuen und zusätzlichen Bedarfe deckenden sozialen Infrastruktur folgen, was ohne eine erhebliche Ansatzverstärkung der Zuwendungen nicht möglich sein kann. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass für mit Nachverdichtung bereits belastete Stadtteile steigende Herausforderungen an die Angebote der Jugendarbeit verbunden sind. Hier müssen dringend weitere Freiräume für junge Menschen geschaffen werden.
Da bereits der Status quo der jetzigen Einrichtungen und Angebote mit den derzeitigen Mitteln nicht gewährleistet werden kann, ist eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der OKJA ebenso wenig möglich, wie eine echte Jugendhilfeplanung. Das hat mit Gestaltung nichts zu tun! Hier bedarf es einer sehr deutlichen Ansatzverstärkung, die sich bei einer Gesamtbetrachtung rechnen wird: Eine nicht gelingende und auskömmlich finanzierte offene und niedrigschwellige Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen und Familien wird nämlich mittel- und langfristig zu einem Anstieg bei den teuren Einzelmaßnahmen der Hilfen zur Erziehung führen.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Jugendhilfeausschuss der Bezirksversammlung zu beschließen:
1. Die Sozialbehörde wird nach § 27 BezVG gebeten, die durch die bisherigen Zuweisungen nicht gedeckten Fehlbedarfe in Höhe von 773.412,44 €1 für 2025 in die Rahmenzuweisungen nachzusteuern.
Ausdrücklich möchte die Bezirksversammlung und der Jugendhilfeausschuss darauf hinweisen, dass die bewilligte Summe aus 2024 nicht mehr ausreicht, um den Bestand der Einrichtungen und Angebote aus dem Stand von 2024 zu sichern. Es besteht dabei selbst bei gleichbleibenden Angeboten ein erheblicher Mehrbedarf an Mitteln.
2. Die Bezirksversammlung weist auf die hierzu auch in den anderen Bezirken erfolgten Beschlusslagen hin und appelliert erneut an die politisch Verantwortlichen in der Hamburgischen Bürgerschaft sowie gemäß § 27 BezVG an den Senat und die weiter zuständigen Fachbehörden, insbesondere die Finanzbehörde, die Zuweisungen im Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA), der Jugendsozialarbeit (JSA), der Familienförderung (FamFö) und der sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe (SAJF) auskömmlich zu gestalten und insoweit deutlich zu erhöhen, damit auch ein Mindestpersonalstandard von zwei Vollzeitstellen pro Einrichtung und der Ausbau der Einrichtungsinfrastruktur insbesondere in neu errichteten und unterversorgten Wohnungsgebieten erfolgen kann.
1 Die Summe ergibt sich aus der Differenz vom Gesamt Antragsvolumen der Freien Träger Hamburg-Mitte und dem Gesamtansatz Zuwendungen für die Haushaltsjahre 2025 & 2026 nach Drucksache - 22-4708, .S. 8. Da es sich bei dem Haushalt um einen Doppelhaushalts handelt, wurde die sich ergebene Differenzsumme halbiert. In der vorliegenden Summe sind keine kommunalen Träger sowie Neubauten etc. enthalten. Somit liegt die Bedarfsmeldung an den federführenden Bezirk Hamburg-Wandsbek höher als hier dargestellt.
Die Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung (BSFB) nimmt zu dem Beschluss mit Schreiben vom 07.08.2025 wie folgt Stellung:
„Zu 1:
Im Haushaltsplan 2025/2026 ist eine erneute Steigerung der Rahmenzuweisungen für die Betriebsausgaben der Kinder- und Jugendarbeit, der Förderung der Erziehung in der Familie sowie der Sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe um insg. über 4,5 Mio. Euro gegenüber den entsprechenden Haushaltsansätzen 2024 vorgesehen. Für den Bezirk Hamburg-Mitte wurden die drei gegenseitig deckungsfähigen Rahmenzuweisungen gegenüber den Planwerten 2024 um 976 Tsd. Euro auf rd. 10.749 Tsd. Euro im Jahr 2025 und auf 11.072 Tsd. Euro in 2026 erhöht.
Aufgrund der anhaltend hohen Anzahl von Schutzsuchenden wurden darüber hinaus für das Jahr 2025 die Mittel im Förderprogramm Sozialräumliche Integrationsnetzwerke (SIN) bereits um rund 6,3 Millionen Euro aufgestockt. Dem Bezirksamt Hamburg-Mitte wurde für das Jahr 2025 ergänzend zum eingeplanten SIN-Budget in Höhe von rd. 1.066 Tsd. Euro ein ergänzender Mehrbedarf für SIN in Höhe von rd. 1.568 Tsd. Euro zugesagt, welche ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der sozialräumlichen Infrastruktur und der Regelangebote leisten. Die Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel erfolgt auf der Grundlage der bedarfsgerechten Angebotsplanung des jeweiligen Bezirksamtes.
Zu 2:
Die Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung hat unter Beachtung der Wahrung einer guten Haushaltsführung auf der Grundlage einer bedarfsorientierten Angebotslandschaft eine auskömmliche Versorgung der Bedarfe im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Familienförderung und Sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe im Blick. Die Planungen sind jeweils innerhalb der vom Senat im Rahmen der Haushaltsaufstellung festgelegten Eckwerte vorzunehmen. Im Ergebnis ist es der Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung gelungen, dass die Rahmenzuweisungen für die Betriebsausgaben der Kinder- und Jugendarbeit, der Förderung der Erziehung in der Familie sowie der Sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe im aktuellen Doppelhaushalt 2025/2026 erneut erhöht werden konnten und umfänglich durch zusätzliche SIN-Mittel zur Integration von geflüchteten jungen Menschen und ihren Familien ergänzt wurden.
Die Bezirksämter melden im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens – in der Regel nach Anhörung der Bezirksversammlungen – der zuständigen Fachbehörde regelhaft ihre Bedarfe. Diese wiederum setzt im Verlauf des Haushaltsaufstellungsverfahrens die finanziellen Rahmenbedingungen für die weitere Ausgestaltung der Planung nach einem mit den Bezirksämtern vereinbarten Verteilungsschlüssel. Die Mittelverwendung obliegt daraufhin jeweils den Bezirksämtern auf der Grundlage der örtlichen Jugendhilfeplanung unter Einbezug der bezirklichen Jugendhilfeausschüsse.“
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
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