22-0951.3

Rettung des Not leidenden Schaustellergewerbes

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04.08.2020
Sachverhalt

Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung am 05.05.2020 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion Drs. Nr. 22-0951 mehrheitlich - gegen die Stimmen der GRÜNE-Fraktion - zugestimmt.

 

Aufgrund der Corona-Pandemie ist die Schaustellerei am stärksten finanziell und wirtschaftlich von den Allgemeinverfügungen im negativen Sinne betroffen. Seit dem 1. Januar 2020 konnte von den Familienbetrieben bis heute kein einziger Cent eingenommen werden. Betriebe, die an keinem Weihnachtsmarkt teilnehmen konnten haben bereits seit Ende Oktober 2019 keine Einnahmen mehr zu verzeichnen.

Die Situation spitzt sich inzwischen zu und wird grundsätzlich zu einer Schicksalsfrage für die Fortexistenz der Schaustellerei in Hamburg, aber auch in Deutschland.

Die bisherigen Rettungssysteme des Bundes und Hamburgs reichen aufgrund der speziellen Situation des Schaustellergewerbes nicht aus. Deshalb ist es erforderlich, flankierende Maßnahmen zu ergreifen, die dazu beitragen können, die Überlebensfähigkeit des Gewerbes zu sichern. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte spricht sich dafür aus, die Einnahmemöglichkeiten für das Schaustellergewerbe vorübergehend auszuweiten.

 

Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte bittet den Bezirksamtsleiter, folgende Maßnahmen zur Unterstützung der Schaustellerei unter Einhaltung der Vorgaben der Polizei und der Feuerwehr umzusetzen:

 

  1. Schaustellerbetriebe können noch bis 31.08.2021 auf geeigneten Flächen Sondernutzung auch für einzelne Stände erlangen.
  2. Dem jeweiligen Regionalausschuss oder Cityausschuss werden die Sondernutzungsanträge zur Beschlussfassung vorgelegt.
  3. Die Genehmigungen sollen nur Schaustellerbetriebe erhalten, die gemäß § 55 Abs. 2 GewO eine Reisegewerbekarte, also eine behördliche Erlaubnis besitzen, dass sie dem Schausteller-Gewerbe nachgehen dürfen, die vor dem 01.März 2020 ausgestellt wurde. Die Genehmigungen sollen ausdrücklich auch solchen Betrieben erteilt werden, die z.B. Fahr-, Schau-, Belustigungs-, Spiel- oder Verlosungsgeschäfte betreiben.
  4. Das Bezirksamt wird gebeten in Abstimmung mit dem Hauptausschuss der Bezirksversammlung ein Verfahren zu definieren, welches transparente Vergabekriterien, maximale Standzeiten und gestalterische Mindestansprüche an eine Genehmigung enthält.

 

  1. Das Bezirksamt möge prüfen,
    1.          ob und wie durch die frühzeitige Einbindung von Schaustellerverbänden oder mit dem Thema befasster Vereine schon in dem unter 4. beschriebenen Verfahren Synergien in der Planung und Logistik zu heben sind.
    2.          ob die Genehmigung auf Betriebe gem. Ziffer 2 auf Hamburger Unternehmen beschränkt werden kann.
    3.          ob die Erhebung von Sondernutzungsgebühren bis zum 31.08.2021 entfallen kann.

 

 

In der Sitzung der Bezirksversammlung am 28.05.2020 wurde der nachfolgend aufgeführte Verfahrensvorschlag (Drs. 22-0951.1) einstimmig - bei Enthaltung der GRÜNE-Fraktion und einiger Stimmen der Fraktion DIE LINKE - beschlossen.

 

Das Bezirksamt konnte in der Kürze der Zeit kein Konzept für die Flächenvergabe, transparenten Vergabekriterien, maximalen Standzeiten und gestalterischen Mindestansprüchen erstellen und mit den maßgeblichen Innenstadtakteuren abstimmen. Stattdessen werden Einzelfallprüfungen und -entscheidungen über eingehende Anträge getroffen. Neben der Erfüllung der fachbehördlichen Kriterien werden den Antragstellern Möglichkeiten zur Realisierung aufgezeigt. Hierzu gehört auch, dass in Abstimmung mit den Antragstellern ggfs. andere Lagen im Bezirk Hamburg-Mitte angeboten werden, sofern sie einen finanziell ausreichenden Ertrag versprechen.

 

 

Die Bezirksversammlung hat in ihrer Sitzung am 18.06.2020 der Vorlage - Drs. Nr. 22-0951.2 zum weiteren Vorgehen in der beiliegenden Fassung mehrheitlich - gegen die Stimmen der GRÜNE-Fraktion und einigen Stimmen der Fraktion DIE LINKE und bei einigen Enthaltungen der Fraktion DIE LINKE - zugestimmt.

 

 

Inzwischen liegt die nachfolgende, mit Schreiben vom 30.06.2020 übersandte, Stellungnahme der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation zu dem Beschluss des Hauptausschusses vor:

 

Von den Kontaktbeschränkungen der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO) sind unter anderem die Errichtung und der Betrieb von Fahr-, Schau-, Belustigungs-, Spiel- oder Verlosungsgeschäften betroffen. Die diesbezüglichen Regelungen können in Abhängigkeit vom Einzelfall der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach dem Hamburgischen Wegegesetz (HWG) entgegenstehen.

 

Dies vorausgeschickt beantwortet die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation die Fragen wie folgt:

 

Zu 1.:

Die Empfehlung bezieht sich darauf, dem Schaustellergewerbe die Möglichkeit von Sondernutzungen einzuräumen als Ausgleich für den Ausfall der Großveranstaltungen. Dabei sind die verschiedensten Schaustellerbetriebe zu berücksichtigen und zu unterscheiden: Zum einen die sog. Fahr-, Schau-, Belustigungs-, Spiel- oder Verlosungsgeschäfte und zum anderen die Betriebe, die Waren und Speisen zum Verkauf anbieten.

 

Gastronomische Schausteller-Betriebe fallen nach § 22 Absatz 1 Satz 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO unter den Begriff „Betriebe, in denen Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden“, sodass sie unter den Bedingungen des § 22 Absatz 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO betrieben werden können. Gemäß § 16 Abs. 2 HWG gehört die Benutzung eines Weges zur Gewerbeausübung nicht zum Gemeingebrauch. Demnach bedarf es einer Sondernutzungserlaubnis des zuständigen Bezirksamtes nach § 19 HWG, die nach eingehender Prüfung erteilt werden kann.

 

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

Zu 2.:

Siehe Antwort zu 1.

 

Zu 3. – 5.2.:

Zuschlagskriterien, die an die Ortsansässigkeit eines Unternehmens anknüpfen (Niederlassung vor Ort, Präsenz am Ort, Ortsnähe und Erfahrung mit den Gegebenheiten vor Ort), lassen sich in der Regel nicht mit dem Gegenstand des Auftrags rechtfertigen und sind mit dem Grundsatz eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs unvereinbar. Steht für die Erbringung der Leistung nur ein kurzer Zeitraum zur Verfügung oder muss die Auftragsausführung eng mit der Auftraggeberin bzw. Auftraggeber vor Ort abgestimmt werden, kann die Auftraggeberin bzw. -geber von der Bieterin bzw. Bieter fordern, nach Zuschlagserteilung ein ortsansässiges Büro etc. einzurichten oder als Maßnahmen der Qualitätssicherung Verfügbarkeits-, Reaktions- oder Servicezeiten als Bedingungen für die Auftragsausführung vertraglich vereinbaren. Der Auftraggeberin bzw. -geber ist es auch untersagt, die Vergabebedingungen so zu gestalten, dass sich faktisch nur Unternehmen um den Auftrag bewerben können, die entweder ortsansässig sind oder mit einem ortsansässigen Unternehmen zusammenarbeiten. Grad und Umfang der örtlichen Präsenz sind an der Erforderlichkeit für die Auftragsausführung zu messen. Das gleiche gilt auch für die Erbringung von Wartungsleistungen vor Ort, die ggf. mit in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen und so dem Wettbewerb zu unterstellen sind. Nicht zu beanstanden ist es allerdings, wenn für die Auftragsausführung deutschsprachige Ansprechpartnerinnen und -partner gefordert werden oder wenn den Bieterinnen und Bietern auferlegt wird, etwaige Reise- oder Transportkosten selbst zu tragen, was zur Konsequenz hat, dass ortsnahe Unternehmen gegenüber ortsfernen Unternehmen wirtschaftliche Vorteile bei der Preiskalkulation haben (Beck VOB/B/Opitz, 3. Aufl. 2017, GWB § 127 Rn. 107).

 

Gleiches gilt für Zuschlagskriterien, die an die zeitliche Ausstellung der Reisegewerbekarte anknüpfen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

Zu 5.3.:

Die Senatoren der zuständigen Behörden haben zusammen mit den Bezirksamtsleitungen vereinbart, dass Gastronomen und Schaustellerinnen und Schausteller für Sondernutzungserlaubnisse zur Inanspruchnahme des öffentlichen Raumes bis zum 31. Dezember 2020 auf Antrag unter Darlegung ihrer Verhältnisse keine Gebühren zahlen. Die Finanzbehörde wird den Bezirken die entsprechenden Verluste bei den Gebühreneinnahmen aus zentralen Corona-Mitteln des Haushalts erstatten. Auf welche Weise diese Zusage umgesetzt wird, befindet sich gegenwärtig in  Klärung.

 

 

 

Das Bezirksamt teilt folgenden Sachstand mit:

 

Das Bezirksamt hat die Flächenzusammenstellung um die Flächen Jungfernstieg (Höhe Neuer Jungfernstieg und Reesendammbrücke), Rathausmarkt, Spitaler Straße, Jakobikirchhof, Bei der Petrikirche, Steintorwall und Platz der deutschen Einheit erweitert und dem Förderverein zur Förderung der Volksfeste und Jahrmärkte in Hamburg e.V. vorgelegt, um eine Empfehlung zur Belegung zu erhalten. Auf Grundlage der vom Förderverein abgegebenen Empfehlung wurden zwischenzeitlich 27 Erlaubnisse erteilt. Alle Standorte liegen im innerstädtischen Bereich. Die Frage inwieweit die Hochwasserschutzanlage zwischen Baumwall und Landungsbrücken für eine Nutzung zur Verfügung steht, ist noch nicht abschließend geklärt.

 

 

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