Bezirkliche Wochenmärkte - Maßnahmen zur Verbesserung der Kostendeckung
Letzte Beratung: 01.10.2019 Hauptausschuss Ö 5.2
Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung am 03.09.2019 die nachstehende Mitteilung, Drs. 22-0135 einstimmig in den Ausschuss für Wochenmärkte überwiesen. Der Ausschuss möge eine Stellungnahme für die Sitzung des Hauptausschuss am 01.10.2019 erarbeiten. Der Ausschuss für Wochenmärkte hat sich in seiner Sitzung am 25.09.2019 darauf geeinigt, dass die Fraktionen einzeln Stellung nehmen.
1. Lage der bezirklicher Wochenmärkte in Hamburg-Mitte
Das Bezirksamt Hamburg-Mitte veranstaltet an neun Standorten bezirkliche Wochenmärkte, davon an sieben Standorten jeweils zwei Tage in der Woche. Mit dieser Aufgabe sind sieben Mitarbeiter im Außendienst und vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innendienst mit unterschiedlichen Arbeitszeitanteilen beschäftigt. Die Wochenmärkte der Bezirke werden unter betriebswirtschaftlichen Grundsätzen in einem Betrieb gewerblicher Art gemeinsam bewirtschaftet und unterliegend seitens des Senates der Vorgabe der Kostendeckung. Der Grad der Kostendeckung wird von allen Bezirken jährlich nach einem einheitlichen Verfahren evaluiert. Die wirtschaftliche Situation der bezirklichen Wochenmärkte in Hamburg-Mitte weist einen stetigen Abwärtstrend aus. Die haushaltsrechtlich vorgeschriebene Kostendeckung der Wochenmärkte des Bezirksamtes Hamburg-Mitte wurde in den Geschäftsjahren 2017 und 2018 nicht mehr erreicht. Das Bezirksamt wurde von der zuständigen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation aufgefordert, bis Ende diesen Jahres Maßnahmen zu ergreifen, um wieder kostendeckende Einnahmen zu erzielen.
2. Betriebswirtschaftliche Maßnahmen
Zur Wiederherstellung der Kostendeckung sind mögliche Erhöhungen der Einnahmen sowie Verringerungen der Ausgaben zu betrachten. Hierzu hat die Marktverwaltung folgenden Sachstand erhoben:
a) Eine erhöhte Nachfrage nach Wochenmarktständen entgegen dem bundesweiten langjährigen Trend kann bestenfalls mittelfristig und standortspezifisch erwirkt werden. Zur Erhöhung der Einnahmen kann kurzfristig nur eine Gebührenerhöhung wirken. Die letzte Gebührenerhöhung für die Wochenmärkte im Bezirksamt Hamburg-Mitte wurde 2011 mit Wirkung zum 1.1.2012 beschlossen.
b) Eine Verringerung der Ausgaben durch sparsamere Mittelverwendung bietet wenig Potenzial. Vielmehr ist auch in der Zukunft mit steigenden Ausgaben zu rechnen, wobei insbesondere Reinigung, Abfallentsorgung, Winterdienst, Sanierung der elektrischen Anlagen, Beschaffung von Kassiergeräten und allgemeine Tariferhöhungen zu nennen sind. Nennenswertes Potenzial bieten kurzfristig Stornierungen einzelner Wochenmarkttage an stark defizitären Standorten.
c) Ein rechtlicher Rahmen für Sanierungsmaßnahmen ergibt sich durch die Gebührenordnung für das Marktwesen des Senats und die vertraglichen Bindungen mit den Wochenmarktbeschickenden im Rahmen der Dauerzulassungsbescheide. Demnach können die Gebühren maximal um 1,10€ angehoben werden und die Beendigung einer Dauerzulassung durch die Marktverwaltung ist aus öffentlich-rechtlichen Gründen jederzeit spätestens zum Ende eines Kalendervierteljahrs möglich.
d) In einem Berechnungsmodell unter der Zugrundelegung der derzeit tatsächlich vorhandenen Marktstände würde eine Gebührenerhöhung von 18 Prozent (ca. 90 Cent) benötigt, um in die Kostendeckung zu kommen. Ein Verzicht auf vier von der Marktverwaltung als verzichtbar gewertete Markttage (s.u.) würde in diesem Modell ebenfalls nahezu Kostendeckung bewirken.
e) Die Marktverwaltung plant eine Kombination von Gebührenerhöhungen und Kostensenkungsmaßnahmen mit Wirkung zum 1.1.2020. Damit würden weitere Maßnahmen für einen Zeitraum von zwei Jahren vermieden, da der Kostendeckungsgrad um ca. 25% erhöht wird:
a. Erhöhung der Marktgebühren um 50 Cent je Standmeter
b. Verzicht auf die Wochenmarktveranstaltungen am Dienstag in Finkenwerder und Hamm sowie am Sonnabend in Rothenburgsort.
c. Verzicht auf die bezirkliche Wochenmarktveranstaltung am Donnerstag in St. Georg und damit Aufgabe des bezirklichen Marktbetriebs an diesem Standort ohne Beeinträchtigung für die private Wochenmarktveranstaltung am Freitagnachmittag.
Die SPD-Fraktion gibt folgende Stellungnahme ab:
In Hamburg Mitte gibt es neun unterschiedliche Wochenmärkte in den Stadtteilen und Quartieren. Wochenmärkte sollen den Bewohnerinnen und Bewohnern Zugang zu regionalen Produkten und auf der anderen Seite den Händlern eine Handelsfläche bieten. Neben den Handelsplatz und dem Warenumschlag haben Märkte aber seit jeher weitere Funktionen. Sie sind räumlicher Treffpunkt im Sinne der Stadtplanung und bieten einen Ort für einen Schnack. In Zeiten von Supermärkten und Discountern stehen Wochenmärkte mit diesen in Konkurrenz und die räumliche, soziale und kulturelle Funktion von Marktplätzen überwiegt zunehmend. Auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit sind Wochenmärkte eine echte Alternative gegenüber der industriellen Fertigungs- und Transportprozessen (Stichwort Kartoffeln aus Ägypten). Mit zunehmender Sensibilisierung und Bereitschaft der Menschen sich mit der Herkunft und Folgen ihrer Nahrungsmittel auseinanderzusetzen, könnten Wochenmärkte einen wichtigen Beitrag für ein nachhaltigeres haushalten leisten. Dafür muss aber das Angebot passen und der Marktzeit für breite Teile der Bevölkerung praktikabel sein.
Der beschriebene Trend der ausbleibenden Kostendeckung im betriebswirtschaftlichen Sinne stellt die Verwaltung und die Kommunalpolitik vor die schwierige und vielschichtige Aufgabe wie wir zukünftig mit dem Kulturgut Wochenmarkt umgehen wollen. Fest steht, dass die SPD Fraktion an allen Marktplätzen festhält. Gemeinsam mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte will die SPD Fraktion die Wochenmärkte zukunftsfähig und nachhaltiger aufstellen. Dazu müssen wir tiefer in die komplexe Materie des Marktrechts und begleitenden gesetzlichen Regelungen einsteigen und prüfen, ob diese für das 21 Jahrhundert geeignet sind oder ggf. anzupassen sind. Im Laufe der Jahrhunderte haben Märkte und Marktplätze stets einem Wandel unterlegen und der „rechtliche Rahmen“ (sofern man bei den ersten Marktordnungen davon sprechen möchte) wurde immer wieder angepasst. Ebenso wurden die Gebühren stets angepasst. In Hamburg wurde zuletzt 2011 eine Anpassung vorgenommen. Die vorgeschlagene moderate Gebührenanpassung um 0,5 € je m Verkaufsfläche ist vertretbar.
Weiterhin möchten wir mit den Marktbeschickern und den Verbänden ins Gespräch kommen, um festzustellen wo der Schuh drückt und was beide bereit sind zu leisten, damit diese ihren Anteil zur Kostendeckung beitragen.
Daher sprechen wir uns gegen eine kurzfristige Schließung von Märkten aus. Wir bitten das Bezirksamt in Abstimmung mit dem Ausschuss für Wochenmärkte mit den Verbänden, der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation und privaten Marktbetreibern das Gespräch zu suchen und unseren konstruktiven Willen sich mit der Thematik intensiv auseinanderzusetzen zu übermitteln und diese in den Ausschuss einzuladen.
Die GRÜNE2-Fraktion gibt folgende Stellungnahme ab:
Das Bezirksamt Hamburg-Mitte wurde von der zuständigen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um für die in den letzten Jahren unwirtschaftlich gewordenen bezirklichen Wochenmärkten, wieder kostendeckende Einnahmen zu erzielen. Wir als Fraktion „Grüne 2“ bedauern die Tatsache, dass die Kostendeckung in vielen Märkten nicht mehr erzielt wird. Den Vorschlag des Bezirksamtes, über betriebswirtschaftliche Maßnahmen (Erhöhung der Einnahmen sowie Verringerung der Ausgaben) können wir jedoch nur bedingt zustimmen. Wir sind für die vorgeschlagene Gebührenerhöhung, da wir selbstverständlich ein Interesse daran haben, dass kostendeckend gearbeitet wird. Jedoch halten wir es für ausgeschlossen, dass Märkte geschlossen werden sollen, um diesem Ziel gerecht zu werden.
Wir sind der Meinung, dass die Wochenmärkte für einige Bezirke charakteristisch sind und ein Fehlen zu Einbußen in der Lebensqualität der Menschen vor Ort führen würde. Des Weiteren sind diese Märkte Treffpunkte für Menschen aus allen Schichten und Altersgruppen, die unsere Stadt nicht nur prägen, sondern auch lebenswerter machen. Unsere Wochenmärkte sind für viele Besucher nicht nur eine Möglichkeit frische, regionale Ware zu kaufen, sondern an zahlreichen Orten auch oftmals die Einzige, um überhaupt fußläufig einkaufen zu können.
Daher möchten wir als Maßnahme zur Verbesserung der Kostendeckung vorschlagen, dass Marktverantwortliche in den Wochenmarktausschuss eingeladen werden, um uns über weitere Möglichkeiten auszutauschen und über die Verbesserung der Marktqualität und -angebote, die Kostendeckung zu erhöhen.
Die CDU-Fraktion gibt folgende Stellungnahme ab:
Es droht der Verlust der etablierten Wochenmärkte in Rothenburgsort (Sa), Finkenwerder (Di), Hamm (Di) und St. Georg (Do) sowie eine Erhöhung der Standgebühren um 50 Cent/Standmeter. Auf diese missliche Unterdeckung, die bereits in 2017 begann, sich 2018 fortsetzte und absehbar auch in 2019 erwartet wird, wurde die Bezirksversammlung bisher nicht informiert.
Das Bezirksamt ist damit seiner Informationspflicht nach § 19 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) nicht nachgekommen und hat die Bezirksversammlung um die Möglichkeit gebracht, rechtzeitig nach Lösungsansätzen zu suchen. Diese könnten sein:
Die CDU-Fraktion lehnt die Schließung der obigen Standorte kategorisch aus. Die Erhöhung der Standmieten ist ohne ein nachhaltiges Konzept für die Zukunft aller Hamburger Wochenmärkte ein "Tod auf Raten". Neue Unterdeckungen führen zu weiteren Schließungen.
Unser politischer Wille ist, mit allen beteiligten Akteuren, dem Bezirksamt und der Politik ein für die Zukunft tragfähiges Konzept zu entwickeln und alle Wochenmärkte langfristig zu erhalten.
Der Hauptausschuss wird um Kenntnisnahme und ggf. Abgabe einer Stellungnahme gebeten.
Anlagen: 1. Marktgebühren vor und nach einer Gebührenerhöhung
2. Kostendeckungsgrade nach Gebührenerhöhung
1. Marktgebühren vor (Werte jeweils in Klammern) und nach der vorgeschlagenen Erhöhung von 50 Cent je Meter, Dauerzulassungen (Dauer-Z) erhalten unverändert jeweils 70 Cent Nachlass je Meter gegenüber Tageszulassungen (Tages-Z).
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Dienstag |
Mittwoch |
Donnerstag |
Freitag |
Sonnabend |
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Dauer-Z |
Tages-Z |
Dauer-Z |
Tages-Z |
Dauer-Z |
Tages-Z |
Dauer-Z |
Tages-Z |
Dauer-Z |
Tages-Z |
Berta-Kröger-Platz |
3,70 (3,20) |
4,40 (3,90) |
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|
|
4,70 (4,20) |
5,40 (4,90) |
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Billstedt |
3,70 (3,20) |
4,40 (3,90) |
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|
4,70 (4,20) |
5,40 (4,90) |
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Finkenwerder |
3,30 (2,80) |
4,00 (3,50) |
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3,50 (3,00) |
4,20 (3,70) |
Großneumarkt |
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3,50 (3,00) |
4,20 (3,70) |
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3,30 (2,80) |
4,00 (3,50) |
Hamm |
3,30 (2,80) |
4,00 (3,50) |
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3,50 (3,00) |
4,20 (3,70) |
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Horn |
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*3,50 (3,00) |
*4,20 (3,70) |
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Rothenburgsort |
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3,30 (2,80) |
4,00 (3,50) |
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3,30 (2,80) |
4,00 (3,50) |
St. Georg |
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|
3,30 (2,80) |
4,00 (3,50) |
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Stübenplatz |
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3,70 (3,20) |
4,40 (3,90) |
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|
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3,70 (3,20) |
4,40 (3,90) |
* = während der offenen U-Bahnbaustelle nur Mindestgebühr 2,40/3,10 €
2. Kostendeckungsgrad unter der Annahme des derzeitigen Bestands an Marktständen nach Durchführung einer Gebührenerhöhung von 50 Cent je Meter
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Dienstag |
Mittwoch |
Donnerstag |
Freitag |
Samstag |
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Ortsteil |
Kosten- deckung heute |
Stände |
heute +50₡ |
Stände |
heute +50₡ |
Stände |
heute +50₡ |
Stände |
heute +50₡ |
Stände |
heute +50₡ |
Berta-Kröger-Platz |
81% |
22 |
72% |
|
|
|
|
31 |
100% |
|
|
Billstedt |
171% |
63 |
200% |
|
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|
|
75 |
175% |
|
|
Finkenwerder |
39% |
12 |
43% |
|
|
|
|
|
|
14 |
47% |
Großneumarkt |
77% |
|
|
30 |
105% |
|
|
|
|
17 |
68% |
Hamm |
49% |
6 |
22% |
|
|
|
|
27 |
79% |
|
|
Horn |
35% |
|
|
|
|
14 |
38% |
|
|
|
|
Rothenburgsort |
27% |
|
|
12 |
36% |
|
|
|
|
8 |
25% |
St. Georg |
37% |
|
|
|
|
11 |
41% |
14:00 - 18:30 |
priv. |
|
|
Stübenplatz |
150% |
|
|
31 |
155% |
|
|
|
|
41 |
183% |
Hamburg-Mitte |
85% |
|
|
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|
|
|
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|
|
94% |
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