Wochen des Gedenkens, Zusammenarbeit mit extremistischen Organisationen
Letzte Beratung: 27.11.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 4.11
Kleine Anfrage
der BAgd. Jacobsen, Dr. Dahms und der FDP-Gruppe
Wir begehen wie in jedem Herbst in Bergedorf zurzeit die Wochen des Gedenkens an die Opfer der totalitären Einparteiendiktatur des Nationalsozialismus. Die Gedenkstätte Neuengamme in unserem Bezirk legt uns eine besondere Verantwortung für das Erinnern an die vielen Opfer des menschenverachtenden Totalitarismus auf.
Aus sehr persönlichen Gründen hat das Gedenken in Bergedorf für mich (Sonja Jacobsen) eine besondere Bedeutung. Mein Stiefgroßvater war dort als kommunistischer Gefangener inhaftiert. Sein Stiefsohn, mein Großvater, hat noch in den 50er Jahren für die KPD in Hamburg kandidiert. Nachdem aber immer klarer wurde, dass der Kommunismus der KPdSU und damit auch der SED ebenfalls eine Einparteiendiktatur bedeutete unter deren Regime Millionen Menschen ihr Leben verloren, wandte sich mein Großvater der freiheitlich-demokratische Grundordnung zu und von der seit 1956 verbotenen KPD ab.
Am 22.4.2025 hat die Bezirksversammlung Bergedorf mit großer Mehrheit aller Fraktionen und Gruppen, mit Ausnahme der Stimmen der AFD die
Drucksache - 22-0324
‚8. Mai 2025 – 80 Jahre Befreiung vom Faschismus: Für eine wehrhafte Demokratie und den Schutz der offenen Gesellschaft - 2. ergänzte Fassung‘
beschlossen.‘
Im Punkt 5 des Petitums heißt es:
5. Eine Zusammenarbeit mit extremistischen Gruppen und Organisationen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen oder unterwandern, schließt die Bezirksversammlung aus. Demokratische Kräfte müssen sich klar von solchen Positionen abgrenzen und ihnen keine Bühne bieten.
Ein solches Bekenntnis ist für Demokraten eine Selbstverständlichkeit.
Es muss daher zumindest irritieren, dass die seit Ihrer Gründung vom Verfassungsschutz beobachtete und vom Hamburger Verfassungsschutz in der Rubrik Linksextremismus geführte DKP in der Woche des Gedenkens sowohl als Mitglied der AG Gedenken, als auch als Veranstalter im Rahmen der Wochen des Gedenkens auftritt. Im Programmheft der Wochen des Gedenkens, in dem unsere Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann das Grußwort schreibt, tritt die DKP auch als Anzeigekunde auf.
Quelle: Programmheft Wochen des Gedenkens 2025 S. 18
Die DKP versteht sich als Nachfolgepartei der verbotenen KPD, die wie es im Verfassungsschutzbericht Hamburg 2024 unter anderem heißt:
„Nach Lesart der DKP sei die sogenannte „Diktatur des Proletariats“ im Übrigen der Schlüssel zur Überwindung der Klimakrise und aller sonstigen Menschheitsprobleme. Die DKP steht damit im unauflösbaren Gegensatz zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der parlamentarischen Demokratie.“
Das Bezirksamt Bergedorf nimmt wie folgt Stellung:
Das Erinnern an die Zeiten des Nationalsozialismus hat im Bezirk Bergedorf, in dem mit dem KZ Neuengamme das zentrale Konzentrationslager Nordwestdeutschlands errichtet und betrieben wurde, eine besondere Bedeutung. Die Wochen des Gedenkens im Herbst eines jeweiligen Jahres haben insofern eine längere Tradition, eine Tradition des gesellschaftlichen Gedenkens insbesondere auch an die geschichtlichen Ereignisse in Bergedorf. Die geschichtlichen Ereignisse, derer gedacht wird, wurden auch hier vor Ort von staatlichen Stellen organisiert. Schon aus diesem Grund tragen staatliche Stellen und damit auch das Bezirksamt Bergedorf eine historische Verantwortung für dieses Gedenken, die sich nicht auf einzelne Opfergruppen beschränkt und die eine Unterstützung und eine Beteiligung an der gesellschaftlichen Erinnerungskultur rechtfertigt, etwa auch durch ein Grußwort oder eine Gedenkrede zur Bedeutung dieser gesellschaftlichen Erinnerung.
Ausgerichtet und organisiert werden die Wochen des Gedenkens in Bergedorf seit 2012 von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis - der AG Gedenken -, das aus dem Bergedorfer Rathausbündnis gegen Rechtsextremismus hervorgegangen ist. Ihm gehört nach Kenntnis des Bezirksamtes auch seit Beginn die DKP an. Ob die Mitgliedschaft der DKP in der AG Gedenken tragbar und gewünscht ist, ist eine Frage, die nicht das Bezirksamt beantworten kann, sondern die von den Mitgliedern der AG diskutiert und entschieden werden muss. Ebenso wurde und wird in der AG Gedenken auch die inhaltliche Ausgestaltung der Wochen des Gedenkens diskutiert und entschieden. Die AG Gedenken übernimmt damit ehrenamtlich und mit großem Engagement die Verantwortung für die gesellschaftliche Erinnerungskultur in Bergedorf.
In Wahrnehmung dieser Verantwortung hat die AG Gedenken die Bezirksamtsleiterin am 20. November 2025 informiert, dass sie entschieden habe, die innerhalb der diesjährigen Wochen des Gedenkens eingeplante Veranstaltung der DKP in diesem Rahmen abzusagen. Ihr seien die biografischen Informationen über den eingeladenen Referenten dieser Veranstaltung erst nachträglich bekannt geworden. Für eine Arbeitsgruppe, die jedes Jahr an die Diktatur des“ Dritten Reiches“ und deren Opferder Verfolgung erinnere, sei es nicht möglich, diesen Referenten zu akzeptieren. Die DKP, die diese Veranstaltung geplant habe, werde sie nun an einem anderen Ort und nicht im Rahmen der Wochen des Gedenkens durchführen. Die AG Gedenken lehne jede Verbindung mit dieser Veranstaltung ab.
Die Bezirksversammlung unterstützt die Aktivitäten des Rathausbündnisses gegen Rechtsextremismus sowie die Woche des Gedenkens parteiübergreifend seit vielen Jahren. Noch im Mai dieses Jahres hat die Bezirksversammlung mit einstimmigem Beschluss die Arbeit der AG des Gedenkens zur Würdigung der Schicksale der Kinder von Zwangsarbeiterinnen in Bergedorf (Drs. 22-0360), die in diesem Jahr ein zentrales Thema der Wochen des Gedenkens ist, ausdrücklich unterstützt.
Vor diesem Hintergrund fragen wir das Bezirksamt Bergedorf:
1) Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit des Bezirksamtes Bergedorf mit der AG Gedenken?
Das Bezirksamt gewährt die von der Bezirksversammlung beschlossenen Zuwendungen und unterstützt die Wochen des Gedenkens bei der Durchführung von einzelnen Gedenkveranstaltungen. Weitere Gedenkveranstaltungen, wie etwa die Kranzniederlegung am Zwangsarbeitermahnmal, werden bei Bedarf soweit möglich ebenfalls organisatorisch unterstützt.
a) Inwiefern verträgt sich diese Zusammenarbeit mit der aktiven Mitgliedschaft der DKP in der AG Gedenken?
b) Wie bewertet das Bezirksamt diese Zusammenarbeit vor dem Hintergrund des Petitums 5. der Drucksache - 22-0324
c) Inwiefern verträgt sich ein Grußwort der Bezirksamtsleiterin mit der aktiven Mitgliedschaft der DKP in der AG Gedenken?
Siehe Vorbemerkung.
2) Wie kommt es zu der Aussage im Programmheft der Wochen des Gedenkens 2025:
„Mit Unterstützung der Bezirksversammlung Bergedorf“?
Der Hinweis beruht auf Ziffer 7.2.10 der Verwaltungsvorschriften zu § 46 der Landeshaushaltsordnung.
3) In welchen Umfang und in welchen Bereichen, wurden die ‚Wochen des Gedenkens‘ in den letzten 3 Jahren aus Mitteln des Bezirks Bergedorf unterstützt? Bitte einzeln detailliert aufführen, im Fall von Anträgen zur Förderung bitte mit Antragsstellenden und Begründung.
Die Wochen des Gedenkens werden vom Bezirksamt auf Beschluss der Bezirksversammlung aus Projektmitteln der Rahmenzuweisung Stadtteilkultur gefördert und zwar in den letzten 3 Jahren wie folgt:
Zuwendungs-jahr |
Antragsteller |
Projekt-bezeichnung |
Zuwendungs-höhe |
geprüfte Zuwendungs-höhe |
Förder-instrument |
Beschreibung |
2025 |
Kirchspiel Bergedorf |
Woche des Gedenkens |
2.000,00 € |
2.000,00 € |
Kulturmittel |
Gedenkveranstaltung zum Kriegsende und Woche des Gedenkens an die Verbrechen während der nationalsozialistischen Herrschaft. Aufklärung, Informieren und Diskutieren über sichtbaren Rassismus und Neonationalsozialismus. Bereicherung des kulturellen Lebens im Stadtteil, Verbesserung der Lebensqualität im Stadtteil, Beitrag zur demokratischen, inklusiven nachhaltigen Stadtteilentwicklung. |
2024 |
AG Gedenken Rathausbündnis gegen Rechts |
Woche des Gedenkens z. Erinnerung |
2.000,00 € |
2.000,00 € |
Kulturmittel |
Woche des Gedenkens an die Zeit 1933 bis 1945: Aktuelle Aspekte neben der Aufarbeitung der Vergangenheit werden thematisiert. Mit Vorträgen, Filme Diskussionen, Stolpersteinrundgänge und Musikveranstaltungen wird zu dem Thema gearbeitet. |
2023 |
Kirchspiel Bergedorf |
12. Bergedorfer Woche des Gedenkens |
1.800,00 € |
1.215,36 € |
Kulturmittel |
Woche des Gedenkens zum Kriegsende in 2023 - Veranstaltungen zur Erinnerung und Information über die Verbrechen während der nationalsozialistischen Herrschaft, sowie der Beschäftigung mit dem offenen und latenten Rassismus und Neonazismus in der Gegenwart. |
Darüber hinaus wurde die Unterstützung der Stolpersteinverlegung für die Kinder der Zwangsarbeiterinnen ebenfalls von der Bezirksversammlung beschlossen, siehe Vorbemerkung.
4) Wie bewertet das Bezirksamt eine zukünftige Zusammenarbeit mit und Förderung von Projekten der AG Gedenken, speziell vor dem Hintergrund des Punktes 5 des Petitums der Drucksache - 22-0324 und solange eine Mitgliedschaft und aktive Rolle der DKP besteht?
Siehe Vorbemerkung.
5) Wird, und wenn ja, in welchen Umfang der SerahnEINS e.V. Zentrum für Kultur und Gesellschaft aus bezirklichen Mitteln gefördert? Bitte einzeln detailliert für die letzten 3 Jahre aufführen.
Das Bezirksamt fördert das Integrationsprojekt „Haus für alle“ sowie ergänzend im Jahr 2025 das Patenschaftsprojekt für Menschen aus der Ukraine. Im Einzelnen:
Zuwendungsjahr |
Projektbezeichnung |
Zuwendungshöhe |
geprüfte Zuwendungshöhe |
Förderinstrument |
2023 |
Haus für Alle |
130.000, - € |
126.45735 € |
Quartiersfonds |
2024 |
Haus für Alle |
130.000, - € |
115.417,63 € |
Quartiersfonds |
2025 |
Haus für Alle |
140.000, - € |
nn |
Quartiersfonds |
2025 |
Peer-to-Peer-Beratung Ukraine |
9.892,67 € |
nn |
SIN-Ukraine |
6) Sieht das Bezirksamt speziell vor dem Hintergrund des Petitums 5 der Drucksache - 22-0324 einen Konflikt durch Veranstaltungen der DKP im Serahn 1?
Siehe Vorbemerkung.
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