Straßenumbenennungen in Bergedorf (u.a. Kurt-A.-Körber-Chaussee)
Ausgehend vom Antrag 20-0686 der Linksfraktion in Bezug auf die Veröffentlichung „Die Dabeigewesenen“ der Landeszentrale für Politische Bildung wurden von einer durch die Bezirksversammlung eingesetzten Fachkommission Straßennamen in Bergedorf überprüft. Es sollte so festgestellt werden, welche Straßen nach Personen benannt sind, die aufgrund ihrer Biografie als durch den Nationalsozialismus belastet gelten und damit nicht als Namensgeber für Straßen oder Plätze geeignet sind.
Die Kommission kam zu folgendem Ergebnis[1]:
|
Person |
Straßenname |
Empfehlung |
1 |
Otto Ameis |
Ameisweg |
Umbenennung angeraten, wenn auch nicht zwingend erforderlich |
2 |
Carl Bensel |
Benselweg |
Umbenennung angeraten, wenn auch nicht zwingend erforderlich |
3 |
Hermann Distel |
Hermann-Distel-Straße |
Umbenennung nicht erforderlich |
4 |
Erich Elingius |
Elingiusplatz |
Umbenennung trotz NSDAP-Mitgliedschaft nicht erforderlich |
5 |
Ernst Finder |
Ernst-Finder-Weg |
Umbenennung nicht erforderlich |
6 |
Hans Förster |
Hans-Förster-Bogen |
Umbenennung nicht erforderlich |
7 |
Rudolf Klophaus |
Klophausring |
Umbenennung trotz NSDAP-Mitgliedschaft nicht erforderlich |
8 |
Kurt A. Körber |
Kurt-A.-Körber-Chaussee |
Umbenennung angeraten |
9 |
Walther Puritz |
Puritzweg |
Umbenennung trotz NSDAP-Mitgliedschaft nicht erforderlich |
10 |
Richard Schorr |
Schorrhöhe |
Umbenennung erforderlich |
Besonders steht in der Öffentlichkeit dabei die Betrachtung der Kurt-A.-Körber-Chaussee im Vordergrund. Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Sie litten zusätzlich unter der Brutalität der SS-Aufseherinnen, von denen zwei nach 1945 zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. "Kurt A. Körber war am Aufbau des Werkes in der Florastraße beteiligt", schreiben Schmid/Bajohr auf der Seite 96. Und weiter Seite 97: "Beim Luftangriff am 13. Februar 1945 wurde das Werk III weitgehend zerstört, die meisten Haftlinge kamen ums Leben." Die Frauen mussten im Werk bleiben, durften keinen Schutzraum aufsuchen. Dass es möglich war, sich gegen die Behandlung der KZ-Haftlinge zu beschweren, zeigte der spätere Herausgeber der „Zeit“, Gerd Bucerius. Er war bis 1945 stellvertretender Betriebsleiter der Diago-Werke. In einem Brief an den Kommandanten des KZ Neuengamme, Max Pauly, beschwert er sich im Marz 1945 über den Lagerleiter Wilhelm Kliem: „Es erscheint uns auch nicht unbedenklich, dass HSchF (Hauptscharführer) Kliem die seinem Lager angehörigen Frauen derart schlagt, dass das Geschrei dieser Frauen von den ebenfalls in unserem Werk beschäftigten Italienern und von anderen Gefolgschaftsmitgliedern angehört werden kann. […]“[3].Von Kurt A. Körber ist Ähnliches nicht überliefert. Es gab sogar Versuche, den Einsatz von KZ-Häftlingen zu verweigern. Marc Buggeln berichtet in seinem Buch „Arbeit & Gewalt – Das Außenlagersystem des KZ Neuengamme“ auf den Seiten 79ff über Heinrich Dräger, der zuerst es abgelehnt hat, KZ-Häftlinge zu beschäftigen, dann jedoch einlenken musste. Doch er besorgte zusätzliches Essen für die Haftlinge, die in seinem Werk Gasmasken herstellen mussten. „Die Bilanz vom Verhalten Drägers und der Drägerwerke bleibt zwiespältig. Trotzdem heben sich die Firmeneigner und die Firma damit deutlich vom Großteil des Verhaltens der Spitzen der deutschen Wirtschaft ab, deren Verhalten nicht als zwiespältig zu beschreiben ist, sondern von gleichgültig bis feindlich reichte. Dräger leistete zwar keinen Widerstand, aber er wollte den Einsatz von KZ-Häftlingen in seinen Werken zunächst verhindern. Und als er dies nicht verhindern konnte, sprach er in einem Brief von der 'Rucksicht', welche die Firma auf die Haftlinge zu nehmen habe, ein Wort, das dem Großteil der deutschen Wirtschaftsvertreter im Hinblick auf die KZ-Haftlinge nicht über die Lippen kam.“
Eine weitere bewiesene Luge von Kurt A. Körber ist seine 1990 geäußerte Behauptung, er sei als einziger aus der Führungsriege der "Universelle" nach der Entnazifizierung durch die sowjetische Besatzungsmacht wieder in seine Funktion eingesetzt worden. Alle seine Kollegen, bis auf den Betriebsführer Hans Schwerin, wurden weiter beschäftigt. (s. S. 100 Schmid/Bajohr)
Zusammenfassend müssen wir heute feststellen, dass Kurt A. Körber tief in die NS-Verbrechen verstrickt war. Er gehörte zu denen, die profitiert sowie unkritisch funktioniert haben und somit mitverantwortlich waren für unendliches Leid. Als Technischer Direktor und zuständig für den Aufbau des neuen Werks III war er sicherlich auch verantwortlich für den Personaleinsatz. Seine Mitgliedschaft in der NSDAP hat er geleugnet. Er hat nach unserem Kenntnisstand nie Bedauern über den Einsatz der Zwangsarbeiter*innen und der Frauen aus dem KZ bei der "Universellen" geäußert. Stattdessen versuchte er sich durch falsche Behauptungen in ein besseres Licht zu stellen. Bei der Würdigung der Gesamtpersönlichkeit erscheint uns dieser Teil seines Lebens, unabhängig davon, was er nach 1945 getan hat, so gewichtig, dass wir keine Straße nach ihm benannt haben wollen. Dies umso mehr, als dass er neben den Opfern und den sich im Widerstand befundenen Menschen, nach denen viele Straßen zu Recht auch als Vorbild sowie zur Würdigung und Ehrung benannt sind, nicht in gleicher Weise stehen sollte.
Petitum/Beschlussvorschlag:
Wir beantragen deshalb, die Bezirksversammlung möge beschließen:
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