20-1871.02

Stellungnahme der Fraktion DIE LINKE in der BV Bergedorf zum "Masterplan Oberbillwerder"

Antrag

Letzte Beratung: 20.12.2018 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 11.2.2

Sachverhalt

 

Die Fraktion DIE LINKE in der Bezirksversammlung lehnt das geplante Bauvorhaben „Oberbillwerder“ ab. Dafür gibt es viele Gründe. Drei wesentliche Gründe sind:

 

1.       Eine Umsetzung des sogenannten "Masterplans" würde die unwiederbringliche Zerstörung der Kultur- und Naturlandschaft der Marschlande bedeuten.

2.       Der sogenannte "Masterplan" ist in Wirklichkeit in weiten Teilen ein Zeugnis von Planlosigkeit. Zahlreiche wichtige Fragen, z.B. zur Verkehrsplanung, zur Entwässerung, zu den Arbeitsplätzen und zu den voraussichtlichen Kosten werden in ihm nicht beantwortet.

3.       DIE LINKE lehnt dieses Großprojekt auch deshalb ab, weil keine Strategie erkennbar ist, die das Ziel sichert, langfristig bezahlbaren Wohnraum in Hamburg zu schaffen. Hierzu wäre es unseres Erachtens notwendig, zum einen den Verkauf städtischer Flächen an private Investoren grundsätzlich auszuschließen und zum anderen einen erheblich stärkeren Fokus auf den sozialen Wohnungsbau zu setzen.

 

Aus den genannten Gründen stimmte der Vertreter der Fraktion DIE LINKE in der Bezirksversammlung Bergedorf in der Jury für „Oberbillwerder“ auch für keinen der Architektenentwürfe, sondern stimmte mit NEIN.

 

7.000 Wohneinheiten und 5.000 Arbeitsplätze können verträglicher für Mensch und Umwelt woanders geschaffen werden. Dabei sollten diese auf mehrere Flächen verteilt und hierfür auch Flächen im Umland in der Metropolregion gesucht werden. Den Vorrang muss dabei der geförderte Wohnungsbau haben. Außerdem muss die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr Voraussetzung sein. Hier sind auch neue bzw. verlängerte Bahnlinien bis ins benachbarte Schleswig-Holstein notwendige Planungselemente.

 

Abgesehen von der grundsätzlichen Ablehnung der Bebauung von „Oberbillwerder“ möchten wir dennoch u.a. auf die ungeklärte Situation der zwingend notwendigen Lärmschutzwand zur Bahn hinweisen, auf die nicht gesicherte Finanzierung der zusätzlichen Durchstiche unter den Bahngleisen, die nicht gesicherte Finanzierung und Abklärung der äußeren Erschließung über Straßen mit einem drohenden Verkehrschaos, auf die nicht gesicherte Finanzierung der Mobility-Hubs, die immensen Kosten für die Erhöhung der Fläche um bis zu 1,5 Metern und die noch nicht erfolgte Sicherung der benötigten Flächen auf der Deponie Feldhofe für das Energiekonzept für „Oberbillwerder“. Auch sehen wir die geplante sogenannte Mehrfachnutzung von Flächen äußerst kritisch.

 

Die vorgestellten Verkehrs- und Entwässerungsgutachten benennen keine wirklich vernünftigen und für Natur und Mensch tragbaren Vorschläge, sondern bedeuten sowohl für die zukünftigen Bewohner*innen als auch für die schon jetzt dort wohnenden Menschen eine Verschlechterung. Sie stellen sogar durch erhöhten Lärm und erhöhte Abgasemissionen etc. eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Insbesondere die Straßenanbindungen an den Mittleren Landweg, den Ladenbeker Furtweg mit den noch zu bauenden Auf- und Abfahrten zur B5 und durch Neuallermöhe sind nicht akzeptabel.

 

In der Diskussion um „Oberbillwerder“ wurde in den Raum gestellt, es handele sich um eine angeblich ökologisch „wertlosen Fläche“. Dem widersprechen wir. 2017 wurde eine Bestandsaufnahme der Biotope, Amphibien, Reptilien, Fledermäuse, Vögel und Schnecken durchgeführt. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sowie Biotope, die sich auf der Roten Liste befinden, wurden in dem Gebiet entdeckt. Die Biotope und Lebensräume der Rote Liste Arten werden in den zukünftig bebauten Bereichen beeinträchtigt bzw. beseitigt. Durch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erfolgt u.E. keine wirkliche Kompensation. Niemand kann den Lebewesen vorschreiben, wo sie in Zukunft leben sollen und zumeist sind diese Biotope auch schon von diesen Arten besiedelt oder entsprechen nicht den Ansprüchen des jetzigen Standortes. Ausgleichsmaßnahmen können nie wirklich die zerstörten Habitate ersetzen.

 

Das Gebiet „Oberbillwerder“ gehört zum Überschwemmungsgebiet Mittlere Bille / Dove- und Gose-Elbe. Das Schöpfwerk Allermöhe ist weitgehend ausgelastet. Der Untergrund ist nicht für Versickerung geeignet. Er besteht aus schutzwürdigen Weichschichten. Wir haben hier hohe Grundwasserstände mit einem Flurabstand von weniger als einen Meter. Es bedarf eines Schutzes der Oberlieger vor Rückstau, sowohl für die Landwirtschaft im Norden als auch für den Stadtteil Bergedorf-West und der Unterlieger. Eine erforderliche Drosselabflussspende bedeutet eine besondere Aufgabe für die Regenwasserbewirtschaftung durch Verdunstung, Retention und Nutzung, welche jedoch niemals die Wassermassen bei einem oder sogar mehreren hintereinander auftretenden Starkregenereignis verarbeiten könnten.

 

Die im Entwässerungskonzept vorgestellten Ziele wie naturnaher Wasserhaushalt durch Gründächer, Freiflächen, Regenwassernutzung etc., Umsetzung von RISA durch offene Entwässerung, wassersensible Straßenraumgestaltung, Mehrfachnutzung der Flächen etc. und urbane raumbildende Gewässer mit der Gefahr von Verockerung, Geruchsbelästigung sowie hoher Unterhaltungsaufwand durch Spülung lösen das Problem von Starkregenereignissen auch nicht wirklich. Sie zeigen eher die große Problematik der nicht wirklich zu bewältigenden notwendigen Entwässerungen und damit zusammenhängenden Wasserbauten.

 

Die Einleitmenge aus „Oberbillwerder“ in den Nördlichen Bahngraben darf einen Drosselabfluss von 5 l/ (s*ha) bei einem 100-jährlichen Regenereignis nicht überschreiten. Hierbei sind die Folgen der globalen Klimaerwärmung noch gar nicht berücksichtig, welche ein heute 100-jährliches Ereignis vielleicht in Kürze zu einem 80-jährlichen oder sogar noch häufiger auftreten lässt. Was bedeutet dies für die bebaute Fläche? Als Retentionsflächen vorgesehene Sportanlagen und öffentliche Grünanlagen und Plätze werden zerstört und müssen kostenaufwendig wiederhergestellt werden.

Wir gehen davon aus, dass die Entwässerung des Bauvorhabens „Oberbillwerder“ nicht sinnvoll möglich oder nur mit immensen Erstellungs- und Folgekosten sowie erheblichen Eingriffen in die Natur realisiert werden kann.

 

 

 

 

 

 

Petitum/Beschluss

 

Die Bezirksversammlung Bergedorf möge beschließen:

Die Bezirksversammlung fordert aus den benannten Gründen den Senat auf, diese Sachlagen zur Kenntnis zu nehmen und das Bauvorhaben „Oberbillwerder“ nicht umzusetzen.

 

 

 

 

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