Radarfallen rechtswidrig konfiguriert?
Letzte Beratung: 18.11.2019 Fachausschuss für Verkehr und Inneres Ö 6
Auskunftsersuchen der BAbg. Sonja Jacobsen, Stephan Meyns, Stefan Kubat und FDP-Fraktion
Wie verschiedenen Presseartikeln (Hamburger Abendblatt vom 10.07.2019, Seite 11, Bergedorfer Zeitung vom 11.07.2019, Seite 1) zu entnehmen ist, hat das Saarbrücker Verfassungsgericht die Konfiguration des Radarmessgerätes „Trafficstar S 350“ für rechtlich, mangels Beweiskette, nicht verwertbar erklärt.
In Bergedorf stehen in der Bergedorfer Straße zwei solcher festinstallierten Messgeräte für Geschwindigkeitskontrollen.
Wir fragen die Bezirksamtsleitung bzw. den Hamburger Senat:
Die Behörde für Inneres und Sport beantwortet das Auskunftsersuchen vom 15.07.2019 wie folgt:
Am 05.07.2019 urteilte der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes (Az.: Lv 7/17), dass Messergebnisse des Messgeräts vom Typ TraffiStar 350S des Herstellers Jenoptik unter bestimmten Bedingungen als Beweismittel im Bußgeldverfahren nicht verwertbar sind. Er begründet dies mit gänzlich fehlenden Möglichkeiten der Nachvollziehbarkeit des technischen Messverfahrens mangels gespeicherter „Rohmessdaten“. Das Urteil entfaltet über das Saarland hinaus keine bindende Wirkung.
Das Urteil stellt nicht in Frage, dass es sich bei Messungen mit diesen Geräten um ein von der PTB zugelassenes standardisiertes Messverfahren handelt. Auch die ordnungsgemäße Eichung solcher Geräte wird nicht in Zweifel gezogen. Bemängelt wurde, dass die Messwertbildung der durch dieses Gerät erfolgten Geschwindigkeitsmessungen nachträglich nicht nachvollziehbar sei. Die dazu erforderlichen Daten werden vom Messgerät des Herstellers Jenoptik nicht gespeichert. Somit sei die Messwertbildung auch für eingeschaltete Sachverständige nicht nachprüfbar und im Ergebnis nicht zu verwerten. „Faire“ Verfahren bei Gericht seien so nicht möglich. Eine einheitliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt bisher nicht vor. Die Begründung des Verfassungsgerichtshofes Saarland macht darüber hinaus deutlich, dass die endgültigen Messergebnisse durch das Gericht nicht beanstandet wurden, so dass eine unbegründete Inanspruchnahme von Fahrzeugführern nach festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht vorliegt.
Dies vorausgeschickt, nimmt die BIS wie folgt Stellung:
1.1. Sind im Bereich des Bezirkes Bergedorf – außer an Bergedorfer Straße– weitere
Geräte des Typs „Traffistar S 350“ des Herstellers Jenoptik im Einsatz?
1.2. Wenn ja, wo?
. In der Bergedorfer Straße befinden sich zwei Geräte des angefragten Typs. Darüber hinaus befinden sich im Bezirk keine weiteren Messgeräte dieses Typs.
1.3. Gibt es Geräte anderer Hersteller, die denselben „Fehler“ aufweisen?
Nein.
1.4. Wie teuer war die Installation insgesamt?
1.4.1. Wie teuer war das Gerät allein mit Software?
1.4.2. Wie teuer war die Installation des Gerätes mit Software?
1.4.3. Wie teuer war die infrastrukturelle Vorbereitung für den Anschluss des Gerätes
(Strom, Telekommunikation, Umbau der Verkehrsinsel, Sockel etc. pp.)?
Vor dem Hintergrund anstehender Ausschreibungsverfahren wird von einer Angabe der für die Anschaffung und Installation der Geräte entstandenen Kosten abgesehen, da sich das negativ auf die Verhandlungsposition der Behörde für Inneres und Sport in Form der Preisgestaltung der Angebote auswirken könnte.
1.5. Wie viele Messungen haben im Monat (Durchschnitt der letzten zwölf Monate)
Geschwindigkeitsüberschreitungen (Einstufung gemäß Bußgeldtabelle)
1.5.1. bis 10 km/h
1.5.2. 11-15 km/h
1.5.3. 16-20 km/h
1.5.4. 21-25 km/h
1.5.5. 26-30 km/h
1.5.6. 31-40 km/h
1.5.7. 41-50 km/h
1.5.8. 51-60 km/h
1.5.9. 61-70 km/h
1.5.10. über 70 km/h ergeben?
Angaben im Sinne der Fragestellung werden nicht in statistischer Form erhoben. Die Beantwortung der Frage würde eine Auswertung aller Messarchive der entsprechenden Geräte erfordern. Dies ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich, zumal hierfür die Auswertung aktueller Archive – auch aus Messungen mit anderen Geräten – zurückgestellt werden müsste.
1.6. Von 1.5.1. bis 1.5.10., welche Bußgelder (gesamt/Monat) wurden verhängt?
Siehe hierzu Drs. 21-15721.
2. Wie beurteilt die Verwaltung die Entscheidung des Saarbrücker Verfassungsgerichts in Bezug auf die gerichtsfeste Verwertbarkeit der Messergebnisse die Bedeutung für das Bundesland Hamburg?
Siehe Vorbemerkung..
3.1. Sind die Hamburger Messgeräte genauso konfiguriert wie im Saarland oder gibt
es eine abweichende Konfiguration, die die Beweiskette schließt?
3.2. Wenn es eine abweichende Konfiguration gibt,
3.2.1. welche und
3.2.2. seit wann?
Die in Rede stehenden Geräte und die hierin zum Einsatz kommende Software unterliegen einer bundeseinheitlichen Zulassung durch die PTB. Ohne, dass die BIS nähere Kenntnis über den Gerätebestand des Saarlandes besitzt, ist davon auszugehen, dass es sich um eine identische Hard- und Software handelt.
4.1. Ist beabsichtigt, die Firma Jenoptik für einen etwaigen Ausfall von Verwarn- und/oder Bußgeldern haftbar zu machen?
Derzeit ist nicht beabsichtigt, dass durch die PTB zugelassene, standardisierte Messverfahren auszusetzen.
4.2. Hat die Verwaltung bei der Auftragsvergabe bzw. Abnahme der Geräte selbst den (Rechts-)Fehler gemacht?
Nein.
5. Welche Konsequenzen für die Zukunft zieht man aus diesem Urteil
5.1. beim Landesbetrieb Verkehr
5.2. in der Innenbehörde
Bereits bisher wurden jeweils nur durch die PTB-geprüfte und zertifizierte Anlagen eingesetzt. Durch die PTB werden hierbei nur Anlagen zertifiziert, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Soweit durch die Rechtsprechung neue Anforderungen an die Anlagen definiert werden, stellen Hersteller und PTB sich hierauf ein und passen Geräte und Prüfverfahren entsprechend an. Für die Gerätenutzer besteht keine andere Möglichkeit, als weiterhin die PTB-Zertifizierung zur Grundlage für Beschaffungsentscheidungen zu machen.
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Handlungsanweisung zum Einsatz von Messgeräten des Typs Jenoptik Traffistar S 350
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