22-0349.01

Monteurswohnungen in Bergedorf

Antwort

Sachverhalt

Große Anfrage

der BAbg. Feiler-Siegert, Graßhoff, Cantay, Jobs und der Fraktion Die Linke

Monteurswohnungen werden in Online-Portalen neben Hotelzimmern angeboten. Sie bestehren per Definition aus mehreren Schlafräumen, einer Küche und einem Badezimmer. Die Nutzung ist nicht auf Monteure beschränkt. Die Beschreibung von Monteurswohnungen macht deren Ursprung als „normale“ Wohnung deutlich. Neben Online-Portalen werden diese Wohnungen auch durch Aushänge an Baustellen beworben.

Ein Blick auf die Vermittlungsportale zeigt auch Angebote für Monteurswohnungen in Bergedorf. Wohnungen, die dem regulären Wohnungsmarkt entzogen wurden und werden. Auf den Seiten der FHH findet man unter dem Punkt Wohnraumschutznummer die Erklärung „Eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn Sie die Wohnräume zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken, zum Beispiel Büros, Praxen, Ferienwohnung oder für andere kurzfristige Überlassungen nutzen.“.

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

Das Bezirksamt Bergedorf nimmt wie folgt Stellung:

  1. Sind Monteurswohnungen anmelde- bzw. antragspflichtig? Wenn ja: Wie viele Anmeldungen bzw. Antge liegen im Bezirk Bergedorf vor und welche Bettenkapazität wird auf welcher Wohnfläche vorgehalten?

Monteurswohnungen sind allein aufgrund Ihrer Nutzung/Zweckbestimmung nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz (HmbWoSchG) nicht anmelde- bzw. antragspflichtig, sofern sie nach §1 Grundsätze des HmbWoSchG und nach Ziffer 1.4.1 Auf Dauer angelegte Häuslichkeit; Lebensmittelpunkt der Fachanweisung zum HmbWoSchG zur gesetzeskonformen Wohnnutzung verwendet werden. Soll jedoch Wohnraum für entsprechende Zwecke über die genehmigungsfreien Möglichkeiten (§ 9 Abs. 2 S. 4 und S. 5 HmbWoSchG) hinaus verwendet werden, so ist eine Genehmigungserteilung als Ausnahme vom gesetzlichen Zweckentfremdungsverbot bei der zuständigen Behörde erforderlich.

  1. Welche Ausweisung im B-Plan müssen Gebiete aufweisen damit Monteurswohnungen nicht als Zweckentfremdung gewertet werden?

Bei Monteurswohnungen ist die Differenzierung zwischen Wohnnutzung bzw. wohnähnlicher Unterbringung sowie gewerblicher Beherbergung planungsrechtlich für jeden Einzelfall anhand von Kriterien zu prüfen. Dies sind u.a. die Betriebsbeschreibung, die Grundrisse und Ausstattung der Räumlichkeiten sowie die Art und Anzahl von Serviceräumen (z.B. Frühstücksraum, Rezeption) und Serviceleistungen (z.B. Wäschewechsel). So können einerseits Monteurswohnungen in z.B. Gewerbegebieten unzulässig sein, wenn es sich nicht eindeutig um gewerbliche Beherbergung handelt, sondern um wohnähnliche Unterbringung. Andererseits können Monteurswohnungen (abhängig vom Störgrad und Umfeld) in z.B. reinen Wohngebieten unzulässig sein, wenn es sich um gewerbliche Beherbergung handelt. Es kommt hierbei auf die Zweckbestimmung des Baugebiets und das konkrete Vorhaben an. Diese Prüfung geht zurück auf § 15 der Baunutzungsverordnung: Demnach sind Nutzungen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

Sofern die beantragten Monteurswohnungen planungsrechtlich als Betriebe des Beherbergungsgewerbes gewertet werden, sind sie …

  • ausnahmsweise zulässig (es sei denn, im Bebauungsplan wird festgesetzt, dass Beherbergungsbetriebe bzw. nicht störende Gewerbebetriebe allgemein zulässig sind) im:

- Kleinsiedlungsgebiet

- Reinen Wohngebiet

- Allgemeinen Wohngebiet

  • grundsätzlich zulässig (es sei denn, im Bebauungsplan sind Beherbergungsbetriebe bzw. nicht störende Gewerbebetriebe ausgeschlossen) im

- Besonderen Wohngebiet

- Dörflichen Wohngebiet

- Dorfgebiet

- Mischgebiet

- Urbanen Gebiet

- Kerngebiet

- Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Beherbergungsbetrieb“ (o.ä.)

  • grundsätzlich zulässig (es sei denn, im Bebauungsplan sind Beherbergungsbetriebe ausgeschlossen) im

- Gewerbegebiet

- Industriegebiet

Sofern die beantragten Monteurswohnungen als Wohnnutzungen gewertet werden, sind sie unter dem o.g. Vorbehalt von § 15 der Baunutzungsverordnung in allen Baugebieten zulässig, in denen Wohnnutzungen nicht ausgeschlossen sind, mithin nicht in Gewerbe- und Industriegebieten.

  1. Welche Nutzungsänderungen von Wohnraum zugunsten von gewerblich vermieteten Wohnungen bzw, Zimmern, z.B. Monteurswohnungen, sind im Bezirksamt seit 2020 beantragt worden und mit welchem Ergebnis?

Das Bauamt genehmigt zuständigkeitshalber Nutzungsänderungen. Für die Genehmigung einer Nutzungsänderung von Wohnraum ist eine Zweckentfremdungsgenehmigung der Wohnraumschutzdienststelle nach HmbWoSchG erforderlich. In den vergangenen Jahren wurde folgende Anzahl von Zweckentfremdungsgenehmigungen erteilt oder abgelehnt:

  • 2020: es liegen keine Daten vor
  • 2021: es liegen keine Daten vor
  • 2022: 1 Antrag genehmigt
  • 2023: 0
  • 2024: 1 Genehmigung im Baugenehmigungsverfahren nicht erteilt, da keine zur Nutzungsänderung erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung vorlag
  • 2025: 1 Antrag genehmigt
  1. Welche Nutzungsänderungen in Bezug auf ursprünglich als Wohnraum genutzten Wohnungen oder Gebäudeflächen wurde seit 2020 im Bezirk Bergedorf beantragt und welche davon wurde genehmigt? Bitte einzeln aufführen mit Flächengröße und beantragter bzw. genehmigter neuer Nutzungsart.
  • 2020: es liegen keine Daten vor
  • 2021: es liegen keine Daten vor
  • 2022: 1 | Ferienwohnung | ca.101,09 m² | genehmigt I Kompensation durch die Schaffung von Ersatzwohnraum
  • 2023: 0
  • 2024: 1 | Gästehaus / Hotel | ca. 234,43 m² | nicht genehmigt I Ersatzwohnraum wurde nicht angeboten
  • 2025: 1 | Ferienwohnung | ca. 23,77 m² | genehmigt I Kompensation durch die Schaffung von Ersatzwohnraum
  1. Welche Gebühren wurden für zweckentfremdeten Wohnraum seit 2020 im Bezirk Bergedorf erhoben und welche Gebühren wurden für die Genehmigung von Zweckentfremdungen im gleichen Zeitraum eingenommen? Bitte jeweils jahrweise aufführen.

Anzahl der Gebührenbescheide für Zweckentfremdungsgenehmigungen:

  • 2020: es liegen keine Daten vor
  • 2021: es liegen keine Daten vor
  • 2022: es liegen keine Daten vor
  • 2023: 412,00 €
  • 2024: 0 €
  • 2025: 860,00 €
  1. Sind dem Bezirk Monteurswohnungen speziell in der Daniel-Hinsche-Straße oder dem Töpferhof bekannt? In beide Gebiete ist gemäß B-Plan von 1957 nur eine reine Wohnraumnutzung möglich.

Meldungen über in der Daniel-Hinsche-Straße wohnende sog. „kroatische Wanderarbeiter“ aus der unmittelbaren Nachbarschaft sind bekannt. Gespräche mit den Meldern ergaben keine konkreten Hinweise auf eine zweckfremde Nutzung durch kurzzeitige Überlassung von Wohnraum. Die bloße Wohnnutzung eines Wohnhauses mutmaßlich durch Erwerbstätige im Rahmen der Freizügigkeit im EU-Binnenmarkt stellt für sich genommen keinen Verstoß gegen das HmbWoSchG dar.

Nach den Vorgaben in Ziffer 1.4.1. der Fachanweisung zum §1 Grundsätze des HmbWoSchG kann eine auf Dauer angelegte Nutzung von Wohnraum vorliegen, auch wenn Personen ihren Lebensmittelpunkt lediglich vorübergehend nach Hamburg verlegen. Solche Aufenthalte können beispielsweise im Rahmen von Ausbildung oder Berufstätigkeit erfolgen. Von einer mittelfristigen Verlegung des Lebensmittelpunktes kann ab einer Vertrags- und Aufenthaltsdauer von mindestens 3 Monaten ausgegangen werden. Eine Differenzierung nach Herkunft erfolgt nicht. Weiterhin gab es keine konkreten Hinweise auf eine Überbelegung nach HmbWoSchG.

Eine Monteursunterkunft am Töpferhof ist nicht bekannt.

  1. Welche eigenen Recherchen und mit welchem Zeitaufwand stellt das Bezirksamt zur Ermittlung von zweckentfremdeten Wohnraum an? Bitte die Rechercheergebnisse, sowie den Personaleinsatz für die Zeit seit 2020 aufführen.

Jahr

Stichtag

Stellen-Soll

VZÄ-IST

2025

22.05.2025

0,90

0,90

2024

31.12.2024

0,90

0,90

2023

31.12.2023

0,90

0,90

2022

31.12.2022

1,40

0,55

2021

31.12.2021

1,10

1,00

2020

31.12.2020

0,60

0,60

Im Jahr 2021 wurde durch die Finanzbehörde einer befristeten Stellenneuschaffung im Umfang von 0,5 zugestimmt.

Die 0,5 Stelle war bis zum 31.12.2022 befristet und ist danach wieder entfallen.

Im Jahr 2022 gab es eine organisatorische Veränderung im Fachamt Verbraucherschutz. Bis dahin hatte die Fachamtsleitung auch den Bereich „Technischer Umweltschutz“ (zu dem auch der Wohnraumschutz gehört) in Personalunion geleitet.

Aus eigenem Stellenbestand wurde im September 2022 eine neue Abteilungsleiterebene für den Bereich „Technischer Umweltschutz“ geschaffen. Im Zuge dieser Veränderung wurde auch das Stellen-Soll für den Wohnraumschutz im Umfang von 0,3 dauerhaft erhöht.

Die genannten VZÄ beziehen sich auf den gesamten Aufgabenbereich Wohnraumschutz. Eine explizite Aufteilung in die einzelnen Teilbereiche ist nicht möglich.

  1. Wie viele Beschwerden haben das Bezirksamt seit 2020 aus der Bevölkerung bzgl. Zweckentfremdungen erreicht und mit welchen Ergebnissen? Bitte jahrweise aufführen.

Seit 2020 hat die Wohnraumschutzdienststelle im Bezirk Bergedorf folgende Zweckentfremdungsmeldungen erreicht:

  • 2020: 38
  • 2021: 15
  • 2022: 33
  • 2023: 125
  • 2024: 201
  • 2025: 63 (Stand 15.05.2025)

Bei der überwiegenden Mehrzahl von Zweckentfremdungsfällen handelt es sich um Leerstände. Eine jährliche und inhaltliche Differenzierung gemäß der Frage wird statistisch nicht erfasst. Eine Fachanwendung zur Erfassung und statistischen Aufbereitung der Daten steht bislang nicht zur Verfügung.

Durch Kontaktaufnahme zu Verfügungsberechtigten und durch Vororttermine wurden Verdachtsmomente aufgelöst sowie Leerstände u.a. baulich begründet oder durch die Verfügungsberechtigten beendet. Für die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren fehlen auch unter Berücksichtigung der Fallzahlenentwicklung seit 2020 die personellen Kapazitäten.

  1. Sofern Zweckentfremdungen seitens des Bezirksamts seit 2020 ermittelt wurden: Wie war die ursprüngliche Nutzung der Fläche, welche Zweckentfremdung wurde festgestellt und wie ist die jetzige Nutzung der jeweiligen Flächen? Bitte einzeln mit Jahr angeben.

Die ursprüngliche Nutzung der jeweiligen Fläche war im Kontext der Zweckentfremdung nach HmbWoSchG die Wohnnutzung. Ziel ist die Beendigung der Zweckentfremdung und die Wiederherstellung der Wohnnutzung. Festgestellte Zweckentfremdungen sind überwiegend Leerstände, gefolgt von Kurzzeitvermietungen oder anderweitigen gewerblichen Nutzungen von Wohnraum sowie Abriss. Eine differenzierte Datenaufbereitung nach Art der Zweckentfremdungen erfolgt auch mangels Fachanwendung nicht.

Petitum/Beschluss

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Anhänge

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Lokalisation Beta
Daniel-Hinsche-Straße

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