20-1597.03

Kein Einsatz von Glyphosat in Hamburg

Mitteilung

Letzte Beratung: 16.01.2019 Umweltausschuss Ö 5

Sachverhalt

 

Die Bezirksversammlung hat in ihrer Sitzung am 30.08.2018 mit der Drucksache 20-1597.02 folgendes beschlossen:

 

Der Bezirksamtsleiter wird gebeten,

 

  1. mit der Landwirtschaftskammer, dem Gartenbauverband und ggf. weiteren Vertretern von Gartenbau und Landwirtschaft sämtliche Möglichkeiten zur Schaffung einer glyphosatfreien Zone im Bezirk Bergedorf zu erörtern und auf deren Realisierung hinzuwirken;

 

  1. sich bei den zuständigen Fachbehörden dafür einzusetzen, dass die Möglichkeit, in Pachtverträgen für landwirtschaftlich genutzte städtische Flächen ein Verbot für den Einsatz von Glyphosat zu verankern, geprüft und umgesetzt wird;

 

  1. sich bei den zuständigen Fachbehörden dafür einzusetzen, dass die Möglichkeit eines Verbots für den Einsatz von Glyphosat auf Flächen im Privatbesitz zu verankern, geprüft wird;

 

  1. sich bei den zuständigen Fachbehörden dafür einzusetzen, dass die Möglichkeiten eines Nachteilsausgleiches für landwirtschaftliche Betriebe, welche auf den Einsatz von Glyphosat verzichten, geprüft wird;

 

  1. sich beim Senat dafür einzusetzen, dass eine Bundesratsinitiative für ein generelles Verbot von Glyphosat entwickelt und eingebracht wird;

 

  1. im Umweltausschuss über den Erfolg seiner Bemühungen zu berichten.

 

 

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nimmt dazu wie folgt Stellung:

 

Die zuständige Behörde setzt sich seit Jahren für eine Minderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ein und verfolgt damit einen generellen Ansatz statt der Fokussierung auf einzelne Mittel oder Wirkstoffe. In diesem Zusammenhang hat Hamburg im Rahmen der Agrarministerkonferenz am 29. September 2017 erfolgreich einen Antrag mit der Forderung nach einer neuen „gemeinsamen Strategie Pflanzenschutz“ eingebracht. Damit wurde eine Gesamtstrategie für den Bereich Pflanzenschutz eingefordert. U.a. wurde eine Intensivierung der Forschung für alternative Verfahren und die Entwicklung eines neuen Umgangs mit Pflanzenschutzmitteln zum Schutze der Biodiversität beschlossen.

 

Die zuständige Behörde fördert den Ersatz von Pflanzenschutzmitteln durch nichtchemische Mittel in ökonomischen Verfahren und die Weiterentwicklung von ökologischen Verfahren u.a. durch die Forschungsarbeiten des Pflanzenschutzdienstes der zuständigen Behörde am Kompetenzzentrum für Gartenbau und Landwirtschaft Brennerhof. Dabei werden seit mehreren Jahren im Rahmen von zwei Forschungsprojekten mit Demonstrationsbetrieben im Zierpflanzenbau und im Gemüseanbau in den Vier- und Marschlanden neue Bekämpfungsstrategien mit der Anwendung von Nützlingen erprobt und an die Praxis angepasst. Damit unterstützt der Pflanzenschutzdienst die Gartenbaubetriebe dabei, qualitativ hochwertige aber bezahlbare Zierpflanzen und Gemüse nachhaltig zu produzieren. Der Pflanzenschutzdienst trägt dazu bei, die Auswirkungen von Pflanzenschutzmaßnahmen auf die Biodiversität so gering wie nur möglich zu halten und weiter zu verringern, um dazu beizutragen, den aktuellen Verlust an biologischer Vielfalt aufzuhalten.

 

Davon profitiert nicht nur die Stadt Hamburg, sondern die gesamte Metropolregion. Der biologische Pflanzenschutz ist seit fast 20 Jahren ein integraler Bestandteil der Empfehlungen des Pflanzenschutzdienstes. Damit wird die Einführung von Pflanzenschutzmaßnahmen mit geringen chemischen Pflanzenschutzmittelanwendungen im integrierten Pflanzenschutz gefördert.

 

Auch im Rahmen der Norddeutschen Kooperation im Gartenbau (ein Netzwerk von acht spezialisierten Kompetenzzentren in sechs beteiligten Bundesländern)  werden am Brennerhof als Kompetenzzentrum  mit dem Schwerpunkt Pflanzenschutz ebenfalls unter anderem nichtchemische Verfahren erprobt und in Ringtests validiert.

 

Bei Glyphosat handelt es sich um einen Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. Diese müssen vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zugelassen sein. Im Rahmen der Zulassung werden Auflagen sowie Anwendungsbestimmungen und -bereiche festgesetzt. Die Entscheidungen zur Wirkstoffgenehmigung wird auf EU-Ebene gefällt. Die nationale Zulassung erfolgt gemäß der rechtlichen Vorgaben durch das BVL unter Einbeziehung von Bundesbehörden. Das Land Hamburg hat daher grundsätzlich keine Möglichkeiten, das Zulassungsverfahren zu beeinflussen.

 

Glyphosat kommt auf Kulturlandflächen (z.B. Ackerflächen, gartenbauliche Kulturen) und Nichtkulturlandflächen (z.B. Wege, Gleisanlagen) zum Einsatz. Insbesondere im Bezirk Bergedorf – mit der traditionellen Kulturlandschaft Vier- und Marschlande und über 400 landwirtschaftlichen und gärtnerischen Familienbetrieben – kommt dem Pflanzenschutzmitteleinsatz auf Kulturlandflächen Bedeutung zu. Auf Nichtkulturland gilt ein Genehmigungsvorbehalt. Seit dem Jahr 2016 wird im Rahmen des sogenannten Glyphosatmoratoriums der Einsatz von Glyphosat auf Flächen, die für die Allgemeinheit zugänglich sind, nicht mehr genehmigt.

 

 

Dies vorausgeschickt, nimmt die zuständige Behörde wie folgt Stellung:

 

 

Zu 1.:

Grundsätzlich begrüßt die zuständige Behörde die Idee eines weiteren Expertenkreises, der alle relevanten Akteure einbindet. Hier können Fragen zum Pflanzenschutz und insbesondere zu Glyphosat bzw. zu entsprechenden Substituten fachlich kompetent diskutiert und kommuniziert werden.

 

Die zuständige Behörde bietet schon heute am Standort des Beratungs- und Kompetenzzentrums Brennerhof eine Diskussionsplattform für alle Beteiligten an. Aktuelle Themen werden vom Pflanzenschutzdienst bzw. der Landwirtschaftskammer Hamburg aufgegriffen. Im November des Jahres 2018 wurde für alle Interessenten die Veranstaltung „Nichtchemische Unkrautbekämpfung auf Nichtkulturland“ vom Pflanzenschutzdienst u.a. mit externen Dozenten vom Julius Kühn-Institut (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) erfolgreich organisiert. Bei der Veranstaltung wurden Alternativen zum Herbizideinsatz auf Wegen, Plätzen und sonstigem Nichtkulturland vorgestellt.

 

Zu 2.:

Die zuständige Behörde hat die Möglichkeit geprüft. Im Ergebnis überwiegen Zweifel, ob eine pachtvertragliche Regelung rechtsicher umsetzbar ist. Entsprechende Änderungen können nur im Rahmen der Pachtvertragsverlängerung aufgenommen werden. Die Umsetzung würde daher aufgrund der hohen Anzahl an Pachtverträgen und unterschiedlichen Pachtvertragslaufzeiten Jahre in Anspruch nehmen. In der langen Übergangszeit würde es zu einer Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung kommen. Aus diesem Grund wird von diesem Lösungsansatz kein Gebrauch gemacht. Die zuständige Behörde wird auch weiterhin auf freiwilligen Verzicht der Betriebe setzen und entsprechende Beratungsangebote machen.

 

Zu 3.:

Die zuständige Behörde hat keine Rechtsgrundlage, um auf privatrechtliche Pachtvertragsgestaltungen einzuwirken.

 

In weiten Teilen ist die Anwendung von Glyphosat auf privaten Flächen schon heute eingeschränkt. Auf den sogenannten Nichtkulturlandflächen ist die Anwendung in Haus- und Kleingärten verboten. Hamburg hat sich im Bundesrat neben anderen Bundesländern für ein grundsätzliches Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel in Haus- und Kleingärten eingesetzt. Daneben hat Hamburg im Rahmen des Glyphosat-Moratoriums die Anwendungsbereiche auf Nichtkulturland unabhängig vom Flächeneigentümer bis auf wenige Ausnahmen eingeschränkt. Genehmigungen werden nur bei Vorliegen eines entsprechenden Erfordernisses im Bereich der Anlagen- und Verkehrssicherheit (z.B. Gleisanlagen) ausgestellt.

 

Bis auf Ausnahmen z.B. bei der notwendigen Betriebs- und Anlagensicherheit wird auf Nichtkulturland kein Glyphosat genehmigt.

 

Zu 4.:

Der Senat hat sich m Jahr 2014 auf die Ziele und Maßnahmen des Agrarpolitischen Konzepts (APK) 2020[1] festgelegt. Die zuständige Behörde setzt die dortigen Maßnahmen u.a. durch Fördermaßnahmen um. Durch landwirtschaftliche Förderprogramme der zuständigen Behörde (Agrarumweltmaßnahmen) und der Behörde für Umwelt und Energie (Vertragsnaturschutz) werden Flächenbewirtschaftungsweisen gefördert, die entweder ganz auf den Einsatz von Pflanzenschutzmittel verzichten oder diese zumindest wirksam reduzieren.

 

Der Umstieg auf die ökologische Anbauweise bedingt einen Glyphosatverzicht, da Herbizide ausnahmslos im ökologischen Landbau verboten sind. Die zuständige Behörde fördert den ökologischen Anbau im erheblichen Umfang. Im Hamburger Koalitionsvertrag[2] wurde im Jahr 2015 eine signifikante Flächensteigerung festgelegt. Diese Forderung setzt die zuständige Behörde mit dem Öko-Aktionsplan[3] um. Vom Jahr 2015 bis zum vierten Quartal des Jahre 2018 hat sich der ökologisch bewirtschaftete Flächenanteil in Hamburg um 25 % von 1.110 auf 1.390 ha erhöht.

 

Zu 5.:

Der Senat hat sich in den vergangenen Jahren mit dem Thema Glyphosat im Rahmen mehrerer Bundesratsverfahren beschäftigt. So wurde die Bundesregierung im Jahr 2013 aufgefordert, die rechtlichen Grundlagen für ein Verbot der Anwendung von glyphosathaltigen Herbiziden in Haus- und Kleingärten zu schaffen. Im Jahr 2018 hat der Bundesrat mit der Zustimmung von Hamburg, den Beschluss gefasst, dass der Einsatz von Glyphosat deutlich eingeschränkt werden muss und zugleich die Bundesregierung gebeten, eine Minderungsstrategie für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel vorzulegen. Ziel ist es, mittelfristig die Anwendung grundsätzlich zu beenden.

 

Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung der auslaufenden Zulassung von Glyphosat zum Ende des Jahres 2022 wird eine Bundesratsinitiative von Hamburg als nicht zielführend erachtet.“

 

 

 

 

 

 

Petitum/Beschluss

 

Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.

 

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