Hochbauliches Werkstattverfahren Karstadt am Bergedorfer Markt hier: Überarbeitung des Wettbewerbsentwurfs, Abstimmung der Funktionsplanung und Einleitung des Bebauungsplanverfahrens
Letzte Beratung: 06.03.2024 Stadtentwicklungsausschuss Ö 2
In der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 09.02.2022 wurde das Verfahren zur Durchführung eines hochbaulichen Werkstattverfahrens für das Grundstück des ehemaligen Karstadt-Gebäudes am Bergedorfer Markt beschlossen (21-1250). Die Auslobung wurde dem Stadtentwicklungsausschuss am 01.06.2022 präsentiert (21-1396).
Das Verfahren erfolgte als nicht offenes, einphasiges, hochbauliches Werkstattverfahren mit Zwischen- und Endpräsentation und 7 teilnehmenden Büros. Am 23.11.2022 wurde das Ergebnis des Wettbewerbs dem Ausschuss vorgestellt (21-1396.01). Das Preisgericht hat sich einstimmig für den Entwurf von Henrik Becker Architekt aus Hamburg entschieden (neuer Büroname seit Anfang des Jahres: NOTO, Basista Becker Jansen Architekten Partnerschaft mbB). Am 06.12.2023 wurde im Stadtentwicklungsausschuss eine grundsätzliche Entscheidung zur Geschossigkeit getroffen (21-1396.02).
Grundzüge der Planung:
Ziel des Verfahrens war es, eine städtebaulich und gestalterisch standortprägende Immobilie mit innovativem Charakter zu schaffen, die den komplexen und differenzierten Herausforderungen und Ansprüchen der städtebaulichen Rahmenbedingungen gerecht wird, dabei eine überzeugende eigene Identität entwickelt und gleichermaßen das stadträumliche Umfeld bereichert. Dabei sollten Wohnnutzungen in Kombination mit einer Belebung von Erdgeschosszonen durch publikumswirksamen Gewerbeeinheiten wie Einzelhandels- und Gastronomieflächen realisiert werden. Weitere Vorgaben bestehen in der wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Bebauung des inzwischen leergezogenen und abgebrochenen Areals.
Der Siegerentwurf überzeugte die Jury mit seinem städtebaulichen Konzept. Für die Jury war die städtebauliche Grundidee der zwei getrennten Baukörper und damit der Öffnung zwischen Bergedorfer Markt und Hinterm Graben ausschlaggebend, sodass der Siegerentwurf einen Mehrgewinn für die Bergedorfer Innenstadt generieren kann.
Durch die Schaffung dieser zwei getrennten und für sich überzeugenden Baukörpern ergibt sich eine neue gelungene Wegebeziehung zwischen dem Bergedorfer Markt und der Straße Hinterm Graben, die eine stärkere Anbindung und damit Belebung der südlichen Grundstücksseite erwirkt.
Der östliche Baukörper, der an den Bestand anknüpft, überzeugt mit einer wohl durchdachten architektonischen Ausgestaltung, die Bezug auf die Umgebung nimmt, ohne diese zu kopieren. Es werden moderne Antworten gefunden und in das Gesamtkonzept überzeugend übersetzt. Auch das Solitärgebäude überzeugte in seiner Positionierung, architektonischen Ausgestaltung und inneren Erschließung. Durch die Drehung des Solitärs in die Gasse hinein wird die Blickbeziehung auf das Gebäude gelenkt und verstärkt. Dabei werden der Bergedorfer Markt und die umliegenden öffentlichen Flächen angesprochen bzw. aktiv mit in eine zukünftige Nutzung einbezogen. Der Siegerentwurf schafft es so neue Platzbereiche anzubieten, die zukünftige Aufenthaltsmöglichkeiten begünstigen.
Das aktuelle Konzept sieht vor 46 Wohneinheiten zu realisieren. 16 Wohneinheiten werden geförderte Wohnungen sein (35%). Der Wettbewerbsentwurf sah 30% öffentlich geförderte Wohnungen vor.
Veränderungen bzw. Überarbeitungen im Vergleich zum Wettbewerbsergebnis:
Die vorgeschlagene 7-Geschossigkeit des Solitärgebäudes wurde im weiteren Projektverlauf hinsichtlich Abstandsflächen und Verschattungssituation dezidiert im Hinblick auf eine mögliche Reduzierung überprüft. Dazu hat der Vorhabenträger entsprechende Überprüfungen vorgenommen.
Bei der Betrachtung des Themas Verschattungen ist zu erkennen, dass das Solitärgebäude in den Überprüfungen keinen wesentlichen Einfluss auf die östlichen Nachbargebäude ausüben wird. Die Neubebauung (das Hofgebäude) mit direktem Anschluss an die Nachbargebäude (Sachsentor 22) ist dort der vornehmliche Faktor der Verschattung. Die nördliche Raumkante im Bereich des Sachsentors 22 ist jedoch städtebaulich gewünscht, leitet sich aus dem Bestand und der Historie ab und nimmt die Höhen der Nachbarschaft auf. Auch wird der Bergedorfer Markt nicht signifikant mehr verschattet. Zum Teil werden Bereiche durch die Ausbildung der neuen Gasse weniger Schatten erhalten als vorher mit der früheren Bestandsbebauung (Karstadt) bzw. nach heutigem Planrecht zulässig.
Einschränkungen der Nachbarschaft bestehen zum Wiebekingweg. Hier bedarf es weiterer vertiefender Überprüfungen, ob sensible Wohnlagen betroffen sind. Zudem werden EG-Lagen mit Einzelhandelsnutzungen durch die Bebauung verschattet. Diese wurden zum Teil auch schon zuvor verschattet.
Im Hinblick auf das Thema Abstandsflächen bestehen Abstandsüberschreitungen zu Nachbargrundstücken, zu den eigenen Gebäuden und zu Straßenmitten an 3 Punkten. Die Abstandsflächenüberschreitungen der Straßenmitte und die Abstandsflächenüberschreitungen in Verlängerung Wiebekingweg sind unterschiedlich erheblich und bedeutsam. Hierbei sind weitergehende Abwägungen insbesondere zu nachbarschaftlichen Interessen erforderlich. Die Eigenverschattung (insb. in der Twiete zwischen den beiden neuen Gebäudeteilen) wird über die Grundrisse gelöst.
Grundflächenoptimierungen gegenüber dem Wettbewerbsentwurf ergeben sich für das Hofgebäude. Die Erdgeschosszone wird leicht erhöht und der Baukörper zum Hinterm Graben um 50 cm verbreitert. Diese Anpassungen haben keinen wesentlichen Einfluss auf das städtebauliche Erscheinungsbild. Die Anpassungen ergeben sich aus Grundrissanpassungen.
Zur Optimierung der städtebaulichen Setzung des Solitärgebäudes besteht aktuell noch das Anliegen / der Prüfauftrag des Oberbaudirektors, die Ausgestaltung der Eckbereiche zu überprüfen und in Varianten mit angeschrägten Ecken auszuarbeiten.
Der Erhalt der beiden großen Eichen im Westen wird gewährleistet. Aufgrund der neuen städtebaulichen Setzung und der grenzständigen Bebauung am Hinterm Graben sowie der Baustelle ist ein Erhalt der Straßenbäume im Hintern Graben wahrscheinlich nicht möglich, sodass ein Entfall der Bäume im öffentlichen Raum des näheren Umfelds zu kompensieren wäre (Ausgleich von 1 : 1,5 - vgl. beschlossene Drs. 21-0393).
Im Projektgebiet werden ausreichend Fahrradabstellanlagen berücksichtigt (ca. 135 Plätze). Davon werden mindestens 45 im öffentlichen Raum aufgestellt. Die restlichen Abstellmöglichkeiten werden in einer Fahrradgarage im Erdgeschoss eingeplant. Im Untergeschoss werden 22 privat-zugängliche PKW-Einstellplätze berücksichtigt.
Die Anlieferungszone wurde zusammengelegt und aus der Sichtbeziehung der Twiete an den südlichen Rand des Grundstück Hinterm Graben geplant. Das Einrichten einer temporären Anlieferzone wird grundsätzlich mitgetragen. Darauf aufbauend sind weitere Aussagen zu Gefäßgrößen, Stand- und Anfahrtszeiten sowie Lieferverkehre und Wendemöglichkeiten in einem Anlieferkonzept auszuarbeiten.
Die Ausstattung der angrenzenden öffentlichen Räume gilt es im weiteren Verfahren weiter mit den privaten Freiflächen sowie der Übergänge zwischen öffentlichem und privatem Grund abzustimmen. Eine Fortführung der bestehenden Pflasterung des Marktplatzes kann vorgesehen werden. Ein schwellenloser und barrierefreier Übergang vom Marktplatz bis zu Hintern Graben wird gewährleistet. Dies gilt auch für den Quartiersplatz.
Es handelt sich aufgrund der Größe und zentralen Lage sowie aufgrund des bereits durchgeführten Architekturwettbewerbs um ein sehr objektplanungsbezogenes Verfahren der Planrechtschaffung. Damit die Festsetzungen und Abhängigkeiten zum Bestand – auch mit Blick auf die Abstandsflächenüberschreitungen und (Eigen-Verschattungen) funktionieren sowie die Feuerwehrbelange für Rettung und Löschangriff sicher gewahrt sind, ist ein besonders detaillierter Funktionsplan zugrunde zu legen. Vor der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens sind daher - auch um Gewährleistung einer zügigen baulichen Umsetzung nach Erlangung der Vorweggenehmigungsreife – noch abschließende Klärungen zu Feuerwehr, Vorzonen, Deckenhöhen und Entwässerung ergänzen bzw. zu präzisieren. Es wird erwartet, dass dies bis Juni erfolgt sein wird. Des Weiteren ist es parallel zur Bearbeitung des Bebauungsplans und bis spätestens zur TöB-Beteiligung erforderlich, die Objektplanung des Hochbaus und des Freiraums mindestens bis zur Bauantragsreife voranzutreiben.
Bebauungsplanverfahren
Wegen der Lage des Plangebiets und aufgrund des Planungsziels handelt es sich um ein Verfahren für die Stärkung der Innenentwicklung im Sinne von § 13a des Baugesetzbuchs, zumal die Grundstücke bereits heute weitgehend bebaut sind bzw. bebaut werden können. Dies bedeutet insbesondere, dass zur Beschleunigung der Planung ein Umweltbericht nicht erarbeitet werden muss, wenn die Prüfung ergibt, dass voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen vorliegen. Das Bezirksamt wird die planungsbezogenen umweltrelevanten Aspekte entsprechend ermitteln, bewerten und abwägen. In diesem Verfahren darf nach dem Baugesetzbuch auf eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung verzichtet werden und muss in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung nur eine öffentliche Auslegung eines Planentwurfs durchgeführt werden. Auch vor den Hintergrund, dass die Öffentlichkeit bereits im Wettbewerbsverfahren intensiv beteiligt wurde, könnte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden. Sofern gewünscht, kann nach Zustimmung der Hamburger Fachdienststellen zum Planverfahren der Planungsstand z.B. im Rahmen einer frühzeitigen öffentlichen Auslegung zugänglich gemacht werden.
Der aktuelle Geltungsbereich des zukünftigen Bebauungsplans Bergedorf 128 hat derzeit eine Größe von rund 2861,1m². Er umfasst die Fläche des ehemaligen Karstadt-Standort am Bergedorfer Markt sowie die umliegenden Verkehrsflächen (vgl. Anhang 2). Die genaue Abgrenzung des Plangebiets wird im Laufe des Bebauungsplanverfahrens noch ermittelt werden.
Hinweis: in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses wird die Überarbeitung der Planung und der erstellte Funktionsplan erläutert.
Der Stadtentwicklungsausschuss stimmt dem überarbeiteten Wettbewerbsentwurf und der Funktionsplanung unter der Maßgabe zu, dass die genannten Ergänzungen und Präzisierungen mit dem Bezirksamt abgestimmt werden und beauftragt die Bezirksamtsleitung, zu gegebener Zeit ein entsprechendes Bebauungsplanverfahren einzuleiten.
Es wird zu gegebener Zeit ein städtebaulicher Vertrag zu schließen sein, der auch die tatsächliche Umsetzung des Vorhabens in abgestimmter Qualität und bestimmter Zeit sicherstellt. Der fachlich verhandelte Vertragsentwurf ist vor der Zustimmung zur öffentlichen Auslegung dem Stadtentwicklungsausschuss zum Beschluss vorzulegen.
Anlage 1: Funktionsplan
Anlage 2: Geltungsbereich Bebauungsplan
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