Gerechte Verteilung der Grundsteuerlast?
Letzte Beratung: 22.05.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 6.9
Auskunftsersuchen
Brodbeck, Potthast, Vlamynck und Fraktion der GRÜNEN
Durch die abgesenkte Steuermesszahl begünstigt die neue Berechnung der Grundsteuer Flächen, die dem Wohnen dienen, gegenüber reinen Grund- und Bodenflächen. Dies führt dazu, dass Grundstücke, auf denen Wohngebäude stehen – unabhängig von deren konkreter Bebaubarkeit oder Lage – stadtweit mit einer ähnlichen Grundsteuer belastet werden.
Die ländlich geprägten Gebiete Bergedorfs zeichnen sich häufig durch größere Grundstücke mit Einzel- oder Mehrfamilienhäusern aus. Viele dieser Grundstücke bieten keine zusätzliche Wohnnutzung – sei es aufgrund planungsrechtlicher Vorgaben, ihrer Lage im Außenbereich oder der historischen Grundstückszuschnitte, die durch notwendige Zuwegungen oft langgestreckt ausfallen (typisch für die Vierlande).
Dieser Umstand führt offenkundig dazu, dass sich die Grundsteuerlast nach der neuen Berechnung in vielen Fällen – insbesondere, aber nicht nur in ländlichen Gebieten – vervielfacht hat (zum Teil um das 15- bis 20-Fache).
Da diese Grundstücke faktisch genauso behandelt werden wie solche in deutlich besser angebundenen Stadtteilen mit höherem Verkehrswert, verteuert sich das Wohnen in dünner besiedelten Hamburger Gebieten wie Bergedorf (größter Bezirk mit der geringsten Bevölkerungsdichte) in unverhältnismäßiger Weise.
Die Finanzbehörde nimmt wie folgt Stellung:
Der Senat hat sich für ein einfaches und gerechtes Grundsteuerrecht entschieden, welches durch geringere Belastungsauswirkungen als andere Modelle auch Segregation vermeidet. Dabei wurde vom Senat zugesagt, auf Basis eines Grundsteueraufkommens von 510 Mio. Euro eine Gesamt- und Teilbereichsaufkommensneutralität bei der Grundsteuer B herzustellen und bei signifikanten Abweichungen eine Anpassung des Hebesatzes oder der Messzahl für Nutzflächen vorzunehmen. Unter anderem auf Grundlage der festgesetzten Grundsteuerwerte wurden auch der aufkommensneutrale Hebesatz bei der Grundsteuer B und eine neue Messzahl durch das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein ermittelt.
Das Finanzgericht Hamburg hat am 13. November 2024 entschieden, dass das Hamburger Wohnlagemodell verfassungsgemäß ist.
Ob signifikante Abweichungen, die eine Anpassung des Hebesatzes oder der Messzahl für Nutzflächen notwendig machen, eintreten werden, lässt sich jedoch erst nach der Bearbeitung eingegangener Änderungsanträge und Einsprüche sowie der bearbeitungsintensiven Restfälle und nach Kenntnis der zu erlassenden Grundsteuern genauer ermitteln.
Auf Basis der festgesetzten Grundsteuerbescheide kann die Finanzbehörde allerdings eine erste, noch sehr vorläufige Einschätzung geben, ob die Prämissen zum Steueraufkommen in etwa eintreten werden:
Bei der Grundsteuer A und B liegen die Steuereinnahmen leicht unter den Zielwerten für das Gesamtaufkommen. Für die Grundsteuer C wurde keine genaue Einnahme-Erwartung formuliert, da keine fiskalischen Interessen, sondern Ziele der Stadtentwicklung im Vordergrund standen.
Beim Vorher-Nachher-Vergleich (2025 gegenüber 2024) kann man auf Basis der betrachteten Fälle feststellen, dass bei der für viele Steuerpflichtige besonders relevanten Grundsteuer B knapp über 50% der Steuerpflichtigen (nur für die Grundsteuer B rund 205.000 Fälle) weniger belastet werden, knapp unter 50% der Steuerpflichtigen (nur für die Grundsteuer B rund 204.000 Fälle) erfahren zukünftig eine Mehrbelastung (Stand 24.04.2025).
Der Anteil extremer Ausschläge bei der Grundsteuer B nach unten und oben liegt jeweils unter 10%. Wichtig ist, dass diese Zwischenstände noch vorläufig sind, da Einsprüche, Härtefallanträge und Korrekturen noch nicht eingeflossen sind.
Um Härtefällen zu begegnen hat die Freie und Hansestadt Hamburg sehr weitreichende Erlassmöglichkeiten eingeführt, die weit über die des Bundesrechts hinausgehen.
Ausführliche Informationen zur Härtefallregelung sind unter https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/finanzbehoerde/themen/grundsteuer/haertefallregelung--1021758.
Zudem finden bei übergroßen Grundstücken Ermäßigungen bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts für den Grund und Boden gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 Hamburgisches Grundsteuergesetz von Amts wegen Berücksichtigung.
Ausführliche Informationen hierzu sind im Anwendungserlass zum Hamburgischen Grundsteuergesetz unter B. II. A H 3.2 enthalten. Der Anwendungserlass ist abrufbar unter https://www.hamburg.de/resource/blob/295670/ab3490fdb678cca74ff9f7c7a53cbbf7/erlass-zur-anwendung-des-hmbgrstg-aehmbgrstg--data.pdf.
Im Übrigen siehe Drs. 23/291 und Drs. 23/304 der Hamburgischen Bürgerschaft.
Dies vorausgeschickt, beantwortet die Finanzbehörde die Fragen wie folgt:
1. Ist der Finanzbehörde bekannt, dass es insbesondere bei größeren Grundstücken mit vergleichsweise geringem Verkehrswert in ländlich geprägten, schlechter angeschlossenen Bezirken zu deutlichen Erhöhungen der Grundsteuer gekommen ist?
2. Der Finanzsenator hat zugesichert, dass die Reform der Grundsteuer insgesamt nicht zu Mehreinnahmen für die Stadt führen wird. Da Eigentümerinnen von Einzel- oder Doppelhäusern offenbar häufig mehr zahlen müssen, stellen wir die Frage:
Welche Gruppen von Immobilieninhaberinnen zahlen nach der Reform weniger?
Der zuständigen Behörde liegen keine gesonderten Daten zu den Fragestellungen vor. Daten zur Grundsteuer beziehen sich immer auf das gesamte Stadtgebiet, ohne eine Differenzierung nach bestimmten Fallarten, Stadtteilen oder Grundstückslagen, weil diese Differenzierung für steuerliche Zwecke nicht erforderlich ist.
Das Hamburger Grundsteuermodell stellt nur auf Grundstücks-, Wohn- und Nutzflächen und nicht auf eine aufwändige außerordentlich streitanfällige Verkehrswertermittlung oder Grundstücksartendifferenzierung ab. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.
3. Liegen der Behörde Hinweise darauf vor, dass sich im Zusammenhang mit der neuen Grundsteuerberechnung die Zahl der Widersprüche gehäuft hat? Wenn ja, aus welchen Stadtteilen oder Grundstückstypen stammen diese vermehrt?
Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide werden seit dem erstmaligen Versand dieser Bescheide im Jahr 2022 eingelegt. Nach Versand der erstmaligen Grundsteuermessbetrags- und Grundsteuerbescheide für das Jahr 2025 ab März dieses Jahres wurden gegen einen Teil dieser Bescheide beim zuständigen Finanzamt für Verkehrsteuern und Grundbesitz Einsprüche eingelegt. In Anbetracht von mehr als 400.000 Empfängerinnen und Empfängern von Bescheiden zur Grundsteuer, bewegt sich die Zahl der Einsprüche im erwartbaren Rahmen.
Stichtag: 5.Mai 2025 |
Einsprüche Grundsteuerwerte |
Einsprüche Messbescheide |
Einsprüche Grundsteuerbescheide |
offen |
38.323 |
8.034 |
6.568 |
davon in Bearbeitung |
38.163 |
7.917 |
6.478 |
davon Verfahrensruhe |
160 |
117 |
90 |
abgeschlossen |
13.162 |
1.697 |
1.118 |
davon dem Einspruch entsprochen (Abhilfe) |
5.527 |
1.610 |
1.072 |
davon Rücknahme des Einspruchs |
5.890 |
86 |
43 |
davon dem Einspruch nicht entsprochen (Einspruchsentscheidung) |
1.743 |
1 |
3 |
davon sonstige Erledigung |
2 |
0 |
0 |
Andere Bescheide nach Einführung des neuen Rechts (z.B. Nichtfeststellung eines Grundsteuerwertes) werden nicht aufgeführt. Eine Differenzierung der Einsprüche nach Stadtteilen und Grundstückstypen ist nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 2.
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