21-1236

Ergreifen von wirksamen Maßnahmen zur Nutria-Bestandsregulierung in Bergedorf - geänderte Fassung

Antrag

Letzte Beratung: 28.04.2022 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 11.1

Sachverhalt

Antrag der BAbg. Meyns, Jacobsen und FDP-Fraktion

der BAbg. Emrich, Froh, Capeletti, Pelch, Garbers, Woller und CDU-Fraktion

der BAbg. Bendt-Soetedjo, Rüssau und Grünen-Fraktion

der BAbg. Kramer und SPD-Fraktion

 

Seit rund fünf Jahren breitet sich die Nutria-Population in Bergedorf und den Vier- und Marschlanden rasant aus. Sie vermehren sich exponentiell. Nach den allgemein im Internet zugänglichen Angaben vom NABU NRW „bringt das Weibchen nach einer Tragzeit von 19 Wochen 6 bis 8 sehende und voll behaarte Junge zur Welt, die nach 5 Monaten geschlechtsreif sind.“ Es handelt sich nach EU-Verordnungen um eine invasive Art, die die heimische Flora und Fauna erheblich bedroht und zu einer Gefahr für Deiche, Gewässerkanten und -böschungen werden kann. Nutrias gelten als sogenannte „Faunenverfälscher“.

 

Nachdem in den vergangenen Jahren die Ausbreitung der Nutrias zunächst vorwiegend an der Elbe und den Nebenarmen beobachtet werden konnte, verläuft aktuell die Ausbreitung besonders offensichtlich in den sog. „befriedeten Bezirken“ (vgl. § 2 Hamburgisches Jagdgesetz), wie auch einige der die Antragsteller selbst beobachten konnten. Exemplarisch seien hier die Gebiete in Neuallermöhe, am Brookdeich und an der Oberen Bille genannt.

 

Bereits im Sommer 2020 wurde über die starke Ausbreitung der Nutria-Populationen in Bergedorf und Hamburg ausführlich in der lokalen Presse und im lokalen Fernsehen (NDR) berichtet. Auch hier wurde betont, dass sich die Nutrias ganz besonders stark im Bezirk Bergedorf vermehren und, wie der NDR am 22.08.2020 berichtete, habe die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), unter Berufung auf den Ausnahmetatbestand des § 22 Hamburgisches Jagdgesetz, alle „Jägerinnen und Jäger eindringlich aufgerufen, die Wasser-Nager beherzt mit Gewehr oder mit Fallen zu jagen“.

 

Im Gegensatz zu den meisten Bundesländern unterliegen die Nutrias in Hamburg aktuell nicht dem Jagdrecht. Nach § 22 des Hamburgischen Jagdgesetz dürfen jedoch Tiere dann erlegt werden, um Gewässer und die Pflanzen- und Tierwelt vor erheblichen Schäden zu schützen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Tierart nicht dem Schutz des Bundesnaturschutzgesetz unterliegt. Eine Bejagung von Nutrias in befriedeten Bezirken, im Sinne des § 2 des Hamburgischen Jagdgesetzes, ist grundsätzlich gänzlich ausgeschlossen.

 

Obgleich Spaziergänger und Passanten Nutrias gerne mit Bibern verwechseln und recht putzig finden, ist zu konstatieren, dass es sich um Schädlinge handelt. Durch ihre ungehemmte Vermehrung, insbesondere im Bezirk Bergedorf, sind sie regelrecht zur Plage geworden und daher ist eine konsequente Bekämpfung und Bejagung faktisch alternativlos. Andere Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Vermehrung sind entweder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand und Kosten verbunden (Kastrierung) oder, wie der Entzug der Nahrungs- und Lebengrundlagen, so langfristig angelegt, dass ein weiteres Ausbreiten nicht mehr zu verhindern wäre.

 

Der Regionalausschuss Vier- und Marschlande der Bezirksversammlung Bergedorf war bereits mit diesem Thema befasst (vgl. Drucksache-Nr. 21-0356), jedoch bezog sich diese Befassung ganz überwiegend auf den Bereich der Marschlande und nicht schwerpunktmäßig auf die nunmehr stark betroffenen befriedeten Bezirke und innerstädtischen Bereiche.

 

In der Drucksache wird ausgeführt, dass die Jägerschaft originär nicht für die Nutria-Bejagung zuständig sei. Über das zuständige Fachamt für Verbraucherschutz wurden 2018 lediglich zwei Bisamjäger benannt und 2019 wurden Lebendfallen beschafft.

 

Die zu beobachtende laufende massive Vermehrung der Nutrias im Bezirk Bergedorf zeigt, dass die bisherigen Maßnahmen gegen die Ausbreitung dieser invasiven Tierart in keiner Weise ausreichen und die gesetzlichen Grundlagen erkennbar keine ausreichende Grundlage für eine erfolgreiche Bekämpfung der Nutriaplage bilden.

 

Es ist bei der Analyse der Situation insbesondere zwischen landwirtschaftlichen Gebieten, in denen eine Jagdausübung grundsätzlich zulässig ist, und den befriedeten Bezirken, wo dies nicht möglich ist, zu unterscheiden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Jäger die Jagd auf Nutrias nur im Auftrag der Grundstückseigentümer oder Jagdpächter ausführen und die Stadtjäger keine Jagd ausüben, sondern von den Grundstückseigentümern, in der Regel schriftlich, mit der Bekämpfung von zu Schaden gehenden jagdbaren Tieren beauftragt werden.

 

Petitum/Beschluss

Wir beantragen daher, die Bezirksversammlung möge beschließen:

Die Bezirksamtsleiterin möge im engen Kontakt mit der BUKEA darauf hinwirken, dass

  1. ein externes Gutachten beauftragt wird, aus dem sich der Bestand der Nutria-Populationen in den einzelnen Bereichen Bergedorfs (bspw. Anzahl der Tiere und Familienverbände, sowie die Entwicklung) detailliert ergibt. Hierbei sind die der BUKEA, dem Bezirksamt, der Polizei und sonstigen öffentlichen Stellen gemeldeten Schäden zu dokumentieren und eine Einschätzung der zu erwarteten Schäden abzugeben. Ergänzend sind die potenziellen Schäden in befriedeten Gebieten, wie beispielsweise Wohngebieten (Brookdeich, Neu-Allermöhe), umweltgeschützten Gebieten (Obere Bille, Boberger Niederung) sowie Entwässerungen und Deichanlagen in den Vier- und Marschlanden darzustellen und nach der Art der Schädigung aufzuführen (Fraß an großer Teichmuschel, Abgrasen von Röhricht). Es ist hierbei zu würdigen, in welchen Gebieten ein besonders starker Handlungsbedarf besteht. In dem Gutachten sind Vorschläge zu Art und Weise der zu treffenden Maßnahmen darzustellen und dabei die Erfolgsaussichten sowie der finanzielle und personelle Aufwand, der mit den jeweiligen Maßnahmen verbunden ist, einzuschätzen. Hierbei ist zum einen zu unterscheiden zwischen den Gebieten, auf denen eine Jagdausübung grundsätzlich zulässig ist (bspw. landwirtschaftliche Gebiete in den Vier- und Marschlanden) und den befriedeten Gebieten zum anderen. Bei den befriedeten Gebieten soll des Weiteren eine Differenzierung nach Gebieten im privaten Besitz und Gebieten für die Hamburg, respektive Bergedorf, zuständig ist (wie die Gewässer selbst wie Bille oder die Kanäle oder Schutzgebiete und städtische Gebiete), erfolgen.
  2. der auskunftsgemäß durch die BUKEA in Erstellung befindliche Managementplan zügig fertig gestellt und der Bezirksversammlung, respektive dem Umweltausschuss, möglichst zeitnah zugänglich gemacht wird.
  3. auf Basis des Managementplans unverzüglich ein Konzept zur Regulierung des Nutriabestands für den Bergedorfer Raum entwickelt wird und die Umsetzung zeitnah erfolgt. Die Ergebnisse sollen wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden.
  4. an einer zentralen Stelle detailliert die gemeldeten Schäden, die durch Nutrias verursacht worden sein sollen, dokumentiert werden. Hierbei sollen die Meldungen an alle Behörden und betroffene Organisationen einbezogen werden, wie bspw. Bezirksamt, BUKEA, Polizei, Entwässerungs- und Deichverbände, NABU, Stadtjäger und Jagdverband, etc.
  5. zeitnah geklärt wird, wie die Kompetenzverteilung zwischen Bezirksamt und BUKEA diesbezüglich aussehen soll, da die BUKEA auskunftsgemäß bereits vor einiger Zeit anstrebte, die Kompetenzen für die Nutria-Regulierung auf den Bezirk zu übertragen.
  6. Über den Stand der Umsetzung der Maßnahmen ist regelmäßig, zumindest zweimonatlich, im Umweltausschuss, unter Zuladung des Regionalausschuss, zu berichten.

 

 

 

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