20-1926.01

"Bezahlbarer Wohnraum" - Was ist das eigentlich?

Antwort

Letzte Beratung: 26.09.2019 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 9.1

Sachverhalt

Große Anfrage der BAbg. Winkler, Mirbach, Bauer, Jobs, Sturmhoebel - Fraktion DIE LINKE

 

Auf der Webseite des Bezirksamtes wird der Bezirksamtsleiter zur Anzahl der in Bergedorf 2018 genehmigten Wohneinheiten mit folgenden Worten zitiert: „Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in den Großstädten und den deutschen Ballungsgebieten übersteigt bei Weitem das Angebot, insbesondere bezahlbare Mietwohnungen sind knapp. Ich freue mich sehr über die 854 genehmigten Wohnungen in Bergedorf. [...] Hierbei geht es nicht einfach um die Erfüllung einer Zahl, sondern um die Bereitstellung von attraktivem und bezahlbarem Wohnraum. Wohnen ist kein Luxusgut, sondern ein Grundrecht.” [1]

 

Diese Aussagen stellen die Schaffung „bezahlbaren Wohnraums” in den Vordergrund, ohne zu spezifizieren, was darunter gemeint ist. „Bezahlbarkeit” ist ein offenkundig relativer und damit dehnbarer Begriff, der ohne klare Definition inhaltsleer bleibt. Um die Abhängigkeit der Wohnkosten am Einkommen deutlicher zu machen, sprechen die Autoren einer aktuellen Studie von „Leistbarkeit” und definieren diese z.B. als Gesamtwohnkosten, die 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens nicht überschreiten.[2] Diese Studie kommt beispielsweise zu dem Schluss, dass für Haushalte mit niedrigen Einkommen (unterhalb von 60 Prozent des Bundesmedianeinkommens) allein in Hamburg 100.000 leistbare Wohnungen fehlen. Legt man die Quotierung der Bezirke im Vertrag für Hamburg zugrunde, würden also in Bergedorf 8.000 solcher Wohnungen mit sehr niedrigen Mieten fehlen.

Dies vorausgeschickt fragen wir das Bezirksamt:

 

 

Das Bezirksamt beantwortet die Große Anfrage vom 13.02.2019 wie folgt, Frage 2 e) die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW):

 

  1. Wie definiert das Bezirksamt „Bezahlbarkeit” im Kontext von Mietwohnungen?

 

Als bezahlbarer Wohnraum wird der im Vertrag für Hamburg vereinbarte Anteil von 30% öffentlich geförderter Wohnungen für Haushalte mit mittlerem und geringem Einkommen betrachtet.

 

 

  1. Falls die verwendete Definition die jeweiligen Haushaltseinkommen berücksichtigt:

a)      Wie verteilen sich die 2018 genehmigten Wohneinheiten auf die entsprechenden Einkommensgruppen?

 

Das Bezirksamt führt hierzu keine Erhebungen.

 

Falls die verwendete Definition die jeweiligen Haushaltseinkommen nicht berücksichtigt:

b)      Warum wird „Bezahlbarkeit” nicht in Abhängigkeit des Haushaltseinkommens definiert?

 

Im öffentlich geförderten Wohnungsbau werden Haushaltseinkommen berücksichtigt. Die Rahmenbedingungen dazu werden von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) vorgegeben.

 

c)      Wie begründet das Bezirksamt die Verwendung des Begriffs „bezahlbar” ohne Bezug zur Einkommenssituation der Mieterinnen und Mieter?

 

Siehe Antwort zu 2 b).

 

d)      Wie viele der 854 in 2018 genehmigten Wohneinheiten gelten aus Sicht des Bezirksamts unter der gegebenen Definition als „bezahlbar”?

 

Laut Vertrag für Hamburg gilt der „Drittelmix“ nur für den Geschosswohnungsbau. Von den 854 genehmigten Wohneinheiten wurden 671 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau realisiert. Von diesen 671 Wohneinheiten  wurden 213 Wohneinheiten als öffentlich geförderte Wohnungen gemäß IFB-Richtlinie durch das Bezirksamt genehmigt. Darüber hinaus wurden weitere 25 Wohneinheiten genehmigt, für die vertraglich gesichert wurde, dass sie als kostengünstige Wohnungen vermietet werden. Das entspricht insgesamt 238 Wohnungen bzw. einem Anteil von 31,74 %.

(Hinweis: aufgrund von unterschiedlichen Bearbeitungszeiten der Anträge über den Jahreswechsel hinaus kommt es vor, dass die vom Bezirksamt genehmigten öffentlich geförderten Wohnungen nicht alle auch in 2018 von der IFB bewilligt wurden. Die Bewilligungen erfolgten bzw. erfolgen z.T. in 2017 oder 2019.)

 

 

e) Wie hoch ist der Bedarf an „bezahlbaren” Wohnungen in Bergedorf unter der gegebenen Definition?

 

Auf kleinräumiger Ebene der Bezirke oder der Stadtteile liegen keine Schätzungen über den Umfang des Wohnungsbedarfs bzw. der Wohnraumnachfrage vor. Solche Schätzungen sind auch nicht möglich, da Wohnungsbedarf bzw. Wohnungsnachfrage der Haushalte quantitativ nicht für diese kleinräumigen Ebenen verortet werden können. Bedarf und Nachfrage der wohnungssuchenden Haushalte konzentrieren sich niemals nur auf einen bestimmten Bezirk oder Stadtteil. Es ist davon auszugehen, dass das Angebot an bezahlbarem Wohnraum auf Dauer ausgebaut werden muss, um auch die Nachfrage für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen befriedigen zu können.

 

 

 

Petitum/Beschluss

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