Bebauungsplanverfahren Billwerder 30/ Bergedorf 120/ Neuallermöhe 2/ Lohbrügge 95 "Oberbillwerder" hier: Kenntnisnahme einer wiederholten Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Absatz 2 BauGB
Durch den Bebauungsplan sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Entwicklung des neuen Stadtteils Oberbillwerder mit Stadtquartieren für insgesamt etwa 6.500 Wohneinheiten und etwa 4.000 bis 5.000 Arbeitsplätzen in gemischten Nutzungen geschaffen werden, vgl. Drucksache 21-1852. Ziel ist es, einen wesentlichen Beitrag für den Hamburger Wohnungsmarkt und für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu leisten. Bestandteile der Planung sind unter anderem ein zentraler Versorgungsbereich, soziale Infrastrukturen, eine Hochschule, Mobilitätszentren und Grünflächen. Insbesondere sind Kerngebiete, Urbane Gebiete, Allgemeine Wohngebiete, Parkanlagen, Flächen für den Gemeinbedarf, Sportanlagen sowie naturschutzfachliche Maßnahmen vorgesehen.
Für den Bebauungsplan-Entwurf wurde in der Zeit vom 8. Dezember 2023 bis zum 8. Februar 2024 die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Absatz 2 BauGB durchgeführt. Zudem bestand vom 8. Dezember 2023 bis zum 19. Januar 2024 für die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange Gelegenheit zur erneuten Stellungnahme nach § 4a Absatz 3 BauGB.
Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist der Entwurf des Bebauungsplans mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen, Stellungnahmen auszulegen. Entsprechend wurden insgesamt 87 Gutachten und 162 umweltbezogene Stellungnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Einsicht bereitgestellt. Diese erfolgt mit dem Ziel, die Öffentlichkeit die Grundlagen und Auswirkungen der Planung und über die im Rahmen von Bauleitplanverfahren zu Verfügung stehenden umweltbezogenen Informationen zu unterrichten.
Für zwei Gutachten wurden die dazugehörigen Anlagen[1] nicht vollständig an der entsprechenden Stelle mit veröffentlicht. Somit ist davon auszugehen, dass die Gutachten aufgrund der fehlenden Unterlagen nicht vollständig für die Öffentlichkeit nachvollziehbar waren. Dies wird auch nicht dadurch geheilt, dass die Unterlagen bereits seit Februar 2022 vollständig im Hamburgischen Transparenzportal veröffentlicht waren, da dieses nicht die maßgebliche Stelle für die Veröffentlichung des Bebauungsplanentwurfs nebst aller umweltbezogenen Stellungnahmen darstellt.
Zur Vermeidung von rechtlichen Risiken ist daher die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB zu wiederholen. Eine eingeschränkte Beteiligung mit verkürzter Frist scheidet hier aus, da es sich nicht um eine Änderung der Planung gemäß § 4a BauGB handelt, sondern die Behebung eines nach § 214 Abs. 1 BauGB beachtlichen Fehler durch eine wiederholte Beteiligung handelt. Somit muss mit dem Bebauungsplan an der Stelle im Verfahren, an dem der Fehler passierte, neu angesetzt werden. Aufgrund des großen Umfangs der Planungsunterlagen wird wiederholt eine Frist von 9 Wochen für die Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.
Im Zuge der wiederholten Öffentlichkeitsbeteiligung sollen die folgenden Punkte in den Planunterlagen angepasst bzw. berücksichtig werden. Außerdem wurde die Begründung redaktionell angepasst. Damit reagiert die Planung auf die bereits ergangenen gerichtlichen Hinweise und Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit sowie erneuten Behördenbeteiligung. Damit wird der Öffentlichkeit die Gelegenheit gegeben auch hierzu Stellung zu nehmen.
Angepasstes Ausgleichsflächenkonzept
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg hat in seinem Beschluss vom 27.02.2024 zum Eilrechtsschutzantrag gegen die Fällung und Kappung von Pappeln als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für dieses Bebauungplanverfahren das bisherige Ausgleichskonzept bzgl. der Lebensraumverluste der Feldlerche als nicht mit den rechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes vereinbar bewertet. Konkret geht es darum, dass sowohl in Hamburg als auch auf Hahnöfersand (Gemeinde Jork) sog. vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen, engl. continuous ecological functionality-measures) für den durch Oberbillwerder verursachten Lebensraumverlust für 34 Brutpaare der Feldlerche vorgesehen worden sind. CEF-Maßnahmen sollen dazu dienen, dass kein Verbotstatbestand gegen Artenschutzrecht vorliegt, weil die CEF-Maßnahmen dazu führen, dass vor dem Eingriff in den Lebensraum ein neuer Lebensraum geschaffen wird und die Feldlerchen in der neuen Brutsaison auf anderen Flächen ausweichen können.
Nach fachlicher Prüfung des bisherigen Ausgleichsflächenkonzpet können die auf hamburgischem Gebiet bisher vorgesehen Ausgleichsflächen beibehalten werden. Um sämtliche Brutpaar- bzw. Lebensraumverluste auszugleichen, ist eine Anpassungen des Ausgleichskonzepts erforderlich, indem eine nach dem Bundesnaturschutzgesetz mögliche artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Umweltbehörde in Aussicht gestellt wird, nach der ein Ausgleich auch durch nicht lebensortsnaher Habitate zum Erhalt der Feldlerchenpopulation möglich wird. Es werden entsprechend angepasste Ausführungen in die Begründung und Gutachten aufgenommen und zur Stellungnahme im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung veröffentlicht.
Anzahl der Vollgeschosse im westlichen Gewerbegebiet
Im westlichen Gewerbebiet soll die maximal zulässige Gebäudehöhe an der Planstraße B2 von bislang 20 m auf 24 m üNHN erhöht werden, gleichfalls sollen anstelle von maximal vier Vollgeschossen fünf Vollgeschosse zulässig werden. Die Änderung dient der planungsrechtlichen Sicherung der beabsichtigten städtebaulichen Konzeption. Die vorgesehene Gebäudehöhe entspricht damit der nördlichen und östlichen Umgebung dieses Gewerbegebiets. Hierdurch soll die städtebauliche Prägnanz von Oberbillwerder im Westen deutlicher betont werden. Die Bebauung bleibt auch trotz der Erhöhung weiterhin deutlich unterhalb der bis zu achtgeschossigen Hochpunkte in den Urbanen Gebieten und im Sondergebiet, so dass diese städtebaulichen Orientierungspunkte in Oberbillwerder weiterhin städtebaulich wirksam bleiben. Aus der Erhöhung der Anzahl der zulässigen Vollgeschosse ergeben sich keine erhöhten Auswirkungen auf die Umweltschutzgüter wie menschliche Gesundheit (Lärm, Verschattung) und Orts- und Landschaftsbild. Die maßgeblichen Planfolgen wurden in Abstimmung mit den Trägern öffentlicher Belange wie folgt bewertet:
• Verkehr, Lärm
Da die festgesetzte Grundflächenzahl für das Gewerbegebiet weiterhin 2,4 beträgt, ergibt sich keine Veränderung der mit dem Verkehrsmodell prognostizierten Verkehrsmengenerzeugung. Folglich ergibt sich aufgrund der prognostisch identischen Verkehrsmengen keine Erhöhung der schalltechnischen Auswirkungen aus Verkehrslärm.
• Verschattung
Für das Gewerbegebiet sind großzügige Baugrenzen ohne Baukörperfestsetzung vorgesehen. Entsprechend kann die Einhaltung der Abstandsflächen gemäß § 6 HBauO, die gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewährleisten, im nachgelagerten Baugenehmigungsverfahren sichergestellt werden. Durch die vorgesehene Planänderung werden keine nachbarlichen Belange berührt, da die betroffenen Grundstücke einem einzigen Grundeigentümer gehören.
• Orts- und Landschaftsbild
Das Gewerbegebiet war mit Blick auf die Belange des Orts- und Landschaftsbilds schon vor der Erhöhung ausreichend in die Abwägung eingestellt worden. Die Erhöhung der zulässigen Geschossigkeit verändert jedoch die bisher vorgesehene Silhouette von Oberbillwerder und wird zu einer städtischeren Anmutung führen. Diese ist ausdrücklich gewünscht, auch um baulich-räumlich zum Ausdruck zu bringen, dass Oberbillwerder nicht nur ein Ort zum Wohnen ist, sondern auch ein Ort zum Arbeiten und mit Wertschöpfungspotenzialen. Die Erhöhung ist jedoch sehr gering und räumlich im Verhältnis zur Größe des neuen Stadtteils sehr geringfügig, bleibt deutlich unterhalb der Hochpunkte des Stadtteils zurück und befindet sich nicht in Randlage zu ländlich geprägten Strukturen bzw. zum Billwerder Billdeich, so dass die Erhöhung vertretbar ist.
Ergänzung einer Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungsgebot aufgrund HmbKliSchG
In § 2 Nummer 34 der Verordnung über den Bebauungsplan wird aufgrund des kürzlich am 13. Dezember 2023 geänderten Hamburgischen Klimaschutzgesetzes (HmbKliSchG) eine weitere Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungsgebot für Gebäude mit niedrigem CO2-Ausstoß erforderlich. Die Ergänzung der Ausnahme ermöglicht eine dezentrale Wärmeversorgung, sofern sie einen erheblich niedrigeren CO2-Ausstoß hat als das Wärmenetz, an das anzuschließen wäre, wenn diese Ausnahme nicht eingeräumt werden würde. Zudem wurde aufgrund der gesetzlichen Pflicht des § 8 Absatz 2 HmbKliSchG eine Befreiungsmöglichkeit vom Anschluss- und Benutzungsgebot aufgenommen, wenn die Erfüllung des Anschluss- und Benutzungsgebots im Einzelfall wegen besonderer Umstände zu einer unbilligen Härte führen würde. Zusätzlich werden Redundanzen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) aufgelöst.
§ 2 Nummer 34 soll insgesamt wie folgt formuliert werden:
Neu zu errichtende Gebäude mit Wärmebedarf in dem in der Nebenzeichnung mit „(Q)“ bezeichneten Bereich sind für die Wärmebedarfsdeckung (Beheizung und Warmwasserversorgung) an ein im Geltungsbereich zu errichtendes Wärmenetz anzuschließen und über dieses zu versorgen. Die Wärme muss aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugt werden.
Neu zu errichtende Gebäude mit Wärmebedarf in dem in der Nebenzeichnung mit „(R)“ bezeichneten Bereich sind für die Wärmebedarfsdeckung (Beheizung und Warmwasserversorgung) an ein Blockheizkraftwerk-Fernwärmenetz anzuschließen und über dieses zu versorgen.
Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungsgebot nach Satz 1 und 3 können zugelassen werden, wenn der berechnete Heizwärmebedarf der Gebäude nach dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz) vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728), zuletzt geändert am 16. Oktober 2023 (BGBl. I Nr. 280, S. 1), den Wert von 15 kWh/(m²*a) nicht übersteigt.
Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungsgebot für die Warmwasserversorgung nach Satz 1 und 3 können zugelassen werden in Gebäudenutzungszonen von Nichtwohngebäuden, in denen der Nutzenergiebedarf für Trinkwarmwasser höchstens 2,6 kWh/(m²*a) beträgt.
Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungsgebot nach Satz 1 und 3 können zugelassen werden, wenn die Wärmeversorgungsanlagen eines Gebäudes dauerhaft einen erheblich niedrigeren CO2-Ausstoß aufweisen oder in absehbarer Zeit besitzen werden als das Wärmenetz, an das gemäß Satz 1 und 3 anzuschließen ist.
Vom Anschluss- und Benutzungsgebot nach Satz 1 und 3 kann auf Antrag befreit werden, soweit die Erfüllung der Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände zu einer unbilligen Härte führen würde. Die Befreiung kann zeitlich befristet werden.
Weiteres Vorgehen
Für den Bebauungsplanentwurf wird zur Korrektur des formalen Fehlers aufgrund der fehlenden Veröffentlichung von einzelnen Gutachtenanlagen wiederholt die Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Gemäß § 3 Absatz 2 BauGB wird die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme aufgrund des Umfangs der Planunterlagen erneut auf 9 Wochen ausgedehnt.
Bestandteil der Öffentlichkeitsbeteiligung sind auch die wesentlichen umweltbezogenen Stellungnahmen und Gutachten, die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vom 8. Dezember 2023 bis 8. Februar 2024 und im Anschluss daran eingegangen sind.
Die bereits im Rahmen der durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung abgegebenen Stellungnahmen bleiben für das Verfahren erhalten und werden im Rahmen der Abwägungen berücksichtig.
Alle, einschließlich der im Rahmen der wiederholten Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen werden von der Verwaltung geprüft und die Abwägungsvorschläge mit den Behörden und Trägern öffentlicher Belange abgestimmt und anschließend an den Stadtentwicklungsausschuss und die Bezirksversammlung zur Beratung geleitet. Bei Zustimmung kann die Bezirksamtsleitung den Bebauungsplan feststellen.
Der Hauptausschuss nimmt zur Kenntnis, dass der Planentwurf mit den wesentlichen vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen und Gutachten vom 1.Juli bis 2. September 2024 (9 Wochen) für eine wiederholte Öffentlichkeitsbeteiligung im Internet veröffentlicht und ergänzend öffentlich ausgelegt wird und der Öffentlichkeit in diesem Zeitraum Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.
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