22-0506

Tötungen von Wildtieren im Wildgehege Klövensteen Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE

Große Anfrage öffentlich

Letzte Beratung: 17.12.2024 Ausschuss für Grün, Naturschutz und Sport Ö 10.7

Sachverhalt

Das Wildgehege Klövensteen ist ein beliebtes Ausflugsziel für Naturfreunde und Familien. Vielen ist dabei nicht bewusst, dass Tiere im Wildgehege geschossen werden.

Auf die schriftliche Kleine Anfrage DrucksachenNr.: 22-0093 vom 17.09.2024 antwortete das Bezirksamt zu 4.2. jedoch eindeutig:

"Es werden auch weiterhin Tiere (beim Schwarz-, Dam-, Sika-, Rot- und Muffelwild) entnommen werden müssen. Die Wildentnahmen werden ausschließlich durch legitimiertes Fachpersonal des Bezirksamtes durchgeführt. Dabei erfolgt eine enge Absprache und Überwachung des Tierschutzes und der Lebensmittelhygiene durch die Amtsveterinäre. Eine zeitliche Angabe zu den Wildentnahmen ist aus betrieblichen Gründen nicht möglich!"

Diese Praxis ist zu hinterfragen, da es verschiedene Stellungnahmen und Gerichtsurteile gibt, die die Tötung überschüssiger gesunder Tiere verbieten.

Schon der Tierschutzbericht 1999 der Bundesregierung stellt fest:

"Für die Tötung überzähliger Zootiere fehlt es von vorneherein an einem vernünftigen Grund, wenn gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens verstoßen wird. Eine Einrichtung kann sich nicht auf einen angeblichen Überschuss an Tieren und die damit einhergehende Unmöglichkeit einer verhaltensgerechten Unterbringung berufen, wenn sie diese Notlage rechtzeitig hätte vorhersehen können, aber sie dennoch nicht vermieden hat. Deshalb sollte eine Vermehrung von Zootieren grundsätzlich nur ermöglicht werden, wenn auch für die Nachkommen eine artgemäße Unterbringung gesichert ist" (BMELV, Tierschutzbericht 1999, S. 38)

Außerdem gibt es zur Tötung „überschüssiger“ Zootiere zwei Urteile:

  1. Urteil des Amtsgerichts Magdeburg (Az. 14 Ds 181Js 17116/08 (171/09)), das den verfassungsrechtlich gebotenen Artenschutz gleichrangig dem Schutz des individuellen Tieres entgegen stellte. Grundsätzlich sei nicht gestattet, im Zoo geborene Jungtiere, die nicht zur Erhaltung ihrer Art beitragen könnten, zu töten.
  2. Diese Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Naumburg (Az. 2 Ss 82/11) bestätigt.

Die Bezirksversammlung hat für das Wildgehege klar gefordert: "Keine Tötungen von Tieren zum Erzielen von Einnahmen", s. Drucksache 21-0317.

 

Vor diesem Hintergrund ergeben sich weitere Fragen an den Forstbetrieb des Bezirksamtes:

 

  1. Wie viele Tiere sollen zwischen dem 1.10.2024 und 31.01.2025 im Wildgehege geschossen werden? Bitte Anzahl pro Art und gesamt angeben.
  2. Wann und durch wen ist die Tötung dieser Tiere geplant?
  3. Wie genau wird sichergestellt, dass die Besucher:innen des Wildgeheges durch die laufende Bejagung nicht gefährdet werden?
  4. Was genau passiert mit dem Fleisch dieser Tiere? Wird über den Verkauf hinaus Fleisch verschenkt und wenn ja, an wen und warum?
  5. Was passiert mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Wildfleisch bzw. wofür werden sie verwendet?
  6. Welche Kosten entstehen jährlich für die Jagd des Eigenbestandes (bitte detailliert auflisten seit 2022: für den Betrieb des Schlachthauses, der Kühlkammern, des Transporters, für Zerlegung und Verpackung bei der Fleischerei Fricke, für Schusswaffen, Munition und natürlich die entsprechenden Personalkosten)?
  7. Wie viele Jagdkanzeln befinden sich zum 31.10.2024 auf dem Gelände des Wildgeheges Klövensteen und wo genau?
  8. Welche Begründung und welche rechtliche Grundlage gibt es für die bezirkliche Wildfleischproduktion in Altona?
  9. Gehört für das Bezirksamt eine bezirkliche Wildfleischproduktion zur Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand?
  10. Wie begründet das Wildgehege die Praxis der Jagd innerhalb des eigenen Tierbestandes? Wie verträgt sich diese Praxis mit dem Tierschutzgesetz?
  11. Welche Rolle spielt der Abschuss beim Populationsmanagement des Tierbestandes im Wildgehege?
  12. Welche anderen Arten des Populationsmanagements werden angewandt und warum sind diese nicht ausreichend?
  13. Wie viele Tiere wurden seit 2020 im Forst Klövensteen geschossen? Bitte nach Jahren und Arten listen.
  14. Was hat der Bau des neuen Schlachthauses für Wildfleisch im Gehege auf der Försterei gekostet? Welche und wie viele Räume befinden sich in diesem Gebäude?
  15. Aufgrund von welchem Beschluss wurde es gebaut? Woher kam das Geld für die Finanzierung?
  16. Wo befinden sich im Wildgehege und auf der Försterei Schlachträume und Kühlkammern? Bitte einzeln angeben.

 

Das Bezirksamt Altona beantwortet die Fragen wie folgt:

 

Zu 1:

Seit dem 1.10.2024 wurden keine Tiere entnommen. Wenn betrieblich/technisch möglich sind noch 2-5 Entnahmen beim Cervus elaphus umzusetzen.

 

Zu 2:

Die Entnahme würde wie üblich durch das jeweils zuständige Fachpersonal des Bezirksamtes Altona erfolgen.

 

Zu 3:

Im Wildgehege finden keine „Bejagungen“ statt. Wildentnahmen werden ausschließlich dann vorgenommen, wenn die Einrichtung geschlossen ist.

 

Zu 4 Teilfrage 1:

Das Wildfleisch wird entgeltlich verkauft.

 

Zu 4 Teilfrage 2:

Nein.

 

Zu 5:

Erlöse aus der Wildfleischvermarktung fallen der Rahmenzuweisung Forst zu.

 

Zu 6:

Die Kosten des Bezirksamtes für die Entnahme von Wildtieren werden nicht gesondert erfasst und dokumentiert. Welche Kosten Dritte für ihre Tätigkeiten haben, kann nicht nachvollzogen werden.

 

Zu 7:

Da im Wildgehege nicht gejagt wird, gibt es dort keine Jagdkanzeln.

 

Zu 8:

Um den Tieren im Wildpark eine möglichst naturgetreue Möglichkeit der Haltung in den großen und naturnahen Anlagen zu ermöglichen und ihnen auch ihr physiologisches Verhalten rund um Brunft, Trächtigkeit, Geburt und Aufzucht zu ermöglichen, wird ein Populationsmanagement durchgeführt. Einige Tiere werden dann im Laufe des Jahres entnommen. Da die Tiere nicht euthanasiert, sondern geschlachtet werden, ist die Grundlage des vernünftigen Grundes nach TSchG hier die Wertschöpfung als Lebensmittel für die menschliche Ernährung.

 

Zu 9:

Nein siehe auch Antwort zu Frage 8.

 

Zu 10:

Im Wildgehege wird nicht gejagt.

 

Zu 11:

Vor dem Hintergrund rechtlicher Vorgaben sowie der fachlichen Notwendigkeiten wie unter anderem der Krankheitsprävention, Überpopulation und dem Erhalt der genetischen Vielfalt hat das Populationsmanagement eine zentrale Rolle inne, welches im Wildgehege durch die agierende Fachleute sowohl im Hinblick auf die ökologische als auch ethische Aspekte betrachtet wird. Die Entscheidung für oder gegen eine Wildentnahme (Abgabe an andere Einrichtungen oder finale Entnahme) wird somit immer als Einzelfallentscheidung getroffen.    

 

Zu 12:

Siehe Antwort zu Frage 11.

 

Zu 13:

Tab. 1 Erlegtes Wild im Forst Klövensteen (Abt. Forst Altona)

Jagdjahr

Capreolus capreolus

Sus scrofa

Meles meles

Vulpes vulpes

2020/2021

74

14

1

 

2021/2022

61

6

 

 

2022/2023

71

0

 

 

2023/2024

97

7

 

 

2024/2025 (Stand 01.11.2024)

81

10

 

1

 

 

Zu 14:

Fehlanzeige, da die FHH kein „Schlachthaus“ errichtet hat.

 

Zu 15:

Siehe Antwort zu Frage 14.

 

 

Zu 16:

Tab. 2 Auskunft über Schlachträume und Kühlkammern in der Bat. Forst Altona

 

Wildpark

Abteilung Forst Altona (Forstamt)

Schlachträume

Keine

Keine

hlkammer

1 Standort Betriebshof

Keine

 

 

Petitum/Beschluss

:

Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.

 

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