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Mobilität weiter denken: Autofreies Ottenser Zentrum im Rahmen von Cities4People testen und evaluieren Dringlicher Antrag der Fraktionen von GRÜNE und CDU

Antrag öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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28.03.2019
Sachverhalt

Ottensen ist ein äußerst beliebter Stadtteil. Immer mehr Menschen zieht es hierher. Die Folge: Die Verkehrsbelastung wächst. Der motorisierte Individualverkehr gerät zunehmend in Konflikt mit anderen Nutzer*innen des öffentlichen Raums. Der Parkdruck wächst ebenfalls, der Parksuchverkehr belastet die Anwohnenden in Ottensen – obwohl Parkhäuser verfügbar sind.

 

Am sogenannten "Ottenser Kreuz" – Ottenser Hauptstraße, Ecke Bahrenfelder Straße/ Spritzenplatz – trifft alles aufeinander, was Ottensen so attraktiv macht: Treffpunkt, Markt, Veranstaltungen, Straßenkünstler*innen, politische Aktivitäten - vielfältiger geht es kaum. Trotz dieser intensiven Nutzung endet die Fußgängerzone am Spritzenplatz. Im Bereich Bahrenfelder Straße (Spritzenplatz bis Barnerstraße) und Ottenser Hauptstraße bis zur Kreuzung Große Brunnenstraße ist extrem wenig Raum für Fußgänger*innen und Radfahrende, die Straße selbst ist durch das beidseitige Parken einspurig geführt. Eine Neuaufteilung, die den Autoverkehr zugunsten anderer Nutzungen weitgehend heraushält, würde mehr Raum für die Anwohner*innen und Besucher*innen des Quartiers schaffen.

 

Aktuell wird in Altona das EU-Projekt "Cities4People" durchgeführt - als Kooperationsprojekt zwischen der HafenCity Universität (HCU), dem Bezirksamt Altona und der Senatskanzlei, gefördert im Rahmen des Europäischen Forschungs- und Innovationsprogrammes Horizon 2020. In diesem Rahmen sind eine Vielzahl von Workshops veranstaltet worden, in denen mit Altonas Bürger*innen konkrete Projekte für eine bürgernahe, städtische Mobilität entwickelt wurden. In diesen Workshops wurde auch der Wunsch der Altonaer*innen nach deutlicher Begrenzung des Autoverkehrs in engen Einkaufsstraßen sowie einer Neuordnung des ruhenden Verkehrs gefordert, damit der knappe öffentliche Raum zukünftig anderweitig genutzt werden kann. Es gab zahlreiche Forderungen nach Verbesserungen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, nach einer Aufwertung und Begrünung des öffentlichen Raumes zugunsten einer höheren Aufenthaltsqualität und mehr Raum für nachbarschaftliche Begegnungen.

 

Cities4People plant daher bisher im Bereich Bahrenfelder Straße (Spritzenplatz bis Alma-Wartenberg-Platz) und Ottenser Hauptstraße (Ecke Bahrenfelder Straße bis Mottenburger Straße) für einen vierwöchigen Zeitraum den Individualverkehr herauszuhalten und so die Auswirkungen erlebbar zu machen. Die Straßenabschnitte sind so gewählt, dass kein querender Verkehr beeinträchtigt wird und durch die Einbahnstraßenregelung insgesamt nur zwei Zufahrtsbeschränkungen eingerichtet werden müssten. Diese Dimensionierung erscheint nicht ausreichend. Auch in Städten wie Barcelona oder München wurden Zeiträume und räumliche Ausdehnung so gewählt, dass sinnvolle Aussagen über die Vor- und Nachteile in der Evaluation getroffen werden konnten. So muss mindestens ein Saisongeschäft enthalten sein (je nach Gewerk oder Gewerbe: Sommer oder Wintersaison).

 

Dann bietet sich die Möglichkeit, die Autofreiheit in diesem Teil Ottensens zu testen und u.a. die Auswirkungen auf Geschäfte und Gastronomiebetriebe zu ermitteln.

 

Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung:

 

Das Bezirksamt wird nach § 19 (2) BezVG, gemeinsam mit den zuständigen Fachbehörden nach § 27 BezVG zu Folgendem aufgefordert:

 

1.      Die im Projekt Cities4People geplante Fußgängerzone soll mindestens in dem vorgestellten räumlichen Umfang umgesetzt und darüber hinaus eine Erweiterung, bzw. Ausdehnung überprüft werden, um sie in das Pilotprojekt noch mit zu integrieren. Dies betrifft insbesondere eine Ausdehnung der Fußgängerzone auf der Ottenser Hauptstraße bis zu der Querung Große Brunnenstraße. Wünschenswert wäre diese Ausdehnung, um insbesondere Querungssituationen des Motorisierten Individualverkehrs in der Evaluierung mit erfassen zu können. Außerdem ist zu prüfen, ob die Situation in den Straßen „Am Felde“ (ab Erzberger Straße), Ottenser Hauptstraße (im Teilbereich zwischen Am Felde und Stangestraße) und Stangestraße (bis Erzberger Straße) mit in das Projektgebiet einbezogen werden kann. Auch weitere Erweiterungen sind mit zu prüfen: Bahrenfelder Straße ab Klausstraße / Eulenstraße bis kleine Rainstraße; Große Rainstraße bis kleine Rainstraße; Rothestraße / Nöltingstraße.

 

2.      Um die Auswirkungen tatsächlich auch im Hinblick auf saisonale Veränderungen (Außengastronomie, Weihnachtgeschäft) erlebbar zu machen, soll das Projekt entgegen der bislang geplanten Dauer insgesamt auf mindestens ein halbes Jahr angelegt werden. Der Versuch soll im September 2019 beginnen.

 

3.      Die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen, Fahrzeugen der Stadtreinigung, Handwerkern und Paketdiensten muss für das gesamte Gebiet zu jeder Zeit sichergestellt sein. Die Zu- und Abfahrten von Marktbeschickenden müssen uneingeschränkt möglich sein. Für die Belieferung der Geschäfte ist unter Beteiligung der relevanten Stakeholder eine Lösung zu finden. Dies gilt auch für die teilweise von Anwohnern zum Parken genutzten Innenhöfe in diesem Bereich.

 

4.      Die Betreiber der Parkhäuser rund um das Ottenser Kreuz sind ebenfalls in die Planung einzubeziehen. Spezielle Angebote der Parkhäuser können die Attraktivität des Pilotprojektes erhöhen. Die Projektbetreiber werden gebeten, sich um die Unterstützung durch die Parkhausbetreiber zu bemühen und Maßnahmen mit einzuplanen, wie etwa vergünstigte Stellplatzmieten für Anlieger.

 

5.      Für die Umsetzung der Maßnahme über die dem Projekt zur Verfügung stehenden Mittel hinaus sind die erforderlichen Mehrbedarfe zu eruieren. Das Finanzierungskonzept ist zu präzisieren und im Verkehrsausschuss vorzustellen.

 

6.      Die Einrichtung des unter 1. aufgezeigten Piloten wird laufend evaluiert. Es handelt sich um einen Versuch, der in seiner zeitlichen Limitierung die Auswirkungen erlebbar macht, ohne gleich Fakten zu schaffen. Um eine mögliche Verstetigung umzusetzen, muss ein umfassender und laufender  Beteiligungsprozess der Ottenser*innen, der betroffenen Gewerbetreibenden, Gastronomen und Eigentümern während des gesamten Projektes stattfinden. Die Ergebnisse des Prozesses müssen umfassend dokumentiert werden. Rechtzeitig vor Ablauf des Piloten wird in einer Verkehrsausschusssitzung über die Verstetigung unter Vorlage der Evaluierungsdaten diskutiert und entschieden. Im Vorwege dieser Sitzung wird die Öffentlichkeit umfassend informiert (Plakatierung, Anzeigen).

 

7.      Der Ausbau der Velorouten darf von dem Pilotprojekt nicht beeinträchtig werden.

 

8.      Der Verkehrsausschuss ist am gesamten weiteren Verfahren laufend zu beteiligen.

 

 

Anhänge

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