Jeder Baum zählt auch jeder private! Zuverlässige Transparenz jetzt! Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE
Letzte Beratung: 07.09.2021 Ausschuss für Grün, Naturschutz und Sport Ö 12.23
Der größte Teil des Hamburger Baumbestands steht auf Privatgrund. Fällgenehmigungen für Privatbäume müssen bei den Bezirksämtern beantragt werden, dabei wird der Ersatz mittels Auflagen festgelegt.
In Altona ist dafür das „Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt“ zuständig. Die amtliche Abkürzung „WBZ“ drückt schon die behördliche Prioritätensetzung aus: Wirtschaftsförderung („W“) und Bauen („B“) stehen im Vordergrund; die Umwelt ist drittrangig und taucht in der Abkürzung erst gar nicht auf. Schon hier wird deutlich: Das Recht zu bauen (und mit Grund, Boden sowie Immobilien zu spekulieren) hat Vorrang gegenüber dem Baumschutzrecht und dem Recht auf Gegenwart und Zukunft in einer intakten Umwelt.
Dementsprechend sind schon seit sehr langer Zeit die vor allem baubedingten Grün- und Baumverluste auf privatem Grund unverantwortlich groß. Die Auflagen des „WBZ“ zu Nachpflanzungen, die aber keinen wirklich gleichwertigen Ersatz verlangen, können in den allermeisten Fällen das zerstörte Grünvolumen mit seinen vielfältigen ökologischen Funktionen in keiner Weise ausgleichen. Dazu müssten u.a. deutlich mehr heimische Bäume zeit- und ortsnah nachgepflanzt als gefällt werden. Besser noch wäre ein genereller Baumfäll- und Versiegelungsstopp! Fassaden- und Dachbegrünung ist auf jeden Fall kein Ersatz für gleichwertige Baumnachpflanzungen, sondern kann nur eine (durchaus willkommene) Ergänzung sein.
Hinzu kommt ein weiterer gravierender Missstand auf Privatgrund: Die tatsächlichen Baum-/ Grünverluste sind letztendlich völlig unklar, da die Ersatzpflanzungsauflagen vom Amt nur stichprobenartig (wenn überhaupt) überprüft werden. Allein durch mangelnde Nachverfolgung / Kontrolle von Ersatzpflanzungen auf privatem Grund ereignet sich somit ein schleichender Schwund von Altonas Grün mit weitreichenden Folgen für das Stadt(teil)klima. Dies wird im Übrigen auch vom NABU Hamburg seit längerer Zeit kritisiert.
Unsere bereits am 02.03.2021 schriftlich gestellten Fragen zur Baumbilanz auf privatem Grund (bezogen auf das Jahr 2020), die bisher immer noch nicht beantwortet wurden und deshalb auf diesem Wege wiederholt werden, laut(et)en folglich:
a Selbst unsere Vorabfragen zur privaten Fällliste von Dez. 2020 / Jan. 2021 wurden von der „WBZ“ – Abteilung Naturschutz noch nicht beantwortet, obwohl die Niederschrift zur Februarsitzung bereits vorliegt (genauer: am 25.05.2021 versendet wurde). Wie lässt sich dieses Versäumnis erklären?
b Zudem gibt es eine Beschwerde eines Bürgerschaftsabgeordneten, der ebenfalls in diesem Jahr eine bezirkebezogene Anfrage stellte, und aus der erwähnten Altonaer „WBZ“ – Abteilung keine Antworten erhielt. Wie ist dies möglich?
Vor diesem Hintergrund fragen wir angesichts der sich immer mehr verschärfenden klimakatastrophalen und mit Artensterben einhergehenden Entwicklungen:
Wie kann aus Sicht des Amtes wenigstens eine verlässliche Transparenz (die zeitnahe Beantwortung von Anfragen, Nach-/ Vorabfragen sichern diese ab!) hinsichtlich der monatlich herausgegebenen privaten Baumfälllisten und der einmal jährlich erfolgenden privaten Baumbilanz schnellstmöglich gewährleistet werden? Welche Maßnahmen müssen dazu (intern) ergriffen werden?
Sofern diese unzureichend ist: Was tut das Bezirksamt für eine Aufstockung des Personals?
Das Bezirksamt Altona beantwortet die Fragen wie folgt:
Zu 1 - 3:
In der Abteilung WBZ4 wurde der Aufgabenbereich der Überwachung von Terminen im Hinblick auf die im Verwaltungsverfahren festgesetzten Ersatzmaßnahmen (Ersatzpflanzungen), einschließlich Dokumentation der Ausführung der Ersatzpflanzungen sowie fallbezogene Überprüfung von Ersatzpflanzungen im Rahmen von Ortsbesichtigungen in die ab dem 01.12.2017 mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit besetzte Verwaltungsstelle anteilig integriert. Die formalen Rahmenbedingungen dieser „zusätzlichen Personalressource“ sind für die Wahrnehmung des Aufgabenbereiches maßgeblich. In diesem Zusammenhang und im Hinblick auf den „Fortschritt“ des Arbeitsbereiches im Sinne der Fragestellung ist im Wesentlichen die Tatsache bedeutsam, dass diese „Personalressource“ im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages überdies weitere Aufgaben zu erfüllen hat.
Das Arbeitsergebnis des Aufgabenbereiches wird bekanntermaßen über die statistische Darstellung der jährlichen Baumbilanz, jeweils im 1. Quartal des Kalenderjahres, dargestellt.
Zu 4:
Die Beantwortung der Fragen, die dem Amt im Rahmen der Sitzungen des Ausschuss für Grün, Naturschutz und Sport vorgelegt werden, erfolgt im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erstellung der Sitzungsprotokolle in Abstimmung mit der Geschäftsstelle der Bezirksversammlung. Die Zulieferung fehlender Nachträge/ Antworten „zu Protokoll“ erfolgt in der Regel zeitgerecht im Zusammenhang mit der Abstimmung der Sitzungsprotokolle. Falls es in Einzelfällen zu Zeitverzügen gekommen sein sollte, die allein WBZ4 zu verantworten hat, so wird dieses bedauert, und es soll gleichzeitig darauf hingewirkt werden, derartige zeitliche Verzögerungen zukünftig zu vermeiden.
Zu 5 a:
Die Beantwortung erfolgte am 11.02.2021 über die Amtsvertretung an die Geschäftsstelle der Bezirksversammlung. Insofern liegt hier aus hiesiger Sicht kein Versäumnis vor.
Zu 5 b:
WBZ 4 hat keine Kenntnis von einer derartigen Anfrage bzw. Beschwerde.
Zu 6:
Die Dokumentation der Baumfällungen auf privatem Grund (monatliche Baumfäll-Liste) sowie die jährliche Baumbilanz (Privatgrund) erfolgen nach der geltenden § 19 – Vereinbarung (BezVG) jeweils zeitgerecht im Rahmen der Sitzungsroutine des Ausschuss für Grün, Naturschutz und Sport bzw. im 1. Quartal des Kalenderjahres. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.
Zu 7:
Die Abteilung Naturschutz (WBZ 4) im Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt des Bezirksamtes Altona ist zuständig für den Vollzug der Hamburgischen Baumschutzverordnung sowie der im Bezirk Altona geltenden Landschaftsschutzverordnungen. Zu den Kernaufgaben gehören damit die Prüfung von Ausnahmeanträgen nach der Baum- bzw. Landschaftsschutzverordnung zur Fällung von Bäumen bzw. zur Durchführung von baumpflegerischen Schnittmaßnahmen.
Die Abteilung Bauprüfung (WBZ 2) beteiligt bei allen Bauvorhaben, für deren Realisierung die Fällung von Bäumen erforderlich ist, verfahrensgemäß die Abteilung Naturschutz (WBZ 4). Soweit eine planungsrechtliche Befreiung erforderlich ist, also kein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung besteht, wird die Fällgenehmigung regelmäßig versagt, wenn die Fällung geschützter erhaltenswürdiger Bäume in Rede steht. Ist keine planungsrechtliche Befreiung erforderlich, ist es seit langem Praxis des Bezirksamtes, mit den Bauherr*Innen Gespräche zu führen, um vorzugsweise eine Umplanung des Bauvorhabens zum Erhalt des geschützten erhaltungswürdigen Baumbestandes zu erreichen. Diese Praxis wird das Bezirksamt auch künftig beibehalten.
Zu 8:
Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Personalausstattung nicht auskömmlich ist. Seit September 2020 war die Stelle einer Technischen Sachbearbeitung (Ingenieur*in) vakant. Die Stelle konnte zum 16.07.2021 besetzt werden.
Überdies sind der Wahrnehmung zuständiger Aufgaben unter den Rahmenbedingungen nicht auskömmlicher bzw. äußerst knapper Personalressourcen sehr enge Grenzen gesetzt. Vor diesem Hintergrund steht die prioritäre Wahrnehmung einzelner Aufgaben immer häufiger im Vordergrund der fachdienstlichen Steuerung.
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Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.
ohne
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