21-3976.1

Die Waitzstraße für alle sicher machen! Alternativantrag der Fraktion GRÜNE zur Drs. 21-3938.1 (NEUFASSUNG der Drucksache 21-3976)

Antrag öffentlich

Letzte Beratung: 27.04.2023 Bezirksversammlung Ö 7.1.2

Sachverhalt

Im östlichen Teil der Waitzstraße im Stadtteil Groß Flottbek befinden sich auf einer Länge von knapp 400 m eine Vielzahl von inhabergeführten Geschäften und eine Vielzahl an Arztpraxen. Die Kundschaft kommt oftmals direkt aus dem Stadtteil Groß Flottbek, dem benachbarten Othmarschen, aus dem Bezirk Altona und von außerhalb. Die Gewerbetreibenden pflegen eine oftmals jahrzehntelange Kundenbindung. Die Vielfalt an fußläufig erreichbaren Geschäften macht das Einkaufen in der Waitzstraße attraktiv. Die ÖPNV-Anbindung ist ausgezeichnet mit der Station S-Othmarschen und vielen Buslinien, die am benachbarten Statthalterplatz halten.

 

Der Großteil der Kundschaft kommt mit dem Umweltverbund in die Waitzstraße, also zu Fuß, mit dem Rad, per Bus oder Bahn. Nach Schätzungen kommen 40 % der Menschen mit dem Auto. Die Grundeigentümer und teilweise auch die Gewerbetreibenden haben sich im Rahmen eines Business Improvement Districts in den Jahren 2016 bis 2018 finanziell am Umbau der Waitzstraße beteiligt, die Einkaufsstraße attraktiver gemacht und mehr Aufenthaltsqualität geschaffen. Im Zuge des Umbaus wurden die Schrägparkplätze verlängert, um das Ein- und Ausparken sicherer zu machen. Zudem mussten aus Sicherheitsgründen 29 Parkplätze entfallen. 2020 wurden 60 Vollstahlpfosten in der Waitzstraße eingebaut. In der Folge ist die Zahl der Schaufensterunfälle deutlich zurück gegangen.

 

Mit der Einführung der Parkraumbewirtschaftung hat sich die Parkplatzverfügbarkeit in der Waitzstraße erheblich verbessert. In angrenzenden Straßen gibt es das Phänomen, dass Autofahrer:innen dort unter der Woche tagsüber parken, um mit Bahn oder Bus weiter in die Stadt zu fahren. Aufgrund des fehlenden Bewohnerparkgebiets ist es dort sehr zugeparkt.

 

Nach dem jüngsten Verkehrsunfall am 21. Dezember 2022, der von einem Autofahrer verursacht wurde, der in der Nähe der Waitzstraße wohnt, hat das Bezirksamt gehandelt und erstmals die Verkehrsunfallkommission um eine fachliche Einschätzung gebeten. Geprüft wurde, ob strukturelle, bauliche Defizite festzustellen sind und ob bauliche Veränderungen die Verkehrssicherheit erhöhen könnten. Am 20. März 2023 hat die Verkehrsdirektion die Ergebnisse im Rahmen einer Sitzung des Verkehrsausschusses vorgestellt. Bemerkenswert ist, dass die Unfallkommission bei allen Unfällen individuelles Fehlverhalten und keine strukturellen Defizite festgestellt hat. Obgleich der Großteil der Schaufensterunfälle der vergangenen Jahre aus den Schrägparkplätzen passierte, bieten auch Längsparkplätze keine hundertprozentige Sicherheit, dass Fahrzeugführende nicht Gas- und Bremse verwechseln, dabei zur Seite lenken und über den Gehweg in oder bis vor ein Gebäude fahren, wie der jüngste Unfall zeigte.

Die zentrale Straßenverkehrsbehörde wies im Verkehrsausschuss darauf hin, dass für die Leichtigkeit des Fußverkehrs grundsätzlich eine Gehwegbreite von 2,50 m freizuhalten sei, etwa bei der Aufstellung von Pollern. Nur an kurzen Engstellen darf hiervon abgewichen werden. Im Kontext der Prüfung durch die Unfallkommission entstand der unzutreffende Eindruck, dass Teile der Bezirkspolitik in Altona erhebliche Veränderungen, wie zum Beispiel die Einrichtung einer Kommunaltrasse, in der Waitzstraße anstrebten. Richtig ist, dass die Bezirksversammlung keine erheblichen Veränderungen anstrebt, sondern genau prüft, wie die Verkehrssicherheit erhöht werden kann. Gemäß der in Hamburg gültigen Vision ZERO-Strategie sollen die Gesellschaft, Politik und Verwaltung das Menschenmögliche tun, um schwere Crashs weitgehend zu vermeiden. Eine schrittweise Verbesserung der Verkehrssicherheit bei gleichzeitiger Stärkung der Attraktivität der Waitzstraße führt zum Ziel.

 

Obwohl die Waitzstraße als eine von nur drei Straßen bzw. Zonen im Bezirk Altona als 20-Zone und damit als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich ausgeschildert ist, stellte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, fest, dass in der Waitzstraße teilweise relativ schnell gefahren werde. Dies würde dazu beitragen, dass „Senioren schnell raus aus dem Parkplatz wollen“. Nach der Theorie von Herrn Brockmann würden Vorwärtsgang und Rückwartsgang verwechselt. Seine Empfehlung lautet daher, die Straße zu entschleunigen und Tempo 10 km/h anzuordnen. Zudem könnte ein Bringdienst ein guter erster Schritt sein.

 

In einer Eingabe an den Verkehrsausschuss heißt es: „Auch ist die Situation für Radfahrer, gelinde gesagt, sehr unsicher. Man soll sich in jeder Richtung an den Autos irgendwie vorbei quetschen, für Kinder/Jugendliche und ungeübte Radfahrer sind die Gefahren dabei eigentlich kaum zu überblicken. Dementsprechend wird die Waitzstraße von Radfahrern auch eher gemieden.“ In der Waitzstraße überholen Radfahrende den Kfz Verkehr mitunter auf beiden Seiten oder sie weichen auf den Gehweg aus und gefährden dort den Fußverkehr. Zudem sind Kfz Führende bisweilen abgelenkt und rechnen nicht mit entgegenkommendem Radverkehr.

 

Im August 2021 hat die Bezirksversammlung mit Drucksache 21-2067.1B beschlossen, dass in der Waitzstraße zusätzliche Parkmöglichkeiten für Lastenfahrräder geschaffen werden sollen. Die Umsetzung sollte erfolgen, sobald klar ist, wo zusätzliche Vollstahlpfosten installiert werden.

 

Für den Fußverkehr gibt es auf den Gehwegen enge Stellen. Die Engstellen sollen identifiziert werden und entschärft werden. Hierdurch kann die Waitzstraße als Einkaufsstraße noch attraktiver werden.

 

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung Altona folgenden Beschluss zu fassen:

 

Das Bezirksamt wird gemäß § 19 BezVG aufgefordert:

 

  1. An den Parkständen in der Einkaufsstraße Waitzstraße sind weitere Vollstahlpfosten einzubauen, prioritär in den Lücken, wo die Gefahr durchbrechender Kraftfahrzeuge und die Gefährdung des Fußverkehrs am größten sind. Hierbei ist darauf zu achten, dass keine Beeinträchtigung der Leichtigkeit des Fußverkehrs entsteht und die zusätzlichen Poller in die Reihe der vorhandenen Poller gesetzt werden. Die bereits beschlossen Parkmöglichkeiten für Lastenfahrräder werden an geeigneten Stellen eingerichtet (Drucksache 21-2067.1B).

 

  1. Es werden Engstellen für den Fußverkehr identifiziert. Es sollen punktuell Maßnahmen geprüft und umgesetzt werden, um die Leichtigkeit des Fußverkehrs zu erhöhen und die Attraktivität der Einkaufsstraße ohne größere Umbauten zu erhöhen. Die Schrägparkstände sollen nicht in Längsparkstände umgewandelt werden. Zur Gewährleistung der Leichtigkeit des Fußverkehrs sind im begründeten Einzelfall Ausnahmen möglich.

 

  1. Ein Sicherheitsaudit soll durchgeführt werden, um folgende Fragestellung zu erörtern: Welche baulichen Gestaltungen in der Straße begünstigen derartige Unfälle und wie lassen sich – bevorzugt durch kleinere Eingriffe – Verbesserungen in der Sicherheit erzielen? Das Bezirksamt wird gebeten, die dafür erforderlichen finanziellen Mittel bei der zuständigen Fachbehörde einzuwerben.

 

  1. Ein zusätzliches Mobilitätsangebot mittels Ride-Sharing Services mit virtuellen und ausnahmsweise sichtbaren Haltepunkten soll in der Waitzstraße eingerichtet werden. Eine Zusammenarbeit mit Arztpraxen und der IG Waitzstraße ist anzustreben, um die Akzeptanz und die Nachfrage des Angebots zu unterstützen. Der Shuttle-Service soll bei positivem Ergebnis der Prüfung dann auch als Pilotprojekt für andere Stadtteile dienen. Das Mobilitätsangebot ist kostenpflichtig. Es ist entweder in den HVV-Verbundtarif zu integrieren oder es ist ein Beförderungsentgelt zu erheben, welches sich an den in der Waitzstraße üblichen Parkgebühren orientiert.

 

  1. Das Amt wird gebeten, bei der Behörde für Wirtschaft und Innovation finanzielle Mittel für die beabsichtigten Maßnahmen, die der Wirtschaftsförderung in einem für den Westen Altonas bedeutenden Zentralen Versorgungsbereich dienen, einzuwerben. Es soll geprüft werden, ob eine Finanzierung von Maßnahmen zusammen mit der IG Waitzstraße e.V. über den Neustartfonds für City und Zentren erfolgen kann.

 

 

Die Behörde für Inneres und Sport wird gemäß § 27 BezVG aufgefordert:

 

  1. Vor dem Hintergrund der Unfallhäufungsstrecke in der Einkaufsstraße Waitzstraße, der Vielzahl an Ein- und Ausparkvorgängen und der Gefährdung des Rad- sowie Fußverkehrs wird eine erhebliche Gefahrenlage festgestellt, die eine Anordnung einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h als mildestes und wirksames Mittel zur Unfallreduzierung rechtfertigt, um die Wahrscheinlichkeit für Augenblickversagen in Folge von Ablenkung oder von Stresssituationen zu reduzieren. Sofern für die Anordnung von 10 km/h eine Änderung der Widmung der Straße als Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich erforderlich ist, wird die Straßenverkehrsbehörde gebeten die zur Umsetzung notwendigen Schritte mit dem Bezirksamt abzustimmen.

 

 

Petitum/Beschluss

:

Der Verkehrsausschuss wird um Zustimmung und Weiterleitung an die Bezirksversammlung gebeten.

 

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