Abweichungen von der StVO und VWV-StVO Vision ZERO Hamburg Auskunftsersuchen von Gesche Boehlich, Stephanie Faust-Weik-Roßnagel, Benjamin Harders, Rolf Stünitz und Dana Vornhagen (alle Fraktion GRÜNE)
Im Juni 2021 hat der Bundesrat folgende Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VWV-StVO) „zu § 1 Grundregeln“ beschlossen: „Oberstes Ziel ist dabei die Verkehrssicherheit. Hierbei ist die „Vision Zero“ (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen.“
Die zuständige oberste Straßenverkehrsbehörde Behörde für Inneres und Sport, Amt A3, kann gemäß § 46 Absatz 2 StVO für bestimmte Stellen von allen Vorschriften der StVO Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller:innen genehmigen. Zudem kann die Behörde für Inneres und Sport, Amt A3, gemäß Randnummer 149 der VWV-StVO Abweichungen „von allen Bestimmungen dieser Allgemeinen Verwaltungsvorschrift“ zulassen (Vgl. Drucksache 21-1726). Damit hat Hamburg die Möglichkeit mit Hilfe eigener Richtlinien wirksame Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit umzusetzen, die gemäß Straßenverkehrs-Ordnung und VWV-StVO ansonsten noch nicht umsetzbar wären.
Mit den Drucksachen 21-1907 sowie 21-2139 wurde die Behörde für Inneres und Sport aufgefordert mitzuteilen, in welchen Fällen in Hamburg Abweichungen von der StVO und VWV-StVO beschlossen wurden. Zusätzlich wurde um Darstellung der Auswirkungen auf den Bezirk Altona gebeten. Die Behörde für Inneres und Sport wich mit den folgenden Begründungen auf die vorgenannten Auskunftsersuchen aus: 1. „Gemäß § 27 Abs. 1 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) sind solche Angelegenheiten zu beantworten, die für den Bezirk von Bedeutung sind. Dies setzt insbesondere voraus, dass die Angelegenheit gerade die Einwohner des jeweiligen Bezirks betrifft. Es muss ein ausdrücklicher Bezug zu dem jeweiligen Bezirk bestehen. Eine allgemeinpolitische Bedeutung genügt nicht.“ 2. „Es erfolgt keine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung.“
Das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) sieht abweichend zur Darstellung der Behörde für Inneres und Sport in § 27 ein sehr weitgehendes Auskunfts- und Empfehlungsrecht vor: „In allen Angelegenheiten, die für den Bezirk von Bedeutung sind, deren Erledigung aber nicht in die Zuständigkeit des Bezirksamtes fällt, kann die Bezirksversammlung an die jeweils zuständige Behörde der Freien und Hansestadt Hamburg eine Empfehlung aussprechen. Mindestens drei Mitglieder der Bezirksversammlung können in diesen Angelegenheiten an die jeweils zuständige Behörde Anfragen richten.“
Vor diesem Hintergrund ersuchen wir die Behörde für Inneres und Sport um Auskunft:
Die Behörde für Inneres und Sport (BIS) beantwortet die Fragen wie folgt:
§ 46 StVO liegt die Grundannahme des StVG und der StVO zugrunde, dass mit dem Regelwerk des StVG und der StVO die Verkehrssicherheit gewährleistet wird. Die Regelung des 46 Absatz 2, Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ermöglicht den obersten Landesbehörden daher kein vorbehaltloses Erteilen von Genehmigungen, sondern ermöglicht es, bei sachlich vertretbaren Gründen allgemein oder in Einzelfällen Ausnahmen von den Normen der StVO zu gewähren. Die Ausnahmegenehmigung soll damit besonderen Ausnahmesituationen Rechnung tragen. Richtlinien zur Ermessensausübung sowie zum Verfahren der Antragstellung sind in der Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) zu § 46 StVO enthalten. Ausnahmegenehmigungen sind restriktiv zu handhaben und dürfen nicht zum Regelfall werden (BVerwG NZV 1994, 244).
Dies vorausgeschickt äußert sich die Behörde für Inneres und Sport (BIS) als oberste Landesbehörde gem. § 44 Absatz 1, Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) wie folgt:
Zu 1 und 1a, 2 bis 5:
Zu den Grundsätzen von Auskünften siehe Drs. 21-1907. Soweit auf den jeweiligen Bezirk bezogen Auskünfte angefragt werden, werden diese regelmäßig erteilt, soweit die angefragten Informationen vorliegen und mit vertretbarem Aufwand bereitgestellt werden können. Es erfolgt aber keine statistische Erfassung von Ausnahmegenehmigungen i.S. der Fragestellung. Die Auswertung wäre daher händisch aus einer Vielzahl von Vorgängen zu erarbeiten. Da in allen Fällen, in denen einzelfallbezogen Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO gefertigt werden, diese mit straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen versehen werden, diese Anordnungen aber jeweils dem betroffenen Bezirk zur Umsetzung zugehen, kann die Frage der auf den Bezirk Altona bezogenen Ausnahmegenehmigungen durch das Bezirksamt Altona selbstständig beantwortet werden. Dort müssten alle den Bezirk Altona betreffenden Informationen im Sinne der Fragestellung vorliegen. Inwieweit daraus folgend eine Information des Bezirksamtes Altona an die Bezirksversammlung Altona erfolgt, entzieht sich der Kenntnis der Behörde für Inneres und Sport.
Zu 6:
Gemäß § 39 Absatz 1 StVO obliegt allen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern die Verpflichtung, die allgemeinen und besonderen Verhaltensvorschriften der StVO eigenverantwortlich zu beachten. Das gesamte Regelwerk des StVG und der StVO sollen dabei sicherstellen, dass das Verkehrsgeschehen sicher und geordnet erfolgt. Entsprechend geht der Verordnungsgeber davon aus, dass das Regelwerk grundsätzlich geeignet und ausreichend ist, diesen Zweck zu erfüllen. Ausnahmen von Regeln der StVO dienen der Berücksichtigung besonders gelagerter Einzelfälle, siehe auch die Ausführungen zuvor. Die hierfür erforderliche Ermessensentscheidung der Straßenverkehrsbehörde berücksichtigt in jedem Fall auch die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit.
Zu 7:
Die Ausnahmegenehmigungen der obersten Landesbehörde werden zur Regelung von Einzelfällen erteilt. Die Vorschrift soll eine Abweichung von den generellen Bestimmungen der StVO ermöglichen, um besonderen Ausnahmesituationen Rechnung zu tragen, die bei strikter Anwendung der Bestimmungen nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten.
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Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.
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