Bessere medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung Beschluss der Bezirksversammlung vom 12.11.2020 (Drs. 21-2331)
Folgender Beschluss wurde gefasst:
Die Verwaltung und die zuständigen Fachbehörden (und die Kassenärztliche Vereinigung) werden gebeten,
Danach und nach ergänzenden Angeboten sollte auch in anderen Bezirken gefragt werden. In mehreren Bezirken existieren Initiativen, die die Behandlung sicherstellen, die betroffenen Menschen informieren und qualifizieren wie z.B. Gesundheit 25 oder das Gesundheitskiosk für Billstedt/Horn;
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zum Teil auf der Grundlage von Auskünften der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) und des Evangelischen Krankenhauses Alsterdorf zum o.a. Beschluss wie folgt Stellung:
Zu 1., 2. und 3.
Die ambulante und stationäre medizinische Versorgung für erwachsene Menschen mit Behinderungen ist im Bezirk Wandsbek grundsätzlich sichergestellt.
Die ambulante Behandlung von Menschen mit (Mehrfach-)Behinderungen gehört zum allgemeinen Sicherstellungsauftrag und wird von jedem Arzt/jeder Ärztin wahrgenommen. Nach Mitteilung der KVH bilden sich mitunter Spezialisierungen für die Behandlung bestimmter Behinderungen heraus. Da dies aber im Zulassungswesen nicht abgebildet wird und auch in der Abrechnung nicht deutlich wird, hat die KVH hierüber keine systematischen Kenntnisse.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass medizinisches Personal, sowohl ärztliches wie pflegerisches Personal, in der Behandlung von Menschen mit Behinderungen ausgebildet ist. Im Rahmen von Ausbildung und Studium gehört die Behandlung von Menschen mit Behinderungen zum Alltag eines Jeden in der medizinischen Versorgung Tätigen.
Die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit einer geistigen sowie mehrfachen Behinderung, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Beeinträchtigung einer ergänzenden Versorgung bedürfen, können in den Bereichen der Grundversorgung jedoch sowohl im klinischen wie auch im ambulanten Bereich nicht umfassend erfüllt werden.
Das Sengelmann Institut für Medizin und Inklusion (SIMI) am Ev. Krankenhaus Alsterdorf betreibt seit mehreren Jahren ein Medizinisches Zentrum für erwachsene Menschen mit Behinderung (MZEB) und bietet eine spezielle Diagnostik und Therapie-Empfehlungen für Menschen mit komplexen Behinderungen. Dies stellt eine Ergänzung zum medizinischen Versorgungsangebot durch niedergelassene Ärztinnen/Ärzte dar. Dort werden die Patientinnen/Patienten von einem interdisziplinären Team aus Ärztinnen/Ärzten verschiedener Fachrichtungen, Therapeutinnen/Therapeuten und Psychologinnen/Psychologe untersucht und Therapieempfehlungen ausgesprochen, die in enger Kooperation mit dem behandelnden niedergelassenen Arzt bzw. Ärztin umgesetzt werden. Darüber hinaus bieten die Ärztinnen und Ärzte des SIMI Fortbildungen an, beraten Medizinerinnen/Mediziner und unterstützen den Aufbau eines Kompetenznetzes, um die wohnortnahe medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung zu stärken.
Die Ev. Stiftung Alsterdorf macht im Rahmen des Projektes Gesundheit 25* (nach Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention) Angebote zur Stärkung der Gesundheitskompetenz und zur Gesundheitsförderung/Prävention, auch im Bezirk Wandsbek.
Nach Mitteilung des Ev. Krankenhause Alsterdorf sind die Kapazitäten am MZEB derzeit zu etwa 60 % ausgelastet und es wird angenommen, dass diese auch mittel- bis langfristig ausreichend sind.
Ein Förderprogramm zum Aufbau eines weiteren MZEB ist der Sozialbehörde nicht bekannt.
Zu 4.
Das Anliegen, einen fließenden Übergang zwischen der Gesundheitsversorgung im Kinder- und Erwachsenenbereich zu gewährleisten, ist zu unterstützen. Nach Mitteilung der KVH können Menschen auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich vom Kinderarzt bzw. Kinderärztin versorgt werden, wenn anderweitig eine Versorgung nicht sichergestellt ist. Die genannte Übergangsphase lasse sich im Regelfall herstellen. Die betroffenen Pädiaterinnen/Pädiater müssen die Behandlung des Erwachsenen gegenüber der KVH begründen und die Kasse dies (nachgehend) akzeptieren.
Zu 5.
Eine Möglichkeit der Verbesserung stationärer Versorgung von Menschen mit schweren und schwersten Behinderungen könnte erreicht werden durch den Einsatz von in der Behandlung dieser Menschen spezialisierter Ärztinnen/Ärzte, die konsiliarisch zu jedem solchen Patienten bzw. Patientin hinzugezogen werden. Zur Finanzierung weiterer Maßnahmen müssten die Krankenhäuser mit den Krankenkassen z.B. über sog. Qualitätsverträge nach § 110a SGB V verhandeln.
Als Vorbild könnte auch der Qualitätsvertrag zur Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung oder schwerer Mehrfachbehinderung im Krankenhaus zwischen dem Ev. Krankenhaus Alsterdorf und der AOK Rheinland/Hamburg dienen. Darin werden ein effektiveres Aufnahmemanagement sowie eine lückenlose Anschlussversorgung nach einem Krankenhausaufenthalt geregelt. Außerdem sind ausgewiesene Lotsen für Menschen mit Unterstützungsbedarf vorgesehen, die vor und während eines Klinikaufenthaltes als Ansprechpartnerinnen und -partner zur Verfügung stehen. Neben der Diagnostik und Therapie soll auch die Kommunikation noch besser an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angepasst werden. Dafür ist beispielsweise erforderlich, dass alle Aufklärungsbögen o.ä. auch in leichter Sprache zur Verfügung stehen. Außerdem erhalten die Krankenhaus-Mitarbeitenden regelmäßige Fortbildung, um sich noch besser auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen einstellen zu können.
Das Bezirksamt Wandsbek nimmt die folgt Stellung:
Ergänzend weist das Bezirksamtes darauf hin, dass die medizinische Beratung und Versorgung den niedergelassenen (Kassen)Ärzten obliegt und nicht dem Gesundheitsamt. Beratungen zu weitergehenden Unterstützungen für Menschen mit Behinderung erfolgen durch die Beratungs-stelle für körperbehinderte Menschen im Gesundheitsamt.
Die Entwicklung weitergehender Konzepte bezüglich besonderer Ausbildung von Ärzten in der Versorgung behinderter Menschen obliegt der Ärztekammer und hinsichtlich der Einrichtung weiterer Praxen in der kassenärztlichen Versorgung der kassenärztlichen Vereinigung.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.
Keine Anlage/n