21-1812.01

Stellungnahme zum gemeinsamen Antrag SPD - GRÜNE betr. Hochzeits- und Geburtsbäume in Harburg

Antwort / Stellungnahme des Bezirksamtes

Letzte Beratung: 24.01.2023 Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verbraucherschutz Ö 3

Sachverhalt


 

Der Baum steht als Symbol tief in der menschlichen Tradition verankert. Er ist Lebensträger der Natur, der unsere Luft und das Stadtbild verbessert. Für Maßnahmen gegen Klimaerhitzung und für die Anpassung daran könnten Bäume eine wichtige Rolle spielen. Als CO2-Speicher sind sie unerlässlich und ihre Präsenz kühlt Städte. Damit tragen sie zur Verbesserung des Lebens in der Stadt bei. Hamburg ist zwar als eine der grünsten Städte Deutschlands bekannt und nach Angaben der BUKEA sogar die Millionenstadt mit den meisten Bäumen pro 100.000 EinwohnerInnen. Dennoch  müssen immer mehr von ihnen auf privaten Grund der ständigen Gentrifizierung und weiteren Nachverdichtungen weichen. In Harburg werden wie in auch in den anderen Bezirken jedes Jahr auf öffentlichem Grund Bäume gefällt und aus diversen Gründen erfolgt keine angemessene Nachpflanzung.  

 

Es ist sehr wichtig für mehr Begrünung in der Stadt und in Siedlungs- und kommerziellen Gebieten zu sorgen. Eine Möglichkeit, dieses Ziel anzugehen findet sich in sogenannten „Geburtsbäumen“. Das sind junge Bäume, die von Eltern zur Geburt ihres neugeborenen Kind gepflanzt werden. Die wenigsten EinwohnerInnen des Bezirks Harburg verfügen über einen eigenes Grundstück, um dort einen Geburtsbaum pflanzen zu können. Deshalb ist eine alternative Möglichkeit zur Pflanzung durch die BürgerInnen die Integration der Bäume in den öffentlichen Raum. Diese Grünanlagen tragen so nicht nur für die Familien durch das symbolische Pflanzen eines Baumes zu einem verbesserten Lebensgefühl und einer höheren Identifikation mit dem Heimatbezirk bei, sondern auch bei der Gesamtbevölkerung. Weiter könnte man auch frisch verheirateten Paaren oder Paaren, die ihre Jubiläen feiern, die Möglichkeit eröffnen, einen Baum zu pflanzen. 

 

Das Konzept „Geburtsbäume“ wird bereits erfolgreich an einigen Standorten in Deutschland umgesetzt. Als Orientierungsmöglichkeit für die konkrete Umsetzung bietet sich die der Stadt Freiburg im Breisgau an, die mit vergleichbaren Einwohner:innenzahlen jeden Eltern von Neugeborenen die Möglichkeit bietet, einen kostenlosen Geburtsbaum für das Kind zu bestellen. 

 

Außerdem sind Bäume als „ewig“ andauerndes Symbol von Leben, Natur, und auch als Geschichts- und Geschichtenträger in Verbindung mit Stiftungs- und Namensplaketten, ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes in der Stadt. Die Aufnahme der Geburtsbäume in die städtische Tradition bietet sich als sinnvolle Maßnahme zur Verbesserung der Lebensqualität an. Diese Verbesserung findet eben nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes und der Luftreinigung statt, sondern bietet auch aus sozio-psychologischer bzw. sozio-ökologischer Perspektive eine Chance zur Steigerung der Lebensqualität. 

 

In Hamburg gibt es mit der Aktion „Mein Baum – meine Stadt“ schon für Privatpersonen oder Unternehmen die Möglichkeit Bäume zu spenden, die dann durch die Stadt kofinanziert werden. Hier werden 500 € gesammelt, um einen größeren Baum zu pflanzen. Zwar können bereits Kleinbeträge gespendet werden, aber mit dem symbolischen Wert eines von klein auf wachsenden Baum ist dies nicht vergleichbar. 

 

Das Pflanzen von Setzlingen zu den vorgenannten Anlässen könnte durch den Bezirk gefördert werden, indem er mögliche Flächen identifiziert und Interessierten Angebote unterbreitet. 

Petitum/Beschluss


 

Das Bezirksamt wird gebeten,

 

1. im Bezirk Harburg eine Fläche bzw. Flächen zu identifizieren, die sich für die Neupflanzung von Bäumen eignen. Insbesondere soll auch geprüft werden, wo neue Mischwälder durch die Neupflanzungen oder Ersatzpflanzungen entstehen können. Die Ergebnisse sollen dem zuständigen Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz vorgestellt werden.

 

2. eineN ReferentIn in den Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz zu entsenden, um Möglichkeiten zu erörtern, wie neu gewordene Eltern, möglichst barrierefrei und zu geringen Kosten, das Angebot einen Geburtsbaum zu pflanzen und unterbreitet werden kann. Außerdem soll berichtet werden, ob und wie ein ähnliches Angebot an Paare zu besonderen Anlässen gemacht werden kann.

 

3. Die Pflege und Bewässerung der gepflanzten Bäume muss ebenfalls gesichert sein. Daher soll über die Rahmenbedingungen der Folgefinanzierung (Dauer und Art der Pflege, damit verbundene Personal- und Sachkosten) dargestellt werden. Ebenfalls soll ein Überblick gegeben werden, welche Leistungen durch Laien übernommen werden können.

 

4. Zu prüfen, ob eine Zusammenführung von Grünpatenschaften und der Möglichkeit, Geburts- und Hochzeitsbäume zu pflanzen, möglich ist und wie diese gestaltet sein muss.

 

 

FREIE UND HANSESTADT HAMBURG

Bezirksamt Harburg

 

 

       3. Januar 20223

 

Das Bezirksamt Harburg nimmt zu dem gemeinsamen Antrag SPD - GRÜNE (Drs. 21-1812) wie folgt Stellung:

 

Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen sind nicht als Flächen für „Hochzeit – u. Geburtswälder“ geeignet. Die Vegetation der Grünanlagen stellt ein dynamisches System dar. Sie wächst und steht in dauernder natürlicher Konkurrenz um Lebensraum zueinander. Diese Konkurrenz muss zur Erhaltung der gesetzlich vorgegebenen Nutzungsarten gärtnerisch gelenkt werden. Um z. B. gesunde, nachhaltige Baumbestände zu entwickeln, werden stetig Konkurrenzbäume entnommen, damit sich die besten und geeignetsten Exemplare entwickeln können. Wo heute zehn junge Bäume stehen, steht ggf. in 30 Jahren nur noch ein großer Baum. „Hochzeit – u. Geburtsbäume“ mit ihrem emotionalen Wert können jedoch nicht entnommen werden, ohne den Grundgedanken zu konterkarieren.

Somit müsste bei der Pflanzung eines jungen „Hochzeit – u. Geburtsbaumes“ bereits feststehen, dass an diesem Standort in den nächsten (schätzungsweise) 100 Jahren nur dieser Baum wächst. Dies kann in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen nicht zugesichert werden.

Unabhängig davon ist von einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auszugehen, der von der Abteilung Stadtgrün des Fachamtes MR nicht abgedeckt werden kann. Für die Unterhaltung der Grünanlagen, Spielplätze und Parkbäume im Bezirk Harburg steht planmäßig momentan lediglich eine Ingenieurstelle zur Verfügung.

 

Es ist zu vermuten, dass der Wunsch bei vielen Familien bestehen würde, bei der Pflanzung „ihres“ Hochzeit –u. Geburtsbaumes dabei zu sein. Damit kann dann die Pflanzung nicht normal mit der Pflanzung von diversen anderen Bäumen ausgeschrieben und ausgeführt werden, sondern es gilt dann, jeden einzelnen Geburtsbaum an einem abzustimmenden Zeitpunkt zu pflanzen, was zu deutlich erhöhten Kosten durch mehr logistischen Aufwand und mehr Personaleinsatz durch den Abstimmungsaufwand führen würde. Aufgrund der erhofften emotionalen Bindung ist zu erwarten, dass die Menschen auch eine bestimmte Informations- und Mitspracheerwartung ihren Baum betreffend entwickeln.

Wird die Pflege und deren Kosten der öffentlichen Grünverwaltung zugeordnet, bestimmt sich diese nach deren Rahmenbedingungen. Eine Mitsprache lässt sich deswegen nicht praktikabel organisieren. Einen Baum in Anlehnung an ein privates Gedenkereignis zu pflanzen, ist eine private Angelegenheit, die aufgrund ihres emotionalen Charakters und ihrer Langfristigkeit vor dem geschilderten Hintergrund nicht mit den Möglichkeiten und Anforderungen an eine öffentliche Grünanlage kompatibel ist.

 

Der im Beschluss genannten „Orientierungsmöglichkeit für die konkrete Umsetzung“ bei der Stadt Freiburg im Breisgau wurde nachgegangen. Hierbei muss aber erwähnt werden, dass die Stadt Freiburg im Breisgau ausschließlich Bäume zu der Geburt eines Kindes zum eigenständigen Pflanzen auf eigenen Flächen anbietet. Öffentliche Flächen werden nicht zur Verfügung gestellt. Zur Schaffung eines derartigen Angebotes könnte die Bezirksversammlung einen Beschluss zur Verwendung der Gestaltungsmittel fassen. Das Fachamt MR ist nicht befugt, eigene Haushaltsmittel für ein derartiges Ansinnen zu verwenden.

 

Beetpatenschaften können auch aus den vorgenannten Gründen nicht zum Pflanzen von Bäumen dienen. Der Standort muss grundsätzlich und für die Art des Baumes im Einzelfall ausgewählt werden. Das Fachamt MR verfolgt ohnehin das Ziel, an möglichst allen geeigneten Stellen im Bezirk Bäume zu pflanzen.

 

Eine Alternative zur Inanspruchnahme von Flächen wäre auch die Gründung eines eingetragenen Vereins, der geeignete, private Grundstücke erwerben oder pachten könnte. Bereits im Antrag aufgeführt wurde die Aktion „Mein Baum – Meine Stadt“, bei der Privatpersonen die Möglichkeit haben Bäume zu spenden, welche durch die FHH kofinanziert werden. Hochzeiten oder auch die Geburt eines Kindes können ein persönlicher Anlass für eine solche Spende sein.

Der Vollständigkeit halber soll hier auch erwähnt werden, dass in den Grünanlagen eine angemessene Nachpflanzung erfolgt.

Die Differenz zwischen der Anzahl gefällter Bäume und der Anzahl der nachgepflanzten Bäume ergibt sich fast ausschließlich aus dem nicht statistisch erfassten Aufwuchs durch Naturverjüngung (Sämlinge, die zu Bäumen werden).

 

Auch neu anzulegende Mischwälder innerhalb des Staatsforstes aus „Hochzeit – u. Geburtsbäumen“ kommen aus verschiedenen Gründen nicht in Betracht.

Waldflächen sind naturgemäß nicht barrierefrei, d. h. die gepflanzten Bäume wären auch nicht barrierefrei zu erreichen.

Waldflächen unterliegen zur Einhaltung der gesetzlichen Waldfunktionen samt der Schutzziele der regelhaften forstwirtschaftlichen Pflege.

Im Wald gepflanzte Bäume müssen den Vorgaben der Forstvermehrungsgut-Zulassungsverordnung entsprechen. Das bedeutet, die Pflanzen müssen aus zur Beerntung zugelassenen Waldbeständen stammen. 

Die Pflege und der Schutz der Bäume kann im Wald nicht sichergestellt werden. Für den hierfür erforderlichen Pflegeaufwand stehen weder Personal noch Haushaltsmittel zur Verfügung. Im Wald geht es um den Aufbau strukturreicher, naturnaher, klimastabiler und in ihrer Entwicklung möglichst ungestörter Mischwälder. Dieser Zweck verträgt sich nicht mit der erforderlichen Erschließung der Flächen und dem regelhaften Zugang durch die Zielgruppen.

 

Die Belange von Kindern und Jugendlichen wurden geprüft und sind bei der Ausbildung eines möglichst nachhaltigen und umfangreichen Stadtgrüns berücksichtigt.

 

 

 

Fredenhagen

 

 

 

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